Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet INGE

(getauft am 21.09.2019)

 

Die Vergabe von Namen an Hoch- und Tiefdruckgebiete wird von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte nur für solche Druckgebilde durchgeführt, die einen Einfluss auf die Großwetterlage über Europa haben. In den letzten Jahren treten häufiger blockierende Hochdruckgebiete über Grönland auf, welche eine Erwärmung in den Sommermonaten und eine Abnahme des Niederschlags in dieser Region verursachen. Mitte September befand sich ebenfalls ein stabiles Hochdruckgebiet über Grönland. Am 20.09.2019 veränderte sich die Wetterlage, wodurch sich ein Teil der Westwinddrift nach Norden verlagerte und somit auch Grönland erfasste. Dadurch bewegte sich die Antizyklone langsam nach Osten fort, wodurch eine Wetterbeeinflussung für Mitteleuropa wahrscheinlich wurde. Deshalb wurde das Hochdruckgebiet auf der Prognosekarte vom 21.09. für den Folgetag auf den Namen INGE getauft.

Am 22.09. um 00 Uhr UTC bzw. 02 Uhr MESZ befand sich das Hochdruckgebiet INGE ca. 700 km nordwestlich der Nordküste Norwegens mit einem Druck von über 1020 hPa. Die Antizyklone erstreckte sich im Westen bis Jan Mayen, im Norden bis nach Spitzbergen, im Osten bis zum Norden Norwegens und ungefähr 1000 km nach Süden. Am Vormittag erreichte der Hochdruckeinfluss den nördlichen Teil Norwegens, weshalb dort am Abend zumindest zeitweise die Sonne schien. Im Norden Norwegens stieg die Temperatur im Vergleich zum Vortag um wenige Kelvin an. Trotzdem war es kühl bei maximal 8,2°C auf der Insel Rotvaeret oder -2°C auf dem Berg Kistefjell (982m). In der Nacht zum 23.09. wurde in Schweden und zum Teil in Norwegen verbreitet Nebel gemeldet. Die Station Lycksele meldete über einige Stunden Nebel mit Reifansatz. Zudem herrschte im Norden Skandinaviens vielerorts kräftiger Luftfrost bei bis zu -9,5°C in Latnivaara.

Am folgenden Tag lag die Antizyklone INGE direkt über Zentralskandinavien mit einem Druck von 1025 hPa. Somit hatte sich der Hochdruckkomplex um 5 hPa verstärkt. Das intensive Hochdruckgebiet verdrängte die Ausläufer von Tief JÜRGEN mit Kern über Westrussland, sodass die Auswirkungen der Kaltfront aufgrund der fehlenden Feuchtigkeit in Südskandinavien und Dänemark kaum merkbar waren. Dadurch löste sich die Bewölkung über Nordostdeutschland auf und es wurde heiter bis sonnig. In Berlin-Dahlem schien die Sonne ca. 10 Stunden, weiter nördlich an der Müritz sogar bis zu 11 Stunden. In der folgenden Nacht war es im Norden Norwegens und Finnlands nur leicht bewölkt, weshalb sich die Temperatur wiederum deutlich abkühlte. Die Minimumtemperatur lag bei -9,6°C in Latnivaara und bei -6°C in Ranua. Zudem nahm in Finnland in einigen ländlichen Regionen in den frühen Morgenstunden der Nebel zu, weshalb die Sichtweite am Jämsä Halli Airport auf 100 Meter fiel.

Am 24.09. war das Hoch INGE östlich von Vilnius verortet, mit einem Druck von über 1020 hPa. Die Maximaltemperatur in Estland lag bei 12,0°C in Vilsandi. Zudem schien dort die Sonne über 9 Stunden, was ein relativ hoher Wert für die nördliche Lage darstellt. In Russland hatte das Hochdruckgebiet kaum Auswirkungen auf die Messwerte. In Westrussland herrschten Temperaturen knapp unter 10°C. In der Nacht kühlte die Temperatur bei geringer Bewölkung ab und lag dort knapp unter dem Gefrierpunkt wie in Uglitsch bei -1°C. Die geringsten Temperaturen waren weiterhin weiter nördlich in Skandinavien verortet. Zudem stellte das Hochdruckgebiet INGE ein blockierendes Hoch für die Niederschläge in Mitteleuropa dar, weshalb dort am 24.09. und 25.09. an vielen Stationen zweistellige Niederschlagssummen registriert wurden. In der Nähe von Bautzen wurden beispielsweise am 25.09. 17 l/m² gemessen.

Am folgenden Tag verhielt sich das Hochdruckgebiet INGE stationär über der Ukraine, weshalb abgesehen von der Blockierung des Westwindes kein Einfluss für das Wetter in Mitteleuropa herrschte. Am 26.09. bildete sich ein zweites Zentrum über Skandinavien, welches mit einer römischen Ziffer identifiziert wird, mit einem Druck von über 1015 hPa. Aufgrund des Sonnenscheins und des Heranführens warmer Luft aus Süden stieg die Temperatur dort vereinzelt auf über 15°C in Älvsbyn mit 16,1°C oder Arvidsjaur mit 15,0°C. In der Nacht gab es durch eine aus Norden herüberziehende Warmfront keine deutlichen Minusgrade. Allerdings sank die Minimaltemperatur im Süden Finnlands bei sternenklarem Himmel um bis zu 7 Kelvin.

In den kommenden Tagen verlagerten sich beide Zentren von Hoch INGE weiter nach Osten bis nach Zentralrussland. Dadurch waren die Messwerte besonders von dem östlichen Kern für Mitteleuropa nicht weiter relevant. Am 27.09. sorgte das westliche Zentrum für 10 Sonnenstunden in Suwałki. Dort erreichte die Temperatur immerhin bis zu 18°C. Weiter östlich in Russland blieben die Höchstwerte konstant zwischen 5 und 10°C und die Minimumtemperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt. Am 30.09. wurde das Hoch INGE über dem Uralgebirge ein letztes Mal auf der Berliner Wetterkarte benannt.