Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet BENJAMIN

(getauft am 15.01.2014)

 

Am 14.01.2014 verlief in der mittleren Troposphäre, d.h. einer Höhe von ca. 5,5 km, die bestimmende Höhenströmung von Neufundland über den Nordatlantik und Westeuropa bis zum Schwarzen Meer. Nördlich dieser Strömung wurden zahlreiche Höhentiefs analysiert, die auch im Bodenniveau von Tiefdruckgebieten begleitet wurden. Zwischen Grönland und dem Nordkap konnte sich dagegen ein Höhenhoch behaupten, dessen Zentrum sich über der Südküste von Spitzbergen befand. In dem südlichen Bereich des Höhenhochs bildete sich über dem Europäischen Nordmeer ein neues Bodenhoch als Ableger eines Hochdruckgebietes über Ostgrönland. Das neu entstandene Hochdruckgebiet wurde einen Tag später, am 15.01., auf den Namen BENJAMIN getauft.

Das Zentrum des Hochs BENJAMIN befand sich an seinem Tauftag über Lappland, wobei ein Kerndruck von knapp 1023 hPa analysiert wurde. In der vorherrschenden arktischen Luft verzeichneten die Messstationen verbreitet sehr niedrige Höchsttemperaturen im Bereich der Antizyklone BENJAMIN, so z.B. in Östersund mit -13°C, in Helsinki mit -10°C und in Rovaniemi mit -21°C. Aus den russischen Landesteilen meldeten Murmansk -11°C und Archangelsk -16°C als Tagesmaximum. In der folgenden Nacht gingen die Tiefstwerte je nach Aufklaren und Schneebedeckung weniger oder deutlicher in den Frostbereich zurück. Beispielsweise registrierte Helsinki ein Minimum von -14°C und Archangelsk von -21°C. St. Petersburg befand sich im Grenzbereich zu Tief GUDRUN, sodass bei einem Tiefstwert von -10°C Schneefall beobachtet wurde.

Am 16.01. verstärkte sich der Kerndruck von Hoch BENJAMIN deutlich auf 1032 hPa, sein Zentrum blieb aber fast stationär. Grund hierfür war das sich von Spitzbergen zum Nordkap verlagernde Zentrum des Höhenhochs. Auch an diesem Tag blieben die Höchstwerte im Kernbereich zweistellig negativ, z.B. in Östersund mit -12°C. Während in Mittelschweden und Südfinnland nur wenig Schnee lag, verzeichneten die vom Nordmeer beeinflussten Stationen nennenswerte Schneehöhen. Die Station Oteren in Nordnorwegen meldete an diesem Tag eine Höhe von 166 cm, die Station Kilpisjärvi, die sich im Dreiländereck von Finnland, Schweden und Norwegen befindet, 97 cm. Die tiefste Temperatur im Bereich des Hochs BENJAMIN wurde in Lappland an der Station Kautokeino mit -37°C gemessen.

Auch am 17.01. war das Zentrum von Hoch BENJAMIN ortsfest. Das Hoch konnte allerdings seinen Einfluss nach Osten bis zum Nordural ausdehnen und so weiterhin Kaltluft aus Sibirien in den Nordwesten Russlands heranführen, welche aber trockener war als zuvor. So verlagerte sich bzw. löste sich die verbreitet vorherrschende hochnebelartige Bewölkung auf. Da die Sonne aber zu diesem Zeitpunkt am Polarkreis tagsüber kaum über den Horizont hinauskam, hatte dies keinen positiven Einfluss auf die Temperatur. Stattdessen wurde bei wolkenlosem Himmel in Murmansk und Archangelsk je ein Maximum von -18°C und in der folgenden Nacht durch die ungehinderte Ausstrahlung ein Minimum von -26°C bzw. -28°C erreicht. Auch in Rovaniemi ging die Temperatur bis auf -25°C zurück.

Der 18.01. brachte nur wenige Änderungen gegenüber dem Vortag. Während der Kerndruck leicht auf 1035 hPa ansteigen konnte, blieb das Zentrum der Antizyklone BENJAMIN stationär über Lappland. Zwischen dem Tief GUDRUN über dem Ural und Hoch BENJAMIN wurde weiterhin arktische Kaltluft aus den Polargebieten Nordrusslands herangeführt, während im Bereich des Zentrums die Ausstrahlung über der Schneedecke für die Temperaturentwicklung ausschlaggebend war.

Am 19.01. blieben sowohl das Zentrum als auch die Temperaturen im Bereich des Hochdruckgebiets BENJAMIN unverändert. In seinem südlichen Bereich konnte sich das Hoch aber langsam nach Südwesten ausdehnen. Dabei floss bodennah Kaltluft über Polen bis in den Nordosten Deutschlands ein, sodass die aus Südwesten herangeführte Warmluft gehoben wurde und es zu leichtem Niederschlag, teils als Sprühregen, teils mit Schnee und entsprechender Glatteisbildung kam. Entlang der Oder erreichten die Tagesmaxima nur noch Werte knapp über dem Gefrierpunkt. In der folgenden Nacht gingen sie auf
-2°C bis -4°C zurück. Im Nordosten Deutschlands trat zusätzlich Glätte auf, die durch gefrierenden Regen ausgelöst wurden.

Das Höhenhoch verlagerte sich am folgenden Tag etwas nach Süden und befand sich mit dem Zentrum über Südfinnland. Gleichzeitig verlagerte sich auch das Hoch BENJAMIN in diese Region, wobei sich eine Aufspaltung in zwei dicht beieinander liegenden Hochzentren andeutete. Mit einem Kerndruck von jeweils knapp 1038 hPa wurde das eine Zentrum über Südfinnland und das andere über Estland und Lettland analysiert. Dabei konnte sich der Hochdruckkomplex weit über den Südwesten Russlands ausdehnen. An der Station in Wolgograd wurde eine nächtliche Tiefsttemperatur von -22°C gemessen. Der Tageshöchstwert erreichte nur -17°C, während am vorherigen Tag noch -6°C als Tagesmaximum registriert wurden. Am 21.01. entfernten sich die beiden Hochzentren aufgrund des stark abgeschwächten Höhenhochs weiter voneinander. Ein Teilhoch wurde mit einem Kerndruck von knapp 1030 hPa über dem zentralen Skandinavien analysiert, das andere, kräftigere Teilhoch über Moskau mit knapp 1036 hPa. In einem großen Gebiet von Lappland über Finnland und das Baltikum bis zum Kaukasus, welches die größte Ausdehnung von Hoch BENJAMIN bedeutete, hielt sich die sehr kalte Frostluft mit Tageshöchstwerten von verbreitet unter -10°C, z.B. in Murmansk mit -16°C und Wolgograd mit -13°C. Ein neuer Schwall dieser Luftmasse erreichte auf der Südseite von Hoch BENJAMIN den Nordosten Deutschlands. Dabei lagen die Tagesmaxima mit -4°C bis -1°C bis zu 2 Grad unter denen des Vortages. Es wurde hier, wie auch im Rest des Landes, keinerlei Sonnenschein registriert. Auch die Tiefstwerte in der folgenden Nacht lagen mit -2 bis -7°C leicht unter denen der vorangegangenen Nacht, wobei die tiefsten Werte entlang der Oder gemessen wurden.

Am 22.01. und 23.01. verlagerte sich das östliche Teilhoch des Hochdrucksystems BENJAMIN ostwärts über den Südural nach Kasachstan, sodass das westliche Teilhoch wieder zum alleinigen Hoch BENJAMIN wurde. Aufgrund eines sich wieder verstärkenden und stabilisierenden Höhenhochs über Skandinavien gab es auch keine wesentlichen Änderungen bei der Lage des Zentrums oder dem Temperaturniveau. Allerdings führte die weiterhin auf der Ostseite von Hoch BENJAMIN einströmende polare Kaltluft zu extremen Tiefstwerten, wie z.B. in der am Nordural liegenden Stadt Workuta mit einem Minimum von -42,9°C.

Am 23.01. gab es zusätzlich eine Wetterveränderung im Nordosten Deutschlands. Dabei strömte trocken-kalte Festlandsluft über Polen herein, die die Hochnebeldecke auflöste und seit vielen Tagen wieder bis zu
6 Sonnenstunden ermöglichte. In der Nacht blieb es klar und es kühlte sich auf Usedom bis auf -13°C ab.

Auch am folgenden Tag profitierten die Gebiete von Schleswig-Holstein bis nach Usedom und der Uckermark von bis zu 7 Stunden Sonne. Dennoch war der östliche Bereich mit bis zu -7°C die kälteste Region Deutschlands. In der folgenden Nacht erreichte der Aufklarungsbereich auch Berlin und das übrige Brandenburg. Berlin-Dahlem verzeichnete einen Tiefstwert von -13,3°C, an der östlichen Grenze von Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg waren es bis zu -17°C.

Während sich Hoch BENJAMIN auch am 24. und 25.01. mit seinem Zentrum und einem stabilen Kerndruck um 1035 hPa zwischen Finnland und dem Baltikum behaupten konnte, zog ein namenloses Tiefdruckgebiet von Nowaja Semlja her kommend in den nördlichen Bereich der Antizyklone. Neben einer leichten Abschwächung und einer Verlagerung in Richtung Weißrussland und Ukraine, folgte am 26.01. auf der Rückseite des Tiefs ein neues polares Hochdruckgebiet, welches auf den Namen CAN getauft wurde. Gleichzeitig erreichte die Kältewelle im Nordosten Deutschlands ihren Höhepunkt, bei der sogar tagsüber in Teilen Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns -10°C nicht überschritten wurden.

Im Laufe des 27.01. konnte sich das Tiefdruckgebiet LILLI mit Zentrum über Großbritannien über Deutschland gegen die Kaltluft von Hoch BENJAMIN durchsetzen und diese verdrängen. Außerdem setzte sich das deutlich stärke Hoch CAN über dem Nordwesten Russlands durch, sodass das Hoch BENJAMIN darin aufging und an diesem Tag nach einer Lebensdauer von 14 Tagen letztmalig auf der Berliner Wetterkarte erschien.

 


Geschrieben am 28.04.2014 von Matthias Treinzen

Berliner Wetterkarte: 20.01.2014

Pate: Benjamin Stein