Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet GOTTRIED

(getauft am 18.07.2018)

 

Zur Monatsmitte des Julis war die westliche Höhenströmung über dem atlantisch-europäischen Raum gestört. Der Jetstream, ein Starkwindband in der oberen Troposphäre in etwa 6-9 km Höhe, war in zwei Äste aufgespalten. Während der nördliche Abschnitt, auch Polarjet genannt, vom Nordatlantik kommend über den Britischen Inseln scharf nordwärts abknickte und weiter über das Nordmeer hinweg Richtung Barentssee verlief, reichte der südliche Ast, der Subtropenjet, von der Iberischen Halbinsel über das Mittelmeer bis zur Türkei und dem Kaukasus. Ursache für die Gabelung war eine blockierende Antizyklone mit Schwerpunkt über Skandinavien, die sich im Monatsverlauf immer wieder neu regenerieren konnte. Am Boden herrschten dagegen nur schwache Luftdruckgegensätze, allen voran über West- und Mitteleuropa. Immerhin konnten sich Ausläufer des Azorenhochs phasenweise bis Westeuropa schieben. Dies lieferte letztendlich den Impuls für die Entstehung eines neuen Bodenhochs im Verlauf des 17.07. über dem Alpenraum.

In den Frühstunden des 18. Juli wurde das in Entwicklung befindliche Hoch erstmals über dem Alpenraum und Ostfrankreich mit einem Luftdruck von knapp über 1015 hPa analysiert. Es schob sich in den folgenden Stunden unter leichter Luftdruckzunahme nordwärts in Richtung Nordsee. Damit gelangten Westeuropa und auch große Teile Deutschlands in den Einfluss dieses Hochs, welches auf den Namen GOTTFRIED getauft wurde.

Das Wetter präsentierte sich an diesem Tage sommerlich und verbreitet sonnig. Nahezu überall in Deutschland, aber auch in den Benelux-Ländern wurden in trockener Festlandsluft Temperaturen von 25-30°C gemessen. Auf ähnliche Werte stieg das Thermometer auch in Frankreich. Über dem Norden und der Mitte des Landes wurden meist 27-29°C verzeichnet, die Station Paris Montsouris meldete beispielsweise 29,4°C. In Südfrankreich wurde die 30-Grad-Marke auch überschritten, so wie z.B. in Lyon-Brons mit 31,3°C. Auch die Britischen Inseln gelangten unter leichten Hochdruckeinfluss, wobei der Sonnenschein durch zeitweilig kompaktere Wolkenfelder, die vom Atlantik aus hereinzogen, gedämpft wurde. Mit Höchstwerten von 20-25°C wurde es für britische Verhältnisse ebenfalls "sommerlich warm", im Londoner St. James Park konnten bis zu 26°C gemessen werden.

In der Nacht zum 19. Juli befand sich Hoch GOTTFRIED mit Zentrum über der Nordsee, wo es für die kommenden zwei Tage quasistationär blieb. Nach Analyse der Berliner Wetterkarte betrug der Luftdruck im Zentrum etwas über 1020 hPa. Damit setzte sich das sommerlich-sonnige Wetter unter dem Einfluss des Hochs fort. Gegenüber dem Vortag konnte sich die Luft weiter erwärmen, meist 2-3 Grad höhere Temperaturen wurden über den Britischen Inseln, in Frankreich, aber auch aus Benelux vermeldet. Beispielsweise stieg die Temperatur im Großraum London auf bis zu 29°C und in Paris bis auf 31°C. Gleichzeitig erreichte die Antizyklone nach Analyse des amerikanischen GFS-Modells um 14 Uhr MESZ, was 12 Uhr UTC entspricht, mit 1021 hPa den höchsten Druck in seiner Entwicklung. Zu diesem Zeitpunkt lag das Zentrum etwa 140 km nordwestlich der Westfriesischen Inseln. Der Einfluss reichte dabei von der Nordsee und den Britischen Inseln über Nord- und Ostfrankreich und Deutschland bis zum Alpenraum. Dies änderte sich allerdings in den folgenden Stunden. Über Österreich und Schweiz, sowie über Süd- und Westfrankreich setzte Luftdruckfall ein, was mit lokalen Schauern und einzelnen Gewittern einherging. Ferner näherte sich vom Atlantik ein Tiefausläufer langsam den Britischen Inseln und beendete hier das freundliche und warme Hochdruckwetter.

Der allgemein leichte Luftdruckfall erfasste am 20. Juli nahezu den gesamten mittel- und westeuropäischen Raum. Ursächlich für die Druckabnahme waren Prozesse in der mittleren Troposphäre, bei denen ein flacher Höhentrog vom nahen Ostatlantik auf Frankreich und Benelux übergriff. Nach Analyse der Berliner Wetterkarte konnte sich bis zum Mittag sogar ein eigenständiges Tief mit Schwerpunkt über den Alpen entwickeln. Hier fiel der Luftdruck auf unter 1010 hPa. Während es also an diesem Tage über Frankreich, Luxemburg und Belgien zu schauerartigen Niederschlägen kam, bzw. sich diese über Österreich und der Schweiz fortsetzten, sorgte Hoch GOTTFRIED über weiten Teilen Deutschlands und zunehmend auch über Polen und Tschechien für heiteres und warmes Sommerwetter mit mehr als 10 Sonnenstunden. Gleichzeitig stiegen die Temperaturen über dem Westen und Süden Deutschlands stellenweise über 30°C, wie in Frankfurt am Main oder in Köln mit jeweils 32°C. Sonst wurden weiterhin sommerliche Temperaturen beobachtet, beispielsweise in Warschau mit 28°C, in Hamburg mit 27°C oder Kopenhagen mit 25°C. Über Nordfrankreich dagegen wurden unter dichten Regenwolken teils nicht mal mehr 20°C erreicht.

Da sich in der weiteren Entwicklung der tiefe Luftdruck über dem westlichen Mitteleuropa festsetzen konnte, zog sich Hoch GOTTRIED nach Osten zurück. Am 21.07. um 02 Uhr MESZ befand sich der Schwerpunkt mit nur noch knapp 1014 hPa über Mähren, verlagerte sich aber in den folgenden Stunden rasch in Richtung Balkan-Halbinsel. Immerhin konnte sich leicht antizyklonaler Einfluss an diesem Tag noch zwischen Dänemark, Nord- und Nordostdeutschland bis nach Polen und Tschechien halten. In diesem Gebiet schien die Sonne mehr als 10 Stunden lang und die Temperaturen blieben weiterhin sommerlich. Gerade mit reichlich Sonnenunterstützung stiegen diese auch über 30°C, so wie beispielsweise in Dresden mit 32°C, Prag mit 31°C und 30°C in Bratislava.

Bis zum 22. Juli zog sich die Antizyklone nach Südosteuropa zurück, wo sie sich in den folgenden Stunden langsam auflöste. Reste des Hochs konnten in den frühen Morgenstunden letztmalig über Siebenbürgen analysiert werden, wo von mehreren Wetterstationen noch ein Luftdruck von knapp 1013 hPa gemessen wurde.

Über West- und Mitteleuropa sollte tiefer Luftdruck nur eine kurzweilige Episode darstellen und sich bald schon wieder Hochdruckeinfluss mit reichlich Sonnenschein bei heißen Temperaturen einstellen.