Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
KARL
(getauft am 09.09.2016)
Im September 2016 war es in Mitteleuropa außergewöhnlich sonnenscheinreich und
zumeist sommerlich warm. Ursache hierfür waren häufige Blockierungen der
Westwindströmung und damit der Zugbahn atlantischer Tiefs. Auch am 08.
September war solch eine Blockierung in der mittleren und oberen Troposphäre über
dem atlantisch-europäischen Raum erkennbar. Dabei zeigte das Strömungsmuster in
5,5 km Höhe einen breiten Hochdruckkeil, der von Zentraleuropa bis nach
Skandinavien reichte und von zwei Tiefdrucktrögen, Einer über dem Nordatlantik,
der Andere über dem Nordwesten Russlands, flankiert wurde. Am Boden herrschten
zu diesem Zeitpunkt dagegen nur schwache Luftdruckgegensätze. In diesem Umfeld
konnte sich eine neue Hochdruckzelle entwickeln, als es auf der Rückseite einer
von West- nach Mitteleuropa ziehenden, schwachen Kaltfront eines Islandtiefs zu
einem Luftdruckanstieg kam. Die postfrontal einfließende kühlere Luft ist
schwerer und sinkt deshalb zu Boden, woraus die Druckzunahme resultiert. Laut
Prognose sollte sich die Antizyklone weiter ostwärts nach Mitteleuropa
verlagern und für eine Fortsetzung des sonnenscheinreichen und sommerlichen
Wetters in Mitteleuropa sorgen. Und so wurde das Hoch am Morgen des 09. September
auf den Namen KARL getauft.
Zu diesem Zeitpunkt befand sich die
Hochdruckzelle KARL mit einem Druck von etwas über 1020 hPa zwischen
Nordwestspanien, der Biskaya und Südwestfrankreich, was einer Ausdehnung von
gut 1200 km in Nordost-Südwest-Richtung entspricht. In den folgenden Stunden
verschob sich die Antizyklone KARL langsam, aber ohne wesentliche Druckänderung
nordostwärts über Frankreich und die Benelux-Staaten in Richtung Deutschland.
Vor allem über Frankreich bewirkte dies nahezu ungetrübten Sonnenschein bei
sommerlichen Temperaturen von durchschnittlich 25 bis 28°C. Beispielsweise
wurden in Paris-Le Bourget
bei 11,4 Sonnenstunden Temperaturen bis zu 26,5°C gemessen. Über den Beneluxstaaten
und Deutschland hingegen waren die hinter der Kaltfront einfließenden Luftmassen
etwas kühler und feuchter. Folglich lagen die Höchstwerte im Einflussbereich
des Hochs KARL zwischen Schleswig, Niedersachsen und dem Rheinland, bei einem Wechsel
aus Sonne und Wolken um 23 bis 24°C. Nachts kühlte sich die Luft bei verbreitet
wolkenlosem Himmel von Zentralfrankreich bis nach Deutschlands auf Werte
zwischen 10 bis 15°C, teils auch unter 10°C ab, wie zum Beispiel in Troyes südöstlich von Paris auf 8,6°C, oder in Twente auf 8,3°C.
Währenddessen wurde das Hoch KARL am frühen
Morgen des 10. September mit einem Druck von etwas über 1018 hPa mit Zentrum
über Ostdeutschland analysiert. Der höchste Luftdruck wurde mit 1019,5 hPa im
Harzer Raum gemessen bei Wernigerode. Der sich im Tagesverlauf weiter ostwärts ausdehnende
Hochdruckeinfluss bewirkte, dass die Kaltfront, die mittlerweile Polen,
Tschechien und den Alpenrand erreicht hatte, sich zusehends auflöste. Mittags gab
es einen überwiegend wolkenfreien Bereich zwischen Frankreich und Deutschland
bis nach Polen und zum Baltikum. Dort konnte die Sonne verbreitet zwischen 10
und 12 Stunden scheinen, was der zu dieser Jahreszeit astronomisch maximal
möglichen Sonnenscheindauer entspricht. Dabei erwärmte sich die Luft auf
spätsommerliche Werte von über 25°C. In Berlin wie auch in Paris stiegen die
Temperaturwerte auf bis zu 27°C, entlang des Mittel- und Oberrheins wurden Temperaturmaxima
um 30°C gemessen. Die sich anschließende Nacht verlief bei weiterhin
wolkenlosem Himmel in weiten Teilen Zentraleuropas für Mitte September
ausgesprochen mild. Beispielsweise sank die Temperatur in Brüssel nur auf 17°C,
in Dresden auf 18°C und in Paris auf 19°C. Nur vereinzelt bildeten sich infolge
windschwacher Verhältnisse und fortschreitender Auskühlung der länger werdenden
Septembernächte Nebel- oder Hochnebelfelder, so wie zwischen dem Nordosten
Polens und dem Baltikum oder auch über dem westlichen Brandenburg.
Die windschwachen Gegebenheiten resultieren
aus den nur schwachen Luftdruckgegensätzen, die weiterhin über Zentral- und
Osteuropa beobachtet wurden. Folglich fehlte dem Hoch KARL am Morgen des 11.
September ein eindeutiges Zentrum. Immerhin konnte im Bereich des Kaliningrader
Oblast und Masuren ein schwaches lokales Druckmaximum von knapp 1019 hPa
analysiert werden. Nichtsdestotrotz hielt auch an diesem Tage das
sonnenscheinreiche und sommerlich warme Wetter zwischen Baltikum und dem
östlichen Mitteleuropa bis nach Deutschland an. Örtliche Frühnebelfelder lösten
sich zügig auf, während über Frankreich und den Benelux-Staaten sowie später
auch im Nordwesten Deutschlands kompaktere Wolkenfelder mit einem neuen
Tiefausläufer aufzogen. Im Vergleich zum Vortag konnte sich das
Temperaturniveau östlich dieser neuen Kaltfront halten, teilweise sogar noch
etwas erhöhen. So wurden im Berliner Raum bis zu 31°C gemessen, genauso viel
wie in Nürnberg, knapp 30°C waren es in Prag wie auch in Warschau.
In den folgenden Stunden kräftigte sich das
Hoch KARL vor allem in höheren Luftschichten weiter, so dass eine
abgeschlossene Antizyklone mit Zentrum über Polen entstand. Im Bodenniveau
erstreckte sich am Morgen des 12. September das Zentrum mit einem Luftdruck von
etwas mehr als 1020 hPa von Dänemark über Polen bis nach Weißrussland und der
Ukraine. Die Luftdruckzunahme führte dazu, dass die Kaltfront nicht weiter nach
Mitteleuropa vorgedrungen war, sondern sich weitestgehend aufgelöst hatte.
Abermals viel Sonnenschein, zwischen Rhein und Dnepr waren dabei die Folge,
wobei sich die Luft noch ein Stückchen weiter erwärmen konnte. Temperaturen bis
zu oder knapp über 30°C wurden verbreitet in Deutschland, Teilen Frankreichs, in
Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn gemessen. Am wärmsten wurde es in
Bernburg/Saale, wo Temperaturwerte von bis zu 34,4°C registriert wurden. Nachts
kühlte sich die Luft über Mitteleuropa kaum unter 15°C ab. Stellenweise wurde
sogar eine Tropennacht mit Tiefstwerten von über 20°C beobachtet, so wie in
Lüttich mit 20,4°C oder in Bad Lippspringe am Rande des Teutoburger Waldes mit
ebenfalls 20,4°C oder im Lee des Harzes in Bad Harzburg mit 22,3°C.
Tropennächte sind für Mitteleuropa Mitte September eher selten.
Bis zum Morgen des 13. September kam es zu
einer Weiterentwicklung der Antizyklone KARL. Das kräftige Höhenhoch über Polen
bewirkte im Bodenniveau einen weiteren Luftdruckanstieg, woraus sich eine neue
Hochdruckzelle mit dem Namen LUKAS über Skandinavien entwickeln konnte. Das Hoch
KARL wurde nach Südosteuropa abgedrängt und konnte in der Nacht nur noch als
kleinräumiges Hoch über dem Karpatenbecken analysiert werden. Dementsprechend
waren die messbaren Auswirkungen von Hoch KARL auf das Wetter nur noch gering.
Allerdings setze sich das sommerlich-sonnige Wetter über Mittel- und Osteuropa
auch an den folgenden Tagen fort.
Letztmalig analysiert werden konnte Hoch
KARL in den Frühstunden des 14. September über dem Balkan, wo es sich in den
folgenden Stunden vollständig auflöste.
Geschrieben
am 12.10.2016 von Gregor Pittke
Berliner
Wetterkarte: 12.09.2016
Pate: Karl Ostermann