Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet HILDEGARD

(getauft am 11.08.2015)

 

Im Laufe des 11.08.2015 dehnte sich ein Keil, d.h. ein Warmluftvorstoß nach Norden in einer Höhe von 5,5 km, vom zentralen Nordatlantik in Richtung Nordwesteuropa aus. Korrespondierend mit diesem Keil weitete sich auch ein weitreichendes Bodenhoch bis über die Britischen Inseln aus. Da sich im weiteren Verlauf ein Hochdruckzentrum über der Nordsee ausbilden und auch Einfluss auf Mitteleuropa nehmen sollte, wurde dieses in der Prognose für den Folgetag auf den Namen HILDEGARD getauft.

Das Hoch HILDEGARD wurde am 12.08. um 02 Uhr MESZ mit seinem Zentrum und einem Druck von ca. 1024 hPa über der zentralen Nordsee analysiert. Der Einfluss der Antizyklone HILDEGARD wurde dabei durch mehrere unbenannte Tiefdruckgebiete über dem Nordmeer und westlich der Britischen Inseln sowie durch das Tief DETLEF über Ostdeutschland begrenzt und wirkte sich dadurch nur über den Britischen Inseln, Südskandinavien und die Nordseeküsten Deutschlands und der Niederlande aus. Die in einem Hoch absinkende Luftbewegung führt zur Wolkenauflösung bzw. hemmt deren Bildung. Aufgrund der umliegenden Frontensysteme mit den dazugehörigen Wolkenfeldern schien die Sonne jedoch nicht überall lang anhaltend. Nur vereinzelt wurden zweistellige Sonnenscheindauern registriert, wie in Dublin oder auf der Isle of Man. Dabei flossen mit dem Hoch HILDEGARD polare und weiter nördlich auch arktische Luftmassen in das Nordseegebiet ein. Die Luft konnte sich somit lediglich auf Werte von beispielsweise 22,3°C im dänischen Aarslev, 23,5°C im norwegischen Landvik und je 25,1°C an den Stationen in Coleshill und Pershore, welche nahe Birmingham gelegen sind, erwärmen. An der Nordseeküste Deutschlands blieb der Himmel meist dichter bewölkt und es wurden Maxima von 20,3°C in Cuxhaven und 22,1°C in Bremerhaven gemessen.

Nun im Bereich eines Höhenkeils, welcher vom Nordwesten Afrikas bis nach Mittel- und Osteuropa reichte, konnte sich das Bodenhoch HILDEGARD bis zum Folgetag mit seinem Zentrum über der Südspitze Norwegens etablieren und der Druck in diesem verstärkte sich auf etwa 1026 hPa. Die Antizyklone HILDEGARD beeinflusste dabei Südskandinavien, Teile der Britischen Inseln, die Niederlande sowie den Norden Deutschlands und Polens. Da der Himmel in der Nacht teilweise aufklarte, sank die Temperatur im Bereich maritimer Arktikluft bzw. polarer Luftmassen örtlich stark ab. So wurden minimal 9,7°C in Quickborn, 6,3°C in Malmö, 5,3°C in Oslo und 2,8°C in Isenvad in Dänemark registriert. Am Tage wurden dann einerseits wiederum zweistellige Sonnenscheinsummen gemessen, wie in Schottland mit 13,2 Stunden in Leuchars und in Nordpolen mit 14,6 Stunden in Ustka, und andererseits Höchsttemperaturen von jeweils 24,4°C in Gdansk und Karup, 25,4°C im schwedischen Karlskrona-Soderstjerna und 26,5°C in Edinburgh verzeichnet. Über Deutschland verlief an diesem Tag die Warmfront des Tiefs EBERHARD, welches sich über der Bretagne befand. Dadurch flossen in den Norden des Landes im Bereich des Hochs HILDEGARD subpolare und ab einer Linie von Köln bis Berlin subtropische Luftmassen ein. Dabei entstand ein ausgeprägter Temperaturunterschied zwischen den beiden Landesteilen. Während hinter der Warmfront die Sonne 9 bis 13 Stunden lang schien und Temperaturen zwischen 30 und 36°C erreicht wurden, konnten in Norddeutschland 10 bis 14 Sonnenstunden und maximal 21 bis 28°C gemessen werden.

Unter weiterer Ausbreitung des Höhenkeils, welcher sich nun mit seiner Achse über Skandinavien bis zum Polarmeer ausdehnte, vergrößerte auch das korrespondierende Hoch HILDEGARD im Bodenniveau seinen Einflussbereich. Dieser reichte am 14.08. um 02 Uhr MESZ von Moskau bis zur Nordsee und von Zentralskandinavien bis nach Dänemark sowie den Nordosten Deutschlands, wobei dort die Warmfront des Tiefs EBERHARD und damit die Subtropikluft im Laufe des Vormittages die Küstenregionen erreichte. Das Zentrum des Hochs HILDEGARD befand sich indes mit unverändertem Druck über Gotland. Am längsten schien die Sonne dabei in Arkona und Putbus mit 13,9 bzw. 13,8 Stunden. In Ustka wurden sogar 14,4 Stunden und in Riga 14,6 Stunden Sonnenschein beobachtet. Die Maxima der Temperatur lagen an diesem Tag bei 20,2°C in St. Petersburg, 24,4°C in Stockholm, 25,9°C im litauischen Klaipeda, 27,0°C in Bergen, 28,0°C in Rostock-Warnemünde und 28,7°C im polnischen Koszalin.

Im weiteren Verlauf verstärkte sich zwar der Höhenkeil, aber durch den Einfluss des Tiefs EBERHARD im Westen, eines unbenannten Wirbels über Nordrussland sowie des von Norden heranziehenden und sich verstärkenden Hochs ISABEL erfolgte eine Abschwächung der Antizyklone HILDEGARD. Bis zum 15.08. verlagerte sich das Zentrum des Hochs HILDEGARD nur wenig nach Osten, verringerte seinen Druck jedoch auf knapp über 1020 hPa. Aufgrund der umliegenden Frontensysteme beeinflusste das Hoch HILDEGARD nur die Südhälften Skandinaviens und Finnlands, das Baltikum, Weißrussland, den Norden Polens und den Raum von St. Petersburg bis Moskau. Die polaren Luftmassen hatten sich mittlerweile zum großen Teil erwärmt. Nochmals wurden verbreitet bis zu 14 Stunden Sonnenschein im Einflussbereich des Hochs HILDEGARD registriert, in Nigula in Estland wurden sogar 14,7 Stunden verzeichnet. Gleichzeitig wurden hierbei Höchsttemperaturen von 23,5°C in Stockholm, 24,2°C in Pjarnu in Finnland, 26,5°C in Liepaja und 29,1°C in Kleipeda erreicht.

Im Laufe des Tages schwächte sich das Hoch HILDEGARD weiter ab und wurde bis zum 16.08. in die Zirkulation des sich weiter verstärkenden Hochs ISABEL aufgenommen, wodurch es nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte analysiert und namentlich verzeichnet werden konnte.

 

 

Geschrieben am 27.09.2015 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 13.08.2015

Pate: Hildegard Kebbekus