Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet MATTHIAS
(getauft am 13.09.2016)
Mitte September entsprach
die Druckverteilung in einer Höhe von 5,5 km über dem atlantisch-europäischen
Raum einer typischen Trog-Keil-Struktur der mittleren Breiten, also sich
abwechselnder Vorstöße warmer, subtropischer Luft nach Norden, dem sogenannten Keil,
und kalter, subpolarer Luft nach Süden, also dem Trog. In den Frühstunden des
13. September erstreckte sich ein Hochdruckkeil über Zentral- bis nach
Nordeuropa, während sich über dem Ostatlantik, sowie dem Nordwesten Russlands
Tröge befanden. Mit dem Höhenkeil war auch im Bodenniveau das Hoch LUKAS über
Skandinavien verknüpft. Für Mitteleuropa bedeutet ein Hoch über Skandinavien
oft einen längeren, beständigen und vielfach sonnigen Wetterabschnitt, da durch
die Drehung der Luftmassen im Uhrzeigersinn um das Zentrum herum trockene
Festlandsluft aus Osteuropa nach Mitteleuropa gelangt. Je nach Lage des Hochs
können die Temperaturen im Herbst bei einer Strömung aus Südosteuropa mild, Einer
aus Osteuropa gemäßigt oder bei einer Strömung aus Nordwestrussland kühl
ausfallen. Für den weiteren Verlauf sollte das vorhandene, weniger stark
ausgeprägte Hoch LUKAS durch einen Tiefausläufer südostwärts abdrängt werden,
dahinter sich allerdings rasch ein neues Hoch aufbauen. Dieses sollte für
Mitteleuropa wetterbestimmend werden und wurde am 13.09. in der Prognose für
den folgenden Tag auf den Namen MATTHIAS getauft.
Um Mitternacht
des 14. September befand sich das Hoch MATTHIAS im Seegebiet nördlich von
Schottland. Bis um 06 UTC, was 08 Uhr MESZ entspricht, hatte sich eine
eigenständige Hochdruckzelle mit einer Ausdehnung von einigen hundert
Kilometern herausgebildet, wobei in Lerwick auf den
Shetland-Inseln etwa ein Luftdruck von 1020,2 hPa gemessen wurde. In den
folgenden Stunden verlagerte sich die Zelle unter gleichzeitiger Expansion über
das südliche Nordmeer in Richtung Skandinavien.
Am Ende des
Tages wurde die Antizyklone MATTHIAS als nördlicher Teil einer
Doppelhochdruckzelle analysiert, die sich zwischen Skandinavien-Baltikum und Osteuropa
erstreckte. Das Zentrum, mit einem Druck von etwas über 1020 hPa, befand sich
vor der norwegischen Küste, laut Schiffsmessung wenige hundert Kilometer
nordwestlich von Trondheim. Im Laufe des 15. Septembers konnte sich das Hoch
MATTHIAS über Skandinavien etablieren. Dabei schien, von einzelnen kompakteren
Wolkenfeldern abgesehen, über Schweden und Norwegen vielfach die Sonne und die
Luft erwärmte sich in der mit dem Druckgebilde eingeflossenen kühlen Subpolarluft
von Nord nach Süd auf Werte zwischen 10 bis 20°C. Über Südskandinavien, am
Rande des Hochs MATTHIAS, hielt sich gebietsweise sogar die zuvor eingeflossene
Subtropikluft, wodurch sich die Luft dort auf teils über 25°C erwärmte. Hier
blieb es auch nachts sehr mild, mit Tiefsttemperaturen von beispielsweise
15,8°C in Oslo oder 15,9°C in Kopenhagen, während die Temperaturen sonst bei
verbreitet gering oder leicht bewölktem Himmel über Zentralskandinavien auf
unter 5°C sanken. In Lappland befanden sich die Temperaturwerte in den leichten
Frostbereich, wie beispielsweise mit -4,1°C im nordschwedischen Latnivaara.
An den folgenden
Tagen verblieb Hoch MATTHIAS ohne wesentliche Druckänderung über Skandinavien,
konnte sich stabilisieren und seinen Einfluss noch etwas weiter, unter anderem bis
zum Baltikum und nach Nordwestrussland, ausdehnen. Das Hochdruckzentrum mit
einem Druck von knapp über 1025 hPa befand sich dabei am 16. und 17.09. recht
stationär über Lappland. Dabei floss am Rande des Hochs MATTHIAS von Norden her
zunehmend kühlere Luft subpolaren und arktischen Ursprungs nach Finnland,
Nordwestrussland und dem Baltikum ein. Am Himmel wurden über Finnland, Karelien
und Kola-Halbinsel trotz Hochdruckeinflusses vielfach Wolken mit zeitweiligem
leichten Regen beobachtet und Höchsttemperaturen von teilweise unter 10°C
gemessen, während es über Schweden und Norwegen trotz einiger kompakterer
Wolkenfelder größtenteils trocken und vor allem über Südskandinavien mit Temperaturwerten
um 20°C auch mild blieb. Nachts kühlte sich die Luft vor allem in wolkenfreien
Bereichen über Mittel- und Nordskandinavien bis in den leichten Frostbereich ab,
während überall dort wo Wolkenfelder die Ausstrahlung verhinderten, die
Temperaturen nicht unter 7 bis 8°C sanken. Allgemein milder, mit gebietsweise
deutlich über 10°C, blieb es entlang der Küsten von Nordsee, Nordmeer und
Ostsee, wie zum Beispiel in Malmö mit 13,1°C.
Unterdessen
verlagerte sich in den Folgenden Tagen das Hoch MATTHIAS mit seinem Schwerpunkt
langsam weiter südwärts nach Südskandinavien, wo es am Morgen des 19.
Septembers mit einem Luftdruck von knapp über 1020 hPa analysiert wurde. Damit
setzte sich das allgemein freundliche, zeitweilig sonnige und von den
Temperaturen her spätsommerliche Wetter fort. Beispielsweise wurde im
mittelschwedischen Älvdalen am 18. und 19.09. Temperaturmaxima
von 20,8°C bzw. 21,9°C gemessen. Dagegen bestimmte am östlichen Rand des Hochs MATTHIAS
über Finnland und Nordwestrussland kühle Polarluft mit Temperaturen von bis zu 10
bis 15°C den Tag. Im karelischen Petrosawodsk
am Onegasee wurden an beiden Tagen 10,0°C nicht mehr überschritten. Weitaus
geringer fielen die Auswirkungen auf das Wetter in Mitteleuropa aus. Zwar
konnte sich durch den leichten Luftdruckanstieg über Teilen Norddeutschlands
und Polens gebietsweise längere Zeit die Sonne durchsetzen, in den restlichen
Gebieten wurde das Wetter aber mehr von einem Tiefdruckkomplex über Süd- und
Südosteuropa beeinflusst. Etwas kühlere Festlandsluft aus Osteuropa, die am
Rande des Tiefs mitgeführt wurde, erreichte auch das nördliche Mitteleuropa. So
lagen zum Beispiel die Höchstwerte am 18.09. in Warschau bei nur 18,4°C,
nachdem es zwei Tage zuvor noch 24,9°C gewesen waren. Leichte Nachtfröste
traten in den Nächten zum 18. und 19.09. noch über Finnland und Karelien auf,
mit einer Minimaltemperatur von beispielsweise -2,3°C bzw. -1,1°C in Kuusamo.
In der weiteren
Entwicklung kam es zu einer vorübergehenden Abschwächung der Antizyklone
MATTHIAS. Damit einhergehend zog in der Nacht zum 20. September ein schwacher
Tiefausläufer mit kompakten Wolken, aber ohne wesentlichen Niederschlag über
Skandinavien hinweg. Hinter dem Wolkenband stellte sich allerdings schnell
wieder freundliches Wetter ein, ohne dass sich das Temperaturniveau gegenüber
dem Vortag wesentlich änderte.
In den folgenden
Stunden führte der Luftdruckanstieg über Fennoskandien
zu einer Erneuerung der Hochdruckzelle. Sie erstreckte sich in den Frühstunden
des 21. Septembers zwischen Norddeutschland, Skandinavien und Nordwestrussland,
wobei sich das Zentrum mit etwas über 1025 hPa über der Kola-Halbinsel befand.
Trotz der Luftdruckzunahme blieb es durch die Reste des Tiefdruckausläufers
über großen Teilen Skandinavien wolkenreich. Gegenüber den Vortagen sank das
Temperaturniveau allmählich weiter ab, über Nord- und Zentralskandinavien
wurden kaum mehr als 15°C, östlich der finnisch-russischen Grenze meist unter
10°C gemessen. Immerhin verhinderten die teils dichteren Wolkenfelder nachts
eine stärkere Auskühlung, wodurch selbst im nördlichen Norwegen die
Temperaturen kaum unter 7 bis 8°C fielen.
Am Morgen des
22. September befand sich das Hoch MATTHIAS mit dem Zentrum bereits im
äußersten Nordwesten Russlands, etwa im Bereich der nordrussischen
Kanin-Halbinsel. Dabei erreichte die Antizyklone MATTHIAS mit knapp über 1030
hPa den höchsten Luftdruck in ihrer Entwicklung. Der Einfluss reichte
unverändert bis nach Skandinavien und in abgeschwächter Form sogar noch bis
nach Deutschland. Allerdings dominierte über Skandinavien weiterhin tief hängende,
dichte Bewölkung. Zeitgleich sorgte die von Nordosten kontinuierlich einfließende
polare Luft für einen weiteren Temperaturrückgang, wobei zwischen Lappland,
Finnland und Karelien kaum noch mehr als 10°C gemessen und auch im übrigen
Skandinavien die 15°C-Marke selten überschritten wurde.
Im weiteren
Verlauf entfernte sich das Hoch MATTHIAS allmählich ostwärts über den Ural
hinweg in Richtung Westsibirien und verlor damit zusehends an Einfluss auf das
Wetter in Skandinavien. Letztmalig konnte es in den frühen Morgenstunden des
23. September im Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte analysiert werden.
Geschrieben am 09.11.2016 von Gregor Pittke
Berliner Wetterkarte: 19.09.2016
Pate: Matthias Zierle