Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet ANTJE

(getauft am 06.01.2021)

 

Am 05. Januar 2021 setzte sich etwa in der Nähe Neufundlands hoher Luftdruck durch, woraus sich in der Folge ein eigenständiges Hochdruckgebiet hervortat, weshalb sich dann am darauffolgen Tag, dem 06. Januar, die Meteorologen der Berliner Wetterkarte entschieden dieses Hochdruckgebiet mit dem Namen ANTJE zu betiteln. Die Taufe erfolgte schon zu diesem Zeitpunkt, da ersichtlich war, dass die Antizyklone in naher Zukunft Einfluss auf Mitteleuropa nehmen und damit die ausgedehnte Hochdruckzone, die sich zu diesem Zeitpunkt noch vom Ural über Skandinavien bis zum Nordatlantik erstreckte, verdrängen bzw. deren Part als einflussreiches Hoch für Europa einnehmen würde. Am Tag der Taufe war Hoch ANTJE von genau eben dieser Hochdruckzone, welche auf den Bodenkarten mit ALEXANDER I und II bezeichnet wurde, durch eine Luftmassengrenze, die einem Tiefdruckgebiet nahe Island angehörte, getrennt. Im Folgenden dehnte sich Hoch ANTJE, weiterhin durch die Luftmassengrenze von dem Hochdruckkomplex ALEXANDER getrennt, unter Verstärkung nach Süden aus, spielte aber dabei für das Wettergeschehen in Europa noch keine zentrale Rolle.

Am 08. und 09. Januar strukturierte sich Hoch ANTJE nun mehr und bildete jetzt eine Hochdruckbrücke zum Azorenhoch aus. Die Strömung glich nun dem griechischen Buchstaben „Omega“. Dabei wurde das Hochdruckgebiet von Tiefdruckgebieten jeweils an der Ost-, West- und Nordseite flankiert und alle Tiefdruckgebiete, die sich in einer sonst typischen westlichen Strömung nach Osten verlagern würden, wurden nun in einem großen Bogen um das Hochdruckgebiet herumgeführt und entweder über Spitzbergen auf einer nördlichen Zugbahn  oder über das Mittelmeer auf einer südlichen Zugbahn, wie hier bei Tief BARTOSZ beobachtet werden konnte, gelenkt. Wie man aus den Nachrichten entnehmen konnte, gab es zu diesem Zeitpunkt starke Schneefälle über dem Raum Madrid. Diese starken Schneefälle resultierten aus dem Zusammentreffen von kalter Luft aus Nordosten auf warme und feuchte Luft aus dem Süden und kamen eben genau wegen dieser Omega-Wetterlage und der daraus resultierenden südlichen Zugbahn von Tief BARTOSZ zustande. Nach Medienberichten war die Schneedecke in Madrid vereinzelt bis zu 60 Zentimeter hoch und sorgte daher in weiten Teilen für den Zusammenbruch des öffentlichen Lebens. Spanische Meteorologen sprachen von einem Jahrhundertereignis bzw. vom stärksten Schneefall seit mindestens 50 Jahren und daran war eben auch Hoch ANTJE mit ihrer Lage über dem Nordatlantik nicht ganz unbeteiligt.

Im Tagesverlauf des 09. Januar klangen die Schneefälle über Madrid langsam ab, aber es blieb weiterhin bedeckt. Derweil bildete das Hochdruckgebiet ANTJE an diesem Tag einen nach Osten ausgerichteten Keil namens ANTJE II aus, welcher über dem nördlichen Alpenraum mit einem Luftdruck von etwas mehr als 1020 hPa lokalisiert wurde. Das ursprüngliche Zentrum, nun als ANTJE I betitelt, befand sich nach wie vor über dem Nordatlantik mit einem im Vergleich zum Vortag leicht abgeschwächten Kerndruck von 1030 hPa. ANTJE II erweiterte im Folgenden schnell den Einfluss bis nach Osteuropa und sorgte dort bis zum 11. Januar verbreitet für Nebel und Hochnebel, da die Luft in unteren Schichten kälter als in oberen Schichten war, was im Fachterminus der Meteorologie auch als Inversionswetterlage benannt und bekannt ist. Insbesondere in der Nähe von Gewässern und Gebirgen war dies wegen der höheren Luftfeuchtigkeit der Fall. Aufgrund des daraus resultierenden Nebels konnte sich die Luft am Tag nicht stark erwärmen und ebenso in der Nacht kaum auskühlen. Beispielsweise war am 09. Januar bei der Station in Cuxhaven die maximale Tagestemperatur mit 1°C nur 3 Kelvin höher als in der Nacht. Auf der anderen Seite brachte Hoch ANTJE vor Allem in höheren Lagen auch viel Sonnenschein mit sich, wie beispielsweise in der Schweiz, wo auf dem Le Moléson, einem Berggipfel unmittelbar am nordwestlichen Rand der Alpen, bis zu 9 Sonnenstunden am 10. und 11. Januar registriert wurde.

Am 12. Januar wurde das Hochdruckgebiet ANTJE II nach Süden durch die Fronten des Tiefdruckgebietes DIMITRIOS über Südskandinavien verdrängt und verlor damit dessen Einfluss auf das Wetter in Deutschland. Zuvor wurden insbesondere im Südwesten des Landes 6 bis 8 Stunden Sonnenschein verzeichnet, wie z.B. in Freiburg am Breisgau, wo 7 Sonnenstunden registriert werden konnten. Unter dem noch vorhandenen Einfluss von Hoch ANTJE II kühlte es bei einer Tiefsttemperatur von bis zu -13°C über dem östlichen Alpenraum stark aus.

 

Einen Tag später befand sich ANTJE II über dem westlichen Balkan und löste sich innerhalb der nächsten Stunden dort auf. Dagegen war ANTJE I nach wie vor mit einem Luftdruck von über 1030 hPa relativ stark ausgeprägt und befand sich nun direkt über der Iberischen Halbinsel. Wegen der hohen Schneedecke über Zentralspanien verschärfte sich der Frost. So konnte es in Kombination mit einem sternenklaren Himmel mit Tiefsttemperaturen von -10 bis zu -20°C in der Nacht zum 13. Januar dort extrem kalt werden. Auch tagsüber gab es trotz vielfach wolkenlosen Himmels und demnach viel Sonnenschein gebietsweise nur leichte Plusgerade bei z.B. 2,4°C in Toledo oder 4,7°C in Talavera de la  Reina. In höheren Lagen, etwa ab 900 bis 1000 m, herrschte meist Dauerfrost wie z.B. in Molina de Aragón mit -1°C am 13. Januar und -2°C Höchsttemperatur am 14. Januar. Wenn man diese Werte mit dem durchschnittlichen Höchstwert im Januar (10°C) in dieser Region vergleicht, so ist die Temperaturdifferenz von bis zu 12 Kelvin bemerkenswert. Zum 15. Januar näherte sich schließlich ein neues Hoch namens CHANA aus dem Westen, welches in der Folge Hoch ANTJE mit aufnahm, sodass dieses nicht mehr auf den Wetterkarten analysiert werden konnte.