Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet GABRIELA

(getauft am 03.02.2015)

 

Anfang Februar 2015 befand sich über dem Nordatlantik in der mittleren und oberen Troposphäre ein kräftiger Hochdruckkeil, d.h. ein Vorstoß warmer Luft nach Norden, der mit seiner Achse von den Azoren bis über Grönland reichte. Gleichzeitig überdeckte ein ausgedehnter Kaltlufttrog, also ein Vorstoß kalter Luft nach Süden, den Europäischen Kontinent nahezu vollständig. Der Höhenkeil wiederum stützte eine lang gezogene, schmale Hochdruckzone am Boden, die sich von den Azoren bis nach Island erstreckte. Um den 03. Februar herum kam es nun zu einem Warmluftvorstoß aus den subtropischen Breiten in Richtung des mittleren Atlantik. Aufgrund dynamischer Prozesse innerhalb der Atmosphäre resultierten hieraus eine Luftdruckzunahme im Bodenniveau und schließlich die Entwicklung einer abgeschlossenen Hochdruckzelle. Diese sollte bald schon Einfluss auf das Wettergeschehen in Mitteleuropa nehmen und wurde folglich am 03. Februar in der Prognose für den Folgetag auf den Namen GABRIELA getauft.

In den Frühstunden des 04. Februars konnte Hoch GABRIELA erstmals mit einem Kerndruck von etwas über 1030 hPa über dem mittleren Atlantik etwa 1600 km westlich von Irland und circa 1500 km südwestlich von Island analysiert werden. Unter weiterer Verstärkung schwenkte die Hochdruckzelle in den folgenden Stunden ostwärts Richtung Britische Inseln. Dort sollte die Antizyklone an den kommenden Tagen nahezu stationär verbleiben, wobei sich das Zentrum knapp westlich über Irland befand. Über den Britischen Inseln stellte sich ein insgesamt freundlicher Wettercharakter mit zeitweiligem Sonnenschein ein, aber auch einzelnen leichten Schauern, da kühle Meeresluft am Rande des erwähnten Kaltlufttroges südwärts strömte. Deswegen erreichten die Temperaturen auch nur Werte um +5°C in London, was etwas unter den jahreszeitüblichen Maximalwerten von 7,6°C liegt.

Über dem Europäischen Festland hatte sich ebenfalls recht kühle Subpolarluft ausgebreitet. So gab es von Nordspanien und Südfrankreich über Deutschland und Polen bis nach Osteuropa nachts verbreitet Frost und tagsüber Temperaturen von nur wenig über dem Gefrierpunkt, zudem lag gebietsweise eine geschlossene Schneedecke. In Paris zum Beispiel lagen die Temperaturen tagsüber bei zeitweiligem Sonnenschein zwischen +2 und +5°C und nachts im leichten Frostbereich bei bis zu -2°C. Ähnliche Werte wurden auch in Potsdam gemessen, nur betrug hier das nächtliche Minimum aufgrund der vorhandenen Schneedecke etwas niedrige -7°C am 07. Februar.

Am Wochenende des 07. und 08. Februars erfolgte in der Höhe ein weiterer Kaltluftvorstoß aus subpolaren Regionen. Allerdings war dieser mehr nach Osteuropa gerichtet, mit der Folge, dass der Höhentrog ebenfalls dorthin abgedrängt wurde. Dadurch konnte die hochreichende Antizyklone GABRIELA ebenfalls weiter ostwärts nach West- und Mitteleuropa vordringen, wenngleich dies nur sehr langsam vonstatten ging. Dabei wurden in den Mittagsstunden des 07. Februars ein Kerndruck von 1046 hPa durch das Britische „UK Met Office“ analysiert, was den höchsten Luftdruck in der Entwicklung der Antizyklone darstellte.

In den Frühstunden des 11. Februars befand sich der Schwerpunkt der Antizyklone mit einem Luftdruck von etwas über 1030 hPa schließlich über Deutschland. Während in mittleren Luftschichten milde Atlantikluft herangeführt wurde, floss bodennahe kühle und wolkenreiche Nordseeluft nach West- und Mitteleuropa ein. Aufgrund des schwachen Windes in Nähe zum Hochzentrum kam es jedoch nicht, wie sonst üblich, zu einer Durchmischung der unterschiedlichen Luftmassen, sondern vielmehr zur Ausbildung einer sogenannten Sperrschicht, auch als Inversion bezeichnet. In der Folge hielt sich trotz Hochdruckeinflusses zwischen dem 09. und 11. Februar großflächig hochnebelartige Bewölkung in einem Gebiet zwischen den Britischen Inseln und Nordfrankreich bis nach Deutschland und Polen. Unter den dichten Wolken lagen die Temperaturen im Norddeutschen Flachland zumeist zwischen +5 und +7°C, südlich davon zwischen +2 und +5°C. Da sich die Inversionsschicht in etwa 800 bis 900 m Höhe befand, ragten jedoch einige Berggipfel der Mittelgebirge aus der Hochnebeldecke hervor. So konnte die Sonne auf dem Brocken, dem Fichtelberg und dem Großen Arber am 11. Februar nahezu ungetrübt bis zu 10 Stunden lang scheinen. Dabei stieg die Temperatur z.B. in Churáňov im Böhmerwald in 1142 m Höhe bis auf 10,5°C an.

In der Nacht zum 12. Februar befand sich das Zentrum des Hochs GABRIELA bereits über der Westukraine, mit einem Kerndruck von weiterhin knapp über 1030 hPa. Der Einfluss des Hochs umfasste zu diesem Zeitpunkt weite Teile Europas mit Ausnahme von Skandinavien und Nordwestrussland. Durch diese Ostwärtsverlagerung drehte der Wind über Mitteleuropa von Nordwest auf Südost, sodass etwas wärmere und trockenere Festlandsluft herangeführt wurde. Hierdurch lösten sich die zähen Hochnebelfelder zumindest gebietsweise auf und die Sonne konnte längere Zeit scheinen, so wie über dem Südwesten Deutschlands, aber auch im Rheinland und in Belgien sowie über Teilen Brandenburgs bis nach Sachsen und Schlesien. Damit ergaben sich aber auch bemerkenswerte Temperaturunterschiede auf kleinstem Raum, so wie in Sachsen-Anhalt. Während auf dem 1142 m hohen Brocken bei 9,8 Stunden Sonne bis zu 7,9°C gemessen wurden, blieb es in Magdeburg bei Dauerfrost ganztägig trüb-bedeckt.

Erst am darauf folgenden Tag konnte sich die Sonne über weiten Teilen Mitteleuropas durchsetzen, Ausnahmen blieben lediglich der äußerste Norden Deutschlands und Nordosten Polens, sowie die Niederungen Bayerns und Tschechiens. Ansonsten schien verbreitet die Sonne zumeist 8 bis 9 Stunden lang und die Luft erwärmte sich auf durchschnittlich 6 bis 8°C. Zum Beispiel schien in Warschau-Okecie die Sonne bei Temperaturen von maximal 7,8°C insgesamt 8,5 Stunden lang. Dagegen konnte sich am Münchener Flughafen die Sonne nicht durchsetzen, hier blieb es ganztägig kalt bei maximal -1,5°C.

Im weiteren Verlauf zog Hoch GABRIELA langsam, aber kontinuierlich nach Osteuropa. West- und zunehmend auch Mitteleuropa gelangten in den Einfluss eines zu den Britischen Inseln ziehenden Atlantiktiefs. So reichte die Ausdehnung der Antizyklone am Morgen des 14. Februars vom östlichen Mitteleuropa und dem Balkan bis nach Russland. Der Druck im Zentrum, welches mittlerweile über der Ostukraine und Südrussland zu finden war, hatte sich auf nur noch wenig über 1025 hPa verringert. Nichtsdestotrotz resultierte daraus weiter recht freundliches Wetter mit bis zu 10 Stunden Sonnenschein zwischen Elbe und Dnjepr. In der mittlerweile erwärmten Subpolarluft lagen die Temperaturen über dem östlichen Mitteleuropa meist bei vorfrühlingshaften 8 bis 10°C, über dem Balkan sogar bei bis zu 13°C, so wie beispielsweise in der westrumänischen Stadt Temeswar.

Am 15. Februar konnte Hoch GABRIELA letztmalig über der Ukraine und Südrussland bei nahezu unverändertem Luftdruck analysiert werden. So wurden beispielsweise in Wolgograd 1026,6 hPa gemessen.

In den folgenden Stunden wurden die Luftdruckgegensätze im Vergleich zur Umgebung allmählich abgebaut, sodass sich die Antizyklone bis zum Tagesende über Südrussland vollständig auflöste.

 

 

Geschrieben am 10.04.2015 von Gregor Pittke

Berliner Wetterkarte: 11.02.2015

Pate: Gabriela Baumgartner