Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
MARTIN
(getauft am
09.04.2018)
Am 08. April
dominierten drei Druckgebiete das Wettergeschehen in Europa. Zum einen befand
sich das Hoch LEO über Weißrussland, zum anderen lag über dem Mittelatlantik
ein umfangreiches, unbenanntes Hochdruckgebiet mit einem Druck von knapp über
1035 hPa. Dazwischen positionierte sich das Tief ISABEAU über den Britischen
Inseln. Aufgrund der Drehrichtungen der Druckgebilde – Hochs im Uhrzeigersinn
und Tiefs gegen den Uhrzeigersinn – konnte rückseitig des Tiefs ISABEAU sowie
an der Nordostflanke des Atlantikhochs von Grönland aus arktische Kaltluft nach
Süden in Richtung Island fließen. Da kalte Luft schwerer ist als warme Luft,
kann sich diese in Bodennähe ansammeln. Durch das höhere Gewicht herrscht nun
am Boden ein höherer Luftdruck. Nach diesem Prinzip bildete sich das
Druckgebiet MARTIN als sogenanntes kaltes Bodenhoch über dem östlichen Grönland
aus, das in der Analyse des 09.04. getauft wurde. Die Antizyklone MARTIN befand
sich mit dem Zentrum und einem Druck von etwas unter 1020 hPa über dem
östlichen Island. Dementsprechend lagen die Tiefstwerte in Island bei klarem
Himmel an den Küsten am Morgen des 9. Aprils zwischen +3 und -3°C, wie
beispielsweise +3,1°C in Reykjavik. Im Bergland sank die Temperatur auf bis zu
-11°C, wie im 639 m Höhe gelegenen Karahnjukar mit
-10,8°C. Im Tagesverlauf verlagerte sich Hoch MARTIN nach Osten, sodass sich
wie in Island auch in Mittelnorwegen und Nordschweden anhaltender Sonnenschein durchsetzte. Die Temperaturen erreichten in der maritimen
Arktikluft gerade einmal 0 bis 6°C. Am kältesten blieb es im nördlichen
Schweden, dort verhinderte die noch vorhandene Schneedecke von 30 bis 90 cm
eine weitere Erwärmung der Luft, im Bergland stellte sich sogar Dauerfrost von
-5 bis -1°C ein. Am wärmsten wurde es im westlichen Island, da dort die
Strömung bereits auf Südost drehte, sodass es mit 6,2°C in Reykjavik am
wärmsten wurde.
Zum 10. April
um 01 Uhr MEZ bildeten sich zwei Hochdruckzentren aus. Ein Zentrum lag
unverändert ca. 600 km östlich von Island, das zweite Zentrum positionierte
sich über Mittelschweden nahe Östersund. Der Druck
stieg geringfügig an auf ca. 1023 hPa. Im weiteren Tagesverlauf verstärkte sich
die Antizyklone MARTIN, sodass sich der Einflussbereich deutlich vergrößerte.
Er reichte von Nordbayern bis zum Nordkap, sowie von Island bis Helsinki. In
diesem Gebiet setzte sich sonniges Wetter mit 8 bis 12 Sonnenstunden durch. So
gab es in Berlin-Tegel und Hamburg-Veddel 11,0
Sonnenstunden und knapp 12,5 Stunden Sonne in Dresden. Nach Süden hin nahm der
Hochdruckeinfluss ab, dennoch reichte es südwestlich einer Linie Köln-München
noch für 1 bis 7 Sonnenstunden. Eine deutliche Ausnahme stellte der
Küstenbereich der Ostsee dar. Durch die Position des Zentrums gab es dort Wind
aus nordöstlicher Richtung. Damit wurde feuchte und kalte Luft von der See
heran geweht, welche zu diesem Zeitpunkt nur 3 bis 5°C Wassertemperatur maß.
Somit blieben die Höchstwerte teils deutlich einstellig, am kältesten blieb es
in Göhren auf Rügen mit gerade einmal 3,3°C als Höchstwert.
Dazu gab es keinen Sonnenschein und stürmischen Nordostwind. In Böen erreichte
der Wind teils Stärke 9 bis 10 auf der Beaufort-Skala, wie auf Fehmarn mit 80
km/h und Hiddensee mit knapp 94 km/h. Grund für diese Winde war der
Druckausgleich zwischen Hoch MARTIN und Tief JOI über Irland. Mit jedem
Kilometer von der Küste weg erwärmte sich die Luft in der kräftigen Aprilsonne
rasch. So vermeldete Greifswald nur 6,0°C, Rostock 13,5°C, Schwerin 16,4°C,
Perleberg in der Prignitz bereits 21,8°C und bis zu 25,8°C in Brandenburg an
der Havel. Einige Orte vom Harz bis zur Oder überschritten die 25°C-Marke und
erreichten somit einen Sommertag. Dies stellte in ganz Europa die höchsten
Temperaturen dar, selbst in Madrid war es unter Tiefdruckeinfluss mit 6,8°C deutlich
kälter. Berlin-Dahlem erreichte mit 24,7°C zwar keinen Sommertag, aber diese
Temperatur stellte in den 110 Jahren der kontinuierlichen Wetteraufzeichnungen
die höchste je gemessene Temperatur an einem 10. April dar. Im restlichen
Einflussgebiet erreichten die Höchstwerte 5 bis 12°C, in Nordschweden und in
Finnland 2 bis 5°C.
Am 11. April
um 01 Uhr MEZ konnte Hoch MARTIN weiterhin mit zwei Zentren nahe Stockholm und
Helsinki und mit einem erhöhten Druck von ca. 1032 hPa analysiert werden. Der
Einflussbereich verkleinerte sich aber, da Fronten des Tiefs JOI und eine
langgestreckte Okklusionsfront, die Vereinigung von Kalt- und Warmfront, eines
Tiefs nahe dem Ural das Hoch nach Norden abdrängten. So wurde nur noch der
äußerste Nordosten Deutschlands, Nordpolen, die Baltischen Staaten,
Skandinavien und Nordwestrussland beeinflusst. Bei weiterhin frischem Wind
konnte sich aber im Vergleich zum Vortag die Sonne 2 bis 8 Stunden durchsetzen.
Spitzenreiter war Kap Arkona mit 7,9 Sonnenstunden. Erneut blieb es mit dem
Nordostwind sehr kalt, die Höchstwerte lagen bei 4 bis 7°C mit dem kältesten
Maximum von 4,0°C in Göhren/Rügen und auf Fehmarn. Im
übrigen Einflussbereich setzte sich bei Werten von 1 bis 11°C das sonnige
Wetter mit rund 10 Sonnenstunden fort. In Kombination mit der noch vorhandenen
Schneedecke von Mittel- über Nordschweden bis Nordfinnland und der
windschwachen Nacht konnte es sich stark auskühlen. Die Messgeräte
registrierten dort verbreitet zweistellige Minusgrade von -10 bis -20°C. Am
kältesten wurde es im nordschwedischen Buresjon mit
-21,2°C. Selbst in Stockholm reichte es mit -5,1°C für mäßigen Frost. In
Helsinki wärmte die 2 bis 4°C warme Ostsee etwas – hier wurden -1,8°C gemessen.
Am 12. April
um 01 Uhr MEZ befand sich Hoch MARTIN mit seinen Zentren über Mittelnorwegen
und nahe Moskau. Der Druck blieb mit etwas über 1030 hPa konstant. Nach Abzug
der Fronten des Tiefs JOI vergrößerte sich der Einflussbereich wieder, sodass
ganz Deutschland davon profitierte. Am meisten Sonne setzte sich von Sylt über
Hamburg, Berlin bis zur Oberlausitz durch. Am sonnigsten war es auf Hiddensee
mit 10,8 Sonnenstunden. Ansonsten konnten in Deutschland 5 bis 9 Stunden Sonne
gemessen werden, am wenigsten in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, hier
gab es 2 bis 4 Sonnenstunden, da man hier am weitesten vom Zentrum des Hochs
MARTIN entfernt war. Die Höchsttemperaturen lagen bei 16 bis 25°C, am wärmsten
wurde es in Brandenburg und Sachsen. Berlin-Adlershof konnte mit 25,2°C ebenso
wie Dresden-Strehlen mit 25,1°C einen Sommertag
verzeichnen. Entlang der Ostseeküste setzte sich die kühle, aber sonnige
Witterung fort. Fehmarn vermeldete nur 5,3°C, Kap Arkona 6,2°C und der
Timmendorfer Strand 8,4°C. In Teilen Skandinaviens gab es zwischen Tag und
Nacht erneut starke Temperaturgegensätze. Am Morgen des 12. April gab es von
Estland über Westrussland sowie nördlich davon Frost zwischen -3 und -10°C, wie
beispielsweise Tallinn mit -3,6°C oder Moskau mit -3,4°C. In Teilen Schwedens
und Finnlands sank die Temperatur über dem Schnee auf -10 bis -19°C. Tagsüber
erwärmte sich die Luft in der kräftigen Aprilsonne dagegen stark. So gab es im
mittelschwedischen Asele am Morgen noch -15,9°C,
tagsüber wurden milde 11,3°C registriert. Auch sonst wurde kein Dauerfrost mehr
verzeichnet, meist lagen die Höchstwerte zwischen 2 und 8°C in Nordschweden und
Nordfinnland, sonst bis zu 14°C.
Am 13. und
14. April verlagerte sich Hoch MARTIN mit dem Zentrum von Helsinki nach Sankt
Petersburg. Der Einflussbereich verkleinerte sich stark, da das Tief JOI verstärkt
auf Deutschland übergriff. Letztmalig beeinflusste das Hoch MARTIN am 13. April
Deutschland im äußersten Nordosten. Bei 7 bis 17°C – je nach Entfernung zur
Küste - setzte sich vom Kap Arkona bis zum Stettiner Haff 7 bis 10 Stunden die
Sonne durch. Bereits in Rostock gab es 3, in Schwerin oder Berlin nur noch 1
bis 2 Sonnenstunden. In Skandinavien sowie in den Baltischen Staaten und im
Westen Russlands setzte sich dagegen das sonnenscheinreiche und
niederschlagsfreie Wetter fort. Nach meist frostiger Nacht stiegen die
Temperaturen auf 5 bis 15°C. An der Südflanke des Hochs wurden am 14. April
zunehmend warme Luftmassen vom Schwarzen Meer nach Norden geführt. So erreichte
Moskau 12,8°C, Minsk 17,9°C, Tallinn 19,2°C und Kaliningrad 23,4°C.
Vom 15. bis
18. April befand sich Hoch MARTIN zunächst nördlich, später östlich des
Schwarzen Meeres. Dabei schwächte sich die Antizyklone von 1032 hPa auf ca.
1018 hPa ab. So hielt in der südlichen Ukraine und auf der Krim bei
Temperaturen von 16 bis 23°C das freundliche und trockene Wetter an. Am 19.
April um 01 Uhr MEZ tauchte Hoch MARTIN nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte
auf, da es vom westrussischen Tief KATHRIN nach Osten abgedrängt wurde.