Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet KARMA
(getauft am 29.08.2015)
In den letzten Augusttagen wurde das Wetter
über West- und Mitteleuropa im Wesentlichen durch einen umfangreichen
Tiefdruckkomplex über dem Nordostatlantik mit Drehzentrum südlich von Island bestimmt.
Deutschland befand sich dabei an der östlichen Flanke der Zyklone, im Bereich
einer Luftmassengrenze, welche subpolare Meeresluft über Nordwesteuropa von
feucht-warmer Mittelmeersubtropikluft über Südeuropa
trennte. Im Übergangsbereich kam es dabei um den 27. und 28. August herum zu
ergiebigen Niederschlägen zwischen Frankreich - Deutschland – Polen - und dem
Baltikum bis nach Skandinavien. Diese ließen jedoch im Laufe des 28. August
rasch nach, weil sich das Islandtief abschwächte und gleichzeitig der Luftdruck
über Zentraleuropa stieg. Dabei entwickelte sich zunächst eine diffuse
Hochdruckzone, mit zwei Schwerpunkten, der Eine nördlich, der Andere südlich
der Luftmassengrenze. Während der südlichere Kern bereits am 28. August auf den
Namen JESSICA getauft wurde, erhielt der nördlichere Kern einen Tag später den
Namen KARMA.
Zu diesem Zeitpunkt, also in den
Frühstunden des 29. August, befand sich die Luftmassengrenze etwa auf einer
Linie Biskaya - Paris - Stuttgart - Prag - Minsk. Nördlich davon schloss sich
die schmale Hochdruckzone KARMA an, deren Zentrum über Mitteldeutschland zu
finden war. In Göttingen wurden beispielsweise um 02 Uhr 1023,5 hPa gemessen.
Südlich davon reichte der Hochdruckeinfluss noch bis zum westlichen Mittelmeer
und zur Balkanhalbinsel, wobei der Schwerpunkt dieser Hochdruckzone über
Bulgarien lag.
Aber nicht nur im Bodenniveau, auch in der
Höhe hatte sich eine abgeschlossene Antizyklone gebildet, wobei das Höhenhoch
in der mittleren Atmosphäre, also zwischen 3 bis 6 km Höhe, das Gebiet über
Apenninen- und Balkanhalbinsel überdeckte. Jedenfalls sorgte der
Luftdruckanstieg im Tagesverlauf nicht nur dafür, dass es allmählich zu regnen
aufhörte, sondern auch dafür, dass sich die kompakten Wolkenfelder entlang der
Luftmassengrenze zusehends auflösten. So konnte sich im Laufe des Tages fast
überall die Sonne durchsetzen. Von einzelnen Mittelgebirgstälern
und dem Küstenumfeld abgesehen, schien sie im Einfluss von Hoch KARMA 11 bis 12
Stunden lang. Dabei stiegen die Temperaturen in der erwärmten Subpolarluft auf
durchschnittlich 22-25°C, z.B. in Amsterdam-Schipol
auf 23,0°C, in Hamburg-Fuhlsbütttel auf 22,8°C, in
Berlin-Dahlem auf 24,7°C, oder aber in Warschau-Okecie
auf 24,2°C.
Bis zum Morgen des 30. August hatte sich das
Hoch KARMA zu einer eigenständigen Hochdruckzelle weiterentwickelt, deren
Einfluss von der Ostsee bis zu den Karpaten und vom Rheinland bis zum Dnepr
reichte. Das Zentrum befand sich mit knapp über 1025 hPa über dem Osten Polens
und dem Westen der Ukraine. Etwa zu diesem
Zeitpunkt wurde mit 1025,6 hPa auch der höchste Druck in der Entwicklung der Antizyklone
KARMA erreicht, gemessen um 05 Uhr MESZ an der Station Sarny,
etwa 250 km nordöstlich von Lemberg. Allerdings hatte von Westeuropa her
bereits Luftdruckfall eingesetzt, der in den folgenden Stunden auf Mitteleuropa
übergriff und letztendlich für eine allmähliche Abschwächung des Hochs KARMA sorgte. Wettertechnisch änderte sich allerdings erst einmal
nicht allzu viel, was am weiterhin recht stabilen Höhenhoch über Südosteuropa
lag. Die Satellitenbilder von diesem Tag zeigen einen großflächigen, nahezu
wolkenfreien Bereich von Frankreich über Zentral- bis nach Osteuropa. Während
die Temperaturen im Einflussbereich von Hoch KARMA zwischen
Baltikum-Weißrussland und Ukraine auf angenehm sommerliche Temperaturen
stiegen, etwa auf 22,6°C in Minsk, oder aber 27,1°C in Kiew, lagen die Maxima
weiter westlich davon meist deutlich über der 30-Grad-Marke. Denn auf
der Rückseite von Hoch KARMA floss die Mittelmeersubtropikluft
weiter nordwärts nach Mitteleuropa ein. So stieg die Temperatur etwa in
Köln-Bonn auf 34,2°C, in Hoyerswerda auf 34,4°C, oder gar in Oppeln auf bis zu
36,0°C.
In den folgenden Stunden wurde die
Hochdruckzelle KARMA langsam weiter ostwärts gedrängt und erstreckte sich am
Morgen des 31. August etwa auf den Bereich zwischen Balkan – Karpaten –
Baltikum und Schwarzem Meer. Hier betrug der Luftdruck noch knapp über 1020
hPa, wobei ein klares Zentrum kaum auszumachen war. Sowohl in der südlichen
Ukraine mit 1022 hPa, als auch im baltisch-weißrussischem Grenzgebiet mit 1021
hPa wurde der relativ höchste Luftdruck gemessen.
Auch wenn sich das Hoch KARMA im weiteren
Verlauf zusehends abschwächte und
gleichzeitig eine Tiefneuentwicklung über dem westlichen Mitteleuropa stattfand,
hielt der heiter freundliche Wettercharakter zwischen Rhein, Donau und Dnepr
weiter an. Dafür sorgte nicht zuletzt die mit Hoch KARMA in der Höhe verknüpfte
Antizyklone, deren Zentrum sich nach wie vor über Südosteuropa befand. Während
im Bereich der schwachen Bodenhochdruckzone KARMA in der erwärmten Subpolarluft
bei viel Sonnenschein sommerliche Temperaturen von durchschnittlich 25°C
gemessen wurden, wie in Minsk mit 26,0°C, waren es nur wenige hundert Kilometer
weiter westlich in den kontinentalen Luftmassen tropischen Ursprungs deutlich
über 30°C. Diese hatte mittlerweile auch den Westen der Ukraine erreicht, so
wurden etwa in Iwano-Frankiwsk 36,7°C und in Kiew
32,2°C gemessen.
Letztmalig konnte Hoch KARMA in der Nacht
zum 01. September in den Bodendruckkarten analysiert werden. Zwischen einem
Tief über Mitteleuropa und einem Weiteren über Nordwestrussland erstreckte sich
Hoch KARMA als nunmehr schmale und schwache Hochdruckzone vom Baltikum über
Weißrussland, Westrussland und die Ukraine bis zum Schwarzen Meer. Hier betrug
der Luftdruck noch etwas mehr als 1015 hPa, wobei der höchste Wert mit 1018,9
hPa in Smolensk im weißrussisch-russischem Grenzgebiet registriert wurde.
Im weiteren Verlauf löste sich die
Bodenhochdruckzone über Osteuropa vollständig auf und in den darauf folgenden
Tagen bestimmte Tiefdruckeinfluss das Wetter über Mittel- und Osteuropa.
Geschrieben am
18.09.2015 von Gregor Pittke
Berliner
Wetterkarte: 29.08.2015
Pate: Karma
Ehrecke