Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet HARRY

(getauft am 18.03.2012)

 

Aufgrund der globalen atmosphärischen Zirkulation bildet sich häufig über den Azoren ein Hochdruckgebiet, welches auch Azorenhoch genannt wird. Am 18.03. war in den Wettervorhersagen erkennbar, dass sich dieses Hoch nach Mitteleuropa verlagern wird. Daher wurde es noch am selben Tag auf den Namen HARRY getauft und war mit einem Kerndruck von ca. 1033 hPa an diesem Tag das erste Mal auf der Wetterkarte zu sehen.

Bereits zu diesem Zeitpunkt war der zum Hochdruckgebiet HARRY gehörende Höhenkeil in der Höhenwetterkarte erkennbar. Dieser höhere Druck in ca. 5,5 km Höhe steuerte in der folgenden Zeit die Verlagerung der Antizyklone HARRY am Boden. So befand sich das Zentrum am 19.03. bereits wenige hundert Kilometer nordwestlich von Spanien und einen Tag später, am 20.03., reichte der Einfluss sogar schon bis Deutschland und Österreich. Der Grund hierfür war der Druckanstieg auf der Rückseite des Tiefdruckgebiets BARBARA, welches zuvor über Mitteleuropa hinweg nach Osteuropa gezogen war. Nach nur geringem oder gar keinem Sonnenschein am Tag zuvor, sorgte das Hochdruckgebiet HARRY vor allem in der Mitte und dem Süden Deutschlands verbreitet für bis zu 11 Stunden Sonnenschein. Im Gegensatz zum stark bewölkten Norden Deutschlands, welcher noch von den Fronten des Tiefs bei Island beeinflusst wurde, führte weiter südlich der sich ausbreitende Hochdruckeinfluss von Hoch HARRY zu einer klaren Nacht mit teils deutlichen Minusgraden. Diese waren so niedrig, dass sich die Temperaturgegensätze vom Tage in der Nacht umkehrten und es jetzt im Norden mit bis zu 10°C Tiefsttemperatur in Berlin deutlich wärmer war als in Nürnberg mit -3°C.

Innerhalb der nächsten zwei Tage verlagerte die Antizyklone HARRY ihren Kern bis über den Norden Deutschlands. Jedoch kam nicht ganz Deutschland in den Genuss des sonst für Hochdruckgebiete meist typisch freundlichen und sonnigen Wetters. In Thüringen und Sachsen bildeten sich unter den absinkenden Luftmassen im Hochzentrum teils dichte Nebel- und Hochnebelfelder. So schien hier die Sonne teils nur 1 bis 2 Stunden, während der Rest der Republik mit bis zu 11 Stunden Sonnenschein und Temperaturen von bis zu 20°C verwöhnt wurde.

Anhand der Höhenströmung zeigte sich deutlich die Stabilität des Hochdruckkeils und des dazugehörigen Bodenhochs HARRY. Der Höhenkeil reichte von Europa weit nach Nordwesten bis Grönland. Dies führte zu einer Blockierung der sonst von Westen heranziehenden Tiefdruckgebiete, welche nun sehr weit nach Norden ausweichen und in einem weiten Bogen um Europa herum strömen mussten. Solche großräumigen Wettersituationen sind meist sehr stabil und verlagern sich nur langsam. Dementsprechend veränderte das Hochdruckgebiet HARRY seine Lage auch nur langsam.

Vom 23. bis 27.03. lag das Zentrum über der Nordsee. Zur gleichen Zeit bildete sich ein kräftiges Sturmtief vor der Südspitze Grönlands, jedoch reichte auch dieses nicht aus, um die Position von Hochdruckgebiet HARRY zu verändern, stattdessen verlagerte es sich am 28.03. sogar noch etwas weiter nach Westen bis über die Britischen Inseln. Während dieser Zeit herrschte in Mitteleuropa meist freundliches Frühlingswetter bei Temperatur zwischen 15 und 20°C. Einzig im äußersten Nordwesten und Südosten Deutschlands schien am 25. und 26.03. nur wenige Stunden die Sonne und es fiel sogar etwas leichter Regen. An der Nordsee im kalten Seewind wurden teils nur 5 bis 6°C Höchsttemperatur erreicht.

An diesem 26.03. erreichte die Antizyklone HARRY den Höhenpunkt seiner Entwicklung, gekennzeichnet durch den höchsten im Einflussbereich gemessenen Luftdruck mit über 1038 hPa im Raum England. Die Ausdehnung des Hochdruckgebiets erstreckte sich am 27.03. über weite Teile Europas, von Spanien über Großbritannien, Deutschland und Italien hinweg bis zur Balkanhalbinsel.

In Deutschland blieb es am 28.03. wieder vollständig trocken, die Sonne schien überall mit 10 bis 12 Stunden und es herrschten Temperaturen bis an die 20°C. Dies war auch der letzte Tag, nach über einer Woche, an dem das Hochdruckgebiet HARRY direkten Einfluss auf das Wetter in Deutschland hatte. Am 29.03. hatte sich der Höhenkeil und damit das Hochdruckgebiet HARRY noch weiter nach Westen verlagert, sodass Mitteleuropa jetzt unter dem Starkwindband der Höhenströmung lag. Damit war der Weg frei für den Durchzug von Tiefdruckgebieten vom Nordmeer, womit ein deutlich wechselhafterer Wetterabschnitt begann.

Bis zum 31.03. verlagerte sich das Zentrum des Hochdruckgebiets HARRY noch weiter über den Atlantik bis westlich von Irland. Gleichzeitig sank der Kerndruck auf ca. 1030 hPa. Dies war ein deutliches Zeichen für die langsame Auflösung des Hochdruckgebietes. Ohne den Nachschub von absinkender Luft über dem Hoch, welcher durch die neue Höhenströmung versiegte, baute sich der Luftdruck von nun an täglich um ca. 5 hPa ab, begründet durch das Ausströmen der Luft vom hohen zum tieferen Druck hin. So war das Hochdruckgebiet HARRY am 02.04. über dem Nordatlantik das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte zu sehen, bevor es sich noch am gleichen Tag vollständig aufgelöst hatte.

 


Geschrieben am 27.04.2012 von Thomas Schubert

Berliner Wetterkarte: 26.03.2012

Pate: Sabine Donath