Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
GERTRAUD
(getauft
am 23.06.2011)
Bereits am 21.06. bildete sich zwischen dem
Tief HARRY über Neufundland und dem Wirbel GUNNAR vor den Britischen Inseln,
eine Hochdruckzelle über den Azoren aus, die auf großer Fläche einen Druck von etwas
über 1025 hPa besaß. Diese dehnte sich an den Folgetagen aus und verlagerte
sich durch die Ostdrift der Tiefs zum europäischen Festland hin. Am 23.06., als
die Hochzelle von den Azoren bis nach Spanien und Frankreich reichte, wurde sie
schließlich auf den Namen GERTRAUD getauft. Der Schwerpunkt des Hochs lag zu
diesem Zeitpunkt über der Biskaya und zog von hier weiter nach Mitteleuropa,
wobei sich das Hoch in seiner Gesamtausdehnung auch nach Süden bis über das
westliche Mittelmeer ausbreitete. Diese Entwicklung war verbunden mit einem
Höhenhoch, welches sich von den Azoren zum westlichen Mittelmeer verlagerte und
dessen nordwärts gerichteter Keil mit dem Schwerpunkt des Bodenhochs GERTRAUD
korrespondierte. Am 25.06. befand sich neben Südwest- und Südeuropa nun auch
ganz Frankreich unter einem wolkenlosen Himmel. Im Bereich des Höhenhochs
breitete sich derweil kontinentale Tropikluft aus Nordafrika nach Norden aus
und bescherte der Iberischen Halbinsel fast überall eine Temperatur von über 35°C.
In Sevilla wurde der Maximalwert von 38,8°C erreicht, am nächsten Tag wurden
sogar 40,0°C registriert. An diesem Tag erreichte die Heißluft auch den Süden
Frankreichs, wo nun ebenfalls verbreitet Werte über 35°C gemessen wurden, den
Höchstwert gab es in Bordeaux mit 39,2°C. In Bodennähe hatte sich das Hoch GERTRAUD
inzwischen weiter nach Osten verlagert und analog zur Achse des Höhenhochkeils meridionalisiert, sodass der Einflussbereich jetzt von
Nordafrika bis nach Südskandinavien reichte. Am 27.06. reichte das Hoch, unter
leichter Abschwächung gegenüber dem Vortag, dann vom Mittelmeer bis nach
Lappland. Damit erreichte die Warmluft auch ganz Deutschland, sodass am 27.06.
im Süden und Westen bereits vielerorts die 30°C-Marke überschritten wurde, in
Rheinstetten am Oberrhein stieg die Temperatur bis 34,4°C. In den übrigen
Regionen Deutschlands gab es mit mehr als 25°C immerhin einen Sommertag, nur an
den Küstenorten und in den Hochlagen der Mittelgebirge gab es kaum mehr als
20°C. Eine Ausnahme bildete Norderney, hier wurde ein Maximalwert von 28,6°C
erreicht. Am 28.06. zog GERTRAUD mit ihrem Kern weiter zum Weißen Meer, wo sich
der Druck wieder etwas verstärkte. Der Einflussbereich reichte jetzt von
Ostdeutschland bis zur Barentssee und auch der Höhenhochkeil erstreckte sich in
ausgeprägter Omegaform über Mitteleuropa bis nach
Nordwestrussland, wo seit einigen Tagen Temperaturen von teilweise über 30°C
gemessen wurden, z. B. 31,0°C in Kojnas und
30,0°C in Workuta am Polar Ural (jeweils am 26.06.).
In Petschora stieg die Temperatur am 28.06. noch
einmal auf 32,6°C, während an der Nordostflanke des Hochs aufgrund der
antizyklonalen Zirkulation von Norden her merklich kühlere und wolkenreiche Luft
herangeführt wurde. Am Folgetag spaltete sich der Höhenkeil vom mediterranen
Höhenhoch ab und korrespondierte fortan als eigenständiges Höhenhoch direkt mit
dem Bodenhoch GERTRAUD, welches sich nun eingeengt von den Fronten der Tiefs
IANTO über Skandinavien, des Wirbels HARRY II über der Karasee und der Zyklone
JÖRG im südrussischen Raum über Finnland und Nordrussland ausbreitete. So
setzte sich auch in großen Teilen Nordeuropas, also vor allem an der mit
Südströmung einhergehenden Westflanke des Hochs, warmes Sommerwetter durch. In
Schweden, Finnland und Russisch Karelien wurden an vielen Stellen fast 30°C
gemessen, in Vidsel in Schwedisch Lappland sogar
30,2°C. Am 30.06. verlagerte sich die hochreichende Antizyklone GERTRAUD etwas
nach Süden, sodass in Lappland noch einmal fast 30°C erreicht wurden, danach
wurde es hier um etwa 15 Grad kühler. Weiter südlich im Bereich des weiter nach
Süden ziehenden Hochs hielt sich noch feuchtwarme subtropische Luft, in der am nächsten
Tag in Südfinnland an verschiedenen Orten mehr als 30°C gemessen wurden. Das
Hochdruckgebiet GERTRAUD beeinflusste jetzt nur noch ein relativ kleines Gebiet
von Karelien bis zum Südural und driftete in den
Folgetagen unter deutlicher Abschwächung auf unter 1020 hPa nach Westsibirien
ab. Damit verließ das Hoch schließlich am 03.07. den Analysebereich der
Berliner Wetterkarte.
Geschrieben am 01.08. 2011 von R. Löwenherz
Wetterkarte: 27.06. 2011
Pate: Gertraud Grund