Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet LEIKI

(getauft am 11.09.2020)

 

Im klimatologischen Mittel dominiert über dem Atlantik ein Druckmuster mit hohem Druck über den Azoren und tiefem Druck bei Island. Ersteres ist Bestandteil des subtropischen Hochdruckgürtels und wird häufig als Azorenhoch bezeichnet. Zweiteres trägt die Bezeichnung Islandtief. An den Tagen um den 10.09.2020 verlagerte sich das Azorenhoch über den westlichen Atlantik und ein Gebiet mit hohem Bodenluftdruck, ein sogenannter Hochdruckkeil, reichte bis Westeuropa. Zwischen diesem Bereich hohen Luftdruck über den Subtropen und dem kräftig ausgeprägten Islandtief, welches auf den Namen RENATE getauft wurde, entwickelte sich aufgrund der Druckunterschiede eine kräftige Westwindströmung. Diese war auch in höheren Schichten dominierend, sodass es mit dieser Strömung der Rauch bzw. die Asche- und Aerosolpartikel der Waldbrände in Kalifornien binnen weniger Tage bis nach Europa schafften.

 

Am 11.09.2020 prognostizierten die Wettermodelle, dass sich aus der bis nach Europa reichenden Hochdruckzone ein neues eigenständiges Druckgebiet bilden und abspalten würde, welches dann nach Durchgang der Kaltfront von Tief RENATE für Wetterberuhigung über Europa sorgen würde. Aus diesem Grund entschieden sich die Meteorologen der Berliner Wetterkarte (BWK) noch am selben Tag dafür dieses Druckgebilde in der Prognose für den 12.09.2020 auf den Namen LEIKI zu taufen.

 

Auf der Bodenanalyse um 00 UTC der BWK vom 12.09.2020 konnte dann, wie prognostiziert, das neue entstehende Hochdruckzentrum LEIKI über dem östlichen Atlantik erstmals namentlich gekennzeichnet werden. Eine Bodenanalyse ist dabei eine Analyse, der aktuellen Druckverhältnisse und des Wetters am Boden. Als Grundlage dienen hierzu die zu einem Zeitpunkt, hier 00 UTC (01 Uhr MEZ), gemeldeten Wetterdaten der Boden-Wetterstationen. Besonders wichtig für die Bodenanalyse sind die gemeldeten Druckwerte. Aber auch Temperatur, Wind und Wetter finden Verwendung. Anhand der Druckwerte können im ersten Schritt Linien gleichen Luftdrucks, auch Isobaren genannt, in die Bodenanalyse eingezeichnet werden. Die Isobaren wiederum zeigen die Druckverteilung über Europa, also wo sich welches Druckgebiet befindet. Temperatur- und Wettermeldungen werden dann noch zur Bestimmung der Fronten verwendet.

 

Im weiteren Verlauf des Tages zog Hoch LEIKI weiter nach Osten und lag bereits in den Mittagsstunden mit über 1022 hPa über Frankreich. Aufgrund der absinkenden Luftmassen in Hochdruckgebieten kommt es im Einflussbereich zur Wolkenauflösung. Folglich schien über Frankreich fast den ganzen Tag die Sonne. In Paris und Nantes wurden zum Beispiel bis zu 12 Stunden Sonne registriert. Weiter östlich in Deutschland war es mit circa 9 bis 11 Sonnenstunden nur minimal weniger sonnenscheinreich. Die Temperaturen erreichten im Einflussbereich von Hoch LEIKI im Süden höhere Werte als im Norden. Im Süden wurde mit jeweils 32°C in Toulouse und in Lyon sogar nochmal nach meteorologischer Definition ein Hitzetag verbucht. Auch in Deutschland erwärmte sich die Luft von der Neiße über Thüringen bis zum Saarland und südöstlich davon verbreitet auf über 25°C, wobei die höchsten Werte im äußersten Südwesten entlang des Oberrheins mit nahezu 30°C auftraten. Im rheinländischen Bad Kreuznach wurde an diesem Tag das höchste Maximum in Deutschland mit 30,2°C gemeldet. Nur im Nordwesten erreichten die Temperaturen nur noch selten 20°C, da dieser im Bereich der Kaltfront des Tiefdruckkomplexes RENATE lag. Demnach wurden 18,7°C in Bremerhaven oder 19,4°C in Hamburg-Fuhlsbüttel gemessen.

 

Bis zum 13.09.2020 verlagerte sich die Antizyklone LEIKI weiter nach Osten und erreichte bis zum Mittag den Westen von Polen. Der Druck im Zentrum lag bei ca. 1026 hPa. Im Einflussbereich konnte im Vergleich zum Vortag die Sonne nicht ganz ungestört vom Himmel strahlen, da sich auf einer leicht nach Nordwest drehenden Höhenströmung der Himmel zeitweise mit dichten hohen Wolkenfeldern der Wolkenart Cirrus spissatus bedeckt wurde. Im Norden von Deutschland waren es nur 9 bis 10 Sonnenstunden, im äußersten Osten sowie in Polen waren es 11 Stunden und im Süden von Deutschland 12 Stunden. An dem Temperaturniveau änderte sich im Vergleich zum Vortag nur wenig. Im Südwesten von Deutschland und im Osten von Frankreich wurden nochmals 30°C bis 31 °C erreicht. Aber auch weiter nördlich wurde in Köln mit 27°C, Frankfurt am Main mit 28°C, Dresden mit 26°C und Berlin-Tempelhof mit 25°C abermals ein Sommertag verbucht. Dieses Mal bekam auch der Norden bzw. der Nordwesten etwas mehr Wärme als noch am Vortag ab. Dort war es mit 21°C auf Norderney bis 24,3°C am Flughafen in Hannover angenehm warm. Einzig im Norden Schleswig-Holsteins hielten sich mit 18°C bis 20°C noch die etwas kühleren Luftmassen.

 

Bis zur 00 UTC Bodenanalyse vom 14.09. blieb Hoch LEIKI fast am gleichen Ort. Das Hochdruckzentrum wurde über Tschechien mit über 1028 hPa analysiert. Da es auch in der Nacht nur gering bewölkt blieb, ausgenommen davon sind die hohen Wolken, gingen die Temperaturen im Einflussbereich teils in den einstelligen Bereich zurück. In Königs Wusterhausen südlich von Berlin wurde eine Tiefsttemperatur von 9°C und in Gardelegen in Sachsen-Anhalt 8°C registriert. Tagsüber bewegte sich Hoch LEIKI weiter nach Osten. Aufgrund dessen, dass sich Hochdruckgebiete auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn drehen, stellte sich über Mitteleuropa westlich der Antizyklone LEIKI eine Südströmung ein, mit welcher nochmal eine richtig warme Luftmasse aus niedrigeren Breiten nordwärts geführt wurde. Hingegen dominierten auf der Ostseite von Hoch LEIKI eher nördliche Winde, die kühlere Luft aus Norden nach Süden transportierten. In Weißrussland und Westrussland wurden teils nur 17°C bis 18°C als Höchsttemperatur gemeldet. Hingegen stieg in Deutschland die Temperatur nahezu überall im Land auf Werte über 25°C, nur an den Küsten von Nord- und Ostsee sowie an einigen Bergstationen wurde ein Sommertag verfehlt. In einem breiten Streifen, der von den Gebieten westlich des Rheins bis zur Neiße reichte, konnte sogar ein Heißer Tag, also Temperaturmaxima über 30°C, verbucht werden. In Ihringen am Oberrhein wurden sogar 32,1°C erreicht, was wiederum von Kaiserslautern mit 33,6°C getoppt wurde. Wenn auch ungewöhnlich, so sind solche Temperaturen in der zweiten Septemberdekade nicht unmöglich. So lag der bisherige Rekord für Kaiserslautern vom 13.9.2016 bei 32,2°C, am selbigen Tag wurde dieser jedoch um 1,4 K übertroffen. In Frankreich wurden sogar über 35°C registriert, wie zum Beispiel in Bordeaux mit 35,9°C oder Bourges mit 35,7°C.

 

Am 15.09. erreichte Hochdruckgebiet LEIKI mit einem Kerndruck von 1030 hPa den Westen der Ukraine. Da kein anderes Tiefdruckgebiet Hoch LEIKI folgte und dieses zudem in der höheren Troposphäre etwas stärker ausgeprägt war, reichte der Einfluss der Antizyklone LEIKI fast über ganz Europa. So konnte sich die Warmluftzufuhr weiter verstärken und die spätsommerliche Hitzewelle erreichte an diesem Tag ihren Höhepunkt. In einem breiten Streifen von Ostdeutschland über Niedersachsen bis hinein ins westliche Deutschland wurde dabei die 30°C-Marke deutlich überschritten. Im Berliner Raum lag die Höchsttemperatur bei Werten um 31°C, so registrierte Berlin-Tegel 31,2°C und Berlin-Dahlem 31,0°C, wodurch also der bisherige Tagesrekord von 29,8°C aus dem Jahr 1947 getoppt wurde. An der Säkularstation auf dem Potsdamer Telegrafenberg wurden 31,7°C erreicht. Der Septemberrekord liegt dort bei 34,9°C (04.09.1895), und auch in der 2. Dekade war es am 12.09.1919 mit 34,1°C deutlich heißer. Im Gegensatz dazu wurde auf dem Brocken mit einem Maximum von 25,9°C der Rekord von 24,4°C aus dem Jahre 1948 deutlich überboten. Weitere Septemberrekorde gab es in Köln-Bonn (33,6°C zu 33,1°C), Düsseldorf (34,0°C zu 32,9°C) und in Trier-Petrisberg mit 34,8°C gegenüber 34,2°C aus dem Jahre 2016. Der Wert von 36,2°C am Bundeswehrflugplatz in Geilenkirchen darf allerdings angezweifelt werden, wurde doch auch in den westlichen Nachbarländern die 35°C nur selten und knapp überschritten. Auch die Sonne konnte überall fast ungestört vom Himmel scheinen. In Warschau wurden 11 Sonnenstunden, in Berlin und ebenso in München 12 Stunden Sonnenschein gemessen.

 

Bis zum Folgetag begann sich Hoch LEIKI abzuschwächen. Der höchste Druck wurde mit 1025 hPa über der Ukraine registriert. Auch der Einfluss auf Europa schwand rapide, womit deutlich weniger Sonne und teils auch geringere Höchsttemperaturen gemeldet wurden.

Bis zur 00 UTC Bodenanalyse des 17.09. zog Hoch LEIKI weiter unter Abschwächung nach Wolgograd. Der Einflussbereich war vor allem der Süden von Russland bis zum Schwarzen Meer. In Deutschland setzte derweil eine rapide Abkühlung durch die Kaltfront von Tief TIMONA ein. Damit wer der Einfluss von Hoch LEIKI und die spätsommerliche Hitzewelle endgültig vorbei.

 

Am 18.09. kam die Antizyklone LEIKI das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte vor, bevor sie im Verlauf nach Osten abwanderte und somit an den Folgetagen nicht mehr in dem Analysegebiet der Berliner Wetterkarte ausfindig gemacht werden konnte.