Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet ALBRECHT
(getauft am 18.07.2020)
Mitte Juli
befand sich ein schwacher Trog, also ein Bereich tiefen Luftdrucks in der Höhe
und zugleich ein Kaltluftvorstoß nach Süden, über dem Nordatlantik. Östlich
über Skandinavien und Russland sowie westlich über Grönland wurde dieser von
zwei Keilen, also Bereichen hohen Luftdrucks in der Höhe bzw. Warmluftschübe
nach Süden, eingerahmt. Diese beiden Keile wurden gestärkt durch ein
ausgeprägtes Azorenhoch, welches sich östlich bis über die Iberische Halbinsel
erstreckte. Das Azorenhoch ist eines der zwei Aktionszentren der
Westwindzirkulation, welche das Wetter in unseren mittleren Breiten maßgeblich
beeinflusst, da die Druckverteilung die Zugbahn von Tiefdruckgebieten steuert.
Der Teil des Azorenhochs, der sich über die Iberische Halbinsel, Frankreich,
Deutschland, bis nach Polen erstreckte, hörte auf den Namen ZEBEDÄUS. Dieses
Hoch ZEBEDÄUS verdrängte seine Buchstaben-verwandte Kollegin ZANARIN, also ein
Tief, was sich am 18.07.2020 um 00 Uhr UTC, was 02 Uhr MESZ entspricht, wenig
östlich des Lands von Feuer und Eis erstreckte nach Norden. Das Tief ZANARIN
besaß ein klassisches Frontensystem, dessen Kaltfront in die Frontalzone
überging. Die Frontalzone ist eine Grenzfläche, die polare bzw. subpolare
Luftmassen im Norden von subtropisch-tropischen im Süden trennt.
Diese
Frontalzone verlagerte sich als Kaltfront wirkend vom 18.07. auf den 19.07.
nach Süden. Auch der Trog dehnte sich nach Süden aus. Damit waren wichtige Faktoren
für die Entstehung eines Hochs gegeben: Kaltluftadvektion, welche aufgrund der
höheren Dichte verglichen mit wärmeren Luftmassen zu einem Druckanstieg führte,
sowie Konvergenz in der Höhe. Konvergenz bezeichnet das Zusammenströmen von
Luftmassen. Und diese müssen aufgrund der Massenerhaltung nun woanders
hinströmen. Das resultierende Absinken führt zu einem Druckanstieg und zur
bodennahen Divergenz, also dem Auseinanderströmen, und ist damit Ursache für
die Rotationsrichtung von Hochs. Denn diese drehen sich im Uhrzeigersinn. Und
apropos Uhr, dann schreiten wir zeitlich nun mal voran und beginnen endlich
wieder bei A. Denn am Sonntag, den 19.07. wurde die azorische Antizyklone
ALBRECHT – Achtung Aliteration – erstmals auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.
Da diese großräumigen Höhenströmungen gut vorhersagbar sind, wurde das Hoch
ALBRECHT bereits am 18.07. von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte in der
Prognose für den 19.07. getauft. Das Hoch ALBRECHT lag also nördlich der
Frontalzone, welche sich in südlichster Ausdehnung auf einer Höhe mit der
Bretagne befand und einen maximalen Druck von etwas über 1025 hPa auf die Waage
brachte.
Zum 20.07.
verlagerte sich Hoch ALBRECHT etwas nach Süden und etwas nach Osten, sodass
sich die Frontalzone ausbeulte und einen großen Bogen von Norwegen und
Frankreich bis nach Nordportugal machte, ehe sie sich wieder nach Norden bog.
Am 21.07
begann eine Umstellung der Großwetterlage. Der angesprochene Trog „kippte“,
also er begann sich unter Amplitudenverkürzung nach Osten auszudehnen und
bewirkte damit eine Zonalisierung der Höhenströmung. Dieser Prozess schritt die
folgenden Tage weiter voran. Der Einfluss auf das Bodenniveau zeigte sich
dadurch, dass sich das Tief ZANARIN nun über der Barentssee befand und das Hoch
ALBRECHT seinen Einfluss nach Osten ausdehnen konnte und nun, weiterhin durch
die Frontalzone begrenzt, bis nach Ostenpolen reichte.
Auch am
22.07. zeigte sich ein ähnliches Bild. In dem in der Abb. 1 gezeigten
Satellitenbild ist der Hochdruckeinfluss über Westfrankreich und dem Golf von
Biskaya anhand der wolkenlosen Bereiche gut zu erkennen. Über der Nordhälfte
Deutschlands sieht man hingegen Cumulus- und Stratocumulus-Wolken, welche Untergrenzen
zwischen 1500 m und 2200 m aufwiesen. Ganz vereinzelt regnete es im
Küstenbereich der Nordsee auch. Diese Wolken entstanden durch die Advektion
feuchter Luftmassen aus Nordwesten, welche auch die Temperaturen maßgeblich
beeinflusste. So wurden beispielsweise in Bremerhaven 17,3°C und in
Berlin-Dahlem 21,9°C als Maximaltemperatur gemessen, während es in Regensburg
mit 30,1°C und Waldshut-Tiengen mit 31,6°C ein heißen Tag gab.
Abb. 1:
Satellitenbild (EUMETSAT) vom 22.07.2020 um 12 Uhr
UTC, Quelle: www.kachelmannwetter.de
Zum 23.07.
kam nun auf der Bodenwetterkarte etwas Bewegung ins Spiel. Das vor zwei Tagen
über dem Nordatlantik neu entstandene Tiefdruckgebiet BEATE verlagerte sich mit
seinem Kern zu den Britischen Inseln und verdrängte damit die Antizyklone
ALBRECHT nach Osten. Dieses spaltete sich dabei in zwei Zentren auf. Das
südliche (ALBRECHT I) lag mit einen Druck um 1020 hPa über den Benelux-Ländern,
während das nördlichere (ALBRECHT II) noch etwas schwächer war mit knapp 1015
hPa und sich um 00 Uhr UTC westlich von Norwegen befand.
Am 24.07. um
00 Uhr UTC befand sich Hoch ALBRECHT der Erste über der Ukraine und ALBRECHT
der Zweite über Süddeutschland, während sich nun die Tiefs-ABC ANJA BEATE
CHRISTIANE über Nordeuropa vergnügte. Regensburg meldete 30,8°C und Kitzingen
30,5°C als Maximaltemperatur, wobei der dortige Luftdruck, korrigiert auf
Meereshöhe, nur um 1011 hPa lag. In Weißenburg schien 12 Stunden, in Regensburg
9 Stunden die Sonne, während sie sich auf der Zugspitze bei 3°C
Maximaltemperatur gar nicht zeigte.
Zum 25.07.
verlagerte sich Hoch ALBRECHT – wieder als ein ALBRECHT vereinigt – nach
Russland. Zwischen der Antizyklone ALBRECHT und dem stationären Azorenhoch
erstreckte sich eine schwache Hochdruckbrücke, die eine Kaltfront, welche sich
vor allem entlang der europäischen Mittelmeerküste erstreckte, von den drei
ABC-Tiefdruckgebieten im Norden trennte. In Smolensk und Roslawi wurden 14
Sonnenstunden bei 25,9°C bzw. 27,2°C Maximaltemperatur registriert.
Die folgenden
vier Tage blieb das Hoch ALBRECHT nahezu stationär über Westrussland liegen und
wies einen Druck von etwa 1020 hPa auf. Über dem Nordatlantik auf Höhe
Großbritanniens verstärkte sich nun wieder ein Trog, welcher die östlich davon
gelegenen Tiefs CHRISTIANE und DANA stärkte und diese letztendlich das Wetter
über Mitteleuropa bestimmten. Das Hochdruckgebiet ALBRECHT bildete mit der über
Rumänien gelegenen Antizyklone BALU eine Hochdruckbrücke. Durch die östliche
Verlagerung des Trogs und der dazugehörigen Tiefdrucksysteme wurde das Hoch
ALBRECHT weiter nach Osten verdrängt, sodass es ab dem 30.07. außerhalb des
Analysebereichs der Berliner Wetterkarte lag und daher nicht mehr Erwähnung auf
dieser fand. Im Vergleich zu durchschnittlichen Hochdruckgebieten konnte Hoch
ALBRECHT mit einer doch sehr langen Lebensdauer von ganzen 11 Tagen auf der
Berliner Wetterkarte glänzen.