Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet JESSICA

(getauft am 26.08.2015)

 

Um den 26. August herum kam es auf der Vorderseite eines umfangreichen Höhentiefs über dem Ostatlantik zu einem Warmluftvorstoß aus dem Nordafrikanischen Raum in Richtung Süd- und Südosteuropa. Hierdurch konnte sich in der mittleren Troposphäre, also in einer Höhe von 3 – 6 km ein Hochdruckkeil aufbauen, dessen Achse am Tagesende etwa auf einer Linie Algerien - Sardinien - Kroatien - Ungarn lag. Aufgrund dynamischer Prozesse kam es durch den Keilvorstoß zu einem Druckanstieg im Bodenniveau und der Entstehung eines neuen Hochdruckgebietes über dem südlichen Osteuropa. Da das Hoch sich in den folgenden Tagen weiter kräftigen und seinen Einfluss bis nach Mitteleuropa ausdehnen sollte, wurde es am 26. August in der Prognose für den Folgetag auf den Namen JESSICA getauft.

Erstmalig in den Wetterkarten analysiert werden konnte das Hoch JESSICA am Morgen des 27. August. Das Zentrum befand sich dabei mit einem Druck von etwas über 1020 hPa zwischen Weißrussland, Westukraine und Rumänien. Der Einfluss reichte jedoch darüber hinaus vom Baltikum über das östliche Mitteleuropa bis nach Süd- und Südosteuropa. Da sich die Luftmassen um das Zentrum eines Hochs im Uhrzeigersinn bewegen, drangen an der Westflanke von dem Hoch JESSICA in den folgenden Stunden warme Luftmassen subtropischen Ursprungs aus Südeuropa nordwärts. So stiegen die Temperaturen, unterstützt von reichlich Sonnenschein, bis ins südliche und östliche Mitteleuropa auf Werte um 30°C, knapp 5 Grad mehr als noch am Vortag. Beispielsweise wurden in Mannheim bis zu 33°C, in Cottbus, oder auch in Posen knapp 31°C und in Wien bis zu 32°C gemessen.

Allerdings konnte sich der Hochdruckeinfluss noch nicht vollends bis nach Mitteleuropa durchsetzen, sondern wurde im Gegenteil durch ein sich vom Atlantik annäherndes Tief und seine Ausläufer schon einen Tag später etwas nach Osten abgedrängt. Das Hochdruckzentrum selbst war in zwei Zentren zerfallen, wobei sich das Eine weiterhin über der Ukraine-Weißrussland, das Andere über dem östlichen Balkan befand. Während also das sonnenscheinreiche Wetter über Mitteleuropa einen kleinen Dämpfer erlitt, wurde weiterhin sehr sonniges und auch heißes Sommerwetter zwischen Italien- Jugoslawien - Griechenland und der Ukraine beobachtet. Passend dazu lagen die Höchstwerte beispielsweise in Lemberg bei knapp 32°C, in Belgrad bei 35°C oder aber in Mailand bei 32°C. In Deutschland konnte sich zumindest über dem äußersten Süden die Warmluft noch halten, so lag das Maximum in München bei 32°C.

Bis zum 29. August kam es zu einer Weiterentwicklung von Hoch JESSICA. So hatte sich in der Höhe aus dem Hochdruckkeil eine abgeschlossene Antizyklone gebildet, die sich zwischen Apenninen- und Balkanhalbinsel erstreckte. Dies hatte auch im Bodenniveau zu einem großräumigen Druckanstieg über Zentraleuropa geführt. Darin eingebettet waren die Fronten des oben erwähnten Tiefs, welche sich am Morgen des 29. August als Luftmassengrenze quer über Europa, etwa auf einer Linie Biskaya - Paris - Stuttgart - Prag - Minsk zogen. Sie trennte Meeresluft polaren Ursprungs über Nordwesteuropa von Subtropikluft südlich und östlich davon. Während die Hochdruckzone auf der nördlichen kälteren Seite der Luftmassengrenze den Namen KARMA erhielt und als eigenständiges Druckgebilde geführt wurde, behielt die Hochdruckzone JESSICA ihren Einfluss über Süd- und Südosteuropa bei. Ihr Zentrum befand sich nach wie vor über dem Westbalkan. Hier wurden zum Beispiel in Targu Mures um 02 Uhr MESZ 1022,9 hPa gemessen. Damit setzte sich der freundliche und sonnige Wettercharakter über weiten Teilen Süd- und Südosteuropas weiter fort. Und auch am Temperaturniveau der vorangegangenen Tage änderte sich nur wenig. In München wurden erneut 32°C gemessen, in Wien waren es 33°C, in Sarajevo 35°C und in Belgrad gar 36°C.

Währenddessen verlagerte sich der Schwerpunkt von Hoch JESSICA in den folgenden Stunden weiter westwärts nach Südeuropa. Das Zentrum befand sich am 30. August um 02 Uhr mit knapp über 1020 hPa über Norditalien. Nichts desto trotz reichte der Einfluss des Hochs JESSICA weiterhin von Südfrankreich über Italien und Süddeutschland bis zu den Balkanstaaten. Dies brachte weiterhin viel Sonnenschein und sommerliche Temperaturen, die im Vergleich zum Vortag nochmals um 2 bis 3 Grad höher lagen. Beispielsweise wurden in Lyon bei 13 Sonnenstunden bis zu 35°C gemessen, in Wien waren es bei gleicher Sonnenscheindauer gar 36°C und in Deutschland z.B. in Nürnberg ebenfalls bis zu 35°C.

Am Morgen des 31. August war das Höhenzentrum der Antizyklone JESSICA weiterhin nahezu unverändert über der Balkanhalbinsel zu finden. Am Boden dagegen hatte sich die Hochdruckzone bereits leicht abgeschwächt, ein Prozess der in den folgenden Stunden weiter anhielt. Ursache hierfür war eine Tiefdruckneuentwicklung über Westeuropa. Viel Sonnenschein und nur wenige Wolken wurden weiterhin in einem großflächigen Gebiet von Deutschland aus über die Alpen und das östliche Mitteleuropa hinweg bis zum Schwarzen Meer und zur Ägäis beobachtet, wie Satellitenbilder dieses Tages zeigen. Die Luftmassen subtropischen Ursprungs konnten sich dabei etwas weiter nordostwärts ausbreiten, wobei die 35-Grad-Grenze bis zu einer Linie Berlin - Warschau - Lemberg - Chisinau reichte. Hitzepol in Deutschland war dabei die Niederlausitz mit bis zu 37°C in Cottbus. In Europa hingegen war er über den südlichen Balkanstaaten zu finden, wurden etwa in Podgorica in Montenegro bis zu 39°C gemessen.

Zum Monatswechsel erstreckte sich das Hoch JESSICA schließlich zwischen östlichem Balkan - Schwarzmeerraum - Ägäis und Kleinasien, zumindest in der Höhe. Im Bodendruckfeld dagegen war der Luftdruckfall weiter vorangeschritten und allenfalls noch eine Hochdruckzone zwischen Italien - Balkanstaaten und der Türkei auszumachen. Der Luftdruck lag in diesem Bereich bei nur noch wenig über 1015 hPa, im mazedonisch-griechischem Grenzgebiet noch bis knapp 1020 hPa. Über Mitteleuropa hatte sich dagegen bereits Tiefdruckeinfluss durchgesetzt, folglich dominierten hier im Tagesverlauf schon dichte Wolken und Regen das Wettergeschehen. Ganz anderes als noch über Südosteuropa. Durch den Einfluss des Höhenhochs änderte sich nämlich am sonnenscheinreichen Wetter der Vortage nur wenig. Bei weiterhin nahezu ungetrübtem Sonnenschein erreichten die Temperaturwerte verbreitet 35 bis 38°C. Beispielsweise wurden in Belgrad bei 11 Stunden Sonne bis zu 36°C gemessen, genauso viel waren es in Skopje, ein Grad mehr in Albanien, in Tirana.

In den folgenden Stunden zog sich die Antizyklone JESSICA unter weiterer Abschwächung langsam aber allmählich in Richtung vorderasiatischem Raum zurück. Im Bodenniveau konnte das Hoch JESSICA am Morgen des 02. September über dem Kaukasus am Rand des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte analysiert werden. So betrug der Luftdruck zu diesem Zeitpunkt etwa in Eriwan, der Hauptstadt von Armenien 1017 hPa.

Auch wenn sich das Hoch JESSICA in den folgenden Stunden vollständig auflöste, konnte sich zumindest in der Höhe noch leicht antizyklonale Einfluss und mit ihm das sonnenscheinreiche und sommerliche Wetter über Südosteuropa halten.

 

 

Geschrieben am 27.09.2015 von Gregor Pittke

Berliner Wetterkarte: 28.08.2015

Pate: Skadi Keller