Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet CLAUS

(getauft am 15.01.2006)

 

 

 

Die Geschichte von CLAUS begann, als sich Mitte Januar das Tief DORIS bis zum Ural vorarbeitete, dort die extrem kalte Luft des nordsibirischen Hochs anzapfte und diese plötzlich zu einem Kurs nach Europa bewegte. Diese so genannte kontinentale Arktikluft (auch cA-Luftmasse genannt) steht im Winter grundsätzlich mit hohem Luftdruck am Boden zusammen, weshalb hiermit auch die Geburt vom Hochdruckgebiet CLAUS einherging, welches am 15.1. seinen Namen erhielt. Von den numerischen Vorhersagemodellen wurde der Kaltluftvorstoß anfangs noch gewaltig unterschätzt. Man erwartete ein Vorankommen bis an den Ostrand Polens, doch schon nach wenigen Tagen walzte sich die Kaltluft bis nach Mitteleuropa und drängte die vorhergesagte milde Westwetterlage komplett ab.

Aber zunächst kam es erst einmal im europäischen Teil Russlands zu einem gewaltigen Temperatursturz. Als am 17.1. die scharfe Luftmassengrenze des nun selbständigen Kältehochs CLAUS über Moskau hinwegdriftete, fiel dort die Temperatur von -2°C am Vormittag auf -20°C bis zum Abend. Danach folgten mehrere Nächte mit teilweise unter -30°C, während in nördlicheren Gebieten örtlich sogar die -45°C-Marke unterschritten wurde! Auch tagsüber wurde es im Bereich des Hochdruckgebietes CLAUS kaum wärmer, so dass man in Moskau von der strengsten Kälte seit 27 Jahren sprach.

Als in der Nacht vom 21. zum 22.1. die Kaltluft über Polen schließlich den Osten Deutschlands erreichte, gab es auch hier einen auffälligen Temperaturrückgang. Vielerorts gab es durch den letzten Vorstoß milder Meeresluft durch das Tief KERSTIN noch gefrierenden Regen oder Sprühregen, auf welchem nur wenige Stunden später Temperaturen von unter -10°C folgten (in Odernähe unter -15°C). Das Resultat war ein Eispanzer aus gefrorenem Schneematsch und vereisten Wasserlachen, welcher auf sämtlichen Nebenstraßen und Gehwegen noch mehrere Wochen präsent blieb.

Während sich CLAUS mit seinem Hochdruckzentrum (1055 hPa) von der Kanin-Halbinsel im nördlichen Russland etwas abschwächend bis über den Ostseeraum verlagerte, gab es in der Nacht zum 23.1. Minima von stellenweise unter -30°C in Polen und unter -20°C in Ostdeutschland. Mit -23,0°C meldete Ückermünde für Deutschland den tiefsten Wert in jener Winterphase. Da es sich um herangeführte (advektive) Kaltluft handelte, blieb es auch tagsüber östlich von Elbe und Saale unter -10°C, im Südosten Polens sogar unter -20°C kalt. Auch bezüglich des Luftdrucks vermeldete Berlin-Dahlem einen Rekord, denn mit 1049,8 hPa gab es dort den höchsten Luftdruck seit Beginn der Messreihe (1951)! Zeitgleich verlagerte sich der troposphärische Kältepol an der Ostflanke des Hochs CLAUS südwärts bis an das Schwarze Meer, wo es ebenfalls am 23.1. auf der sonst milden Halbinsel Krim Mittagstemperaturen von -21°C gab. Am westlichen Schwarzmeer brauste bei unter -10°C auch noch ein stürmischer Wind mit Stärke 9, was nach der Windchill-Tabelle eine gefühlte Temperatur von bis zu -40°C ergab!

In den Folgetagen schwächte sich CLAUS rasch ab und verlagerte sich nach Südosteuropa, wobei er seinen Einfluss auf Mitteleuropa allmählich verlor. Mit ihm wanderte die schon etwas abgemilderte Kaltluft über Griechenland bis in die Türkei, wo das kalte Winterwetter seinen Fortgang fand. Derweil bildete sich am 26.1. eine Hochdruckbrücke zwischen CLAUS und dem über der Nordsee liegenden Hoch DRAGO, weshalb auch in Mitteleuropa das trockenkalte Wetter bestehen blieb. Bei anhaltenden Nachttemperaturen von teilweise unter -15°C kam es dabei zu einer fast durchgängigen Vereisung vieler Flüsse in Ostdeutschland. Auf den bereits gefrorenen Seen erreichte die Eisdicke sogar mehr als 30 cm!

Seine letzten Tage verbrachte CLAUS über der Türkei, bevor er sich dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte entzog. Am 2.2. verlor das Hoch zumindest seine Verbindung mit DRAGO und verschwand nach Osten.

 

 


Geschrieben am 08.03.2006 von Richard Löwenherz

Wetterkarte: 24.1. 2006

Pate: Claus Waßmuth