Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet LEO

(getauft am 04.04.2018)

 

Auf der Nordhemisphäre spielt die Dynamik und der Verlauf der Polarfront eine entscheidende Rolle für das gesamte Wettergeschehen im europäischen Raum. Diese, theoretisch stationär verlaufende Front, wird durch die Verteilung von Land und Meer, regionalen Temperaturfluktuationen sowie durch die Ablenkung der Westwinde an hohen Gebirgen wie bspw. den Rocky Mountains, zur Ausbildung von Wellen in der mittleren Troposphäre gezwungen, die durch deren Dynamik das Wettergeschehen im Bodenniveau regulieren. Diese troposphärischen Wellen spielen sowohl bei der Ausbildung als auch bei der Verlagerung von Druckgebilden eine besondere Rolle. So befindet sich ein thermisches Druckgebilde als Teil des subtropischen Hochdruckgürtels oftmals über den Azoren, das sogenannte Azorenhoch. Dieses kann sich je nach Großwetterlage bis nach Mitteleuropa verlagern und dort das Wettergeschehen beeinflussen. Ein solches Ereignis zeichnete sich am 04.04.2018 ab, weshalb die Berliner Wetterkarte das Hochdruckgebiet in der Prognose für den Folgetag auf den Namen LEO taufte.

Am 05.04.2018 besaß das beschriebene Hochdruckgebiet zum Analysezeitpunkt um 02 Uhr MESZ, was 00 Uhr UTC entspricht, zwei einzelne Hochs, wobei das Zentrum des Hochs LEO I fast zentral über der Iberischen Halbinsel und Hoch LEO II zentral über der algerischen Küste lag. Beide Antizyklonen besaßen dabei im Zentrum einen Druck von über 1020 hPa und wiesen zu Beginn ein nur sehr kleinräumiges Einzugsgebiet auf, das sich jedoch im Laufe des Tages ausweitete und Richtung Mitteleuropa verlagerte. Dabei wurde es auf der nordöstlichen Seite vom Tiefdruckgebiet HYPATIA und auf der nordwestlichen Seite von Tief ISABEAU flankiert. Durch diese Flankierung konnte sich der Hochdruckeinfluss, der sich typischerweise durch einsetzende Absinkbewegungen und Wolkenauflösung bemerkbar macht, noch nicht im gesamten Einzugsgebiet durchsetzen. Dies galt vor allem für den östlichen Teil des Hochdruckgebiets, der zunehmend unter Einfluss der Kaltfront des Tiefs HYPATIA lag. Deutlich wird die geringe Einflussnahme der Antizyklone LEO auch bei Anbetracht der Sonnenstunden, bei denen selbst auf kleinsten Räumen starke Unterschiede zu beobachten waren. So wurden im Bereich der Iberischen Halbinsel mit weitverbreitet 11 – 12 Stunden und vereinzelt sogar 13 die höchsten Werte registriert. Je weiter in den mitteleuropäischen Raum vorgedrungen wurde, desto geringer wurde jedoch der Anteil an Sonnenstunden, was nicht zuletzt auch daran lag, dass diese Region tagsüber noch unter Tiefdruckeinfluss stand und erst in den Abendstunden dem Einflussbereich der Antizyklone LEO zugeordnet werden konnte. Auf der anderen Seite wurden im Einzugsgebiet, meist im Bereich topographischer Erhebungen, auch geringfügige Niederschlagsmengen von unter 5 mm in einem Zeitraum von 24 Stunden analysiert. Durch Erhebungen dieser Art werden die feuchten Luftmassen entlang des Gebirgszugs zum orographischen Aufstieg gezwungen, wobei es zu Abkühlungs- und Kondensationsprozessen kommt, wodurch geringfügige Niederschläge selbst im Bereich von Hochdruckeinfluss zustande kommen können.

Bis zum 06.04.2018 um 02 Uhr MESZ verlagerte sich die Antizyklone LEO bei Ausweitung des Einflussbereichs und unverändertem Druck in Richtung Mitteleuropa. Zum Analysezeitpunkt bestand Hochdruckgebiet LEO wie tags zuvor auch aus den beiden Hochs LEO I und LEO II, wobei das erste Zentrum nun fast zentral über Deutschland und das zweite Hoch mit Zentrum über Tunesien lag. Im Laufe des Tages verlagerte sich das gesamte Druckgebilde in östliche Richtung, wobei sich der erste Kern bei einer Druckzunahme von 5 hPa letztlich intensivierte. Hoch LEO II verlor im selbigen Zeitraum stetig an Intensität und löste sich schließlich in den Nachmittagsstunden über dem Norden Italiens auf. Durch den antizyklonalen Drehsinn von Hochdruckgebieten wird auf deren westlicher Seite Subtropikluft und auf deren östlicher Seite Polarluft herangeführt. Diese Temperaturgegensätze waren auch rund um das Hoch LEO zu beobachten. So wurde im französischen sowie im spanischen Raum, kurz bevor die ersten Fronten von Zyklone ISABEAU den Raum erfassten, vielerorts die 20°C Marke durchbrochen. Die Tageshöchsttemperatur im europäischen Raum wurde mit 27°C zum einen im spanischen Santander und in Almeria erreicht.  Auf der Ostseite wurden hingegen Subpolare Luftmassen herangeführt, die sich erst über dem Festland sukzessiv erwärmten, sodass in dieser Region die Tageshöchsttemperatur von 15°C nur selten überschritten wurde. Niederschläge wurden wie am Tag zuvor auch nur in erhöhten Lagen registriert oder aber auch vermehrt im portugiesischen und spanischen Raum, da diese Bereiche im Laufe des Tages zunehmend von der Kaltfront der Zyklone ISABEAU erfasst wurden.

Bis zum 07.04.2018 weitete sich das Einflussgebiet der Antizyklone bei unverändertem Druck von ca. 1025 hPa aus und besaß eine Ost–West Komponente von etwa 1700 km und eine Nord–Süd Komponente von etwa 2400 km. Im weiteren Verlauf verlagerte sich das Druckgebilde mit der Höhenströmung in ca. 5,5 km Höhe weiter in östliche Richtung und verstärkte sich in den Abendstunden. Der Schwerpunkt der Sonnenaktivität beschränkte sich an diesem Tag hauptsächlich auf Deutschland, die Schweiz, Polen sowie auf die östlichste Region Frankreichs. Der niedrigste beobachtete Wert in diesen Regionen waren 6 Sonnenstunden in der Gegend um Basel. An den übrigen Standorten überwiegten Sonnenstunden im Bereich von 11–13 Stunden. Bedingt durch die hohe Anzahl an Sonnenstunden stiegen die Temperaturen in den soeben genannten Ländern am stärksten an, wobei in Deutschland, im Vergleich zu den anderen drei Nationen, geringfügig höhere Temperaturen registriert wurden. So wurde in Mannheim mit 25°C die höchste Temperatur an diesem Tag gemessen, während das ostpolnische Resko lediglich 17,5°C vermelden konnte.

Bis zum 08.04.2018 verlagerte sich die Antizyklone LEO mit über 1030 hPa im Zentrum und unter kontinuierlicher Ausweitung seines Einzugsgebiets in östliche Richtung, bis es zum Analysezeitpunkt um 02 Uhr MESZ mit dem Zentrum etwa 200 km südwestlich von Moskau zu verorten war. Die Ost–West Komponente reichte bis weit in den asiatischen Raum hinein und besaß eine Ausdehnung von rund 2700 km. Eine ähnlich große Ausdehnung besaß auch die Nord–Süd Komponente. An diesem Tag ergab sich ein sehr ähnliches Bild zum Vortag, wobei in Deutschland, Polen und der Schweiz gleichermaßen hohe Sonnenstunden und Temperaturen gemessen wurden. Darüber hinaus profitierten jedoch auch die Länder von Tschechien über Serbien bis nach Griechenland vom Einfluss der Antizyklone LEO. In diesen Regionen wurde in einigen Ortschaften die Schwelle für einen Sommertag überschritten, wofür eine Tageshöchsttemperatur von 25°C benötigt wird. Dies war z.B. im serbischen Leskovac sowie Loznica der Fall. In südlicheren Regionen wie Albanien und Griechenland nahmen die Höchsttemperaturen stetig zu und 25°C wurden immer häufiger registriert. Bedingt durch die niedrigen Regenmengen der vergangenen Tage und die dadurch entstehenden trockenen Bedingungen, kam es im Bereich der Adriatischen Küste vereinzelt auch zu kleinräumigen Brandherden.

Bis zum 09.04.2018 strömte das Hochdruckgebiet LEO bei unverändertem Druck mit der Höhenströmung in südöstliche Richtung. Zum Analysezeitpunkt von 02 Uhr MESZ befand es sich etwa zentral über Wolgograd. Auch an diesem Tag ergab sich in Anbetracht der Sonnenstunden ebenfalls eine ähnliche Konstellation wie am Tag zuvor, nur verschob sich der Schönwetterbereich stetig mit der Antizyklone LEO in Richtung Osten und in weiten Teilen Frankreichs sowie im Westen Deutschlands bestimmte zunehmend die Zyklone ISABEAU das Wettergeschehen. Dabei sorgt der Hochdruckeinfluss im Osten und der Tiefdruckeinfluss im Westen Europas für eine südliche Strömung, die verstärkt subtropische Luftmassen heranführten und in weiten Teilen Osteuropas für Tageshöchsttemperaturen um 25°C sorgten. An diesem Tag wurden maximal 27°C erreicht. So z.B. in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und in Serbien.

Zum Folgetag verlagerte sich der Hochdruckkomplex zunehmend in östliche Richtung, bis er zum Analysezeitpunt um 02 Uhr MESZ mit einem maximalen Druck von knapp über 1030 hPa etwa 400 km östlich von Wolgograd lag. Der Schönwetterbereich mit mehr als 10 Sonnenstunden erstreckte sich an diesem Tag vom äußersten Osten Deutschlands sowie Polen über Ungarn bis in die Türkei. Vor allem im Bereich der Türkei sorgte die hohe Sonneneinstrahlung im Tagesverlauf für eine extreme Erwärmung der Erdoberfläche, um in den Abendstunden lokale Sommergewitter auszulösen, in deren Einflussbereich die Niederschläge schauerartig verstärkt auftraten.

Am letzten Tag zog Antizyklone LEO weiter in Richtung Ural, bis sie zum Zeitpunkt der Analyse schließlich mit einem Druck von knapp über 1025 hPa etwa zentral über der russischen Ortschaft Orenburg lag. Mit zunehmender Entfernung vom europäischen Festland schwand der Einfluss auf das Wettergeschehen und andere Drucksysteme bestimmten die Witterungen an diesem Tag. Sommerliche Temperaturen wurden zu diesem Zeitpunkt lediglich in Teilen Serbiens und in einer Handvoll rumänischer Ortschaften erreicht, so z.B. auch in Calarasi, Bukarest und Rimnicu.

Da durch das Vordringen der Antizyklone LEO in den asiatischen Raum der Kartenausschnitt der Berliner Wetterkarte verlassen wurde, konnte diese am folgenden Tag nicht mehr auf den Karten namentlich erwähnt werden.