Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet HELMUT

(getauft am 22.07.2018)

 

Viele Hochdruckgebiete entstehen aus dem Azorenhoch, welches eines der thermischen Druckgebiete im europäischen Raum darstellt und durch die Druckdifferenz zum Islandtief maßgeblich für das Wetter in Mitteleuropa mit verantwortlich ist. Besonders im Sommer ist die Nordatlantische Oszillation, also das Druckverhältnis der beiden Gebiete, zeitweise nur schwach ausgeprägt, was auf den geringen Temperaturgradienten zwischen den niederen und hohen Breiten auf der Nordhalbkugel zurückgeführt werden kann. Dadurch nimmt auch die Häufigkeit der Tiefdruckgebiete ab und es können sich ausgedehnte Antizyklonen entwickeln. Besonders im Sommer 2018 war dies in Mitteleuropa der Fall, wobei der Westwinddrift nur schwach ausgeprägt war und sich viele Azorenhochs durchsetzen konnten. Am 22.07.2018 entwickelte sich ausgehend vom Azorenhoch eine starke Hochdruckzone über Südwesteuropa, welche noch am gleichen Tag per Analyse auf den Namen HELMUT getauft wurde.

Der maximale Druck im Zentrum betrug an diesem Tag nur etwas mehr als 1015 hPa. Die Ausdehnung von Hoch HELMUT war schwer zu bestimmen, da sich vor allem im Südosten eine kräftige Antizyklone befand. Die Ausdehnung betrug in Richtung der West-Ost-Achse etwa 2000 km und in der Nord-Süd-Ausdehnung 1500 km. Im Osten befand sich das Hoch GOTTHARD, welches bereits in den vergangenen Tagen verbreitet für heißes und trockenes Wetter gesorgt hatte. Die Hochdrucklage in Teilen Frankreichs und auf der Iberischen Halbinsel war durch das Absinken der Luftmassen und der damit verbundenen Wolkenauflösung auch an den Messwerten der Sonnenstunden erkennbar. In großen Teilen des Einflussgebietes wurde die Sonnenstundenanzahl im Vergleich zum Vortag verdoppelt, an der Nordküste Spaniens war sie mit 14 Stunden sogar maximal. Durch die höhere Strahlungsleistung stieg auch die Höchsttemperatur, sodass in Frankreich und Nordspanien die Maximaltemperatur um 3 bis 4 K flächendeckend anstieg. In Frankreich wurde an fast allen Stationen ein Sommertag erreicht – sprich eine Temperatur von mindestens 25°C. Die Hitzewelle aus Südwestspanien griff auch auf die nördlichen Regionen über, sodass dort ebenfalls an vielen Stationen über 30°C gemessen wurden. In der spanischen Stadt Saragossa stieg die Temperatur am 22.07.2018 im Vergleich zum Vortag von 26°C auf 31°C an. An der Ostküste Spaniens entwickelten sich durch das Mitwirken des Land-See-Effekts mehrere Hitzegewitter. Hierbei weht der Wind in den unteren Luftschichten vom Meer zum Land, da sich terrestrische Oberflächen tagsüber schneller und vor allem stärker erwärmen als marine, wodurch sich im Bereich der Küste lokal ein thermisches Tief entwickelte, zu dem ein vom Meer kommender Luftmassenversatz stattfand. Sobald die warmen und durch Verdunstungsprozesse mit Feuchte angereicherten Luftmassen auf das Land aufgleiten, setzen Hebungsvorgänge ein, wodurch jene Luftmassen abkühlen und anfangen zu kondensieren, sodass Schauer und häufig auch Gewitter entstehen können. So fielen in Teruel zum Beispiel innerhalb von einer Stunde mehr als 21 mm. Teruel liegt im Tal des östlichen Iberischen Gebirges, wobei durch die erhöhte und exponierte Lage die Niederschläge besonders intensiv ausfielen. Aber auch an der Küste wurden zum Beispiel in Torreblanca, etwa 100 km östlich von Teruel und nördlich von Valencia, innerhalb einer Stunde am Vormittag ebenfalls 12 mm Niederschlag gemessen.

Am nächsten Tag lag das Zentrum von Hoch HELMUT relativ stationär über der Westküste Frankreichs, wobei sich sein Einflussgebiet stark vergrößerte. Zu diesem Zeitpunkt beeinflusste das Druckgebilde bereits Teile Deutschlands und ragte gleichzeitig bis in die Hochebene im Südwesten Spaniens. Der Maximaldruck blieb wie am Vortag bei etwa 1018 hPa. Gleichzeitig nahm die Luftfeuchtigkeit im Einflussgebiet stark ab, sodass eine der treibenden Kräfte, die für die Entstehung von Wolken und letztendlich auch für Gewitter mitverantwortlich ist, nicht mehr gegeben war. Somit wurde auch keinerlei Regen in Südwesteuropa sowie in Mitteleuropa registriert. Die Nacht zum 23.07.2018 war klar, sodass in den Pyrenäen wie auch in Martinet auf knapp 1000m über dem Meeresspiegel die Temperatur auf 7°C fiel. Selbst im Ruhrgebiet wurden vereinzelt noch Tiefstwerte von unter 14°C erreicht. In Berlin gab es bis auf einige Schleierwolken und wenig Quellbewölkung am Nachmittag mit über 15 Sonnenstunden einen sehr freundlichen Tag.  Außerdem stiegen die Höchsttemperaturen in Frankreich und Westdeutschland stark an, sodass verbreitet mit über 30°C ein Hitzetag festgestellt wurde. Die Höchstwerte mit knapp unter 40°C wurden an diesem Tag allerdings in Zentralspanien registriert. In Saragossa erreichte die Temperatur Spitzenwerte von gut 36°C, weiter südlich sogar um einiges höher. In Paris kam in der folgenden Nacht der Wärmeinseleffekt zum Tragen, wobei durch nächtliche Abstrahlung der aufgeheizten Gebäude und Straßen eine Tiefsttemperatur von 20,1°C nicht unterschritten wurde.

Am 24.07.2018 verlagerte sich Antizyklone HELMUT weiter nach Osten und befand sich zum Analysezeitpunkt um 01 Uhr MEZ über den Mittelgebirgen Deutschlands. Im Nordwesten befand sich das Frontensystem eines unbenannten Tiefs mit Kern über Edinburgh, welches das Hochdruckgebiet HELMUT flankierte. Hinzu kam die Tiefdruckzone HALINA über dem Schwarzen Meer, welche zwar nur sehr schwach ausgeprägt war, aber dennoch das Hoch HELMUT in seiner Ausdehnung beschränkte. Somit betrug die Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung nur noch 800 km und in West-Ost-Richtung etwa 1000 km. Nichtsdestotrotz hatte es erhebliche Auswirkungen auf die Wetteraktivität im Raum rund um Deutschland, da sich die von ihr mitgeführten subtropischen Luftmassen in dieser Region nun schon seit einigen Tagen festsetzen konnten und intensive Hitze und Trockenheit mit sich brachten. Es war die erste von vielen Hitzewellen des Jahres 2018 mit verbreitet über 32°C, örtlich sogar bis zu 36°C. Mehrere Medien warnten vor den Temperaturen, da die allgemeine Belastung für den Körper unter diesen Umständen ungemein anstieg. Außerdem verschärfte sich im Zuge dessen auch die Waldbrandgefahr und erreichte in der Nordhälfte meist die höchste Gefahrenstufe. Wie sich im Laufe der folgenden Woche herausstellte, schätzten die Brandschutzexperten die Lage und die daraus resultierende Gefahrenstufe korrekt ein, da sich im Raum um Fichtenwalde, im Landkreis Potsdam-Mittelmark, ein größerer Brandherd entwickeln konnte. Es wurde zwar niemand verletzt, jedoch musste die Autobahn in der Nähe des Kreuz Potsdam für mehrere Stunden gesperrt werden.

In der Nacht vom 23.07.2018 zum 24.07.2018 war das Mikroklima der Stadt Berlin sehr interessant verteilt und gut nachvollziehbar. Im stark bebauten und somit auch versiegelten Bezirk Mitte betrug die Temperatur um 07 Uhr MEZ noch 19,8°C, in Berlin-Dahlem war es hingegen 4 Grad kälter, obwohl die Entfernung der beiden Orte nur 9 km beträgt. Im Randgebiet Berlin-Karniswall war es mit 13,7°C nochmals kühler. Am Tag schien die Sonne in Deutschland überall im zweistelligen Stundenbereich, wobei auch oft die maximale Stundenanzahl von 15 Stunden erreicht wurde. Die höchste Temperatur konnte an diesem Tag in der Nähe von Hannover verortet werden. In Hannover war der Sommer 2018 der heißeste und gleichzeitig trockenste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Bis Ende August wurde an 65 Tagen eine Temperatur von mindestens 25°C erreicht. In der kommenden Nacht wurden eine der höchsten Tiefsttemperaturen der letzten Jahre gemessen. In Berlin wurde um 07 Uhr MEZ mit Tiefsttemperaturen von 22°C in fast allen Bezirken eine tropische Nacht registriert.

Am Mittwoch, dem 25.07.2018, hatte sich der Maximaldruck mit knapp über 1015 hPa ein weiteres Mal nur geringfügig verändert. Die Ausdehnung des Druckgebildes war zu diesem Zeitpunkt nur sehr schwer zu bestimmen, da sich durch die starke Erhitzung der Landflächen ein Hitzetief über Deutschland ausgebildet hatte, welches sich innerhalb des Einflussbereichs von Hoch HELMUT befand. Dadurch gab es in einigen Regionen aufziehende Bewölkung und einen damit verbundener Rückgang der Höchsttemperatur sowie der Sonnenstunden. Trotzdem erreichte die Temperatur an vielen Stellen Höchstwerte von 35°C, südlich von Frankfurt am Main sogar 36°C. Außerdem entwickelten sich einige starke Gewitter mit auffrischendem Wind, die teilweise sogar von Schauern begleitet wurden. In Quickborn, einer Stadt nördlich von Hamburg, sorgte ein Gewitter in einem einstündigen Messintervall für Regenmengen von bis zu 45 mm. Außerdem wurden in Schauer- und Gewitternähe sturmartige Böen von knapp 80 km/h erreicht, zum Beispiel auf dem exponierten Feldberg im Schwarzwald, aber auch südlich von Augsburg in Lechfeld. Dies entspricht Windstärke 9 auf der Beaufort-Skala.  Auch Alfhausen in der Nähe von Osnabrück wurde um 16:30 Uhr MEZ von einem starken Gewitter getroffen, wobei die Temperatur innerhalb von knapp 30 Minuten von 32°C auf 23°C fiel.

Am kommenden Tag hatte sich das Hitzetief wieder aufgelöst. Hoch HELMUT hielt sich mit seiner Lage etwas nördlich von München weiterhin stationär und sorgte für einen weiteren Sommertag in Deutschland und den angrenzenden Ländern. Am Flughafen Braunschweig wurden bereits um 07 Uhr MEZ 25°C erreicht. In der gesamten Westhälfte Deutschlands betrugen die Maximaltemperaturen mehr als 30°C, häufig auch mehr als 35°C. Der höchste Messwert in Deutschland lag an diesem Tag mit 37,4°C in Arcen. Außerdem verschärfte sich die Gefahrenstufe in Hinblick auf die Waldbrandgefahr durch die anhaltende Dürre immer weiter und in einigen Regionen Deutschlands, wie zum Beispiel auch in Hannover, mussten die Start- und Landebahnen für Flugzeuge zeitweise aufgrund von Hitzeschäden gesperrt werden. Nur im Alpenvorland sowie im Alpenraum war es etwas kühler, dennoch wurden sogar auf der Zugspitze bis zum späten Nachmittag Höchstwerte von 6°C erreicht. 

Ab dem 27.07.2018 tauchte das Hoch HELMUT nicht mehr in der Analyse der Berliner Wetterkarte auf, da sein Einfluss auf das europäische Wettergeschehen stetig abnahm und letztlich nicht mehr von Relevanz war. Die Trockenheit sowie die hohen Temperaturen wurden jedoch auch in den folgenden Tagen durch das Mitwirken der Antizyklone INGOLF weiterhin stark geprägt. Somit verließ Hochdruckzone HELMUT, welche mit viel Sonnenschein eine lange Hitzeperiode eingeleitet hatte, die Karten.