Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
KEYWAN
(getauft am 24.03.2020)
Um
die großräumige Wetterlage zu analysieren werden in eine Bodenanalyse neben
Fronten vor allem Linien gleichen Luftdrucks, kurz Isobaren, eingezeichnet.
Anhand der Isobaren können dann Druckgebiete erkannt und verfolgt werden.
Am
24.03. lag ein bislang unbenanntes Hochdruckgebiet mit einem Zentrumsdruck von ca.
1040 hPa über dem westlichen Nordatlantik und wurde, weil eine Verlagerung
Richtung Europa abzusehen war, auf den Namen KEYWAN getauft. Zuvor war das Hoch
über Kanada entstanden und dann nach Südosten über das Seengebiet südlich von
Neufundland gezogen.
An
den folgenden Tagen zog das Hochdruckgebiet weiter nach Osten. Das Zentrum
befand sich um 00 Uhr UTC des 25.03. über dem zentralen Nordatlantik, am 26.03.
nördlich der Azoren und wich dann nach Norden aus, sodass das Hochzentrum am
28.03. nordwestlich der Britischen Inseln lag. Im Laufe des Tages durchquerte
eine Kaltfront von Tief MAREIKE Hoch KEYWAN. Hinter der Kaltfront floss eine
arktische Luftmasse, welche ursprünglich aus Grönland stammte, ein. Diese
deutlich kältere und somit dichtere Luftmasse erhöhte aufgrund ihrer größeren
Masse den Bodendruck deutlich. Folglich wurde die Antizyklone KEYWAN nicht von
der Kaltfront abgeschwächt, sondern konnte dank dieses Kaltluftvorstoßes in den
kommenden Stunden an Stärke gewinnen. Damit stieg der Kerndruck wieder kräftig
an und erreichte am 29.03. und 30.03. sein Maximum von über 1050 hPa. Auch der
Einflussbereich von Hoch KEYWAN expandierte auf ein Gebiet welches in etwa von
Spanien, den Azoren, Grönland und der Nordsee begrenzt wurde. In diesem Gebiet
kam der normalerweise vorherrschende klimatologische Westwind zwischen den polaren
und subtropischen Gebieten zum Erliegen. Die Strömung und damit die Zugbahnen
der Tiefdruckgebiete wurden nun um das Hoch KEYWAN herum gelenkt und verliefen
über Grönland und Spitzbergen. Stromabwärts an der Ostseite der Antizyklone
KEYWAN gelangten nun die Tiefdruckgebiete mit der nördlichen Höhenströmung nach
Europa, womit Hoch KEYWAN nicht nur schönes Wetter nach Europa brachte, sondern
auch nasskaltes und trübes Wetter.
Hinter
der Kaltfront von Tief NELE, welche sich am 30.03. von Südschweden bis zum
europäischen Nordmeer erstreckte, konnte sich bis zum darauffolgenden Tag ein
neues Hochdruckzentrum über Südschweden und Dänemark etablieren. Dieses
Hochdruckzentrum wurde von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte (BWK)
KEYWAN II benannt, da es kein eigenständiges Hochdruckgebiet ist, sondern sich
am Rand von der ursprünglichen Antizyklone KEYWAN gebildet hatte. Das ältere
Hochzentrum hingegen wurde ab diesem Zeitpunkt KEYWAN I bezeichnet und lag an
diesem Tag weiterhin mit etwas über 1045 hPa über dem östlichen Atlantik.
Bereits
an diesem Tag, dem 31.03., sorgte Hoch KEYWAN für eine deutliche Wetterverbesserung
und ein großräumiges Auflösen der Wolkendecke. Dies liegt daran, dass durch
Absinken der Luftmassen in Hochdruckgebieten sich diese erwärmt und somit die
Sättigung der Luft nicht mehr gegeben ist. An den Küsten der Nord- und Ostsee
schien mit 12 Stunden in Amsterdam, 11 Stunden in Flensburg und 12 Stunden auf
Rügen die Sonne fast die maximal astronomisch mögliche Zeit.
Bis
zum Folgetag wurde Hoch KEYWAN II von der Warmfront von Tief OLIVIA nach Süden
hin abgedrängt. Dieser Umstand war möglich, da um die weiterhin ortsfeste
Antizyklone KEYWAN auch relativ warme Luft, ursprünglich aus subtropischen
Gebieten Nordamerikas geführt wurde. Zwar kühlte sich diese warme Luftmasse auf
ihrem Weg nach Norden ab, trotzdem war diese am Ende relativ wärmer als die
zuvor herangeführt Luft hinter der Kaltfront von Tief NELE. Somit war die
Sonnenscheindauer genau invers zu der am Vortag. Im Norden gab es fast gar
keine Sonne: Hamburg oder Rostock zum Beispiel hatten 0 registrierte
Sonnenstunden. Weiter südlich hingegen gab es in Berlin 11 Stunden, in Essen 12
Stunden oder auf der Zugspitze bei einer Höchsttemperatur von -9 °C 13 Stunden
Sonnenschein.
Am
02.04. um 00 Uhr UTC befand sich Hoch KEYWAN II bereits mit einem maximalen
Druck im Zentrum von etwas über 1020 hPa über Rumänien und Moldawien.
Hochdruckgebiet KEYWAN I verargte weiterhin über dem Atlantik. Trotzdem waren
beide noch durch eine Hochdruckbrücke miteinander verbunden, was in der
Meteorologie eine Bezeichnung für einen Bereich hohen Luftdrucks zwischen zwei
Hochdruckgebieten ist. Dies war auch sehr schön auf der Wolkenverteilung im
Satellitenbild (nachfolgendes Bild) zu erkennen.
Quelle: Berliner Wetterkarte
Infrarot-Image vom 02.04.2020 12 Uhr UTC
Über
dem Land im Bereich der Hochdruckbrücke sind keine Wolken zu erkennen. Hier
wurden auch wie tags zuvor 12 bis 13 Sonnenstunden erreicht. Dies ließ die
Temperaturen zum Beispiel im Rheingraben auf 16°C und in Wien auf 14°C steigen.
Über diesem Gebiet hielt der ruhige Witterungsverlauf der Tage zuvor an, mit
kühlen Nächten und sonnenscheinreichen Tagen.
Am
darauffolgenden Tag begann sich das Hochdruckgebiet KEYWAN I wiederum hinter
der Kaltfront von Tief Pauline nach Osten zu verlagern. Auf der Bodenanalyse
vom 04.04. wurde Hoch KEYWAN I direkt über Mitteleuropa und Hoch KEYWAN II über
der Türkei analysiert. Beide zusammen sorgten dafür, dass der überwiegende Teil
von Festlandeuropa wunderbares sonniges Frühlingswetter genießen durfte. In den
fast wolkenlosen Nächten sank durch starke Ausstrahlung die Temperatur jedoch
wieder unterhalb des Gefrierpunkts. Über Polen befand sich die kälteste
Luftmasse, wodurch hier die Temperaturen verbreitet bis in den mäßigen
Frostbereich sanken. In Kielce wurde zum Beispiel eine Tiefsttemperatur von -6°C
gemeldet. Weiter westlich waren die Tiefstwerte etwas wärmer, wie zum Beispiel
in Arnsberg mit -3°C oder in Nancy mit -2°C.
Am
05.04. änderte sich zwar an der Gesamtsituation nichts, das Hoch KEYWAN II
verließ aber den Analysebereich der BWK nach Osten. Die Antizyklone KEYWAN I
wurde ergo wieder als Hoch KEYWAN bezeichnet, welches sich an diesem Tag mit
einem Kerndruck von gut 1030 hPa leicht nach Osten verlagerte. Da der Wind bei
Hochdruckgebieten im Uhrzeigersinn um das Zentrum weht, setzt westlich des
Hochdruckkerns Südwind ein. Dieser Südwind brachte etwas wärmere Luftmassen
nach Westeuropa, wodurch hier das Temperaturniveau deutlich anstieg. Die
Tiefsttemperaturen lagen nun wieder im positiven Bereich mit gemessenen 7°C in
Paris oder 2°C am Flughafen Hamburg. Tagsüber war es im Einflussbereich von
Hoch KEYWAN fast wolkenlos. Die registrierte Sonnenscheindauer lag verbreitet
zwischen 12 bis 13 Stunden.
Auf
der 00-UTC-Bodenanalyse vom 06.04. wurde Hoch KEYWAN über der Westukraine mit
1035 hPa analysiert. Die registrierten Tiefsttemperaturen lagen über West- und
Mitteleuropa abgesehen vom Bergland im deutlich positiven Bereich, die
Höchsttemperaturen überschritten deutschlandweit 20°C und es wurden wieder 12
bis 13 Sonnenstunden registriert.
In
den folgenden beiden Tagen zog das Hochdruckgebiet KEYWAN ohne Abschwächung am
07.04. über die Ukraine und am 08.04. über den Süden Russland und den Kaukasus
weiter nach Osten. Über Zentraleuropa übernahm Hoch LORIS die Regie.
Bis
zum 09.04. zog das Hochdruckgebiet KEYWAN aus den Analysebereich der BWK,
sodass hier die 16-tägige Lebensgeschichte von Nordamerika bis Russland des
Hochdruckgebietes KEYWAN endet.