Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet LISBETH

(getauft am 08.10.2019)

 

Die Geschichte von Hoch LISBETH beginnt bereits in den ersten Oktobertagen des Jahres 2019. Zu diesem Zeitpunkt befand sich über dem Südosten der USA, im Bereich der mittleren Troposphäre, also zwischen 3 und 6 km Höhe, ein beständiges Hochdruckgebiet. Infolge eines Warmluftvorstoßes konnte sich dieses am 04. und 05. Oktober über die "Great Plaines" und Großen Seen bis nach Kanada und zur "Hudson Bai" ausweiten. Dieser Prozess hatte auch Einfluss auf das Bodendruckfeld, hier bildete sich ebenfalls eine Hochdruckzelle aus, die mit der Höhenströmung sich langsam in Richtung Nordwestatlantik bewegte.

Am Morgen des 06. Oktober fand sich die Antizyklone erstmals im Ausschnitt der Berliner Wetterkarte wieder, mit Zentrum über Boston, wo um 00 Uhr UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, ein Luftdruck von gut 1030 hPa gemessen wurde. Die Zelle verlagerte sich in den folgenden Stunden und Tagen ostwärts über den Nordatlantik in Richtung des Europäischen Kontinents. Schließlich war absehbar, dass das Hoch auch Einfluss auf das Wetter in Süd- und Mitteleuropa nehmen würde, so wurde es am 08.10. auf den Namen LISBETH getauft. An jenem Tag dehnte sich die Antizyklone etwa 1500 km in Nord-Südrichtung und circa 5000 km in Ost-Westrichtung quer über den subtropischen Nordatlantik aus.

Über dem europäischen Festland machte sich Hoch LISBETH erstmals im Laufe des 09. Oktober bemerkbar. Nachdem ein Tiefausläufer Portugal und Spanien mit dichten Wolkenfeldern überquert hatte, sorgte steigender Luftdruck über der Iberischen Halbinsel an jenem Tag für teils schon freundliches, wolkenarmes Wetter.

Dieses konnte sich tags drauf, begünstigt durch das keilförmige Vordringen von Hoch LISBETH, in Richtung Südwesteuropa ausbreiten. Hier stieg der Luftdruck auf über 1020 hPa an. Dabei registrierten die Wetterstationen um oder knapp über 10 Stunden Sonne und in der herantransportierten, erwärmten Meeresluft stiegen die Temperaturen meist auf 22-24°C. Beispielsweise wurden in Saragossa bei 10 Sonnenstunden Temperaturen von 24°C erreicht, ähnlich wie in Marseille, wo die Sonne sogar noch 1 Stunde länger schien und 23°C gemessen wurden. Das freundliche Herbstwetter konnte sich bis zu den Alpen, genauer der Alpensüdseite ausdehnen, wenngleich die Temperaturen etwa in Südtirol und im Tessin, aufgrund der Gebirgsnähe nicht in die Nähe der 20°C-Marke kamen. Immerhin wurden in Bozen bei 8 Sonnenstunden 19°C als Höchsttemperatur gemessen.

Durch weiteren Luftdruckanstieg über Südeuropa bildete sich bis zum Tagesende ein neuer Schwerpunkt des Hochs über dem westlichen Mittelmeer und dem Alpenraum heraus, während das ursprüngliche Zentrum über den Azoren verblieb, aber schwächer wurde. Nachts wirkte Hoch LISBETH II bis nördlich der Alpen. Hier verschwanden die kompakten Wolken eines Tiefausläufers, wodurch die Temperaturen in Bayern, aber auch Österreich oder in der Schweiz vielfach um oder unter 5°C sanken. In der wolkenreichen Vornacht hatten sie meist noch bei über 10°C gelegen. Örtlich konnte sogar leichter Bodenfrost beobachtet werden, wie etwa in Ingolstadt oder Oberstdorf mit -1°C.

Am folgenden 11. Oktober konnte sich die Hochdruckzelle über Südeuropa weiter kräftigen, während sie vom Ostatlantik verschwand. Genauer verlagerte Hoch LISBETH II ihren Schwerpunkt in Richtung Südosteuropa. So befand sich das Zentrum um 12 Uhr UTC bereits über dem Karpatenbecken, wo nach Analyse des britischen MetOffice der Luftdruck bei knapp über 1025 hPa lag. Damit dehnte sich die Schönwetterzone weiter ostwärts aus. Viel Sonnenschein gab es demnach zwischen Iberischer-, Appenninnen- und Balkan-Halbinsel und nordwärts über den Alpenraum hinaus. Die Temperaturen erreichten je nach Region über 20°C in weiten Teilen Frankreichs, Italiens, aber auch den ehemaligen Staaten Jugoslawiens, 25-30°C gab es vor allem in Spanien, aber auch in Sardinien, Süditalien, sowie Albanien und Griechenland.

Aber selbst bis nach Deutschland hatte Hoch LISBETH positiven Einfluss. Vor allem südlich der Donau gab es viel Sonnenschein, etwa 10 Stunden in München, nachdem tags zuvor noch viele Wolken nur gelegentlich Sonne zuließen (3-4 Stunden). Hier erwärmte sich die Luft maritimen Ursprungs, die mit dem Hoch herangeführt wurde, nahe an 20°C, entlang des Oberrheins und des Schwarzwaldes auch knapp darüber.

Am sich anschließenden Tag konnten dann auch die östlichen Teile Mitteleuropas von der Antizyklone profitieren, die sich mit Zentrum weiter ostwärts zum Schwarzen Meer verlagerte. Neben Polen, Tschechien und der Slowakei, wo die Sonne vielfach die für diese Jahreszeit astronomisch mögliche Dauer von 11 Stunden schien, zeigte sie sich auch in den östlichen und südöstlichen Teilen Deutschlands 8-10 Stunden lang. In Dresden konnte mit exakt 25,0°C sogar noch einmal ein echter Sommertag erreicht werden, legt man die offizielle, meteorologische Definition zu Grunde.

Über 25°C und damit spätsommerliches Wetter herrschte auch rund um die Ägäis, der südlichen Adria, sowie dem südlichen Balkan. In Sarajevo und Belgrad wurden beispielsweise bis zu 25°C gemessen, im albanischen Tirana, wie auch in Athen bis zu 28°C, dabei trübten kaum Wolken den blauen Himmel.

Die vielfach sternenklaren Nächte zwischen dem 12. und 14.10. gestalteten sich über Südosteuropa, im Bereich des Zentrums der Antizyklone, mitunter herbstlich kühl. Vor allem über den Alpen, den Karpan und dem Balkangebirge sanken die Temperaturen teils unter 5°C, wie etwa im serbischen Pozega, in der Nacht zum 13. Oktober. Dagegen blieb es in Mittelmeernähe und hier vor allem rund um die Ägäis sehr mild, mit Minima zwischen 15°C und 20°C. In Rhodos ging die Temperatur beispielsweise in selbiger Nacht kaum auf 22°C zurück.

Unterdessen befand sich Hoch LISBETH in den Frühstunden des 13. Oktober mit Schwerpunkt bereits über dem Kaukasus, entfernte sich jedoch in den folgenden Stunden und Tagen langsam nach Vorder- bzw. Zentralasien. Dies hatte zunächst noch keine größeren Effekte für das Wetter über Europa, denn am 13. und 14.10. reichte der Einfluss des Hochs weiterhin über Südosteuropa hinaus bis zur Italienischen Halbinsel und ins östliche Mitteleuropa. So hielt sich beispielsweise in Wien an jenen zwei Tagen recht konstant ein Luftdruck von rund 1020 hPa. Dazu passend zeigen Satellitenbilder jenes Tages kaum oder nur wenig Wolken zwischen Ukraine und Griechenland, sowie zwischen Alpenraum und Türkei.

Gerade über dem südlichen und östlichen Balkan sorgte das anhaltende, sonnenscheinreiche Hochdruckwetter für ein paar weitere Spätsommertage. Im mazedonischen Skopje etwa erreichten die Temperaturen an fünf aufeinanderfolgenden Tagen, ab dem 13.10. um oder knapp über 28°C. Von der ursprünglich mit dem Hoch herangeführte Luft, maritim subpolaren Ursprungs war damit nicht mehr viel übrig. Aufgrund von Durchmischung und Erwärmung hatte sich über Südosteuropa eine kontinentale, subtropische Luftmasse herausgebildet.

Am Morgen des 15.10. konnte Hoch LISBETH letztmalig in der Berliner Wetterkarte analysiert werden. Das Zentrum lag zu diesem Zeitpunkt mit etwas über 1030 hPa bereits außerhalb des Ausschnitts in Kirgistan und Usbekistan. Über Südosteuropa hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Luftdruckfall eingesetzt, so zog sich die Hochdruckzelle noch im Tagesverlauf rasch aus Europa auf den asiatischen Kontinent zurück. Aufkommende Niederschläge am 15. und 16.10. über dem östlichen Mittelmeerraum sind stille Zeugen dieses Prozesses.