Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet CLAUDIUS

(getauft am 19.01.2016)

 

Gegen Ende der zweiten Januardekade verstärkte sich über dem östlichen Nordatlantik in einer Höhe von 5,5 km ein Vorstoß warmer Luftmassen nach Norden, welcher auch als Keil bezeichnet wird. Dadurch kam es zu einer Aufteilung der vorherrschenden Hauptströmung über dem zentralen Nordatlantik. Ein Teil dieser Strömung folgte der ursprünglichen von West nach Ost führenden Ausrichtungen und verlief über die Azoren sowie die Iberische Halbinsel bzw. Nordwestafrika bis zum westlichen Mittelmeer. Der andere Teil der Hauptströmung führte um den Keil herum und damit zunächst nach Norden bis Grönland, wo die Strömung nach Südosten schwenkte und sich weiter über das Europäische Nordmeer, Mitteleuropa und den Balkan erstreckte. Zu dem Keil zugehörig korrespondierte im Bodenniveau bereits frühzeitig das Hoch BENNO. Nachdem sich dieses nach Verlauf vom Atlantik über die Biskaya bis nach Deutschland verlagerte und somit den Einflussbereich des Keils nach Osten hin verließ, unterstützte letzterer ab dem 18.01. eine Zone hohen Druckes, die sich östlich von Grönland über weite Teile der Grönlandsee und des Nordmeeres erstreckte. Mit der nordwestlichen Höhenströmung weitete sich der Einflussbereich des Hochdruckgebietes am Folgetag bis zur Nordsee und den Britischen Inseln aus. Dabei bildete sich im weiteren Verlauf ein neues Hochdruckzentrum über England aus, welches am 19.01. in der Prognose für den Folgetag auf den Namen CLAUDIUS getauft wurde.

Am 20.01. um 01 Uhr MEZ befand sich das Hoch CLAUDIUS mit einem zentrumsnahen Druck von 1019 hPa über dem Ärmelkanal nordwestlich von Le Havre. Mit einem weiteren Zentrum nordöstlich von Island, zu welchem eine Hochdruckbrücke bestand, sowie einem Hoch über Spanien reichte der Hochdruckeinfluss somit über gesamt Westeuropa und von dort weiter über das Nordmeer und Island bis Ostgrönland. Getrübt wurde der Einfluss lediglich durch ein kleinräumiges, unbenanntes Tiefdruckgebiet über Frankreich und den Ausläufern des Wirbels HANNAH mit Kern über der Ostsee. Im Bereich eines Hochdruckgebiets sinken Luftmassen großflächig ab. Dies führt zur Auflösung von Wolken bzw. verhindert deren Bildung. Unter direktem Einfluss des Hochs CLAUDIUS konnten daher an diesem Tag abseits der mit den Tiefausläufern einhergehenden Wolkenfelder Sonnescheindauern von bis zu 8,0 Stunden im nordfranzösischen Le Touquet und 7,7 Stunden im englischen Yeovilton registriert werden. Mit dem Hoch CLAUDIUS strömte in dessen Einflussgebiet erwärmte Subpolarluft ein, die in Verbindung mit erhöhter Sonneneinstrahlung zu einer leichten Erwärmung führte. So stieg die Tageshöchsttemperatur in Herstmonceux im Südosten Englands von 5,8°C am Vortag nach leichtem Nachtfrost am 20.01. auf 8,0°C an. Weiter östlich in der französischen Küstenstadt Dünkirchen wurde währenddessen ein Anstieg von 3,5°C auf 7,0°C verzeichnet. Im Tagesverlauf zog das Hoch CLAUDIUS weiter nach Südosten und führte somit auch vor allem im Südwesten Deutschlands zu erhöhten Sonnenscheindauern von verbreitet 6 bis 8 Stunden sowie einem damit einhergehenden Anstieg der Temperaturmaxima. In Weihenstephan wurden bei einem Höchstwert von -1,6°C 3,5 Grad mehr als Vortag gemessen, in Mühldorf waren es 3,7 Grad und in Gottfrieding sogar 4,2 Grad mehr.

Das Hoch CLAUDIUS wurde folgend am 21.01. um 01 Uhr MEZ mit seinem Zentrum und einem Druck von knapp unter 1025 hPa nahe Nancy analysiert. Der Einflussbereich des Hochs CLAUDIUS reichte zu diesem Zeitpunkt vom Nordmeer bis zu den Alpen und vom Westen Frankreich bzw. England bis zur Lausitz. Das über Polen liegende Tief HANNAH trübte jedoch weiterhin mit seinen Wolken den Hochdruckeinfluss über Deutschland. Dadurch konnten nicht überall die ansonsten auftretenden Sonnenscheindauern von 3 bis 8 Stunden verzeichnet werden. So wurden beispielsweise in Neu-Ulrichstein bei Marburg aufgrund von auftretendem Eisnebel kein Sonnenschein registriert, obwohl in Eisenach und in Hoherodskopf am Vogelsberg 7,0 bzw. 8,3 Stunden Sonnenschein gemessen werden konnten. Eisnebel entsteht, wenn kalte Luft über verhältnismäßig warmes Wasser geführt wird. Dabei verdampft das Wasser und erstarrt sofort zu kleinen Eisteilchen. Die dazu nötige kalte Luft wurde durch das Hoch CLAUDIUS herangeführt. Dieses befand sich weiterhin auf der Vorderseite des Keils und damit in einer nordwestlichen Strömung. Im Gegensatz zum Vortag wurden nun allerdings arktische Luftmassen maritimen Ursprungs herantransportiert, die zu einer Absenkung der Temperatur und damit vor allem in der vorangegangenen Nacht zu verbesserten Bedingungen für die Bildung von Eisnebel führten. Die Luft kühlte sich mitunter bis in den Bereich strengen bis sehr strengen Frosts ab, wobei Tiefstwerte von bis zu -13,1°C in Göttingen, -14,2°C in Bad Lippspringe und -15,4°C in Elpersbüttel gemessen wurden. Bei den Tageshöchsttemperaturen war indes im Norden Deutschlands ein Absinken im Vergleich zum Vortag zu beobachten. Während am 20.01. am Leuchtturm Alte Weser in der Deutschen Bucht noch +3,8°C registriert wurden, lag das Maximum am Tag darauf nur noch bei
-3,2°C. In den anderen Teilen Deutschlands, vor allem dem Westen und Südwesten des Landes, konnten hingegen sogar leichte Temperaturanstiege beobachtet werden.

Bis zum Nachttermin am 22.01. verlagerte sich die Antizyklone CLAUDIUS unter Verstärkung der Bewegung des Keils folgend nach Osten. Mit einem Druck von knapp 1035 hPa befand sich das Hochdruckzentrum über dem Osten Tschechiens. Das Hoch CLAUDIUS vergrößerte außerdem seinen Einflussbereich, welcher sich nun von Zentralskandinavien bzw. Finnland bis nach Italien und von Frankreich bis zur Ukraine erstreckte. In Deutschland trat in der Nacht erneut teils sehr strenger Frost auf, wodurch in Baruth ‑16,4°C, in Göttingen -17,8°C und in Zwiesel -18,8°C als Tiefsttemperaturen registriert wurden. Am Tag setzte sich jedoch die Sonne verbreitet durch und schien zwischen 4 und 8 Stunden. An der Westflanke des Hochs CLAUDIUS strömten subpolare Luftmassen nach Deutschland ein und sorgten so erneut für einen Temperaturanstieg. Dort wo sich die Sonne durchsetzte konnten 1 bis 9°C verzeichnet werden, ansonsten blieben die Werte bei auftretendem Dunst zwischen -5 bis 0°C. Auf der Vorderseite des Hochs CLAUDIUS in Osteuropa sorgte die in diesem Bereich einfließende Arktikluft für ein Anhalten der Frostperiode mit Tagesmaxima von lediglich
-11,2 im weißrussischen Senno, -11,4°C im ukrainischen Sumy und -11,7°C im estnischen Narva.

Der Keil schob sich bis zum Folgetag weiter nach Osten und reichte um 01 Uhr MEZ von der Iberischen Halbinsel über Mitteleuropa und Skandinavien bis zur Grönlandsee. Das Bodenhoch CLAUDIUS, welches sich weiterhin auf dessen Vorderseite befand, zog durch die dort vorherrschende nordwestliche Höhenströmung unter Verstärkung auf ca. 1039 hPa weiter nach Südwesten bis zu den Karpaten. Im Südosten Europas wurden dabei verbreitet 4 bis 8 Sonnenstunden erreicht, die jedoch nur vereinzelt auch zu einer Erhöhung der Temperaturen führten. So stieg der Tageshöchstwert an der serbischen Station Kapaonik im Vergleich zum Vortag um 3,9 Grad auf -6,0°C an, wobei 8,2 Stunden Sonnenschein gemessen werden konnten, wohingegen es tags zuvor nur 1,5 Stunden waren. In der weiter westlich gelegenen Ortschaft Sjenica wurden hingegen zwar ähnlich hohe Sonnenscheindauern registriert, dennoch fiel das Maximum der Temperatur unter dem Zustrom trockener Polarluft von -6,1°C auf ‑10,0°C herab.

Das Hoch CLAUDIUS verblieb bis zum 24.01. in seiner Lage nahezu stationär im Bereich der Karpaten über Westrumänien und besaß einen zentrumsnahen Druck von etwa 1038 hPa. Von Westen näherte sich derweil das Hoch DIETRICH, welches sich von der Biskaya bis zur Schweiz verlagerte. Zusammen mit einem unbenannten Hoch über Algerien entstand eine ausgedehnte Zone hohen Druckes, die sich von Nordafrika bis Weißrussland und von der deutschen Nordseeküste bis zur Ägäis erstreckte. Getrübt wurde der Hochdruckeinfluss jedoch durch die Ausläufer vom Wirbel HANNAH über Russland, der Zyklone JUDITH über Westeuropa und dem Tief IRIS, welches mit seiner Front die Hochs CLAUDIUS und DIETRICH separierte. Der Einflussbereich des Hochs CLAUDIUS beschränkte sich dabei auf ein Gebiet, welches von Weißrussland bis nach Griechenland und von Ungarn bis zum Schwarzen Meer reichte. Dort, wo sich die Sonne gegen den verbreitet auftretenden Dunst durchsetzten konnte, schien sie zwischen 5 und 7 Stunden lang, in Griechenland wurden auch über 8 Stunden Sonnenschein gemessen. Da weiterhin trockene polare Luftmassen einflossen, blieben die Temperaturen auf dem Niveau des Vortages, wodurch vor allem in Ländern ohne direkten Zugang zum Mittelmeer nur selten Tagesmaxima über dem Gefrierpunkt verzeichnet wurden. Meist konnten lediglich Höchstwerte im Bereich von mäßigem bis strengem Frost vermeldet werden.

Da sich der Keil im weiteren Verlauf kaum verlagerte, konnte das Hoch CLAUDIUS auch am 25.01. weiterhin stationär über Westrumänien mit einem Druck von rund 1038 hPa analysiert werden. Während der Norden des Einflussbereichs durch die Ausläufer eines unbenannten Tiefs mit Kern über dem Bottnischen Meerbusen und den dazugehörigen Wolken getrübt wurde, konnten auf der Südseite der Antizyklone CLAUDIUS in Rumänien noch 3 bis 6, in Mazedonien 4 bis 6, in Bulgarien 5 bis 7 und in Griechenland 6 und 8 Sonnenstunden registriert werden. Die einströmenden polaren Luftmassen begannen sich nun auch zu erwärmen, wodurch beispielsweise in Rumänien vielerorts positive Temperaturwerte verzeichnet werden konnten. In Botosani im Norden des Landes wurde im Vergleich zum Vortag ein Anstieg der Tageshöchsttemperatur von -3,2°C auf +4,6°C beobachtet. Etwas weiter südöstlich erhöhte sich das Maximum in Iasi von -5,3°C am Tag davor auf nun +0,9°C. In Buzau im Osten konnte gar ein Anstieg um 7,2 Grad auf +4,3°C verzeichnet werden. In der Stadt Drobeta-Turnu Severin, an der Grenze zu Serbien gelegen, wurden mit einem Höchstwert von +5,5°C sogar 10,2 Grad mehr als tags zuvor gemessen.

Das Hoch CLAUDIUS verlagerte sich bis zum 26.01. nach Nordosten bis über den Raum Wolgograd. Dabei schwächte sich das Hoch ab und besaß nur noch einen Druck im Zentrum von ca. 1032 hPa. Der Grund hierfür lag in der fehlenden Unterstützung des Keils in der Höhe. Dieser reichte vom westlichen Mittelmeer über Ostdeutschland und die Ostsee bis nach Nordnorwegen. Damit korrespondierte der Keil an diesem Tag verstärkt mit dem Hoch DIETRICH über dem französisch-schweizer Grenzgebiet. Unter Einfluss des Hochs CLAUDIUS konnten nochmals jeweils 7,6 Sonnenstunden an den russischen Stationen Elton und Zimljansk registriert werden. Die Temperatur stieg indes im Gegensatz zum Vortag in Zimljansk um 1,8 Grad auf -9,5°C an, in Elton erhöhte sich das Maximum von -16,2°C auf -13,5°C.

Am 27.01. befand sich das Hoch CLAUDIUS um 01 Uhr MEZ mit unverändertem Zentrumsdruck südöstlich von Wolgograd. Im Südwesten Russlands endete dabei mit Zustrom polarer Luftmassen die andauernde Dauerfrostperiode. So wurden beispielsweise in Zimljansk nun maximal +1,0°C gemessen. Dieser Höchstwert konnte auch in Kotelnikowo südöstlich von Wolgograd verzeichnet werden, obwohl tags zuvor lediglich -11,4°C vermeldet wurden. Weiter östlich in Malye Derbety wurde ein ähnlicher Temperaturanstieg von -10,7°C am Vortag auf +1,2°C erreicht.

Im weiteren Tagesverlauf zog das Hoch weiter nach Südosten in Richtung Kasachstan und verließ somit den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte, wodurch es nicht weiter auf jener verzeichnet werden konnte.

 


Geschrieben am 05.05.2016 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 22.01.2016

Pate: Claudius Osthoff