Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
JOCHEN
(getauft
am 23.03.2010)
Die Geschichte von JOCHEN begann, als sich
am 22.3. auf der Rückseite des nach Nordrussland abziehenden Tiefs GISELA das
Azorenhoch bis nach Mitteleuropa ausweitete und dort mit der Bildung einer
eigenständigen Hochzelle einherging. Dieses noch namenlose Hoch reichte von der
Iberischen Halbinsel bis nach Russland, driftete aber mit seinem Kern rasch
nach Osten ab. Durch Aufwölbung eines Höhenkeils kam es dann am Westrand des
Hochs zur Ausbildung eines neuen Zentrums über Mitteleuropa, welches am 23.3.
schließlich auf den Namen JOCHEN getauft wurde. Gegen Mittag befand sich der
Kern mit 1021 hPa über dem westlichen Deutschland, während Ausläufer des
nördlich vom Hoch vorüber ziehenden Tiefs HELENE noch den Norden Deutschlands
beeinflussten, allerdings nur in abgeschwächter Form, so dass nur in
Mecklenburg-Vorpommern gebietsweise leichter Regen fiel (z.B. 0,6 mm in
Warnemünde). Im Süden blieb es den ganzen Tag über sonnig und auch sehr mild.
In Regensburg stieg die Temperatur auf 18°C, am Oberrhein örtlich auf 19°C. Am
24.03. verlagerte sich das Hoch JOCHEN weiter nach Osten und dehnte sich dabei
vom Schwarzen Meer bis nach Lappland aus. Zwischen dem Kern, welcher sich nun
mit 1027 hPa über der Ukraine befand, und dem Atlantiktief INGEBORG, dessen
Zentrum südwestlich von Irland lag, verstärkte sich mit großräumiger Südströmung
die Warmluftzufuhr nach Mitteleuropa. Während am 24.3. zuerst am Oberrhein die
20°C-Marke überschritten wurde (22°C in Freiburg), gab es am 25.3. schon in
weiten Teilen Deutschlands verbreitet Maxima von über 20°C. Von den
synoptischen Stationen meldete an diesem Tag Mühlacker mit 22,5°C den höchsten
Wert. Am 26.3. erreichten dann Ausläufer des kleinen Tiefs JUDY den Westen Deutschland,
so dass es nur im Süden und Osten Deutschlands noch etwas wärmer werden konnte.
Gebietsweise wurden sogar neue Rekordwerte für den Monat März aufgestellt! Vielerorts
stieg die Temperatur auf 23 bis 24°C. Zwickau verfehlte mit 24,7°C nur knapp die
25°C-Marke, die als Kriterium für einen Sommertag gilt. In München wurden
24,0°C gemessen – ein so hoher Wert trat in der seit 1879 bestehenden
Beobachtungsreihe letztmalig am 30.3.1913 und am 27.3.1903 auf. In
Berlin-Dahlem wurde mit 23,0°C der dritthöchste Wert in der seit 1909
bestehenden Reihe erreicht. Wärmer wurde es nur 1968, als am 29.3. und 30.3.
die Temperatur auf 24,0 bzw. 25,1°C stieg. Höchstwerte von 20°C und mehr kommen
hier im März im Durchschnitt alle 3 Jahre vor, das letzte Mal gab es 2004 ein
Maximum von 20,6°C. Doch zurück zur Wetterlage: Am 26.3. und 27.3. verlagerte
sich JOCHEN unter weiterer Verstärkung (Kerndruck nun bei 1035 hPa) über
Südrussland bis nach Kasachstan. Da es nicht ganz von der Berliner Wetterkarte
verschwand, konnte die Entwicklung des Hochs weiter verfolgt werden. So
driftete es ab dem 28.3. mit einem bei 1030 bis 1035 hPa stagnierenden Kerndruck
über den Südural leicht nordwärts und beeinflusste für einige Tage ein Gebiet
vom europäischen Russland bis nach Westsibirien. Da zwischen JOCHEN und dem
relativ stationären Nordseetief KERSTIN nun große Teile Osteuropas in eine
recht milde Südströmung gelangten, stiegen auch hier bei sonnenscheinreichem
Wetter die Temperaturen wie zuvor in Mitteleuropa deutlich an. In einem schmalen
vom Baltikum über Polen hinwegreichenden Streifen wurde es am 1.4. besonders
mild, da sich hier Luft subtropischen Ursprungs auswirkte: Riga meldete einen
Höchstwert von 18,4°C, Königsberg 19,0°C und Bialystok an der Grenze zu
Weißrussland 20,0°C. Auch in Russland drang die Warmluft bis weit in den Norden
vor, so dass mit Ausnahme des äußersten Nordostens überall der Gefrierpunkt
überschritten wurde. Örtlich wurden bald 15°C erreicht (z.B. Kojnas), wobei die
Schneedecke weitestgehend abschmolz. Nur im Norden hielt sich der Schnee noch
etwas länger, da er gebietsweise noch eine Höhe von 50 cm hatte. In Pechora
westlich des Nordurals betrug die Schneehöhe am 3.4. sogar noch 82 cm. Hier
verlief aber auch die Grenze zu der deutlich kälteren arktischen Luft im
äußersten Nordosten, in deren Bereich die Temperaturen noch bis zum 6.4.
zwischen nächtlichen -30 und maximalen -15°C am Tage schwankten (z.B. in Workuta
bei 65 cm Schneedecke). Das Hoch JOCHEN hatte sich inzwischen über dem
europäischen Russland mit 1029 hPa leicht abgeschwächt, während sich über
Westsibirien ein neues kräftiges Hoch mit einem Kerndruck bis 1040 hPa bildete.
Am 7.4. wurde JOCHEN schließlich Teil des Sibirienhochs und verlor damit seine
Eigenständigkeit.
Geschrieben am 16.05. 2010 von
R. Löwenherz
Wetterkarte: 26.03. 2010
Pate: Anngrit Hacker