Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet IRMINGARD
(getauft am 15.07.2017)
Zur
Monatsmitte des Juli 2017 befand sich weit über dem westlichen Nordatlantik in
mittleren Troposphärenschichten, also in 3-6 km Höhe, ein umfangreicher Tiefdruckkomplex
zwischen Nordostkanada und Grönland. Auf dessen Rückseite kam es aufgrund
dynamischer Prozesse bereits im Laufe des 14. Juli zur Entstehung einer flachen
Hochdruckzone am Boden über den Neuenglandstaaten bis nach Neuschottland. Hieraus
entwickelte sich nach und nach eine Antizyklone, die in den folgenden Stunden und
Tagen langsam ostwärts über den Nordatlantik in Richtung Nordwesteuropa ziehen sollte.
Die Wetterdienste prognostizierten, dass dieses Hoch auch Einfluss auf das Wetter
in Mitteleuropa nehmen sollte, woraufhin es am 15. Juli auf den Namen IRMINGARD
getauft wurde.
Am frühen
Morgen des 16. Juli konnte Hoch IRMINGARD erstmals als abgeschlossene Antizyklone
über dem mittleren Nordatlantik analysiert werden. Das Zentrum, mit einem Luftdruck
von knapp über 1025 hPa, befand sich zu diesem Zeitpunkt etwa 1500 km nördlich
der Azoren und 1400 km westlich der Britischen Inseln. Das Hoch hatte an diesem
Tag noch keinen Einfluss auf das Wettergeschehen über dem europäischen Kontinent,
gleichwohl das Druckgebilde nach Analyse des britischen MetOffice
im Tagesverlauf mit 1029 hPa den höchsten Druck in seiner Entwicklung
erreichte.
Dies änderte
sich allerdings zum 17. Juli, als der Luftdruck durch die Annäherung des Frontensystems
über den Britischen Inseln stieg. Infolge dessen setzte sich hinter einer zögerlich
abziehenden Kaltfront eines Nordmeertiefs heiteres, bisweilen sogar sonniges Wetter
durch. Bei bis zu 15 Sonnenstunden stiegen die Temperaturen in der mit dem Hoch
herantransportierten erwärmten Meeresluft allgemein auf Werte zwischen 20 bis 24°C,
über England auch einige Grad darüber auf bis zu 24 bis 27°C. Beispielsweise wurden
im schottischen Edinburgh bei 15 Sonnenstunden 21°C, in London bei 11 Stunden
Sonne 27°C und in Belfast maximal 24°C mit 15,1 Stunden Sonnenschein gemessen. Der
Hochdruckeinfluss dehnte sich im Tagesverlauf rasch weiter südostwärts bis ins nördliche
Mitteleuropa aus, wobei sich der Schwerpunkt der Antizyklone IRMINGARD in
Richtung Nordsee verlagerte. Somit konnte sich auch über den Benelux-Staaten,
Dänemark und dem Norden Deutschlands und Polens zunehmend die Sonne
durchsetzen. So etwa in Niedersachsen oder Mecklenburg mit bis zu 14 Stunden.
Die Temperaturen erreichten ähnliche Werte wie über Großbritannien, etwa
meldete Potsdam 24°C mit 11 Stunden Sonne, Bremen bei 14 Stunden 23°C oder
Düsseldorf 25°C bei 7,6 Sonnenstunden.
Aber nicht
nur über Nordwesteuropa, sondern auch über Südosteuropa kam es zu einem
Luftdruckanstieg, auf Werte von knapp über 1020 hPa. In der Folge bildete sich bis
zum Morgen des 18.07. eine Doppelhochdruckzelle zwischen den Britischen Inseln
und der Balkanhalbinsel, deren nördliches Zentrum über der Nordsee Hoch
IRMINGARD bildete. Das südliche Zentrum befand sich dagegen über Siebenbürgen
und erhielt den Namen Hoch HANNA. Die Verbindung war allerdings nur
vorübergehender Natur, da Hoch IRMINGARD bis zum Tagesende nordostwärts
Richtung Skandinavien zog, während Hoch HANNA über der Balkanhalbinsel
verblieb.
Nichtsdestotrotz
stellte sich über West- und Mitteleuropa bis nach Südskandinavien freundliches
Wetter mit vielfach nur harmloser Schleierbewölkung ein, dichtere Wolkenfelder
waren selten. Und auch die Temperaturen erreichten zwischen Großbritannien,
Norddeutschland, Dänemark und Südskandinavien mit meist 20 bis 25°C ein ähnliches
Niveau wie am Vortag. Beispielsweise stieg die Temperatur im englischen Nottingham
bei 10 Sonnenstunden auf maximal 24°C, in Hamburg bei 9 Stunden Sonne bis auf 22°C.
Mit der Verlagerung des Schwerpunkts verlor die Antizyklone IRMINGARD allerdings
in den folgenden Stunden an Bedeutung für das Wetter in Mitteleuropa, während
sich der Einfluss auf Skandinavien an den folgenden Tagen erhöhte. Zwar zeigten
sich nach Auswertung von Satellitendaten am 19.07. über weiten Teilen Skandinaviens
noch kompaktere Wolken, die jedoch durch Tiefdruckwirbel YIGIT verursacht
wurden. Wolkenarme Bereiche infolge der nordwärts ziehenden Zelle waren dagegen
vom Nordmeer über die Nordsee bis nach Südschweden und Dänemark zu finden. Mit
dem Hoch IRMINGARD gelangte mäßigwarme Meeresluft bis nach Südskandinavien, wodurch
in Stockholm die Temperatur auf bis zu 23°C stieg, in Oslo auf 22°C oder in
Kopenhagen auf 21°C. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das
Satellitenbild auch über Deutschland und Mitteleuropa kaum Wolken zeigte,
obgleich hier bereits schwacher Tiefdruckeinfluss wirksam war. Bei
gleichzeitigem Zustrom subtropischer Luft lagen die Temperaturen allerdings
ungleich höher, z.B. in Hamburg bei 26°C und in Berlin bei 28°C. Die Luftmassengrenze,
die subtropische von subpolaren Luftmassen trennte, und damit auch den
Einflussbereich von Hoch IRMINGARD markierte, lag in den Abendstunden auf einer
Linie von den Orkney-Inseln über die Nordsee,
Schleswig und Vorpommern bis nach Zentralpolen. Sie verblieb an den Folgetagen
nahezu stationär.
Unterdessen
dehnte sich der Hochdruckeinfluss weiter nordwärts aus. Das Zentrum mit einem
Luftdruck von knapp über 1020 hPa befand sich am Morgen des 20. Juli bereits
vor der Norwegischen Küste, wenige hundert Kilometer westlich der Lofoten. Auch
wenn die Wolkenfelder von Tief YIGIT weiterhin Teile, allen voran den Norden Skandinaviens,
beeinflussten, konnte sich auch an diesem Tag zumindest zeit- und gebietsweise
freundliches Sommerwetter einstellen. Bei einem Sonne-Wolken-Mix stiegen die
Temperaturen im Süden Norwegens und Schwedens stellenweise auf 25°C, ansonsten
blieben die Temperaturen im Einfluss des Hochs IRMINGARD allgemein unter 20°C.
Am 21. und
22. Juli führte leichte Luftdruckzunahme zu einer weiteren Verstärkung und Ausdehnung
der Antizyklone IRMINGARD, von Skandinavien aus zeitweise bis nach Nordwestrussland
und ins Baltikum. Das Zentrum verblieb mit einem Luftdruck von wenig über 1020
hPa vor der West- bzw. Nordnorwegischen Küste. Wettertechnisch änderte sich
über den skandinavischen Ländern wenig. Neben gebietsweise stärkerer Quellbewölkung
konnte sich mancherorts längerer Sonnenschein durchsetzen. Dabei lagen die
Temperaturen unverändert bei Werten um 20°C, im Übergangsbereich zu mäßigwarmer
Meeresluft über Südskandinavien gebietsweise an oder knapp über 25°C. So
registrierte etwa die Station Trondheim am 21.07. begünstigt durch Föhneffekte
erstaunliche 27°C, in Helsinki waren es dagegen 21°C. Am 22.07. betrug die
Höchsttemperatur in Göteborg und Stockholm 25°C, in Oslo lag sie bei 24°C.
In den
Frühstunden des 23. Juli befand sich das Zentrum nach Analyse des britischen Wetterdienstes
mit 1028 hPa über Nordskandinavien, genauer nahe dem Nordkap. Um 00 UTC, was 02
Uhr MESZ entspricht, wurden an der norwegischen Station Kautokeino
in der Provinz Finnmark 1028,1 hPa gemessen. Das sich trotz hohen Luftdrucks
weiterhin kein Sommersonnenwetter über der skandinavischen Halbinsel einstellen
wollte, war einem nur in der Höhe ausgeprägten Tiefdruckkomplex geschuldet.
Dieser führte höhenkalte Luft mit sich, was eine Labilisierung der Atmosphäre
und die Entstehung kompakter Quellwolken inklusive örtlicher Schauer bewirkte.
An der
Wetterlage änderte sich auch an den folgenden Tagen wenig. Immerhin wurde durch
das Hoch IRMINGARD die Schauerbildung zumindest teilweise unterdrückt und ganz allmählich
konnte sich die Luftmasse nach und nach erwärmen. Vor allem über Lappland
wurden an den Tagen zwischen dem 24. und 28. Juli Höchstwerte um oder knapp
über 25°C erreicht. Darüber hinaus hinderte Hoch IRMINGARD während der letzten
Monatsdekade atlantische Tiefs und deren Ausläufer am Vordringen nach Skandinavien.
Das Hoch selbst verlagerte sich unterdessen langsam
nordwärts in Richtung nördliches Nordmeer und Barentssee, wo es sich langsam
aber kontinuierlich abschwächte. Letztmalig analysiert werden konnte Hoch
IRMINGARD am Morgen des 26.07. mit Zentrum nahe der norwegischen Nordmeerinsel
Jan Mayen. Hier wurde um 00 UTC noch ein Luftdruck von 1018,0 hPa gemessen. Der
Einflussbereich des Hochs IRMINGARD erstreckte sich zu diesem Zeitpunkt etwa von
Grönland und Island über das Nordmeer und Nord- bzw. Mittelskandinavien bis
nach Nordwestrussland.
Geschrieben am 28.09.2017 von Gregor Pittke
Berliner Wetterkarte: 18.07.2017
Pate:
Irmingard Tyssen