Lebensgeschichte

 

Ex-Hurrikan ALEX

(getauft am 01.08.2004)

 

 

ALEX war der erste Hurrikan der Saison 2004. Von „Hurricanes“ bzw. „Hurrikans“ spricht man in den Regionen über dem Nordatlantik, dem nordöstlichen Pazifik östlich der Linie des Datumswechsels und im Südpazifik östlich von 160° Ost. Bezeichnungen wie z.B. „Typhoon“ sind in anderen Gegenden gebräuchlich.

Wenn der maximale Wind (d.h. wie in den U.S.A. üblich - die höchsten über einen Zeitraum von 1 Minute gemessenen Windgeschwindigkeiten) einer Tropischen Zyklone eine Geschwindigkeit von 225 km/h überschreitet, wird sie in den erwähnten Regionen als „Hurricane“ bezeichnet. Von einem tropischen Sturm („Tropical Storm“) wird bei maximalen Windgeschwindigkeiten zwischen 69 und 224 km/h gesprochen. Am unteren Ende der Skala wird ein Tiefdruckgebiet in den Tropen mit geschlossener Zirkulation und Windgeschwindigkeiten von 61 km/h oder darunter „Tropical Depression“ genannt.

Hurrikans sind in unseren Breiten zum einen als extreme Wetterphänomene von Interesse. Zum zweiten ist es so, dass Wirbelstürme wie ALEX mit einer nordöstlichen Zugrichtung vor der Küste der Vereinigten Staaten, wenn sie weit nördlich genug gezogen sind, in den Einflussbereich der Westwindzone geraten. Sie werden dann über den Nordatlantik mit der westlichen Strömung nach Europa „gesteuert“, und gelangen dorthin häufig als sommerliche Sturmtiefs oder wetterwirksame Tiefs.

Hurrikans entstehen an der Westküste Afrikas. Wenn die östliche Höhenströmung in diesen Breiten - der „African Easterly Jet“ vom Festland auf die See gelangt, entstehen so genannte Instabilitäten, d.h. eine starke Luftbewegung vom Boden in die obere Troposphäre und damit eine angeregte Konvektion. Gelangt eine solche Instabilität in eine Region, in der die Wassertemperatur bis in eine Tiefe von mindestens 50 m über 26,5°C liegt, erhöht sich der Eintrag an Energie in das System so stark, dass sich die beteiligten Energien und Impulse aufgrund der Erhaltungssätze der Physik immer stärker in „Wirbeligkeit“ umwandeln und die bereits vorhandene Wirbeligkeit damit beträchtlich erhöhen. Zudem verstärkt sich die Konvektion. Das warme Wasser stellt gewissermaßen den Treibstoff für die Prozesse der „Wärmemaschine Tropische Zyklone“ dar. 85% der schweren Hurrikans entstehen auf diese Weise.

Das dem Hurrikan ALEX vorausgehende Drucksystem bildete sich am 31. Juli zunächst als „Tropisches Tief“ („Tropical Depression“); die „Berliner Wetterkarte“ erwähnte die „Tropical Depression No.1“ zum ersten Mal am 1.8.2004 (mit 1009 hPa, 46 km/h max. Wind).

Bis zum 2. August entwickelte sich aus diesem Drucksystem ein tropischer Sturm („Tropical Storm“). Gemäß der „Berliner Wetterkarte“ betrug der Kerndruck 1004 hPa (Hektopascal), der maximale Wind 35 Knoten. Das entspricht einer Windgeschwindigkeit von ziemlich genau 65 km/h, in Böen kann dann der Wind jedoch dann immer noch stärker sein. Die NOAA (www.noaa.gov) gab für diesen Tag auf ihrer Homepage die Küste vor South-Carolina als Lage des Druckzentrums von ALEX an. Die für die nächsten 5 Tage vorhergesagte Zugbahn verlief nach Nordosten bis in das Seegebiet östlich von Neuschottland und südlich von Neufundland, was sich als gute Vorhersage erwies.

Am 3. August hatte sich ALEX dann zu einem Hurrikan der Kategorie 2 „verstärkt“. Der Kerndruck lag bei 983 hPa und war damit in 24 Stunden um mehr als 20 hPa gesunken. Zudem war der Wirbelsturm mehr in Küstennähe gelangt. Die maximale Windgeschwindigkeit hatte sich in der Nacht zunächst verdoppelt und für die Städte und die darin wohnenden Menschen bestand damit eine unmittelbare Bedrohung. Nach den Vorhersagen des „National Hurricane Centres“ in Miami bestand vorerst für die Küstenregion Nord-Carolinas Hurrikan-Warnung. Der maximale Wind betrug dann am Tage laut dem amerikanischen „National Weather Service“ 100 Meilen pro Stunde, das entspricht 185,2 km/h. Masten und Bäume wurden umgekippt, zudem waren viele Straßen wegen der starken Regenfälle überschwemmt, mehrere Tausend Menschen – überwiegend Touristen - waren vorher an der Küste evakuiert worden. In der Nacht des 3. August lag das Druckzentrum etwa 300 km nordöstlich von Kap Hatteras. Nachdem er die Inseln vor Nord-Carolina gestreift hatte, zog ALEX auf das offene Meer. Für die Küstenregionen bestand jedoch wegen starker Brandung weiterhin Warnstatus. Am 4. August lag ALEX wieder weiter auf See mit einer vorhergesagten nordöstlichen und dann auf dem 45. Breitengrad nach Osten gerichteten Trajektorie (Zugbahn).

In der Bodenanalyse der „Berliner Wetterkarte“ war Hurrikan ALEX zum ersten Mal über dem Meer am 5.8.04 (00 UTC) südöstlich von Boston zu sehen. Der Kerndruck lag mit 957 hPa um weitere 16 hPa gegenüber dem Vortag niedriger , der maximale einminütige Wind lag bei etwa 195 km/h. Damit hatte ALEX den Höhepunkt seiner Entwicklung erreicht. Denn 24 Stunden später betrug der maximale mittlere Wind nur noch 75 Knoten (139 km/h) und der Kerndruck war wieder auf 981 hPa gestiegen. Hurrikan ALEX lag nun im Seegebiet südlich von Neufundland. Am Tag darauf wurde dasselbe Drucksystem vom Deutschen Wetterdienst über dem Atlantik als ex-ALEX bezeichnet.

Die Zugrichtung verlief wie von der NOAA vorhergesagt östlich, so dass ex-ALEX am 7.8. über dem Nordatlantlik zwischen Island und den Azoren lag, deutlich schwächer mit einem Kerndruck zwischen 995 und 1000 hPa und einem mittleren Wind von nur noch etwa 25 Knoten (46 km/h). Im Satellitenbild war der Wirbel als gegenüber dem Vortag deutlich abgeschwächt zu erkennen.

Unter dem Einfluss eines abgeschnürten Höhentiefs („Cut-off-Low“) verstärkte sich ex-ALEX vor den Britischen Inseln nochmals zu einem Sturmtief mit einem Kerndruck unter 975 hPa – einem für die Jahreszeit ungewöhnlich niedrigen Druckwert, bei mittleren Windgeschwindigkeiten über 90 km/h. Am 9.8.04 hatte sich der Wirbel wegen eines blockierenden Hochdruckkeils (die Hochs HANNO und GALILEO am Boden) über Mitteleuropa nur wenig nordwestlich verlagert. Das inzwischen okkludierte Frontensystem des Sturmwirbels brachte zum Teil größere Regenmengen von den Britischen Inseln bis nach Portugal. Auch in den nächsten 24 Stunden kam der langgestreckte Ausläufer des Tiefdruckwirbels nur geringfügig ostwärts voran. Die an ihn gekoppelten Niederschlagsprozesse verstärkten sich noch, so dass in Mittelfrankreich bis zum Morgen des 10.8. verbreitet 20 bis 30 Liter Regen pro Quadratmeter fielen. Da sich der über Mitteleuropa vorhandene Hochdruckkeil langsam abbaute, war der Weg für die Kaltfrontokklusion des weiter abgeschwächten Tiefdrucksystems ex-ALEX nach Mitteleuropa frei. Diese Okklusion erwies sich als noch recht wetterwirksam und brachte von Schottland bis zu den Alpen eine wieder teilweise ergiebige Regenspende.

Am 12.8. lag das Zentrum von ex-ALEX südlich der Britischen Inseln. Am 13.8.04 um 00 UTC lag das Druckzentrum des Tiefs über der Deutschen Bucht und verlagerte sich entlang der Küste weiter ostwärts. Im Bereich der eingeflossenen kühleren Meeresluft entstanden im Tagesverlauf verbreitet Schauer und Gewitter. Am 14.8. wurde das System von der „Berliner Wetterkarte“ in ex-ALEX I und II unterschieden. Der Schwerpunkt des ersteren lag über den Niederlanden, ex-ALEX II über der Russischen Förderation. Am darauffolgenden Tag wurde die alte Namensgebung wieder aufgenommen, ex-ALEX lag nun südöstlich von Skt. Petersburg. Nach Abzug des Tiefs gelangte von Skandinavien trockene Luft nach Deutschlands, so dass die Wolken- und Niederschlagsbildung deutlich abklangen. Im Verlauf der kommenden Tage bis zum 19.8.2004 zog ex-ALEX über die Russische Föderation weiter in nordöstliche Richtung und ist auf der Bodenkarte der „Berliner Wetterkarte“ des 19. August 2004 im Bereich der Barentsee zwar noch als Tief zu erkennen, aber nicht mehr namentlich als ex-ALEX benannt.

 


Geschrieben am ? von Matthias Zoeller

Wetterkarte: 10.08.2004

Pate: niemand (http://www.nhc.noaa.gov/ )

[ Achtung: Text ist nicht überarbeitet bzw. korrigiert.]