Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet FERDINANDEA

(getauft am 29.01.2021)

 

Ende Januar konnte durch das Auflösen der Zyklonen GORAN und IREK eine Zone hohen Luftdrucks in Form eines Bodenkeils von dem Arktischen Ozean über die Ostküste Grönlands und Island hinweg bis zu den Färöer-Inseln vorandringen. Dieses zwar noch sehr schwach ausgeprägte Gebiet, sollte sich zum 30.01.2021 weiter nach Süden abspalten und somit in den kommenden Tagen maßgeblich auf das Wettergeschehen in Nord-, West- und Mitteleuropa Einfluss nehmen. Aus diesem Grund entschieden sich die Meteorologen der Berliner Wetterkarte dafür, diese Zone hohen Luftdrucks bereits am 29.01. in der Prognose für den darauffolgenden Tag auf den Namen FERDINANDEA zu taufen. Das Einflussgebiet dieses Hochdruckgebietes weitete sich am Tag der Taufe von Grönland über Island bis in den Norden Schottlands aus.

Zum 30.01. erschien dann Hoch FERDINANDEA erstmals namentlich auf der Bodenwetterkarte der Berliner Wetterkarte um 00 UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht. Dabei kam es wie prognostiziert zu einer Verlagerung in Richtung Europa. Das Zentrum konnte nun zwischen Island im Norden sowie den Färöer-Inseln im Süden analysiert werden. Die Antizyklone, wie ein Hochdruckgebiet auch genannt wird, FERDINANDEA wies an diesem Tag einen noch für Hochdruckgebiete sehr niedrigen Zentrumsdruck von ca. 1013 hPa auf. Die Antizyklone beeinflusste vor allem die Nordhälfte der Britischen Inseln und streckte ihre Fühler sogar bis in den Norden Deutschlands aus. Nach Westen und Süden wurde das Hoch von den Tiefs NICOLAI, PETER und OLAF und deren Ausläufer begrenzt, im  Osten machte sich noch MALTE III breit. Die Wetterbeobachtungen bezogen sich an diesem Tag in Island vor allem auf den Veränderungen des Bedeckungsgerades, denn durch das Absinken der Luftmassen löste sich der Großteil der Wolken auf und die paar Sonnenstunden, die in dieser doch deutlich von der Dunkelheit geprägten Jahreszeit dort noch möglich sind, wurden vollends ausgeschöpft. Allerdings musste man sich beim Sonnenbad warm anziehen, da die subpolaren Luftmassen nordeuropäischen Ursprungs lediglich Tageshöchsttemperaturen von beispielsweise -7,6°C in Bloenduós und -6,7°C in Raufarhöfn zuließen, an exponierten Orten wie z.B. in Kárahnjúkar wurden nur -12,6°C registriert. Die Tagestiefsttemperaturen wiesen nur leichte Abweichungen um circa 1 Kelvin im Vergleich zu den Höchstwerten auf, wie beispielsweise die Station Kárahnjúkar mit -13,4°C.

In Deutschland ließen mit Annäherung von Hoch FERDINANDEA die letzten Schneefälle in der Nordhälfte rasch nach, so dass sich gebietsweise auch mal für längere Zeit die Sonne zeigte. So gab es auf Rügen bis zu 5 Sonnenstunden in Putbus, Hamburg und Wittmund meldeten knapp 6 Stunden und noch weiter nördlich in St. Peter-Ording und in Leck wurde der meiste Sonnenschein mit ca. 8 Stunden registriert. In der Kaltluft lagen die Höchstwerte allerdings nur um den Gefrierpunkt. Einige Orte meldeten sogar Dauerfrost wie zum Beispiel Bremen und Elpersbüttel an der Nordsee. In der Nacht zum Folgetag klarte der Himmel dann mehr und mehr von Norden her auf, wobei sich bei windschwachen Verhältnissen oft flacher Nebel bildete. Über der Schneedecke wurden nun die bis zu diesem Zeitpunkt tiefsten Temperaturwerte des Winters gemessen. Strenger Frost, also Minusgrade im zweistelligen Bereich, stellte sich vielerorts in einem Streifen von Hamburg über das nördliche Sachsen-Anhalt bis nach Südbrandenburg und Ostsachsen ein. Dabei kühlte es in Quickborn bei Hamburg auf -12°C und in Lüchow wie auch im Spreewald auf ca. -14°C ab. Örtlich gab es sogar sehr strengen Frost, wie z.B.  an der polnischen Grenze in Coschen mit knapp -16°C oder in der Gemeinde Sohland an der Spree mit  -17,5°C.  Die niedrigste Temperatur vermeldete allerdings Gardelegen in Sachsen-Anhalt, wo sich die Luft auf eisige -18,1°C abkühlte. In Berlin-Dahlem, wo auch die Aktion Wetterpate ansässig ist, gab es in dieser Nacht mit einer Temperatur von -8,4°C den tiefsten Wert seit knapp 3 Jahren (04. März 2018: -9,0°C).

Zum letzten Tag des Januars im Jahr 2021 kam es zur Verbindung mit dem kleinen Hoch vom Vortag, welches über dem Süden von Norwegen lag. Das Hoch FERDINANDEA verlagerte sich weiter in Richtung Südosten bis zur Grenzregion von Polen und Ungarn. An diesem Tag kam es zur Bildung von zwei Zentren, die auf der Bodenwetterkarte mit römischen Ziffern gekennzeichnet wurden. Das Zentrum des Hochs FERDINANDEA I befand sich nahe Edinburgh mit einem Kerndruck von 1009 hPa. Das zweite Zentrum, FERDINANDEA II, wurde analysiert über der Grenzregion Tschechien, Slowakei und Polen mit etwas über 1005 hPa. Das Hochdruckgebiet beeinflusste an diesem Tag den Nordosten der Britischen Inseln, Dänemark, Nord-, Mitte- sowie Ostdeutschland, Polen, Tschechien sowie den Norden der Slowakei. Die Höchsttemperaturen im Bereich der Britischen Inseln beliefen sich von -7,1°C auf der Erhöhung Cairngorms bis +3,8°C in Wick und +4,5°C in Belfast. In Deutschland konnte sich die polare Luft weiter nach Süden ausdehnen, so dass am Tag noch Temperaturen um den Gefrierpunkt von beispielsweise 0,9°C in Berlin-Marzahn und -1,8°C in Lübben gemessen wurden. Nur im äußersten Südwesten Deutschlands hielt sich im Einflussbereich von QUIRIN II die mildere Luft bei bis zu 7°C. Charakterisierend für das Hoch FERDINANDEA ist der reichliche Sonnenschein, der sich im Norden und der Mitte Deutschlands mit bis zu 8 Stunden vom Münsterland über den Harz und Berlin bis zum Oderbruch sowie bis zum Erzgebirge etablierte. Nur im Südwesten verharrte noch eine Luftmassengrenze, die keinen Sonnenschein zuließ und noch für einige Liter Niederschlag sorgte. Derweil blieb es unter dem Hochdruckeinfluss im Norden und Osten des Landes ganztägig trocken. Ein ähnliches Bild wie schon die Nacht zuvor zeigte sich auch in der Nacht zum 01.02.: im Norden und Osten Deutschlands konnte es erneut unter klarem Himmel stark auskühlen, teils bildeten sich Feuchte- oder Nebelfelder und bei dem daraus resultierenden strengen bis sehr strengen Frost von Bremen über der Altmark bis zur Oberlausitz zeigten die Thermometer abermals Temperaturen im zweistelligen Minusbereich, wie z.B. in Wusterwitz mit -14,1°C und in Seehausen mit -15,9°C, Gardelegen war mit -18,9°C sogar noch ein Müh kälter als am Vortag.

Bis zum 01.02. um 00 UTC verlagerte sich das Zentrum des Hochs FERDINANDEA rasch ostwärts bis nach Woronesch. Der Einfluss bezog sich auf die Regionen Ostdeutschland sowie Osteuropa, primär aber entlang der Linie Berlin, Warschau, Minsk sowie Moskau. Im Süden wurde es mittels einer Warmfront, die die Tiefs QUIRIN II und OLAF verband, begrenzt. Das Frontensystem von QUIRIN II überquerte mit seinen dichten Wolken und seinem Niederschlagsfeld im Tagesverlauf weite Teile Deutschlands, nur im äußersten Osten konnte Hoch FERDINANDEA noch letzte Spuren in Form von 3 bis 8 Sonnenstunden hinterlassen.

Vom 02. bis zum 04.02. wurde Hoch FERDINANDEA dann schließlich durch das weitere Fortschreiten der Tiefdruckgebiete QUIRIN, SIEGBERT und REINHARD nordostwärts in Richtung des Uralgebirges verdrängt, um dann letztendlich den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte im weiteren Tagesverlauf des 04.02. mit Zugrichtung gen Sibirien zu verlassen.