Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet GWENDOLIN  

(getauft am 07.08.2015) 

 

Am 7. August befand sich über dem Atlantik nördlich der Azoren eine ca. 1700 km lange Zone hohen Luftdruckes mit zwei ausgeprägten Hochdruckzentren. Mitteleuropa wurde zu diesem Zeitpunkt noch von dem Tief CHRISTIAN sowie dem Islandtief BONIMIR beeinflusst. Im Laufe des Tages verlagerte sich diese Hochdruckzone in östliche Richtung. Ein Ableger konnte nach Nordosten in Richtung der Britischen Inseln ziehen und wurde in der Prognose für den Folgetag auf den Namen GWENDOLIN getauft.

Das Zentrum von Hoch GWENDOLIN befand sich am 8. August über England in der Nähe von Birmingham. Die Antizyklone GWENDOLIN war schwach ausgeprägt und konnte sich nur in den unteren Luftschichten durchsetzen. Der Druck im Zentrum erreichte dabei Werte von ca. 1017 hPa. Anschließend verlagerte sich das Druckgebiet langsam in Richtung Nordsee. Somit beeinflusste das Hoch GWENDOLIN hauptsächlich die Britischen Inseln sowie Nordwestdeutschland. In einer Antizyklone sinken die Luftmassen ab, dadurch wird Wolkenbildung gehemmt oder bestehende Wolken aufgelöst. Auf der Nordhalbkugel ist die Richtung der Drehung im Uhrzeigersinn um das Zentrum. In Wales sowie im Süden Englands konnten gebietsweise 10 bis 14 Sonnenstunden registriert werden, wie beispielsweise in London mit 10 Stunden. In Schottland und Irland schwächte sich der Hochdruckeinfluss ab. Eine Okklusion eines namenlosen Islandtiefs überquerte diese Regionen von Nordwest nach Südost. Dabei wurden nur 0 bis 4 Stunden Sonnenschein gemessen und 0,1 bis 3 mm Niederschlag wurden entlang der Front registriert. Eine Okklusion ist eine sogenannte Mischfront. Sie entsteht, wenn die schneller ziehende hintere Kaltfront die Warmfront einholt und sich unter diese schiebt. Entlang der französischen Nordküste konnten 9 bis 13 Stunden verzeichnet werden. Der Grund dafür war eine Hochdruckzone. Diese reichte von Hoch GWENDOLIN mit Zentrum über England, über die Nordküste Frankreichs bis zum Azorenhoch über dem Atlantik. Im Landesinneren von Frankreich nahm der Hochdruckeinfluss rasch ab. In Paris wurden 3 Stunden Sonne registriert, in Zentral- und Südfrankreich blieb es dagegen komplett bedeckt. Ähnlich gestaltete sich das Wetter in Deutschland, wo nur der äußerste Nordwesten von Hoch GWENDOLIN profitierte. So konnten von Emden über Cuxhaven bis List/Sylt 8 bis 13 Stunden Sonne registriert werden. Wenige Kilometer weiter im Landesinneren war der Himmel deutlich bewölkter. In Kiel wurden 4 Stunden, in Hamburg 3 Stunden und in Bremerhaven 6 Stunden Sonne gemessen. Ursache dieser Diskrepanzen war das Tief DETLEF, dessen Fronten von Nordost nach Südost quer über Deutschland, Frankreich und Spanien lagen. Südöstlich dieser Fronten lockerte die Bewölkung auf, so dass dort die Sonne länger schien. Der Temperaturwert erreichte in Wales und im Süden von England 22 bis 27°C, direkt an den Küsten wiesen diese mit 17 bis 21°C etwas geringere Werte auf. In London-Heathrow stieg die Temperatur auf 26,6°C, Spitzenreiter war Charlwood mit 27,8°C. In Schottland und Irland lagen die Höchstwerte aufgrund des Frontenaufzugs bei 12 bis 17°C. An der deutschen Nordseeküste flossen aufgrund der Drehrichtung des Hochs mit nordwestlichen bis nördlichen Winden maritime Luftmassen polaren Ursprungs ein, dort konnten maximal 18 bis 20°C gemessen werden. Das Tief DETLEF konnte subtropische, teils sogar tropische Luftmassen in den Südosten Deutschlands transportieren. Nachdem am 7. August im bayrischen Kitzingen mit 40,3°C erneut die höchste in Deutschland gemessene Temperatur seit Beginn der Wetteraufzeichnungen gemessen wurde, konnte die Temperatur auch am 8. August südöstlich der Fronten stark ansteigen. In Cottbus wurden 36°C, in Görlitz und Regensburg 38°C verzeichnet.

Das Hoch GWENDOLIN verlagerte sich nur langsam nach Osten und befand sich am 9. August um 01 Uhr MEZ mit dem Zentrum über Norderney an der deutschen Nordseeküste. Der Druck im Zentrum stieg etwas an und erreichte Werte um 1025 hPa. In der nahezu windstillen Nacht konnte sich die Luft auf Werte von 10 bis 7°C im Nordwesten von Deutschland und den Niederlanden abkühlen. Die geringste Temperatur wurde in Leck in Schleswig-Holstein mit 6,7°C gemeldet. Südöstlich einer Linie Berlin-Erfurt-Saarbrücken blieb es in der subtropischen Luftmasse bei 20 bis 16°C deutlich wärmer. Verbreitet wurden tropische Nächte registriert wie beispielsweise in Konstanz mit 21,5°C, wofür die Tiefsttemperatur nicht unter 20,0°C sinken darf. Die Antizyklone beeinflusste somit Teile von Deutschland, Dänemark, die Niederlande, den Süden von England und die Nordküste von Frankreich. Das Einflussgebiet von Hoch GWENDOLIN hatte zu diesem Zeitpunkt eine Nord-Süd-Ausdehnung von ca. 1200 km und eine West-Ost-Ausdehnung von knapp 900 km. In den genannten Regionen wurden verbreitet 10 bis 14 Stunden Sonnenschein registriert. Der Südwesten von Deutschland, große Teile Frankreichs und Belgien/Luxemburg wurden noch von der Warmfront von Tief DETLEF beeinflusst, so dass die Sonne dort 0 bis 5 Stunden schien. Die Höchstwerte erreichten im Süden von England und an der Nordküste Frankreichs 20 bis 27°C, mit den niedrigeren Werten an den Küsten. London konnte mit 27,0°C einen Sommertag verzeichnen. Von einem Sommertag wird gesprochen, wenn die Höchsttemperatur mindestens 25,0°C erreicht, von einem heißen Tag, wenn diese 30,0°C oder mehr erreicht. In Deutschland glichen sich die Temperaturgegensätze nur langsam aus. Von Mecklenburg-Vorpommern über Niedersachsen bis Belgien wurden 20 bis 26°C gemessen, südöstlich davon 27 bis 30°C, wie beispielsweise 30°C in Potsdam und Berlin. In Bayern und Baden-Württemberg stiegen die Temperaturen auf 30 bis 35°C. Im äußersten Südosten an der Grenze zu Österreich lagen die Maximalwerte bei 37°C.

Am 10. August verlagerte sich das Hoch GWENDOLIN nach Nordosten. Das Zentrum befand sich um 01 Uhr MEZ über der südlichen Ostsee ungefähr zwischen Karlskrona und Bornholm. Der Druck war im Vergleich zum Vortag etwas gesunken und betrug ca. 1022 hPa im Zentrum. Die Temperaturwerte in der Nacht zum 10. August waren im äußersten Nordosten von Deutschland am niedrigsten. Dort wurden aus Nord bis Nordost polare und trockene Luftmassen herangeführt. Nordöstlich einer Linie Berlin- Hamburg traten Tiefstwerte von 15 bis 12°C auf, im Nordosten von Brandenburg und im Osten von Mecklenburg-Vorpommern 11 bis 8°C. Am kältesten wurde es in Barth in Mecklenburg-Vorpommern mit 7,6°C. In anderen Teilen Deutschlands verlief die Nacht deutlich milder, teils erneut mit tropischen Nächten wie beispielsweise 21,0°C in Baden. Zusammen mit dem Hoch FINCHEN, das sich über Moldawien befand, herrschte in weiten Teilen Nord-, Ost- und Südeuropas Hochdruckwetter. Getrennt wurden die Einflussgebiete der beiden Hochs durch die Kaltfront von Tief DETLEF und Tief CHRISTIAN. So kann man das Einflussgebiet von Hoch GWENDOLIN auf Teile von Deutschland, Skandinavien, Polen, Estland, Litauen und Lettland eingrenzen. Tagsüber präsentierte sich somit das Wetter in Deutschland freundlich. Mit der Unterstützung von Hoch FINCHEN und dem Hoch GWENDOLIN wurden in weiten Teilen Deutschlands 8 bis 13 Sonnenstunden registriert. Der äußerste Westen blieb dagegen ganztägig bedeckt, dort erstreckte sich die Warmfront des Tiefs DETLEF über dem Mittelmeer. Mit östlicher Strömung konnten 29 bis 35°C erreicht werden. Spitzenreiter war die Station in Dresden mit 36,9°C. An der Ostseeküste erwärmte sich die Luft mit nordöstlichem Wind auf 21 bis 25°C, wie beispielsweise 21°C auf Kap Arkona und 22°C in Kiel. In anderen Regionen schien die Sonne verbreitet 8 bis 14 Stunden. Die Höchstwerte nahmen von Nord nach Süd zu. In Nordskandinavien wurden 14 bis 20°C gemessen, im übrigen Skandinavien 20 bis 25°C. In Südfinnland sowie südlich von Stockholm konnten mit 25 bzw. 26°C Sommertage registriert werden. In den Baltischen Staaten sowie in Nordpolen wurden Maximalwerte von 23 bis knapp 31°C verzeichnet. In Tallinn stieg die Temperatur auf 22,5°C, in Riga auf 23,6°C, in Vilnius auf 27,3°C und in Warschau auf 31,1°C. Südöstlich davon konnten mit einer südwestlichen Strömung, die von Hoch FINCHEN verursacht wurde, noch höhere Werte gemessen werden. In Südpolen und Tschechien wurden 31 bis 35°C registriert, in der Slowakei und Ungarn stiegen die Temperaturen auf bis zu 38°C. Durch einen nun in West- und Mitteleuropa deutlich ausgeprägten Trog, gelangte das Hoch GWENDOLIN vorderseitig dieses Troges in eine kräftige Höhenströmung. Dadurch verlagerte sich das Hoch GWENDOLIN rasch nach Nordosten. Ein Trog bezwichnet ein ausgedehntes Gebiet geringen Luftdruckes. Das 500 hPa Niveau beschreibt etwa die Hälfte des atmosphärischen Luftdruckes und ist in ca. 5,5 km Höhe vorzufinden.

Am 11. August um 01 Uhr MEZ positionierte sich das Hochdruckgebiet GWENDOLIN über dem Finnischen Meerbusen knapp westlich von Sankt Petersburg. Damit wurden in 24 Stunden ca. 1000 km zurückgelegt. Am Vortag betrug die zurückgelegte Strecke lediglich 450 km. Der Luftdruck im Zentrum blieb konstant, Sankt Petersburg meldete um 01 Uhr MEZ 1022 hPa. In der klaren Nacht konnten die Temperaturen teilweise bis weit in den einstelligen Bereich sanken. Westlich des Urals wurden 10 bis 6°C, in Nordfinnland sowie auf der Halbinsel Kola wurden 6 bis 2°C verzeichnet. An den Küsten blieb es aufgrund der zu dieser Jahreszeit warmen Ostsee deutlich milder, wo 16 bis 10°C gemessen wurden. Den höchsten Tiefstwert wies Helsinki mit 16,7°C auf. Tagsüber konnten die Temperaturen bei 10 bis 13 Sonnenstunden ansteigen. Verbreitet wurden 19 bis 25°C erreicht. In Estland, Südfinnland und westlich des Ural stiegen mit südwestlichen Winden die Maximalwerte auf 25 bis 28°C an. Beispielsweise meldete Tallinn 25,4°C und Sankt Petersburg 26,5°C. Ungewöhnlich warm wurde es in Lappland in Kittilä auf 67° nördlicher Breite, wo mit 25,5°C sogar ein Sommertag verzeichnet wurde.

Zum 12. August breitete sich in der Höhe ein Keil aus, der sich über dem Hoch GWENDOLIN befand. Ein Keil ist das Pendant zu einem Trog, also ein Vorstoß warmer Luftmassen nach Norden. Mithilfe des Keils konnte sich das Hoch GWENDOLIN nochmals verstärken. Das Zentrum befand sich um 01 Uhr MEZ etwa 500 km nördlich von Moskau und erreichte einen Druck von ca. 1028 hPa. Die russische Stadt Konosha vermeldete beispielsweise einen Druck von 1027,5 hPa. Das Einflussgebiet beschränkte sich auf den Osten Finnlands und den Westen Russlands bis zum Ural. Die Temperaturen erreichten nördlich des Zentrums 15 bis 20°C, direkt am Nordpolarmeer 9 bis 13°C und südlich des Zentrums 21 bis knapp 30°C. Moskau beispielsweise meldete eine Höchsttemperatur von 27°C.

Am 13. August verlagerte sich die Antizyklone GWENDOLIN unter leichter Abschwächung nach Südosten und befand sich um 01 Uhr MEZ mit einem Druck von ca. 1022 hPa etwa 400 km nordöstlich von Moskau. Weiterhin wurde viel Sonnenschein auf einem ähnlichen Temperaturniveau wie am Vortag beobachtet. In Moskau wurden mit von Ost auf Süd drehenden Winden etwas wärmere 29°C gemessen.

Zum 14. August entwickelte sich über dem Nordmeer eine kräftige Zyklogenese. Das Hoch GWENDOLIN wurde weiter nach Osten abgedrängt und wurde um 01 Uhr MEZ über dem Ural analysiert. Der Druck blieb mit ca. 1022 hPa konstant. Das Einflussgebiet erstreckte sich somit von Perm bis Volgograd sowie östlich davon. Die Maxima reichten von 15°C am Nordmeer bis knapp 35°C in Wolgograd. Mit weiterer Ostverlagerung verließ das Hoch GWENDOLIN den Analysebereich der Berliner Wetterkarte und konnte am Folgetag nicht weiter analysiert werden.

 


Geschrieben am 22.09.2015 von Dennis Schneider

Berliner Wetterkarte: 08.08.2015

Pate: Gwendolin Hascha