Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet JENNIFER

(getauft am 02.10.2018)

 

In der letzten Septemberwoche des Jahres 2019 hatte sich über Grönland ein Kältehoch etabliert. Auf Satellitenbildern von diesem Tag ist zu erkennen, dass Grönland von einer Schneedecke bedeckt war. Weil über verschneiten, weißen Landflächen die Ausstrahlung sehr hoch ist, konnten sich die Luftmassen über der Insel stark abkühlen. Die Dichte von kalter Luft ist höher als die von warmer und in der Folge stieg der Luftdruck am Boden an. Das so entstandene Hoch lag am 26.09. direkt über besagter Insel, mit einem Bodendruck von rund 1020 hPa. Im Höhenniveau von 500 hPa befand sich an diesem Tag zudem ein Höhentrog über dem Hoch, d.h. ein ausgedehntes Gebiet niedrigeren Luftdrucks. Innerhalb der nächsten 4 Tage blieb das Hoch nahezu ortsfest, doch sein Druck erhöhte sich zunächst auf 1030 hPa, dann sank er wieder leicht auf 1025 hPa. Der Höhentrog wurde allmählich mit schwerer Kaltluft aufgefüllt, die durch die südwestliche Höhenströmung vom nordamerikanischen Kontinent herangeführt wurde. Dadurch stieg auch in der Höhe der Luftdruck an und das Druckgebilde wurde in der Folge “höher”. Am 30.09 begann das Hoch sich nach Südosten zu verlagern. Somit gelangte das Höhenhoch an seiner Ostflanke in den Einflussbereich von Tief MORTIMER und wurde mit einer nördlichen Höhenströmung weiter Richtung Süden verschoben. Dadurch näherte sich das Hochdruckgebiet dem Strömungsband westlicher Winde entlang der Polarfront, dem sogenannten Jetstream, sodass es Anschluss an dessen westliche Strömung erhielt. Der Jetstream, welcher ein Band hoher Windgeschwindigkeiten in einer Höhe von 10 km darstellt, strömt in der Regel von West nach Ost. Er kann jedoch auch mäandrieren und nach Norden oder Süden ausweichen.

Der 1. Oktober brachte nur wenig Veränderung am Boden, denn das Gebiet hohen Luftdrucks wanderte lediglich leicht nach Südosten. In der Höhe (500 hPa) jedoch bildete sich ein abgeschlossener Hochdruckkeil, in welchem das Hoch vollständig aufgegangen war, da es nun auch in höheren Luftschichten von dem eben erwähnten Jetstream umströmt wurde.

Am Tag darauf wurde das Hoch JENNIFER in der Analysekarte der Berliner Wetterkarte von 00 UTC am 02.10.2019 getauft, da es nun zu einem steuernden Hochdruckgebiet mit zunächst noch kleinem doch potentiell großem Einfluss auf Mitteleuropa geworden war. Es verlagerte sich im Tagesverlauf weiter nach Südosten, sodass es nun nordwestlich von Norwegen lag. Dies hatte zur Folge, dass an der Ostseite des Hochs kalte, arktische Luft nach Skandinavien geführt wurde. In der Tat lagen die Tageshöchsttemperaturen am 02.10. im Norden Schwedens nur noch um den Gefrierpunkt, gegenüber verbreitet um 3 bis 4°C am Vortag. So wurden auf dem schwedischen Hügel Tjåkapuouta (582m) zuvor noch 4,1°C gemessen und am 02.10. nur noch -1,3°C, was bedeutet, dass es dort einen Eistag gab, an dem die Temperatur tagsüber nicht über 0°C stieg. An anderen Messorten Nordskandinaviens war der Temperatursprung nicht so hoch, denn die Höchsttemperatur ging meist um 2-3°C zurück.

Tags darauf, am 03.10. lag das Hoch JENNIFER noch etwas näher an Skandinavien. Somit brachte es weitere Kälte in die Region und außerdem sorgte es durch verstärkte Absinkbewegungen in den Luftmassen, die im Uhrzeigersinn um ein Hoch rotieren, verbreitet für Wolkenauflösung. Die gemessenen Temperaturen waren nur geringfügig niedriger als am Vortag; aus Tjåkapuouta wurde nun ein Maximum von -1,5°C vermeldet. Zudem konnte sich der Nordwesten Russlands nun über etwas Sonnenschein freuen: In Vayda Guba am Nordpolarmeer konnten rund 4 Stunden Sonnenschein registriert werden und in Murmansk sogar 7. Am vorherigen Tag dagegen wurden gar keine Sonnenstunden gemessen.

Das Hochdruckgebiet JENNIFER befand sich nun an der Vorder- also Ostseite eines ausgedehnten Höhenkeils in 500 hPa, der sich entlang einer Achse von der iberischen Halbinsel über Großbritannien und Island bis nach Grönland erstreckte. Dadurch wurde das Hoch am Boden innerhalb der nächsten Tage durch eine nördlichen Höhenströmung langsam nach Süden transportiert. Es blieb dabei weiterhin über Skandinavien und beeinflusste das dortige Wettergeschehen mit viel Sonnenschein aber auch recht kühlen Temperaturen. Bis zum 07.10 lag es über Skandinavien, wobei sich sein Hochzentrum dann nach Südschweden verlagerte hatte. Der Druck dagegen war stabil bei 1025 hPa geblieben und das Hoch hatte eine längliche Ausdehnung bekommen. Innerhalb des Hochs war es nun fast windstill, da die Isobaren (Linien gleichen Luftdrucks) im Zentrum eines Hochs meist sehr weit auseinander liegen und sich somit kein starkes Druckgefälle aufbauen kann, welches dann durch Wind ausgeglichen werden müsste. Das Hochdruckgebiet JENNIFER hatte seinen Einflussbereich in der Zwischenzeit auch auf Dänemark und den Norden Deutschlands sowie Polens ausgeweitet. Dadurch konnte sich auch dort vermehrt die Sonne zeigen. In Berlin-Schönefeld wurden beispielsweise über 9 Sonnenstunden registriert, am Dresdener Flughafen sogar mehr als 10.

Daraufhin sollte sich die Großwetterlage in Europa drastisch umstellen, denn das herannahende Tief namens Peter “drückte” auf den Hochdruckkeil, der sich dadurch begann aufzuspalten. Das Hoch JENNIFER löste sich somit von seinem Höhenhoch ab und wurde in einer nordwestlichen Höhenströmung bis zum nächsten Tag zügig nach Südosteuropa geschoben. Über Skandinavien war nämlich für das immer noch recht ausgedehnte Hoch schlicht kein Platz mehr. Also fand es ab 08.10. seine neue “Heimat” über dem Alpenraum (Hochzentrum I) und den Karpaten (Zentrum II). Dort erfreute es die Bewohner mit reichlich Sonnenschein und angenehm warmen Temperaturen, da es nun an seiner Südostseite Warmluft aus der Schwarzmeerregion in die genannten Gebiete hineingeführt hat. Im Hochzentrum über Ungarn und der Slowakei konnte am meisten Sonnenschein beobachtet werden. In Budapest waren es immerhin mehr als 8 Stunden, doch im Nordosten Ungarns wurden an 3 Stationen sogar über 10 Stunden ermittelt, so z.B. in Debrecen auf 109 m und 30 km westlich der Grenze zu Rumänien gelegen. Die Höchsttemperaturen lagen dabei im Nordosten Rumäniens meist unter 15°C trotz südlichen Winden und im Südwesten des Landes sowie in Ungarn und Österreich meist darüber. In Wien konnten 17,9°C im Stadtgebiet gemessen werden, in Waidhofen an der Ybbs ganz im Westen Niederösterreichs sogar 18,5°C.

Anschließend verlagerte sich der Hochdruckwirbel entlang einer südwestlichen Höhenströmung bis zum 09.10. weiter über Griechenland mit dem Hochdruckgebiet JENNIFER I sowie das Schwarze Meer mit JENNIFER II. Der Raum über Nordeuropa war derweil gänzlich von Tiefdruckgebieten und ihren Fronten eingenommen worden. Am Schwarzen Meer, auf der Peloponnes und der Balkanhalbinsel hingegen schien vielerorts die Sonne unter Einfluss des Hochdruckgebiet JENNIFER. Vor allem in Kroatien, Serbien, Montenegro und weiterhin in Rumänien sowie Ungarn schien die Sonne oftmals 10 Stunden oder länger. Dabei war es vor allem auf dem Balkan sommerlich warm. In Zenica (Bosnien und Herzegowina) wurden maximal 28,6°C gemessen und auch an vielen anderen Messstationen, vor allem in Serbien, stiegen die Werte über 25°C. In Griechenland dagegen war es wegen der herantransportierten feuchten Meeresluft meist bewölkt und es konnten höchstens 6 Sonnenstunden am Flughafen Ioannina im Nordwesten des Landes gemessen werden. Auf den Inseln Kreta und Rhodos gab es etwas weniger Sonne mit jeweils 4 Stunden.

Bis zum 10.10. hatte sich das Hochzentrum JENNIFER II unwesentlich nach Süden verlagert und lag immer noch über dem Balkan. Der Hochdruck zeigte sich weiterhin wetterbestimmend für die Balkanregion und außerdem auch für Griechenland, wo nun ebenfalls zweistellige Sonnenstunden gemessen wurden, wie zum Beispiel am Flughafen von Athen mit 10 Stunden und 12 Minuten. Im Norden Serbiens und Kroatiens tauchten hingegen bereits Wolken einer heranziehenden Kaltfront auf, weshalb die Temperaturen dort nicht mehr über 20°C stiegen. In Banja Luka (Bosnien und Herzegowina) wurden z.B. 20°C gemeldet und in Belgrad nur noch 19,8°C. Am Vortag betrugen die Temperaturen noch 26,9°C.

JENNIFER I war unter leichter Abschwächung bis zum Kaukasus gewandert. Dort brachte es eine deutliche Erwärmung mit sich: In Zugdidi im Westen Georgiens stieg die Höchsttemperatur gegenüber dem Vortag um fast 10 K an; von 18,4°C auf 27,9°C. Im Osten des Landes wurde es im Gegensatz dazu kälter, denn an der Ostseite eines Hochs weht der Wind aus Norden und führt somit kühlere Luftmassen mit sich. Aus Bolnissi, ca. 30 km südwestlich der Hauptstadt Tiflis, wurden statt 27,4°C nur noch 19,7°C gemeldet. Dort war der Himmel auch meist bedeckt oder stark bewölkt, wohingegen im Westen Georgiens vermehrt die Sonne schien.

Am nächsten Tag hatte sich das Hoch JENNIFER II aufgelöst und JENNIFER I war aus dem Analysegebiet der Berliner Wetterkarte verschwunden.