Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet MANFRED

(getauft am 14.09.2020)

 

In der Analyse der Bodenwetterkarte vom 13.09.2020 konnte ein Hochdruckgebiet über dem Grenzbereich der USA und Kanada bei Nova Scotia als Gegenspieler zu den Tiefdruckzentren RENATE I vor Island und SASKIA, nördlich von Irland, ausfindig gemacht werden.

Das Gebiet hohen Luftdrucks manifestierte sich an dem darauffolgenden Tag auf einen Kerndruck von etwas mehr als 1025 hPa und verblieb zunächst über dem westlichen bis mittleren Atlantik. Da es mit der westlichen Höhenströmung weiter über den Atlantik ostwärts in Richtung Europa gelangen wird, entschieden sich die Meteorologen der Berliner Wetterkarte dafür die Antizyklone noch am 14.09.2020 in der Prognose für den nächsten Tag auf den Namen MANFRED zu taufen.

Auf der Analysekarte vom 15.09.2020 ist aufgrund einer sogenannten „blockierenden Wetterlage“ kaum eine Änderung des Zentrumdruckes, als auch in der Positionierung der Antizyklone MANFRED zu verzeichnen. Die nordhemisphärische Herbstzeit in der die sogenannte Westwindwetterlage wiederholt, wie an einem Fließband, Tiefdruckgebiete nach Europa schickt, wurde durch ein Tiefdruckkomplex zwischen dem europäischen Festland sowie dem Hoch MANFRED über dem Atlantik vorübergehend blockiert und unterbrochen. Das Gebiet hohen Luftdrucks verharrte dementsprechend weiterhin über dem Atlantik knapp südlich des 60. Breitengrades bis südlich des 40. Breitengrades, also geographisch in seiner Nord-Süd-Ausdehnung etwa von der Nordspitze Schottlands bis zur Südspitze der Iberischen Halbinsel, außerdem etwa vom 50. bis zum 30. Längengrad.

Da die, sich bereits in einem Endstadium befindliche, Zyklone weiterhin einen blockierenden Charakter aufwies und sich nachfolgend zum Hochdruckgebiet MANFRED weitere Tiefdruckzentren mit ihren Fronten sowie Hurrikans (PAULETTE und SALLY) ankündigten, verlagerte sich die Antizyklone MANFRED auf der Analysekarte vom 16.09.2020 weiter nordostwärts. Das Gebiet hohen Luftdrucks erstreckte sich nun etwa von Island bis nach Nordschottland. Erkennbar wurde diese Verlagerung an der Luftdruckänderung an der Station Höfn im Südosten Islands. Innerhalb von 24 Stunden, vom 15.09. um 00 UTC bis zum 16.09. um 00 UTC stieg der Luftdruck um +7,5 hPa von 1017,7 hPa auf 1025,3 hPa. Die Abkürzung UTC steht hierbei für Universal Time Coordinated und beschreibt die koordinierte Weltzeit, von der ausgehend die verschiedenen Zeitzonen berechnet werden. Das gleiche Bild wie an der Station Höfn zeichnete sich auch an der Station Wick in der gleichnamigen Hafenstadt an der nordöstlichen Küste Schottlands ab. Dort machte sich das Hochdruckgebiet MANFRED im gleichen Zeitraum bereits vorlaufend mit einem Luftdruckanstieg um +6,7 hPa von 1014,8 hPa auf 1021,5 hPa bemerkbar.

Die Analysekarte vom 17.09.2020 zeigt im Vergleich zu den vorangegangenen Tagen eine deutliche Zunahme der atmosphärischen Dynamik über Nord- und Mitteleuropa. Die Antizyklone MANFRED intensivierte sich auf einen Zentrumsdruck von mehr als 1030 hPa und verlagerte sich etwas weiter südöstlich in den unmittelbaren zentraleuropäischen Raum, dort konnte das Hoch nun vollends seine Position festigen. Das Zentrum befand sich dabei über dem Nordmeer, etwa zwischen der Nordostküste Großbritanniens und der Südwestküste Norwegens, dabei erstreckte sich das Gebiet hohen Luftdrucks südwestlich von Irland und Großbritannien über die Nordhälfte Deutschlands bis über die Ostsee, Schweden und Norwegen bis knapp zum 70. Breitengrad. Über Nordeuropa bildete es damit den Gegenspieler zum Tiefdrucksystem TIMONA mit Kern über Finnland und dem Baltikum. Für Deutschland bedeutete diese Kombination und Positionierung der beiden Druckgebiete eine antizyklonal geprägte, nordwestliche Anströmrichtung und damit wettertechnisch eine Zweiteilung: Im Süden Deutschlands dominierte noch die sich weiter abschwächende Kaltfront des Tiefs TIMONA, ausgehend vom Zentrum über Finnland. Die sich dort befindliche, feuchte Luftmasse und das erhöhte Temperaturniveau von 21°C bis 28°C mündeten, besonders südlich der Donau, in einzelne, lokal markante Gewitter. Die Station „Meuhldorf am Inn“ vermeldete um 04 UTC beispielsweise ein leichtes oder mäßiges Gewitter mit Niederschlag. Im Norden und besonders im Nordosten sickerte hinter der soeben beschriebenen Kaltfront rasch kühlere Meeresluft ein. Hier ergab sich, dass am Vortag in Berlin und Brandenburg noch fast flächendeckend die 30-Grad-Marke erreicht wurde, es jedoch 24 Stunden später für kaum mehr als 20°C reichte. An der Station Klettwitz im Süden Brandenburgs wurde sogar eine 24-stündige Temperaturabnahme von -12,0 Kelvin registriert. Die Temperaturdifferenzen zweier Celsiustemperaturen werden hierbei üblicherweise in Kelvin (K) angegeben.

Während sich das Tiefdruckgebiet TIMONA auf der Analysekarte vom 18.09.2020 schließlich weiter ostwärts zog, verlagerte sich auch das Hochdruckgebiet MANFRED weiter südostwärts, dabei verblieb das Hochdruckzentrum weiterhin bei mehr als stattlichen 1030 hPa und befand sich etwa über Dänemark und der Nordhälfte Deutschlands. Das Gebiet hohen Luftdrucks erstreckte sich dabei etwa westlich von Großbritannien und Irland über den nahen Ostatlantik, diagonal über Deutschland bis knapp nach Bulgarien und dem Schwarzen Meer. Resultierend aus dem Luftdruck und der vergleichsweise trockenen Luft gab es sowohl in Deutschland, als auch in der Schweiz häufig strahlend blauen Himmel. Während eine Station in der Schweiz, auf dem Gipfel Ebenalp, an diesem Tag mit insgesamt 11,9 Sonnenstunden den Spitzenreiter bilden konnte, war es in Deutschland die Station Hiddensee-Dornbusch mit sogar 12,2 Stunden Sonnenschein. Zudem wurden nochmals spätsommerliche Höchstwerte von rund 25°C erreicht, da die Sonne die Luft über den Tag hinweg ungestört aufwärmen konnte.

Am Tag darauf, den 19.09.2020 weitete sich das bereits großräumige Hochdruckgebiet MANFRED noch deutlicher aus und wurde auf der Karte der Berliner Wetterkarte mit zwei Hochdruckteilzentren betitelt, MANFRED I und MANFRED II. Während MANFRED I über der Nordsee lokalisiert wurde, konnte die zweite Antizyklone MANFRED II knapp südlich des 50. Breitengrades ausgemacht werden, beide jeweils mit einem nur etwas abgeschwächten Zentrumsdruck von etwas mehr als 1025 hPa. Das ausgreifende Gebiet hohen Luftdrucks von MANFRED I und MANFRED II sorgte allgemein über mehrere Tage hinweg für sehr windschwache Verhältnisse. So wehte der Wind in einem breiten Streifen von Deutschland und der Schweiz bis zum Schwarzen Meer häufig kaum mehr als 17 km/h schnell, dies entspricht 3 Beaufort und der Bezeichnung: “schwache Brise“. Gebietsweise blieb es auch komplett windstill.

Auf der Analysekarte vom 20.09.2020 weiteten die beiden Hochdruckteilzentren MANFRED I und MANFRED II ihren Einfluss auf Nord- und Osteuropa noch weiter aus. Das Gebiet hohen Luftdrucks erstreckte sich ausgehend von den Britischen Inseln in einem weiten Bogen über die Ostsee bis zum Schwarzen Meer, als auch nach Westen bis weit über den Atlantischen Ozean. Die beiden Antizyklonenschwestern, nun etwa 1000 Kilometer voneinander entfernt, wiesen zu diesem Zeitpunkt einen Zentrumsdruck von 1020 hPa und 1025 hPa auf, dabei befand sich das Teilzentrum MANFRED I unverändert stationär über der Nordsee und das Teilzentrum MANFRED II über dem Nordwesten der Ukraine, etwa 300 km nördlich der Karpaten. Für weite Teile Europas, insbesondere für das Dreigestirn Deutschland, Polen und Tschechien blieb die südöstliche Anströmrichtung mit vergleichsweise trockener Landluft weiterhin erhalten.

Die dadurch häufig fehlende Bewölkung resultiert zu diesem Zeitpunkt zwar in eine ungehinderte Erwärmung der Luft auf Höchstwerte von oft mehr als 20°C, jedoch wurde bei oftmals sternenklarem Himmel die Wärme in der Nacht ungehindert wieder ausgestrahlt, sodass die Tiefstwerte am nächsten Morgen bei bitterkalten Werten von häufig unter 5°C lagen. Da kalte Luft weniger Feuchtigkeit tragen kann, kondensierte diese am und um den 20.09.2020 auch gebietsweise aus und die kleinen Tröpfchen wurden als feuchter Dunst oder Nebel registriert. So auch zum Beispiel an der polnischen Station Chojnice, die eine nächtliche Tiefsttemperatur von lediglich 3,3°C registrierte und an diesem Morgen Nebel verzeichnete.

 

Am 21.09.2020 wurden die beiden Hochdruckteilzentren MANFRED I und MANFRED II wieder zu einem Hochdruckgebiet zusammengefasst. Das Hochdruckzentrum wurde mit etwa 1025 hPa nördlich des Schwarzen Meeres auf dem 50. Breitengrad und dem 30. Längengrad verortet. Das Gebiet hohen Luftdrucks hatte ähnlich wie das zu Beginn beschriebene Tiefdruckgebiet vor dem nahen Ostatlantik einen blockierenden, ja einnehmenden Charakter angenommen, sodass selbst die Zugbahn des ehemaligen Sturmtiefs Ex-SALLY mit ihrem Frontensystem weiter in den Norden verschoben wurde.

Jedoch zeichnete sich schließlich auf der Analysekarte vom 22.09.2020 bei dem Hochdruckgebiet MANFRED erstmalig eine Abschwächung ab. Zwar konnte das Zentrum, noch mit einem stattlichen Luftdruck von etwas mehr als 1020 hPa, seine Position knapp nördlich des Schwarzen Meeres beibehalten, jedoch wurde der ehemals stark ausgreifende Hochdruckeinfluss über weiten Teilen Nordeuropas bis über den Atlantik hinein nun abgelöst.

Auch am 23.09.2020 wurde das Gebiet hohen Luftdrucks von MANFRED weiter verkleinert und schlussendlich an den Kartenrand der Berliner Wetterkarte verdrängt. Zwar verblieb der Zentrumsdruck von Hoch MANFRED weiterhin hartnäckig bei etwas mehr als 1020 hPa, jedoch konnte an dem darauffolgenden Tag für den unmittelbar zentraleuropäischen Raum keine relevante Wetterwirksamkeit mehr festgestellt werden.

Das Hochdruckgebiet MANFRED konnte nach seiner Entstehung über dem Atlantischen Ozean eine stattlichen Lebensdauer von insgesamt 9 Tage mit einem vorübergehend maximalen Zentrumsdruck von mehr als 1030 hPa aufrecht erhalten und so das Wetter in vielen Regionen Europas maßgeblich prägen und beeinflussen. Zwischenzeitlich spaltete es sich sogar in zwei Hochdruckteilzentren auf und konnte so den Einflussradius sogar noch etwas erweitern.