Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet MIKE

(getauft am 20.08.2018)

 

In der dritten Woche des August 2018 zog der ehemalige Tropensturm ERNESTO über den Nordatlantik und erreichte am 18. August gegen 20 Uhr UTC, das entspricht 22 Uhr MESZ, die Westküste Irlands. Die ihm folgenden Tiefdruckgebiete, unter ihnen die getaufte Zyklone SÜNJE, bewegten sich rasch nach Osten nördlich des Azorenhochs. Von diesem entwickelte sich ein Ableger über dem Golf von Biskaya während sich das Hauptzentrum weiterhin im Bereich der namensgebenden Inselkette befand. Der Ableger hatte um 00 Uhr UTC des 20. Augusts einen Bodendruck von ca. 1026,5 hPa und verlagerte sich im Laufe des Tages weiter über das europäische Festland. Infolgedessen wurde er von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte in der Analyse vom 20. August auf den Namen MIKE getauft.

Am 21. August war der Maximaldruck im Zentrum im Vergleich zum Vortag leicht gesunken. Um 00 Uhr UTC wurden 1023,7 hPa an der unbemannten Boje „Brittany“ 200 km westlich der Bretagne gemessen. Zum gleichen Zeitpunkt rahmte die 1020-hPa-Isobare auf der Bodenwetterkarte ein Gebiet zwischen Südengland, Tschechien und Südfrankreich ein. Außerdem hatte sich über die Nordsee höherer Druck zwischen den Tiefdruckgebilden SÜNJE und Ex-ERNESTO ausgebreitet. Auch in Lerwick auf den Shetland-Inseln erreichte der Bodendruck zum genannten Termin genau 1020,0 hPa. Trotz des sich reduzierenden Maximaldruckes lagen weite Teile Westeuropas am 21. August unter Hochdruckeinfluss. Besonders an der Südostflanke des Hochs MIKE, zwischen dem südlichen Polen und Madrid, gab es den ganzen Tag über Sonnenschein mit einer maximalen Dauer von rund 13 Stunden in Renningen bei Stuttgart. Nicht weit entfernt in Düsseldorf wurde hingegen durch die Ausläufer der Tiefs ex-ERNESTO und SÜNJE, welche sich über Deutschland verbanden, überhaupt kein Sonnenschein verzeichnet. Dort, wo die Sonne lange scheinen konnte, kamen auch hohe Temperaturen von bis zu 38,7°C in Andújar, Andalusien, zustande. Im deutschsprachigen Raum wurden maximal 35,2°C von der Wetterstation Zwerndorf-Marchegg an der österreichisch-slowakischen Grenze gemessen.

Auch während des 22. Augusts entwickelte sich der Druck des Hochs MIKE weiterhin leicht rückläufig, sodass bis um 17 Uhr UTC nur noch maximal 1021,6 hPa in Barth an der Ostsee gemessen wurden. Grund dafür war das Auftreten der Kaltfront des Tiefs ex-ERNESTO und der Warmfront des Tiefs SÜNJE, die im Verlauf des 21. August im Bereich von Niedersachsen bis zu den Niederlanden als mehr oder weniger stationäre Front in Nordwest-Südost-Ausrichtung lagen. Gegen 06 Uhr UTC des Vortages hatte das Zentrum der Antizyklone MIKE mit Kerndruck 1022,0 hPa in Diepholz diese schwache Front in nordöstlicher Richtung überquert und zur Auflösung des schwachen Tiefs SÜNJE geführt, während Zyklone ex-ERNESTO weiter nach Osten gezogen war. Durch diesen Vorgang war es dazu gekommen, dass Orte mit sehr hohem Luftdruck kaum Sonnenschein aufwiesen, zum Beispiel Leinefelde in Thüringen mit durchweg über 1019 hPa, aber nur 36 Minuten Sonnenschein. Sowohl nördlich als auch südlich der Frontalzone war aber das astronomisch mögliche Maximum von rund 13 Stunden zwischen Toulouse und Kiel fast erreicht worden. Entsprechend der Grenze zwischen subpolarer und subtropischer Luft waren allerdings die Höchsttemperaturen im Norden deutlich geringer ausgefallen. Sowohl auf Fehmarn als auch auf Rügen wurden Tageshöchsttemperaturen von nur 19,8°C gemessen; Spitzenreiter in Deutschland war Regensburg mit 33,6°C. Auch im weiteren Umfeld des Hochdruckgebietes war es an diesem Tag zu hohen Temperaturen gekommen, so zum Beispiel zu 36,0°C im kroatischen Senj. In Polen und dem Baltikum war es hingegen trotz Hochdruckeinfluss nur durchschnittlich warm geworden. Warschau hatte maximal 22,9°C gemessen. Auch hier befand man sich nördlich der Luftmassengrenze. Am 22. August um 00 Uhr UTC befand sich nun das Zentrum von Hoch MIKE bei Danzig. Der höchste Bodendruck wurde dabei mit 1023,1 hPa in Olsztyn gemessen. Aufgrund von mittlerweile sehr geringer Bodendruckvariabilität, besonders im westeuropäischen Raum, war Hoch MIKE noch großflächiger wetterwirksam als in den vorangegangenen Tagen. Die 1020-hPa-Isolinie verlief etwa kreisförmig über Dänemark, Südschweden, Lettland, die Westukraine und Nordbayern, aber auch in westlicher Richtung gab es zu einem unbenannten Zentrum südwestlich des Ärmelkanals hin nur Luftdruckwerte über 1018 hPa. Aufgrund der Corioliskraft dreht sich die Luft um ein Hochdruckgebiet auf der nördlichen Hemisphäre im Uhrzeigersinn. Durch die nun östlichere Position des Hochs MIKE gelangte somit auf der westlichen „Rückseite“ des Hochs vor der Kaltfront des Nordmeertiefs THEKLA I warme und trockene Kontinentalluft bei geringer Bewölkung nach Norddeutschland. Um 16 Uhr UTC wurde im sachsen-anhaltischen Gardelegen eine relative Luftfeuchtigkeit von nur 23% gemessen und mit 30,6°C in Neuwiedenthal eine Maximaltemperatur von über 30°C auf Hamburger Stadtgebiet erreicht. Am Kap Arkona schien die Sonne 13 Stunden und 44 Minuten lang. Auch in Polen wurden verbreitet über 13 Sonnenstunden gemeldet, im übrigen Osteuropa abseits der Bergregionen mehr als 10 Stunden. Trotzdem blieb es dort aufgrund der herangeführten subpolaren Luftmasse aus dem Norden oft kühler als im Durchschnitt, zum Beispiel mit einer Höchsttemperatur von nur 18,6°C in Verhnedvinsk in Weißrussland trotz über 13 Sonnenstunden. Die höchste Temperatur im Einflussbereich des Hochs MIKE heute wurde mit 35,5°C im rumänischen Calafat gemessen.

Mit der vorherrschenden Höhenströmung in knapp 5,5 km Höhe verlagerte sich das Hochdruckgebiet MIKE im Tagesverlauf des 22. Augusts über Weißrussland und befand sich um 00 Uhr UTC am 23. August mit einem Maximum von 1025,4 hPa in Potschinok bei Smolensk mit seinem Zentrum zwischen Minsk und Moskau. An gleicher Stelle wurde auch um 03 Uhr UTC mit 1026,0 hPa der insgesamt höchste durch Hoch MIKE entstandene Bodendruck gemessen. Die 1020-hPa-Isolinie war weiterhin etwa kreisförmig über dem Baltikum, Warschau, Chisinau und Moskau analysierbar und auch das Gesamtbild war weiterhin ein ähnliches: äußerst trockene Luft mit relativer Luftfeuchtigkeit bis zu 15% wie beispielsweise an der Station Elista in der russischen autonomen Republik Kalmückien von 12 bis 14 Uhr UTC, aber zum Teil durchschnittliche bis kühle Maximaltemperaturen wie beispielsweise 20,7°C in Lipezk. Dabei wurden in der Nacht vom 22. auf den 23. August im Zentrum des Druckgebietes vielfach Temperaturen unter 5°C gemessen, an der Station Welisch bei Smolensk sogar leichter Frost mit -0,2°C. Dies kommt durch die Wärmeausstrahlung der Erde zustande, welche durch das Fehlen von Wolken in Hochdruckgebieten meist ungehindert möglich ist und so hohe Temperaturdifferenzen zwischen Tag und Nacht hervorruft. Verbreitet wurde im Westen Russlands und in angrenzenden Staaten dann am Tag mit genau 14 Sonnenstunden in Alūksne, Lettland, durchgängiger Sonnenschein gemessen.

Am 24. August um 00 Uhr UTC befand sich Hoch MIKE mit einem Maximaldruck von 1024,5 hPa in Jefremow, 300 km südlich von Moskau, zwischen Moskau und Wolgograd. Auf der Westseite war die 1020-hPa-Isobare nun nach Weißrussland gezogen, im Osten reichte sie bis nach Kasachstan. Angesichts dieser Position wurde nun kontinentale Warmluft von Süden nach Polen, ins Baltikum und vor der doppelten Kaltfront des Tiefs THEKLA auch in den Süden Finnlands gebracht. In Pori an der Westküste Finnlands wurde eine Maximaltemperatur von 25,9°C erreicht, in Kunda, Estland, sogar 27,6°C. In dieser Stadt liegt der August-Durchschnitt der Höchsttemperatur bei lediglich 20,3°C. Hingegen wurden auf der Ostseite des Hochs wegen eines Höhentiefs bei Jekaterinburg unterdurchschnittliche Höchstwerte erreicht, zum Beispiel 24,6°C in Oral, Kasachstan, wo im August ein Durchschnittshöchstwert von 28,2°C herrscht. Dabei bezeichnet ein Höhentief ein Gebiet, in dem die 500-hPa-Druckfläche, normalerweise in gut 5,5 km Höhe, besonders tief liegt. Oft, aber nicht immer, liegt es über einem Bodentief, in diesem Fall war dies Ableger vom Tief ex-ERNESTO. Die Sonnenscheindauer im Bereich des Hochdruckgebietes MIKE belief sich erneut auf meist über 11 Stunden mit einem Höchstwert von 13:36 Stunden in Zhalpaqtal, Kasachstan.

Im Tagesverlauf zog Hoch MIKE unter Abschwächung und Ausdehnung etwas nach Osten und befand sich um 00 Uhr UTC des 25. Augusts mit einem Druck im Zentrum von 1020,5 hPa, gemessen an der Station Oktjabrskij Gorodok bei Saratow, über Westrussland. Damit konnte wiederum warme Luft nach Norden gelangen. In Krasnoschtschelje auf der Komi-Halbinsel wurden 20,6°C erreicht, in Sewerodwinsk 23,8°C. Im Einflussbereich des Hochs MIKE wurden auch am 24. August mit wenigen Ausnahmen über 11 Sonnenstunden gemessen, in Mezen nahe des Weißen Meeres sogar gut 14 Stunden. Im Laufe des 25. Augusts ging der Druck im ehemaligen Zentrum von Hoch MIKE bis etwas über 1015 hPa zurück, während der Druck eines nördlichen Ablegers stetig zunahm. Die Meteorologen der Berliner Wetterkarte ordneten diesen als neues Hochdruckgebiet ein, das jedoch nicht mehr über Mitteleuropa wetterwirksam werden sollte. Daher wurde es weder neu getauft, noch wurde der Name MIKE übernommen. Folglich war das Hochdruckgebiet in der vormaligen Position von Hoch MIKE westlich des Uralgebirges auf der Berliner Wetterkarte vom 26. August 2018 nunmehr namenlos.