Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet DORIS

(getauft am 28.08.2019)

 

Die Vergabe von Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte für solche Druckgebilde durchgeführt, die einen Einfluss auf die Großwetterlage über Europa haben. Viele Hochdruckgebiete entstehen aus dem Azorenhoch, welches eines der dynamischen Druckgebiete im europäischen Raum darstellt und maßgeblich für das Wetter in Mitteleuropa ist, auch bekannt als entscheidender Faktor für die Nordatlantische Oszillation.

Am 28.08. spaltete sich ein kleines Hochdruckgebiet von dem dynamischen Azorenhoch ab und verlagerte sich Richtung Osten. Zudem fand gleichzeitig Warmluftadvektion über der iberischen Halbinsel statt, wodurch sich die noch unbenannte Antizyklone weiter verstärken sollte. Deshalb wurde das Hochdruckgebiet auf der Vorhersagekarte für den Folgetag auf den Namen DORIS getauft.

Am 29.08. um 00 Uhr UTC bzw. 02 Uhr MESZ befand sich Hoch DORIS 300 km nördlich der iberischen Nordküste mit einem Kerndruck von knapp über 1020 hPa. Die Antizyklone erstreckte sich westlich bis zum bestehenden Azorenhoch, östlich bis nach Westdeutschland, nördlich bis nach Südengland und südlich bis nach Südspanien. Auf der iberischen Halbinsel wurden verbreitet zweistellige Sonnenstunden gemessen. Dadurch konnte sich dank des tellurischen Effekts die Landmasse weiter erwärmen und die Höchsttemperaturen erreichten vielerorts über 30°C. Besonders im Südwesten Spaniens erwärmte sich die Temperatur auf bis zu 38°C in Mérida oder Badajoz. Vereinzelt kam es in Zentralspanien auch zu Wärmegewittern, welche lokal mit konvektiven Niederschlägen verknüpft waren. In der Nacht zum 30.08. gab es große Temperaturunterschiede zwischen dem Nordosten der Halbinsel und dem Bergland im Westen Spaniens. In Xinzo de Limia fiel die Temperatur vor Sonnenaufgang auf bis auf 7,8°C. Im Vergleich dazu lag die Minimumtemperatur in Castuera bei 23,6°C.

Am folgenden Tag lag die Antizyklone DORIS westlich von Brüssel, weiterhin mit einem Kerndruck von über 1020 hPa. Das intensive Hochdruckgebiet verdrängte die Ausläufer von Tief DENIS, sodass die Auswirkungen der Kaltfront aufgrund der fehlenden Feuchtigkeit kaum merkbar waren. Stattdessen wurden in Südfrankreich, in Carpentras, bis zu 36,5°C gemessen. Zudem stieg die Frostgrenze in den Alpen auf über 4.000 Meter an. Selbst auf den Gletschern in 3.400 Metern Höhe herrschten deutliche Plusgrade wie am Wilden Freiger in den Stubaier Alpen mit 6°C. Die Gletscher waren bereits verbreitet aper, also schneefrei, sodass die spätsommerliche Hitze zu starker Ablation auf den Gletschern führte. In Deutschland und Mitteleuropa herrschte meist ungestörter Sonnenschein. Lediglich in den Mittelgebirgen gab es zeitweise etwas tiefe und mittelhohe Bewölkung. Zudem gab es eine schwache Konvergenzlinie westlich des Erzgebirges, wodurch es zu zahlreichen Schauern und Gewittern kam. Der höchste gemessene Niederschlagswert lag in Krölpa-Rockendorf in der Nähe von Saalfeld mit 27,5 l/m².

Am 31.08., erstreckte sich die Hochdruckzone DORIS von Westdeutschland über Polen bis nach Westrussland. Das Hochdruckzentrum befand sich am Morgen nördlich von Warschau an der polnischen Ostseeküste. In Luxemburg, westlich von Trier, kam es zu sehr heißen Temperaturen von bis zu 35,6°C in Wasserbillig. Am Alexanderplatz in Berlin erreichten die Höchsttemperaturen immerhin 34,5°C. Allerdings ist diese Temperatur wenig repräsentativ, weil die Station in einer stark versiegelten Umgebung verortet ist. Deutlich besser geeignet ist die Maximaltemperatur in Berlin-Dahlem von 33,4°C. Damit war es der Höhepunkt einer anhaltenden Hitzewelle in Mitteleuropa. Gleichzeitig stieg die Waldbrandgefahr aufgrund der hohen Temperaturen und der fehlenden Niederschläge verbreitet auf die Stufe 5, sehr hohe Waldbrandgefahr. In dieser Nacht gab es eine tropische Nacht in Teilen von Berlin. Diesmal wurde die höchste Tiefsttemperatur in Berlin-Tempelhof mit 21,1°C gemessen. Das Tempelhofer Feld gilt eigentlich als Frischluftschneise Berlins und soll in warmen Sommernächten als Kältepol dienen. Im Vergleich dazu kühlte sich die Luft in Bayern bei sternenklarem Himmel auf 12,9°C in Eichstätt, in der Nähe von Ingolstadt, ab. In einigen Orten Polens gab es sogar eine Abkühlung auf rund 10°C in der Nähe von Brest.

Am Septemberanfang lag die Antizyklone DORIS zwischen den Hauptstädten Vilnius und Moskau mit einem Kerndruck von über 1020 hPa. Die Ausdehnung wurde bereits eingeschränkt aufgrund eines weiter westlich gelegenen Frontensystems, welches Tief EGBERT zuzuordnen ist und feuchte Luft in den westlichen Einflussbereich des Hochdruckgebiets heranführte. Dies zeigt sich anhand eines Temperatureinbruchs in Deutschland von teilweise 15 Kelvin. In Polen war es hingegen nochmals heiß mit bis zu 32,5°C in Leszno oder 32°C in Kalisz. Zudem war es sehr sonnig, besonders in der Osthälfte Polens und in den östlich angrenzenden Ländern mit der maximalen Sonnenstundenanzahl beispielsweise in Elbląg mit fast 13 Stunden. An diesem Tag war die emittierte Strahlung der Erde in Weißrussland auffällig hoch, weshalb sich die Temperatur vielerorts auf 9 bis 10°C abkühlte.

Zum nächsten Tag verhielt sich die Antizyklone DORIS nahezu stationär und verlagerte sich mit seinem Zentrum lediglich 200 km nach Osten mit einem Kerndruck von über 1015 hPa. Allerdings glich sich der Druck bereits der Umgebung an, weshalb die Antizyklone DORIS an Kraft verlor. Lediglich an einigen russischen Stationen wie Brjansk wurde nochmals ein Sommertag mit 27°C erreicht. Im Laufe des Tages verlagerte sich der zentraleuropäische Trog und die damit verknüpfte Zyklone EGBERT nach Osten, wodurch sich die Antizyklone DORIS auflöste uns am 03.09. nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte zu sehen war.