Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
CARRY
(getauft
am 10.01.2015)
In der ersten Monatsdekade des Januars 2015
wurde das Wetter über dem atlantisch-europäischen Raum durch eine Serie von Tiefdruckgebieten
bestimmt, die vor allem in Nord-, West- und Mitteleuropa für wechselhaftes,
windiges und nasskaltes Wetter sorgten. Dagegen dominierte über Südwest- und
Südeuropa zumeist Hochdruckeinfluss. Ursache für diese Zweiteilung war eine in
der Höhe gut ausgeprägte Westwindströmung, die kaum einen Austausch zwischen
den milden Luftmassen im Süden und der kühleren subpolaren Luft im Norden
zuließ. Ausgehend von dieser Konstellation bildete sich am 9. Januar mehrere
hundert Kilometer südlich von Neufundland und östlich der Bermuda-Inseln über
dem Westatlantik eine neue Hochdruckzelle. Den Berechnungen der Wettermodelle
nach sollte sich diese unter Verstärkung rasch weiter ostwärts Richtung
Südeuropa verlagern und an den Folgetagen auch Einfluss auf das Wetter in
Mitteleuropa nehmen. Folglich wurde die in Entstehung begriffene Antizyklone am
10. Januar auf den Namen CARRY getauft.
Um 00 UTC des Tauftages, was 01 Uhr MEZ
entspricht, befand sich das Hoch mit seinem Zentrum noch circa 1500 km nordwestlich
der Azoren über dem zentralen Nordatlantik. Der Kerndruck betrug zu diesem
Zeitpunkt etwas mehr als 1040 hPa. Die Ausdehnung der Hochdruckzelle umfasste dabei
ein Gebiet in einem Radius von rund 1000 km um das Zentrum herum.
In den folgenden 48 Stunden verlagerte sich
die Antizyklone CARRY ohne nennenswerte Verstärkung oder Ausdehnung weiter
ostwärts, in etwa entlang des 40. Breitengrades, also der geografischen Breite
Madrids, und befand sich am Morgen des 11. Januar im Bereich der Azoren und am
Tagesende schließlich über der Iberischen Halbinsel.
Das Hoch CARRY wurde am 12. Januar um 00
UTC mit zwei Zentren über Zentralspanien bzw. Südfrankreich analysiert. Hier
betrug der Druck knapp über 1035 hPa. Gleichzeitig erstreckte sich der Einfluss
der Antizyklone bis zu den Westalpen, dem westlichen Mittelmeer und bis nach
Marokko. Der Luftdruckanstieg sorgte tagsüber für verbreitet freundliches,
sonniges Wetter. Am meisten konnten davon der Norden Spaniens sowie der Süden
Frankreichs profitieren. Hier schien die Januarsonne nahezu ungestört und
erwärmte die Luft auf vorfrühlingshafte 18 bis 19°C, nachdem tags zuvor noch
Tiefausläufer und ihre Wolkenfelder den Sonnenschein trübten und nicht mehr als
12°C zuließen.
Bis in die Frühstunden des 13. Januars
konnte sich der Hochdruckeinfluss deutlich weiter nach Südosteuropa ausweiten
und reichte nunmehr bis ins südliche Mitteleuropa, zum Balkan und nach
Nordafrika. Der höchste Luftdruck wurde zwischen Tunesien und Süditalien
festgestellt, z.B. Palermo mit 1035,4 hPa, ein weiterer Schwerpunkt befand sich
über dem Westbalkan nahe Sarajevo mit 1033,9 hPa. Am Tage konnte man neben
Spanien nun auch von Süddeutschland bis nach Italien sowie von der Schweiz bis
nach Griechenland und Bulgarien von verbreitet heiterem Wetter und meist 7 bis 9
Sonnenstunden profitieren. Die Temperaturen lagen in den mediterranen Gebieten
meist zwischen 15 und 17°C, vereinzelt auch knapp über 20°C, wie in Valencia
mit einem Maximum von 21,6°C. Allerdings wurde der Hochdruckeinfluss zumindest
über Südwesteuropa durch die Ausläufer eines umfangreichen Nordmeertiefs alsbald
schon ein wenig gedämpft.
So schwächte sich das Hoch CARRY bis zum
14. Januar merklich auf nur noch wenig über 1025 hPa ab und verlor gleichzeitig
an Einfluss über der Iberischen Halbinsel und der Region nördlich der Alpen.
Über der Balkan- und Apenninen-Halbinsel sorgte das Hoch aber weiterhin für
freundliches und sonnenscheinreiches Wetter. Die Tageshöchstwerte lagen
zwischen 12 und 17°C, über Teilen des Balkans war es aber auch deutlich kühler.
Denn jenseits der Adria war über den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens
vielerorts eine geschlossene Schneedecke vorhanden, was maßgeblich Einfluss auf
die Höchstwerte hatte. Während sich die Luft über dem verschneiten Sofia trotz
viel Sonnenscheins gerade einmal auf 4°C erwärmte, lagen die Maxima im schneefreien
Belgrad bei 14°C.
Am 15. Januar um 00 UTC erstreckte sich der
Hochdruckeinfluss nahezu unverändert vom westlichen Mittelmeer bis zum Balkan,
sowie vom Alpenraum bis zum Ionischen Meer. Das Zentrum des Hochs befand sich
mit knapp 1025 hPa weiterhin über Italien, wo beispielsweise in Rom ein
Luftdruck von 1024,0 hPa gemessen wurde. Damit setzte sich das freundliche,
vorfrühlingshafte und milde Wetter über der Apenninischen und der
Balkan-Halbinsel weiter fort, wobei bei bis zu 9 Sonnenstunden Höchsttemperaturen
von 14 bis 17°C über Italien sowie 10 bis 13°C über den Balkanstaaten erreicht
wurden. Jedoch wurde der antizyklonale Einfluss über Südeuropa zusehends
abgebaut. Verantwortlich dafür war der kräftige Sturmwirbel HERMANN, der vom
Atlantik über die Britischen Inseln nordostwärts in Richtung Nordmeer zog und
gleichzeitig die Hochdruckzelle ostwärts abdrängte.
Schließlich befand sich das Hoch CARRY in
den Frühstunden des 16. Januars mit dem Zentrum über dem Ostbalkan, genauer
gesagt über Mazedonien und Rumänien, wo der Druck bei knapp 1025 hPa lag. Damit
brachte das Hoch im Tagesverlauf hier noch einmal freundliches, sonniges
Wetter, wobei das Temperaturniveau der vorangegangenen Tage mit
durchschnittlich 10 bis 15°C erhalten blieb. So betrug das Maximum in Belgrad bei
9 Stunden Sonne 13°C. Ganz anders stellte sich der Wettercharakter weiter
nördlich in der Ukraine dar, wohin sich der Schwerpunkt des Hochs in den
folgenden Stunden verlagerte. Hier war eine noch deutlich kühlere Luftmasse
subpolaren Ursprungs, sowie eine kompakte Schneedecke anzutreffen, und trotz
des zunehmenden Hochdruckeinfluss dominierte trübes, nass-kaltes Wetter mit
Höchstwerten um oder knapp über dem Gefrierpunkt, wie beispielsweise in Kiew mit
einem Höchstwert von -0,4°C.
In den folgenden Stunden verlagerte sich
die Antizyklone ohne weitere nennenswerte Ausdehnung oder Verstärkung über die
Ostukraine allmählich in Richtung Südrussland. Der vielfach wolkenreiche und
nasskalte Wettercharakter mit Temperaturen nahe oder knapp über dem Gefrierpunkt
blieb dabei in dieser Region erhalten. Gleichzeitig verlor das Hoch über dem
Ostbalkan mehr und mehr an Wetterwirksamkeit.
Letztmalig konnte Hoch CARRY in den
Frühstunden des 18. Januar mit einem Kerndruck von knapp über 1030 hPa über
Südrussland in der Region Wolgograd analysiert werden, ehe es sich in den
darauf folgenden Stunden ostwärts in Richtung Kaspisches Meer verlagerte und
somit den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte verließ.
Geschrieben
am 28.02.2015 von Gregor Pittke
Berliner Wetterkarte: 12.01.2015
Pate: Carry Meyer