Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet LUTZ

(getauft am 29.09.2014)

 

Die Großwetterlage Ende September 2014 wurde in Europa bestimmt durch einen Höhenkeil, also einem Warmluftvorstoß nach Norden, im 500-hPa-Niveau. Dieser lag mit seiner Achse über dem Mittelmeer und Mitteleuropa und wurde aus Westen von einem Trog gefolgt, bei welchem kalte Luftmassen nach Süden vordringen. Die Windströmung für Mitteleuropa war überwiegend südwestlich. Am Boden lag dabei ein Hochdruckgebiet über Südosteuropa mehreren kleinen Tiefdrucksystemen über Skandinavien und Westeuropa gegenüber. Am 29. September wurde für den folgenden Tag die Entwicklung eines neuen Hochs über Norwegen prognostiziert und auf den Namen LUTZ getauft.

Die Antizyklone LUTZ befand sich zum Nachttermin des 30. Septembers um 00 Uhr UTC, also 02 Uhr MESZ, über Südskandinavien. Der Kern besaß etwa einen Druck von 1027 hPa. Das Zentrum bewegte sich im Laufe des Tages der Westströmung folgend bis über den Bottnischen Meerbusen zwischen Finnland und Schweden. In der Höhenkarte dieses Tages sah man die Verstärkung eines Keils mit Achse von der Nordsee bis Grönland, welcher die Windströmung auf seiner Vorderseite auf Nordwest lenkte. Da die Luft antizyklonal, also im Uhrzeigersinn, um den Hochdruckkern LUTZ am Boden rotierte, wurde damit über Nordosteuropa polare bis arktische Luft Richtung Süden transportiert. Als Folge dessen sanken die Höchsttemperaturen stark ab. An der Station in Kikala in Finnland beispielsweise fielen die Temperaturen von milden 15,5°C auf 11,3°C. Vielerorts kam es auch zu Bodenfrost. Die allgemeine Absinkbewegung der Luft im Bereich der Hochdruckzone LUTZ sorgte für Wolkenauflösung und ganztägigen Sonnenschein.

Im Laufe des 1. Oktober zog Hoch LUTZ mit seinem Kern weiter Richtung Südosten über das Baltikum. Dabei verstärkte sich der Kerndruck auf über 1030 hPa und die Ausdehnung reichte bis zum Nachttermin des Folgetages vom Schwarzen Meer bis Finnland und vom Osten Polens bis nach Moskau. Auf der Vorderseite des dazugehörigen Höhenkeils mit Achse über der Ostsee und Skandinavien wurden weiterhin polare bis arktische Luftmassen nach Süden bis zum Schwarzen Meer geführt. Die Temperatur stieg dabei im Raum östlich von Moskau nur noch auf Werte um 5°C. Moskau selbst meldete eine Maximaltemperatur von 6°C, da der Einfluss der Antizyklone LUTZ nicht ausreichte, um die hochnebelartigen Strukturen in dieser Region aufzulösen. So gab es vielerorts keine Sonneneinstrahlung. Etwa 800 km weiter westlich im Zentrum der Hochdruckzone LUTZ schien währenddessen beispielsweise an der Station in Riga 9,1 Stunden lang die Sonne. Der Höchstwert der Temperatur betrug hier 13°C. Nachts kühlte es aufgrund der fehlenden Wolken im Einflussbereich von Hoch LUTZ jedoch stark aus. So trat in Weißrussland unter dem Schwerpunkt des hohen Druckes leichter bis mäßiger Frost bis -6°C auf.

Im Verlauf des 2. Oktobers dehnte sich die Hochdruckzone mit Zentrum über Weißrussland weiter aus und umfasste nun mit ihrem Einfluss auch Westpolen und Teile der Karpaten. Zwischen dem Hoch MARIO über dem Südwesten Deutschlands und der Antizyklone LUTZ bildete sich bereits an den Tagen zuvor eine Luftmassengrenze aus, welche nun von Schweden über Polen und die Ukraine bis zum Schwarzen Meer verlief. Der Temperaturgradient an dieser Front war dabei relativ stark. Zwischen polarer Luft in Kharkiv und subpolarer Luft über Odessa bestanden beispielsweise 5,3 Grad Differenz zwischen den maximalen Temperaturen. Die beiden ukrainischen Städte liegen immerhin nur etwa 500 km auseinander.

In der Nacht zum 3. Oktober befand sich das Hoch LUTZ weiterhin quasistationär über Weißrussland und sorgte in diesem Gebiet wieder für Bodenfrost bis -5°C. Währenddessen begann sich der Trog über Russland nach Südwesten vorzuschieben, was eine beginnende Abschwächung des Bodenhochs LUTZ zur Folge hatte. So verringerte sich die Ausdehnung des Kernbereichs mit etwa 1030 hPa im Laufe des Tages auf ungefähr 300 km. Auch der Temperaturgradient war mittlerweile nicht mehr so stark ausgeprägt. Zwischen Odessa und Kharkiv wurden nur noch 0,9 Grad als Differenz der Tagesmaxima registriert. Tagsüber erwärmte sich die mittlerweile gealterte und nun trockenere Luft bei anhaltendem Sonnenschein in der Hochdruckzone LUTZ bis 15°C oder sogar darüber. Ein Teil dieser trockenen Polarluft gelangte in der Nacht zum 4. Oktober von Südosten her auch in die Lausitz, so dass die Temperatur in Görlitz und Hoyerswerda bis 4°C zurückging.

Ein im Höhenkeil eingelagertes Höhenhoch begann sich bis zum 04. September über Finnland von der Hauptströmung abzuspalten. Dadurch wurde dort am Boden ein neues Hoch generiert, während der Kern von Hoch LUTZ mit etwa 1023 hPa nach Süden über die Ukraine und Rumänien zog. Dort sorgte die allgemeine Absinkbewegung noch einmal großräumig für 9 Stunden Sonne, wie beispielsweise 8,7 Stunden an der Station in Shepitivka ca. 100 km westlich von Kiew.

Am 5. Oktober löste sich das Hoch LUTZ im Tagesverlauf schließlich vollständig auf und war nicht mehr wetterwirksam. So legte das Hoch auf der Vorderseite eines starken Höhenkeils an 7 Tagen insgesamt etwa 2500 km von Skandinavien bis Rumänien zurück und sorgte dabei für den Transport von polarer Luft nach Süden und für sonnige Herbsttage in Osteuropa.

 


Geschrieben am 09.11.2014 von Jannick Fischer

Berliner Wetterkarte: 02.10.2014

Pate: Lutz Breitenbach