Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
CHRISTA
(getauft am
22.01.2017)
Zu
Beginn der letzten Januardekade befand sich ein ausgedehntes Hochdruckgebiet im
Bodenniveau namens BRIGITTA über Mitteleuropa, welches jedoch zunehmend an
Stärke verlor und nach Osten verdrängt wurde. Im Laufe des 22. Januars weitete
sich der Bereich hohen Luftdrucks ausgehend vom Hochdruckkern der Antizyklone
BRIGITTA in Richtung Westeuropa aus. Hinzu kam die Ausdehnung des Azorenhochs,
ebenfalls Richtung Westeuropa. Folglich entstand eine Hochdruckzone über dem
Norden Frankreichs und dem Süden Großbritanniens, welche von der Berliner
Wetterkarte am 22. Januar in der Prognose für den Folgetag auf den Namen CHRISTA
getauft wurde.
Diese
Hochdruckzone erschien jedoch namentlich erst am Folgetag um 00 Uhr UTC, also
01 Uhr MEZ, auf dem Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte. Gemäß der
Definition einer Hochdruckzone ist Hoch CHRISTA am Tauftag durch eine
gemeinsame Isobare, also einer Linie gleichen Luftdruckes, mit dem Azorenhoch
verbunden. Des Weiteren bildete Hoch CHRISTA eine Verbindung zur Antizyklone
BRIGITTA, die sich zu diesem Zeitpunkt mit Zentrum nahe des Schwarzen Meeres
befand. Diese Verbindung wird vom Meteorologen auch als sogenannte Hochdruckbrücke
bezeichnet. Das Zentrum der Hochdruckzone CHRISTA befand sich zu diesem
Zeitpunkt mit einem Luftdruck von etwa 1029 hPa über der Straße von Dover, der
Meerenge zwischen Großbritannien und Kontinentaleuropa. In Zentrumsnähe existierten
am Tag der Taufe dichte Wolkenfelder, die wenig bis gar keine Sonne
durchließen. Verantwortlich dafür war eine Inversion, welche eine Grenzschicht
– oftmals als Wolken-, Nebel- oder Dunstschicht – darstellt, ab der die
Temperatur mit der Höhe wieder zu- und nicht wie normalerweise abnimmt. Inversionen
wirken wie Sperrschichten, verhindern somit den vertikalen Austausch tief
liegender mit höher liegenden Luftschichten. Es gibt verschiedene
Entstehungsformen für Inversionen. Zum einen können sie durch großräumige Heranführung
von Warmluft, zum anderen durch Absinkprozesse in der entsprechenden Höhe oder
auch durch Abkühlung der unteren Luftschichten entstehen. In diesem Fall ist
die langwierige Abkühlung der unteren Luftschichten die Ursache. Man spricht in
diesem Zusammenhang auch von einer Bodeninversion. Der Boden konnte sich unter
Einfluss von Hoch CHRISTA über einen längeren Zeitraum durch Ausstrahlung in
klaren Winternächten stark abkühlen und damit auch die bodennahe Luftschicht,
welche somit kälter ist, als die darüber liegende Luftschicht. Es bildete sich
eine Grenzschicht zwischen beiden Schichten in Form einer Nebel- oder
Hochnebeldecke aus. Daher wurden nahe am Zentrum beispielsweise am Londoner
Flughafen Heathrow und im nordfranzösischen Abbeville
keine Sonnenstunden registriert. Paris war hingegen zweigeteilt. Im Norden
hielt ganztägig die Inversionslage an, während im südlich gelegenen Paris-Montsouris die Sonne sich noch 5 Stunden durchsetzen
konnte. In den ebenfalls vom Hoch CHRISTA beeinflussten übrigen Landesteilen
Frankreichs lösten sich die Wolken im Tagesverlauf rasch auf, so dass
vielerorts 7 bis 9 Sonnenstunden verzeichnet wurden. Dadurch konnten auch die
Temperaturen besonders in Küstennähe auf für diese Jahreszeit recht milde 12°C ansteigen.
In den Gebieten mit Inversionscharakter, wie z.B. in Paris wurden dagegen nur
-1 bis 1°C vermerkt. Die Tiefstwerte in der Nacht zum Folgetag lagen im ganzen
Land mit Ausnahme der Küstenregionen unter dem Gefrierpunkt. Am nahe der
deutschen Grenze gelegenen Flughafen Nancy-Essey
wurden bei -12°C Lufttemperatur und -14°C Bodentemperatur strenger bis starker
Frost gemeldet. Ebenso bildete sich dort und in anderen Inversionslagen bei
Frost und Nebel Raureif aus.
Die
Lage der Hochdruckzone CHRISTA veränderte sich bis zum 24. Januar kaum. Der Hochdruckkern
verlagerte sich mit gleichbleibendem Luftdruck von ca. 1029 hPa etwas nach
Südwesten bis auf Höhe der Seine. Über Nacht bildete sich in einer Höhe von 500
hPa, also in ca. 5,5 km, ein abgeschlossenes Höhentief aus, das mit polarer
Kaltluft gefüllt ist und vom Meteorologe auch Kaltlufttropfen genannt wird.
Jener nur in höheren Luftschichten in Erscheinung tretender Kaltlufttropfen befand
sich zum 00 Uhr UTC-Termin über Nordwestdeutschland und zog im Tagesverlauf
über die Osthälfte Frankreichs hinweg. Mit feuchter und kühler Luft
angereichert unterstützte dieser die Ausbreitung der Inversion. So gab es an
diesem Tag in der gesamten Nordosthälfte Frankreichs, also dort, wo auch der
Kaltlufttropfen verweilte und dann Richtung Süden weiter zog, keine Sonnenstunden.
Die Luft konnte sich nicht erwärmen und wurde zusätzlich von polarer Kaltluft
vom Kaltlufttropfen gespeist. In Straßburg wurden Höchstwerte von -3°C, in Luxeuil -4°C und in Amberieu bei
Lyon -4°C registriert. Im restlichen Frankreich konnten außerhalb der Inversion
maximale Temperaturen von 5 bis 10°C im Landesinnern und bis 12°C an der
bretonischen Küste bei 7 bis 9 Sonnenstunden gemessen werden. Ebenso wurde Deutschland
durch die Hochdruckzone und die ebenfalls großflächig ausgebildete Inversionswetterlage
beeinflusst und befand sich daher überwiegend unter einer dichten Wolkendecke.
Vielerorts wurden fast durchgängig feuchter Dunst und vereinzelt auch Schneefälle
gemeldet. Bodennah war entsprechend der Jahreszeit eine sehr kalte Grundschicht
vorhanden. So gab es vor Allem in den Niederungen Süddeutschlands eine länger
andauernde Kälteperiode. Im niederbayerischen Straubing wurde z.B. der neunte
Eistag, also ein mit einer Höchsttemperatur unter dem Gefrierpunkt liegenden
Tag, beobachtet. Dort betrug der Höchstwert nur -9°C. In der nicht weit
entfernten Gemeinde Gottfrieding wurden an diesem Tag
sogar -10°C nicht überschritten. Je weiter man in den Norden gelangte, umso
milder wurden die Temperaturhöchstwerte. Grund dafür war die Zufuhr von
Nordseeluft. So konnten auf der Insel Sylt bis zu 5°C registriert werden.
Der
Kaltlufttropfen sorgte in Deutschland für eine leichte Hebung der Wolkendecke
und somit auch der Inversionsgrenze. Dadurch blieben die Temperaturen auf den
Bergen, die durch die Inversionslage im positiven Bereich lagen, an diesem Tag ebenfalls
unter dem Gefrierpunkt. Verursacht durch den Kaltlufttropfen fielen vielerorts zeitweise
Schneeflocken, so dass bis zum nächsten Morgen an einigen Stationen, so auch in
der Landeshauptstadt Berlin, 1 oder knapp unter 1 cm Neuschnee gemeldet wurde.
Die
Tiefsttemperaturen sanken trotz einer Nebel- und Hochnebeldecke im Süden
Deutschlands besonders im bayrischen Raum verbreitet unter -10°C. Die Gemeinde Gottfrieding stellte mit -17°C in jener Nacht einen der
kältesten Orte Deutschlands dar. In dieser und weiteren Regionen Bayerns wurde
strenger bis starker Frost verzeichnet. Dennoch dominierte im Bereich des
Kaltlufttropfens weiterhin eine von den Kanaren über Frankreich und Deutschland
hinweg bis zum Schwarzen Meer und zur Türkei reichende Hochdruckzone, die aus mehreren
Hochdruckkernen, u.a. dem von Hoch CHRISTA gebildet
wurde.
Bis
zum folgenden Tag verlagerte sich der Schwerpunkt des hohen Luftdrucks von der
Bretagne nach Deutschland. Auf der 500 hPa–Karte sah
man zum Nachttermin des 25. Januars die Ausbildung eines neuen Höhenhochs über
der Nordsee, welches die Hochdrucklage am Boden bekräftigte. Dadurch verstärkte
sich das zu diesem Zeitpunkt über der Mitte Deutschlands liegende Zentrum von
Hoch CHRISTA auf einen Luftdruck von ungefähr 1033 hPa. Die zähe Hochnebeldecke
zeigte an diesem Tag erste Lücken über Niedersachsen und Nordrhein-Westfahlen,
so dass z.B. in Essen und Düsseldorf 3 bis 4 Stunden Sonne gemessen werden
konnten. Durch den zunehmenden Einfluss einer Hochdruckzelle namens DORIS, die
zu diesem Zeitpunkt noch über Karelien lokalisiert wurde, riss die
Hochnebeldecke rasch auf. Hoch DORIS verstärkte sich im Tagesverlauf und nahm
auf seinem Weg Richtung Weißrussland die Hochdruckgebiet CHRISTA in seine
Zirkulation auf. Daher konnte die Antizyklone CHRISTA am 25. Januar das letzte Mal
im Analysebereich der Berliner Wetterkarte verzeichnet werden.
Geschrieben
am 30.03.2017 von Lisa-Marie Schulze
Berliner
Wetterkarte: 25.01.2017
Pate:
Dr. Christa Tholander