Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet GULLIVER

(getauft am 08.03.2012)

 

Im Verlauf der ersten Märzwoche entwickelte sich ein umfangreiches, subtropisches Hochdruckgebiet im Bereich der Azoren, welches dort zunächst für einige Tage stationär blieb. Erst als das starke Tiefdruckgebiet YUPPADEE mit dessen großen Frontensystem am 7. März Mitteleuropa erfasste, setzte sich das Azorenhoch auf der Rückseite des Frontensystems langsam in Richtung Europa in Bewegung. Am frühen Morgen des 8. März befand sich das Hoch mit einem Kerndruck von knapp über 1035 hPa nur noch wenige Hundert Kilometer westlich der Biskaya und wurde schließlich auf den Namen GULLIVER getauft.

Das Hoch sorgte auf der Rückseite der abziehenden Zyklone YUPPADEE über West- und Mitteleuropa zunächst für Wetterberuhigung. Während am Vortag noch teils ergiebige Niederschläge fielen, setzte sich im Tagesverlauf rasch die Sonne durch. So meldeten beispielsweise die französischen Städte Lille und Dijon 8 Sonnenstunden. Auf Helgoland und Sylt schien sogar für 10 Stunden die Sonne.

Das Hoch dehnte sich im Tagesverlauf weiter in Richtung Osten aus, sodass sich das Zentrum am frühen Morgen des 9. März bei Nantes in Frankreich mit einem Kerndruck von etwas über 1035 hPa befand. Zu diesem Zeitpunkt hatte es ganz Deutschland, Frankreich und Spanien erfasst. Da es in vielen Orten Mittel- und Süddeutschlands nachts und am frühen Morgen klar blieb, fielen die Temperaturen meist unter den Gefrierpunkt. Besonders im Alpenvorland wurde es mit -3°C bis -5°C recht kalt. Dank des sehr sonnigen Wetters stieg die Temperatur aber im Tagesverlauf auf 10°C und darüber, wie z.B. in Düsseldorf mit maximal 12°C. Nur in Norddeutschland blieb es wegen der von West nach Ost ziehenden Warmfrontbewölkung des Tiefs ZOE wolkiger.

Der Tiefdruckeinfluss sorgte außerdem dafür, dass sich das ausdehnende Hoch GULLIVER zu teilen begann. In der Berliner Wetterkarte wurden daher am Morgen des 10. März zwei Zentren analysiert, das Hoch GULLIVER I befand sich knapp südlich der Südwestspitze Irlands mit einem Druck von etwas über 1035 hPa. Das Zentrum von Teilhoch GULLIVER II wurde dagegen im Alpenvorland bei München mit ca. 1040 hPa analysiert. Zwischen den beiden Hochs verlief die Warmfront der Zyklone ZOE, die im Bereich Nordfrankreichs, den Niederlanden sowie Norddeutschlands für stärkere Bewölkung sorgte. Abseits dieses Tiefausläufers herrschte aber äußerst sonniges und freundliches Wetter, welches sich vor allem in Südfrankreich, Spanien und Italien durchsetzte. Die bereits recht kräftige Sonneneinstrahlung bei gleichzeitig wenig Wind ließ das Thermometer vielerorts, wie z.B. in Rom, auf 18°C steigen. In Le Luc in der Provence erreichte die Höchsttemperatur 20°C und in Cordoba in Spanien sogar 22°C. Nördlich dieser Regionen blieben die Höchsttemperaturen aber meist darunter, da noch kühle Meeresluft über dem Festland West- und Südeuropas lagerte.

Bis zum frühen Morgen des Folgetages, dem 11. März, verblieb das Hoch GULLIVER I stationär südlich von Irland. Der Druck stieg allerdings um weitere 5 hPa auf etwa knapp über 1040 hPa. Die Antizyklone GULLIVER II hatte sich hingegen ostwärts verlagert und schwächte sich mit einem Kerndruck von ca. 1030 hPa leicht ab. Das Zentrum dieses Teilhochs befand sich dabei zentral über dem Schwarzen Meer.

Im Einflussgebiet der Antizyklone GULLIVER II herrschte, ähnlich wie in Westeuropa, teilweise sonniges Wetter, andernorts jedoch trübes Hochnebelwetter. Auch bei verhältnismäßig viel Sonne blieben die Temperaturen aufgrund der kalten Kontinentalluft gedämpft. Im rumänischen Calarasi erreichte die Temperatur einen Höchstwert von 10°C bei 6 Sonnenstunden. Fast schon frühsommerliche Werte wurden dagegen im Einflussgebiet von Hoch GULLIVER I über Westeuropa erreicht. Im spanischen Merida beispielsweise wurde eine Höchsttemperatur von 25°C registriert.

Im Verlauf des Tages verlagerte sich Hoch GULLIVER II weiter nach Osten und wurde durch Ausläufer des Tiefs ZOE abgeschwächt. Am frühen Morgen des 12. März konnte es daher nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden. Das Zentrum GULLIVER I blieb aber weiterhin quasistationär über der Südwestspitze Großbritanniens mit einem Kerndruck von ca. 1035 hPa und wurde in GULLIVER umbenannt. Unter leichter Abschwächung nahm der Kerndruck bis zum 14. März auf 1030 hPa etwas ab, wobei sich das Zentrum des Hochs ein wenig in nordöstliche Richtung bis vor die niederländische Westküste bei Amsterdam verlagert hatte.

Innerhalb dieses Zeitraums, also vom 12. bis einschließlich 14. März, herrschte im Einflussbereich des Hochs eine geteilte Wettersituation vor. Einerseits wurde an der Nordostflanke in einer nordwestlichen Strömung stetig feuchte Nordseeluft herangeführt, die in Deutschland, Teilen Großbritanniens und den Beneluxstaaten für Sprühregen und zähen Hochnebel sorgte. In Hannover z.B. schien innerhalb dieser Zeit kein einziges mal die Sonne. Andererseits blieb es in den übrigen Regionen des Hochs, also in Frankreich, Italien und Teilen Südwestdeutschlands sonnig und warm. Am 12. März überschritt beispielsweise in Italien die Temperatur verbreitet die 18°C Marke. Durch die nördliche Anströmung der Alpen sorgte der Nordföhn knapp südlich der Alpen für vereinzelt noch höhere Maximalwerte. So registrierten Turin und Bozen einen Höchstwert von 23°C. Ähnliche Werte wurden auch in Frankreich erreicht, wobei die kräftige Sonneneinstrahlung die zuvor eingeflossene Meeresluft merklich aufwärmte. Betrug der Maximalwert in Gourdon im südwestlichen Frankreich am 12. März noch 20°C, erreichte dieser am Folgetag 24°C und am 14. März schließlich 25°C. In Deutschland blieben die Höchstwerte durch den Einfluss der Meeresluft allerdings deutlich darunter. Mit 16°C erreichte Freiburg am 13. März einen der höchsten Werte Deutschlands. Die Antizyklone GULLIVER begann sich im Tagesverlauf des 14. März in Richtung Osten zu verlagern und erreichte mit ihrem Zentrum am frühen Morgen des 15. März den Bayrischen Wald. Nur unwesentlich abgeschwächt lag der Kerndruck bei etwas über 1030 hPa.

Das Verlagern des Hochdruckgebietes hatte in Deutschland zur Folge, dass die bodennahe Windströmung von Nordwest auf Südwest drehte und somit die Zufuhr weiterer Kaltluft abschnitt. Dennoch lagerte weiterhin feuchte Meeresluft über Teilen Deutschlands, sodass der Hochnebel noch vielerorts im Norden und Osten der Republik bestehen blieb. Im Westen und Süden schien jedoch überall die Sonne, was verbreitet zu 11 Sonnenstunden bei Höchstwerten von bis zu 19°C führte, wie z.B. in Zweibrücken und Freiburg. Bemerkenswert ist außerdem, dass speziell in Freiburg die Tiefsttemperatur zuvor -2°C erreichte, wodurch der Tagesgang für diese Jahreszeit ungewöhnliche 23 Grad betrug. Nur außerhalb Deutschlands wurden im Einflussbereich des Hochs noch höhere Temperaturwerte ermittelt, wie z.B. im italienischen Triest mit 22°C.

Im weiteren Verlauf des Tages verlagerte sich das Druckgebilde weiter in östliche Richtung und schwächte sich dabei geringfügig ab. Kurz nach Mitternacht des 16. März erreichte das Zentrum mit einem Kerndruck von wenig über 1030 hPa die rumänisch–ungarische Grenze.

Während noch am Tag zuvor eine Kaltfront des Tiefs ANGELA Rumänien passierte und dort für kräftige Bewölkung sowie Regenfälle sorgte, klarte es mit Nachrücken des Hochs GULLIVER rasch auf. Ähnlich wie in Südwestdeutschland kam es auch hier zu starken Temperaturunterschieden infolge der klaren Nacht bei anschließend starker Sonneneinstrahlung. In Deva wurde beispielsweise am frühen Morgen einen Tiefswert von -5°C registriert. Die Höchsttemperatur erreichte dennoch 16°C. Ein ähnlich markanter Temperaturverlauf wurde auch im bulgarischen Widin beobachtet. Dort reichte die Temperaturspanne von -4°C bis 16°C.

Hoch GULLIVER zog im weiteren Verlauf in südliche Richtung und dehnte sich noch etwas aus. Mit einem Kerndruck von etwas weniger als 1035 hPa befand es sich am 17. März über Griechenland knapp nordwestlich der Hauptstadt Athen. Anschließend erreichte es am Folgetag das Mittelmeer nordwestlich der libyschen Stadt Bengasi, wo es bis zum 20. März quasistationär bei einem Kerndruck von stets ca. 1030 hPa verharrte.

Das Wetter zeichnete sich im Einflussbereich der Antizyklone, insbesondere in Nordgriechenland, ebenfalls durch zunehmende Höchsttemperaturen aus. Bevor sich Hoch GULLIVER über Griechenland und dem südlich davon gelegenen Mittelmeer durchsetzten konnte, wurde auch hier kühle Festlandsluft durch die Zyklone ANGELA herangeführt, welche durch den Einfluss der Sonne stetig erwärmt wurde. Erreichte die Höchsttemperatur am 17. März z.B. im nordgriechischen Kozani noch 18°C, so stieg der Höchstwert am 20. März bereits auf bis zu 22°C. Außerdem verschärften sich nochmals die Temperaturspannen in Bulgarien. In der Stadt Rousse begann der 17. März mit einem Tiefstwert von 1°C. Die Luft erwärmte sich infolge der Sonne bis auf 23°C. Zwischen dem 18. und einschließlich 20. März wurde beispielsweise in Athen täglich 18°C als Höchstwert ermittelt. In ähnlicher Weise entwickelten sich die Temperaturen auf der Südseite des Mittelmeeres. Am 17. März betrug in Libyens Hauptstadt Tripolis der Temperaturhöchstwert 23°C, stieg dann am Folgetag auf 24°C und stabilisierte sich schließlich am 19. und 20. März bei 25°C.

Inzwischen hatte sich an einem Ausläufer des Tiefs BARBARA ein sogenanntes Genuatief über dem Golf von Genua entwickelt, welches sich besonders zwischen dem 20. und 21. März intensivierte. Aufgrund dieses zunehmenden Tiefdruckeinflusses im Mittelmeerraum schwächte sich die Antizyklone GULLIVER etwas ab und ging teilweise in das nachrückende, äußerst umfangreiche Hochdruckgebiet HARRY über. Daher konnte das Hoch GULLIVER, welches bereits seit knapp zwei Wochen existierte, ab dem 21. März nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert werden.

 


Geschrieben am 18.04.2012 von Alexander Bütow

Berliner Wetterkarte: 13.03.2012

Pate: Robert Gentz