Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet KEVIN
(getauft am 09.09.2020)
Am 06. September 2020 um 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ, konnte über Boston ein Hochdruckgebiet mit einem Kerndruck von knapp über 1020 hPa verortet werden. In Boston wurden zu dieser Zeit 24°C bzw. 75,2°F gemessen. Diese Hochdruckzelle verlagerte sich zum darauffolgenden Tag mit der westlichen Höhenströmung, auch als Jetstream bekannt, bis 500 km südlich vor Neufundland. Am 07.09. um 00 Uhr UTC konnte ein intensiverer Druck als tags zuvor im Zentrum von ca. 1025 hPa registriert werden. Das Hoch befand sich auf der Rückseite der Kaltfront des über dem Nordatlantik liegenden Tiefdruckgebiets QUINTA.
Zum Tag darauf verstärkte sich das Hochdruckgebiet erneut, so dass im Zentrum ein Druck von über 1030 hPa festgestellt werden konnte. Im Tagesverlauf verlagerte sich das Hoch Richtung Europa, sodass es dann 400 km östlich von Neufundland zu verorten war. Dieses bis dato noch unbenannte Hoch beeinflusste nun das Wettergeschehen auf der Insel Neufundland und dem Sankt-Lorenz-Golf.
Am 09. September um 00 Uhr UTC
lag die Antizyklone mit einem gleichgebliebenen Zentrumsdruck von ca. 1030 hPa
über dem Nordatlantik und das Tief QUINTA über der Nordsee zwischen Schottland
und Südnorwegen. Da eine weitere Verlagerung nach Osten und damit der Einfluss
auf Mitteleuropa absehbar war, wurde das Hochdruckgebiet an diesem Tag von den
Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf der Vorhersagekarte für den 10.
September auf den Namen KEVIN getauft.
Im Verlauf des 10. Septembers
verlagerte sich das Zentrum des Hochdruckgebietes weiter westwärts Richtung
Europa, zu den Britischen Inseln. Das Zentrum befand sich um 00 Uhr UTC mit
ungefähr 1025 hPa über Wales. Um 06 Uhr UTC wurden an einigen Stationen, wie
beispielsweise am RNAS (Royal Naval Air Station) Yeovilton, einem Militärflugplatz, Schwaden von Bodennebel
gemeldet. Die Sichtweite betrug dabei 20 bis 30 km, vereinzelt auch 40 km. Der
Wind wehte im Verlauf des Tages bei schwacher Stärke aus nordwestlicher
Richtung. Die Tageshöchsttemperaturen lagen zwischen 17,8°C am Flughafen von
Liverpool, 18,2°C in Brize Norton sowie 20,3°C am St.
Catherine‘s Point auf der Isle of
Wight. Tagsüber gab es als signifikante Wettererscheinung nur wechselnde
Bewölkung, welche sich auch in den Sonnenstunden widerspiegelt. In Lyneham wurden 8,06 Stunden Sonnenschein registriert, am Londoner
Flughafen Heathrow 8,24 Stunden, nur in Liscomb
schien die Sonne mit insgesamt nur 3,54 Stunden etwas weniger. Im Laufe des
Tages wanderte das Hoch KEVIN und dessen Einflussgebiet Richtung
Norddeutschland. Am Nachmittag wurde am meteorologischen Observatorium
Lindenberg, in der Nähe von Berlin, ein Luftdruck über NN von ca. 1020 hPa
registriert. Die Temperaturen erreichten zum späten Nachmittag hin ihren Höchstwert,
so wurden im Botanischen Garten in Berlin 18,5°C, in Boltenhagen in der
Gemeinde Klützer Winkel 18,6°C und in Feldberg in
Mecklenburg-Vorpommern 17,9°C gemessen. Die Tiefsttemperaturen lagen im
Intervall von 10,3°C in Menz, 11,9°C in Braunschweig und 14,5°C in Vitte auf der Insel Hiddensee. Der Wind kam im
Einflussgebiet des Hochs KEVIN aus meist nordöstlicher Richtung mit Böen der
Stärke 5 Bft. Die meisten Sonnenstunden konnte die
Hanse- und Universitätsstadt Greifswald mit 11 Stunden verbuchen, im ähnlichen
Zeitrahmen befand sich die Wetterstation in Angermünde mit 10,53 Stunden. Etwas
weniger Sonnenschein wurde mit 7,53 Stunden in Schwerin und 7,45 Stunden in
Lübeck registriert. Der durchschnittliche Bedeckungsgrad in Nordostdeutschland
lag zwischen leichter Bewölkung, dies entspricht einer Bewölkung von 2/8 in
Alt-Ruppin bei Neuruppin und einer Bewölkung von 4/8 in Itzehoe sowie in Rostock-Warnemünde.
Zum 11. September spaltete sich
das Hochdruckgebiet KEVIN von der Hochdruckzelle über dem Atlantik ab und zog
dann als eigenständige Antizyklone bis nach Warschau mit einem Kerndruck von ungefähr
1020 hPa weiter. Das über dem Atlantik zurückgebliebene Hoch wurde für den
kommenden Tag zu 12 Uhr UTC auf der Prognosekarte der Berliner Wetterkarte auf
den Namen LEIKI getauft. Das Hochdruckgebiet KEVIN beeinflusste um 06 Uhr UTC
am 11. September das Wettergeschehen in Polen, Ostdeutschland sowie dem
südwestlichen Ostseeraum. Im Osten sowie Süden wurde es von der Kaltfront von
dem inzwischen über der russischen Hafenstadt angelangten Tiefdruckgebiet
QUINTA begrenzt. Die Tageshöchsttemperaturen lagen zwischen 18,7°C in Torun,
19,2°C am Warschauer Flughafen Chopin sowie 20,1°C in Stettin und 22,4°C in
Berlin-Dahlem. Zwischen 9,1°C in Słubice, 9,9°C
in Olsztyn sowie 13,1°C in Zielona Góra lagen u.a. die Minimaltemperaturen, die
unter dem Hochdruckeinfluss KEVIN gemessen wurden. Der schwache Wind wehte
dabei aus östlicher bis südöstlicher Richtung. Von
Wetterstationen wurde wechselnde Bewölkung als Hauptwettererscheinung gegeben.
In Słubice konnten 11,3 Sonnenstunden
verzeichnet werden, im Gegensatz dazu wurden in Piła
nur 5,36 Stunden registriert. Zu 18 Uhr UTC verlagerte sich Hoch KEVIN rasch
Richtung Weißrussland weiter und in Minsk wurden anschließend 1021 hPa
gemessen.
Am 12. September wurde das Zentrum über Brjansk, rund 380 km südwestlich von Moskau, mit einem Einfluss über Osteuropa verortet. Die Maximaltemperaturen lagen zwischen 16,9°C in Kāsīn sowie 22,2°C im serbischen Žitkovica. Bei wechselnder Bewölkung wehte zudem der Wind aus südöstlicher Richtung und drehte im Tagesverlauf auf Südwest. 5,0°C in Uslowaja bis 10,1°C in Słowin waren das Intervall, in dem die Tiefsttemperaturen gemessen wurden.
Zum letzten Lebenstag des Hochdruckgebiets KEVIN konnte das Zentrum um 00 Uhr UTC zwischen der russischen Hauptstadt Moskau und der Millionenstadt Wolgograd analysiert werden, wobei es in allen Himmelsrichtungen durch Tiefausläufer begrenzt wurde. Die Tageshöchsttemperaturen betrugen in Serafimowitsch 24,6°C und in Bokovskaya 25,6°C. Die Hauptwindrichtung des schwach bis mäßigen Windes war Osten, dabei zeigte sich der Himmel neben heiterer Bewölkung oft auch wolkenlos. Zum nächsten Tag wurde Hoch KEVIN von dem Frontensystem von Tief RENATE, welche sich über Nordeuropa aufhielt, weiter nach Osten aus dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte verdrängt. So wurde die Antizyklone KEVIN nach einem für ein Hoch doch recht kurzen Lebenszyklus von nur 4 Tagen am 13. September das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet.