Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet DIETER

(getauft am 30.01.2012)

 

In der Nacht zum 30.01. erschien zum ersten Mal über dem Mündungsdelta des russischen Flusses Ob ein neues Hochdruckgebiet auf der Berliner Wetterkarte, welches schon zu diesem Zeitpunkt einen Kerndruck von über 1060 hPa aufwies. Da diese Antizyklone auch für das europäische Wettergeschehen prägend zu werden schien, wurde es bereits am gleichen Tag auf den Namen DIETER getauft.

Mit dem Aufnehmen des Vorgängerhochs COOPER in das neue Hoch DIETER entstand durch einen erneuten Luftdruckanstieg um über 5 hPa eine noch kräftigere Antizyklone. Im Kernzentrum über dem Nordural wurden Luftdruckwerte bis zu 1067 hPa registriert, der bisher höchste gemessene Luftdruck in dieser Region stammt vom 16.02.1956 mit knapp über 1070 hPa.

Durch die Zirkulation des Hochs DIETER gelangte sehr kalte Festlandsluft nach Deutschland, die die Temperatur in den östlichen Bundesländern auf -10 bis -16°C zurückgehen ließ. Am Tag schien von Osten her bis zu einer Linie Emsland - Bayrischer Wald zwar verbreitet die Sonne, dennoch blieben die Höchstwerte dort im leichten Frostbereich.

Am 01.02. erreichte Hoch DIETER seine flächenmäßig größte Ausdehnung und erstreckte sich von Westsibirien am Ostrand bis Irland am Westrand sowie vom Nordkap am nördlichen Rand bis zur Balkanhalbinsel am südlichen Rand. In der mittleren Troposphäre, also in ca. 5,5 km Höhe, konnte sich dagegen das Höhenhoch nicht ganz behaupten, wodurch ein von Kasachstan nach Westrussland gezogener, kräftiger Kaltlufttropfen seine Wirkung zeigte. Dadurch fiel z.B. in Moskau trotz Tageshöchstwerten um -21°C ein Niederschlag von 3,4 l/m² innerhalb von 24 h. Die Gesamtschneehöhe stieg damit auf 21 cm an. Dieses Höhentief war nicht im Bodendruckfeld erkennbar, sodass trotz Hochdruckeinfluss verbreitet länger anhaltender Neuschnee mit insgesamt bis zu 5 cm fiel. Auch die ohnehin schon strengen Nachtfröste verschärften sich in dieser Region noch weiter. Im weißrussischen Mogilev und im lettischen Daupavpils wurden -30°C gemessen, aber auch im Osten Polens lagen die Tiefstwerte in Suwalki bei -28°C und in Bailstok bei -26°C. In Deutschland wurden zu diesem Zeitpunkt die tiefsten Werte aus dem Erzgebirge mit bis zu -21°C gemeldet.

Hoch DIETER blieb bis zum 05.02. stationär über dem europäischen Teil Russlands. Der Kerndruck wies immer noch einen Wert von knapp 1060 hPa auf, hatte dementsprechend kaum an Stärke verloren. Dafür bestimmte der sich in zwei Teile aufgespaltene Höhenwirbel mit Zentren über Finnland und Italien die Niederschläge über Nord-, Mittel- und Südeuropa. Auf seiner Ostseite konnte sich mit Hilfe des Mittelmeertiefs JULIA nun auch eine Frontlinie bis zum Erdbodenniveau ausbilden. Diese Frontlinie sorgte dafür, dass am 06.02. zwei Zentren von Hoch DIETER analysiert wurden. Das Zentrum DIETER I lag weiterhin westlich des Urals und das Zentrum DIETER II über der südlichen Ostsee. Hoch DIETER II war dafür verantwortlich, dass die extreme Kältewelle einen weiteren Höhepunkt erreichte. Damit floss nun auch die sehr kalte und vor allem trockene arktische Festlandsluft in die Osthälfte Deutschlands ein. Bei klarem Himmel ging die Temperatur somit verbreitet auf sehr tiefe Werte um -20°C oder noch darunter zurück. Besonders bemerkenswert waren dabei die Minima der Stadt Usedom mit -29,1°C und Ückermünde mit -28,7°C. In der bis 1947 zurückreichenden Klimareihe von Ückermünde wurde somit der absolute Tiefstwert vom 09. Februar 1956 mit -25,5°C deutlich unterboten. In Berlin-Dahlem gab es mit -19,3°C die tiefste Temperatur seit dem 14.01.1987, also seit 25 Jahren. Im westlichen Deutschland lagen die Minima z.B. in Essen und Düsseldorf bei nicht ganz so kalten -10°C.

Dieser extrem kalten Nacht folgte ein ebenso kalter Tag, bei dem die Temperatur nur langsam anstieg und an vielen Stationen der Höchstwert erst am Abend erreicht wurde, wie z.B. in Erfurt mit -11,6°C und in Leipzig mit -9,0°C.

Vom 08.02. bis zum 10.02. zog in der mittleren Troposphäre ein Kaltlufttropfen von der Kola-Halbinsel über das Baltikum bis zu den Ostalpen. Zur gleichen Zeit bildete sich im Bodenniveau das Tief LUCINA, welches die Verbindung zwischen den beiden Hochzentren DIETER I und DIETER II kurzzeitig unterbrach und im Osten Deutschlands etwas Schneefall brachte. In Berlin wurde bei Werten von -5°C sogar gefrierender Sprühregen beobachtet, der zu entsprechend glatten Straßenverhältnissen führte.

Bereits am 10.02. war die Verbindung der beiden Hochs sowohl in der Höhe als auch am Boden wieder hergestellt. Mit einem Kerndruck von jeweils noch 1047 hPa lag Hoch DIETER I über der finnisch-russischen Grenze und Hoch DIETER II über Südskandinavien. Hier konnte sich die Luft so wieder extrem abkühlen, sodass z.B. in Haparanda mit -32°C und Rovaniemi mit -31°C wieder sehr kalte Minima gemessen wurden. In der südlich der Hochzentren, weiterhin aus Osten einfließenden kalten Festlandsluft blieben von Polen bis Bulgarien sowohl die Minima mit teils deutlich zweistelligen Werten von -11°C wie in Wien und bis -24°C in Bukarest, als auch die Maxima mit -7°C in Bukarest und bis -1°C in Klagenfurt im Dauerfrostbereich.

Ab dem 12.02. war eine deutliche Abschwächung von Hoch DIETER auf der Bodenwetterkarte zu erkennen, dessen zwei Teilzentren sich über der Ukraine wieder vereinten, aber nur noch einen Kerndruck von etwa 1037 hPa aufwiesen. Die sehr kalte Luft blieb aber dennoch über Deutschland bestimmend und brachte in der Nacht nochmals verbreitet Werte unter -20°C, z.B. in Cottbus mit -20,8°C. Am Alpenrand war es in Oberstdorf mit -26,0°C noch kälter.

Die Antizyklone DIETER wurde schließlich am 13.02. vom heranziehenden Tief MAIKE nach Osten und damit mit dem Zentrum aus Europa verdrängt. Es vereinigte sich über Kasachstan wieder mit dem sibirischen Kältehoch und konnte sich folglich wieder regenerieren. Mit einem Kerndruck von ca.
1040 hPa zog Hoch DIETER in den folgenden Tagen östlich des Urals nach Norden und erreichte am 17.02. die russische Küste des Nordpolarmeeres. Im Bereich des Zentrums blieb es in der Nacht klar und es wurde dort verbreitet die -30°C-Marke unterschritten.

Angetrieben von einem neuen, entlang des Urals nach Süden ziehenden Höhenhochs überquerte das Bodenhoch DIETER wieder den Ural westwärts und erreichte so erneut den europäischen Teil Russlands mit einem Kerndruck von 1036 hPa. Gegen die kompakten Frontensysteme von Tief PATRICIA und QUIANA konnte sich Hoch DIETER allerdings nicht mehr durchsetzen und wurde so nach Süden zum Kaukasus abgedrängt. Am 21.02. konnte es schließlich nach einer beachtlichen Lebensdauer von 23 Tagen und dem Auslösen einer strengen Kälteperiode in Europa zum letzten Mal auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 29.03.2011 von Matthias Treinzen

Berliner Wetterkarte: 01.02.2012

Pate: Karnevalsgesellschaft Narhalla