Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet NICOLE

(getauft am 26.03.2021)

 

Im Tagesverlauf des 26.03.2021 konnte sich hinter der nach Osten ziehenden Kaltfront des Tiefdruckkomplexes QUASIMODO, der mit seinen beiden Tiefdruckkernen nahe Island über dem Nordmeer lag, das Azorenhoch in Richtung Nordosten bis über den Norden der Iberischen Halbinsel ausweiten. Da die Meteorologen der Berliner Wetterkarte in der Prognose für den darauffolgenden Tag über jenem Gebiet die Bildung eines eigenständigen Hochdruckgebietes prognostizierten, welches sich im weiteren Verlauf auf das Wettergeschehen Mitteleuropas auswirken sollte, entschieden sie sich dazu diese Zone hohen Luftdrucks in der Prognose auf den Namen NICOLE zu taufen.

Am 27.03. sollte die Prognose eintreffen und so war es dann auch: Hoch NICOLE konnte an diesem Tag um 00 UTC, also um 02 Uhr MESZ, als eigenständiges Hochdruckgebiet, welches zu diesem Zeitpunkt von der 1030-er hPa Isobare (Linie gleichen Luftdrucks) umschlossen wurde, über der Nordküste Spaniens analysiert werden. Nach Westen hin bestand noch immer eine Verbindung in Form einer Hochdruckbrücke zum Azorenhoch. In östlicher Richtung trennte es die Kaltfront des Tiefs QUASIMODO von dem Hochdruckgebiet MARGARETHE, das mit seinem Zentrum über Südosteuropa lag. Außerdem hinderte ein sogenanntes Cut-Off-Tief (auch als Kaltlufttropfen bekannt) vor der Küste Marokkos, das am Vortag aus einem Höhentrog über dem östlichen Nordatlantik ausgetropft war, Hoch NICOLE an einer südlichen Ausdehnung. Durch diesen Abtropfprozess verlief die Strömung in der mittleren Troposphäre, in ca. 5,5 km Höhe, zu diesem Zeitpunkt fast durchgehend von Neufundland bis nach Westeuropa. Dadurch konnte sich Hoch NICOLE im Tagesverlauf des 27.03. rasch in nordöstliche Richtung verlagern. Hochdruckgebiete sind im Allgemeinen durch großflächig absinkende Luftmassen gekennzeichnet, die sich dabei erwärmen und somit an Feuchtigkeit verlieren. Hochdruckeinfluss ist dadurch meist mit einer Wolkenauflösung verbunden. Da innerhalb eines Hochdruckgebiets auch keine großen Luftdruckunterschiede herrschen, die für höhere Windgeschwindigkeiten sorgen könnten, wird ihnen ein wetterberuhigender Charakter zugeschrieben. Die Niederschläge, die in der Nacht entlang der Kaltfront des Tiefs QUASIMODO über dem Kantabrischen Gebirge, in höheren Lagen auch zum Teil in Form von Schnee, gefallen waren, klangen mit der Ausbreitung des Hochdruckeinflusses rasch ab, was letztendlich bis zum Morgen zur Auflösung der Front über der Iberischen Halbinsel führte. Bis zum Abend reichte der Einflussbereich des Hochs NICOLE bereits von der Osthälfte Spaniens über Frankreich bis zum Süden Englands und dem Südwesten Deutschlands. In einem Gebiet vom Nordwesten Frankreichs über die westlichen Pyrenäen und dem französischen Zentralmassiv bis nach Baden-Württemberg verzeichnete man so verbreitet 9 bis 12 Sonnenstunden. Im nördlichen Randbereich des Hochs blieb es bei dichter Cumulus-Bewölkung oft bedeckt. Die hinter der Kaltfront von Tief QUASIMODO einströmende feuchte Polarluft machte sich trotz des sonnigen Wetters vor allem in Frankreich mit einem Temperaturrückgang von rund 3 Kelvin im Vergleich zum Vortag auf 13°C bis 14°C bemerkbar. In der Gegend um Toulouse, wo am Vortag noch die 20°C-Marke geknackt wurde, verzeichnete man am 27.03. eine Höchsttemperatur von gerade einmal 16°C. Besonders deutlich wurden die Temperaturgegensätze der verschiedenen Luftmassen über der Iberischen Halbinsel. Während im Süden warme Subtropenluft herangeführt und verbreitet Tageshöchsttemperaturen von 20°C bis 27°C erreicht wurden, wurden unter dem Einfluss der feuchten Polarluft in der Nordhälfte nur selten 20°C überschritten.

Bis zum 28.03. um 00 UTC hatte sich die Antizyklone NICOLE, mit einem gleichbleibenden Luftdruck von knapp über 1030 hPa im Zentrum, bis über das südliche Mitteleuropa verlagert. Während das Hochdruckgebiet in Richtung Osten noch immer durch das Frontensystem des Tiefs QUASIMODO, das mit seinem Kern östlich von Grönland lag, begrenzt wurde und im Nordwesten die Ausläufer des Tiefs RAMA, mit seinem Kern südwestlich von Island, die Britischen Inseln erreicht hatten, bestand in südwestlicher Richtung noch immer die Verbindung zum Azorenhoch und gemeinsam mit dem Hoch MARGARETHE über der Türkei reichte eine Hochdruckzone über den gesamten Mittelmeerraum. Zudem begann sich im Tagesverlauf zunehmend ein Höhenrücken, also ein Vorstoß warmer Luftmassen, über Mitteleuropa aufzubauen, wodurch die Antizyklone NICOLE zusätzlich gestärkt wurde. Die im Zentrum vorherrschende Polarluft hatte sich in der Zwischenzeit erwärmt und an Feuchtigkeit verloren. Bei einer nur leicht bewölkten Nacht fielen die Temperaturen vor allem in den höheren Lagen in der kalten Luftmasse im Zentrum des Hochs NICOLE unter den Gefrierpunkt. Verbreitet wurden so Minimaltemperaturen von -1 bis -4°C gemessen. So beispielsweise in der französischen Gemeinde Romorantin mit -4,3°C oder dem baden-württembergischen Rottweil mit -3,8°C. Die anfängliche Bewölkung über dem zentralen Frankreich und dem Südwesten Deutschlands, die in Verbindung mit den Ausläufern der Tiefdruckgebiete RAMA und QUASIMODO stand, konnte sich daher gut auflösen. Im gesamten Einflussbereich von Hoch NICOLE wurden dadurch 9 bis 12 Sonnenstunden verzeichnet. Im Vergleich zum Vortag stiegen außerdem die Temperaturen um rund 4 bis 5 Kelvin an. So verzeichnete man von der Bretagne bis zum Südwesten Deutschlands Tageshöchsttemperaturen von 16°C bis 19°C. Mit 17,6°C wurde es im baden-württembergischen Rheinfelden deutschlandweit am wärmsten. Im Vergleich dazu bliebt es in List auf Sylt mit maximal 7,3°C gut 10 Kelvin kälter. Im Süden Frankreichs und auf der Iberischen Halbinsel, im südwestlichen Einflussbereich der Antizyklone, wurden durch die aus Süden herangeführte subtropische Luft verbreitet über 20°C gemessen, in der Westhälfte wurde mit 25°C bis 27°C sogar ein Sommertag verzeichnet.

 

Bis zum 29.03. um 00 UTC hatte sich der Höhenkeil in der mittleren Troposphäre weiter ausgebaut und reichte nun vom westlichen Nordafrika über Frankreich bis nach Südengland. Korrespondierend dazu lag das Hochdruckgebiet NICOLE mit einem gestiegenen Zentrumsdruck von über 1035 hPa über den Alpen. Der Einflussbereich der Antizyklone reichte nun vom Westen Frankreichs und Spaniens und dem westlichen Mittelmeerraum bis über das Norddeutsche Tiefland nach Osteuropa. Auch mit dem Azorenhoch blieb die Antizyklone über eine Hochdruckbrücke in südwestlicher Richtung nach wie vor verbunden. Durch die antizyklonale Rotation der Luftmassen, also auf der Nordhalbkugel mit dem Uhrzeigersinn, um ein Hochruckgebiet wurden aus Nordafrika warme Luftmassen herangeführt, sodass die Temperaturen, nach einer wiederholt recht kühlen Nacht, im Einflussbereich mit 18°C bis 24°C im Vergleich zum Vortag noch einmal anstiegen. So wurde beispielsweise in Berlin-Tempelhof mit einer Tageshöchsttemperatur von 20,2°C ein warmer Tag erreicht, wobei es am Vortag nur maximal 12,1°C waren. Auch in Düsseldorf stieg die Temperatur mit 20,8°C im Vergleich zum Vortag um knapp 7 Kelvin an. Am wärmsten wurde es mit 23,6°C in Bad Kreuznach. Noch wärmer wurde es im Südwesten Frankreichs und im Nordosten sowie im Süden Spaniens wo mit über 25°C vielerorts ein Sommertag verzeichnet werden konnte. Im südwestlich von Bordeaux gelegenen Biscarrosse meldete man beispielsweise sogar eine Tageshöchsttemperatur von 27,4°C, im baskischen San Sebastian 27,3°C und in Tablada, einem Stadtteil der südspanischen Stadt Sevilla, sogar 27,8°C.

Zum 00 UTC Termin des 30.03. war in der mittleren Troposphäre ein deutlicher Vorstoß des Höhenkeils über Mitteleuropa in Richtung Norden erkennbar, wohingegen sich über dem Nordatlantik ein Höhentrog, also ein Vorstoß kalter Luftmassen, dessen Achse bis über das Seegebiet westlich der Azoren reichte, etablieren konnte.  An der Trogvorderseite wurde so mit der mäandrierenden Höhenströmung weiterhin warme Subtropenluft nach Norden transportiert. Korrespondierend zum Höhenkeil lag im Bodendruckniveau das Hochdruckgebiet NICOLE fast unverändert zum Vortag mit seinem Zentrum und einem Kerndruck von knapp über 1035 hPa über dem Alpenraum. Nach einer fast wolkenfreien Nacht im Bereich des Hochs hatte es sich in vielen Bereichen südlich der Mittelgebirge auf -1 bis -2°C abgekühlt. Nachdem in den frühen Morgenstunden die Ausläufer des Tiefs RAMA nördlich des Hochs ostwärts abgezogen waren, hatte sich der Einflussbereich der Antizyklone über ganz Mitteleuropa ausgeweitet. So konnten von der polnischen Ostseeküste über Deutschland, Frankreich, dem Süden Englands bis südlich der Pyrenäen verbreitet 12 Sonnenstunden verzeichnet werden. Unter dem Einfluss der warmen Luftmassen aus Süden stieg die Temperatur in ganz Deutschland meist auf Werte über 20°C. Nur entlang der Nord- und Ostseeküste und in höheren Lagen blieb es mit 15 bis 19°C etwas kühler. Im Südwesten Deutschlands wurde mancherorts mit über 25°C sogar ein Sommertag erreicht. So beispielsweise mit einer Tageshöchsttemperatur von 25,2°C im südhessischen Michelstadt. Auch in Frankreich wurde bei ähnlichen Temperaturen nicht selten die 25°C-Marke überschritten. Bei weiterhin klarem oder nur leicht bewölktem Himmel gingen die Temperaturen in der Nacht jedoch deutschlandweit bis auf 7 bis 2°C zurück, wodurch es am Boden häufig leichten Frost gab.

 

Auch am 31.03. blieb das Hochdruckgebiet NICOLE über Mitteleuropa wetterbestimmend und sorgte weiterhin für sonniges und warmes Wetter im gesamten Einflussbereich. Da von Süden her nun Subtropenluft herangeführt wurde, konnten die Tageshöchsttemperaturen vom Vortag vielerorts noch getoppt werden. In Süddeutschland wurde der bisherige Märzrekord, der am 30.03.1989 in Schallstadt-Mengen in Baden-Württemberg mit 26,8°C aufgestellt wurde, mehrfach gebrochen. So verzeichnete man beispielsweise in Waghäusel-Kirrlach, südöstlich von Neustadt an der Weinstraße, 27,0°C und im baden-württembergischen Rheinau 27,2°C. Auch im Norden Deutschlands konnte beispielsweise in Hamburg mit maximal 23,5°C ein neuer Rekord aufgestellt werden. Ähnliche Temperaturen wurden auch in Frankreich gemessen. Vor allem im Süden Spaniens stiegen die Temperaturen auf über 30°C, wie beispielsweise in Mérida mit 30,6°C.

 

Pünktlich zum Beginn des neuen Monats und zum Beginn der Osterfeiertage war am 01.04. zum 00 UTC Termin eine Abschwächung der Hochdrucklage zu beobachten. Durch einen großflächigen Druckabfall um rund 10 hPa war der Zentrumsdruck von Hoch NICOLE am Gründonnerstag auf knapp über 1020 hPa gefallen und die Antizyklone hatte ihren Schwerpunkt nach Südosteuropa verlagert. Gleichzeitig zogen von Norden her die Ausläufer des Tiefs SIEGFRIED, das mit seinem Kern über dem Baltikum lag, heran. Die Kaltfront des Wirbels überquerte Mitteleuropa im Tagesverlauf, brachte dabei aber meist nur wenig Niederschlag. Deutlicher war der Temperaturrückgang, der mit der hinter der Kaltfront einströmenden Subpolarluft einherging und im Norden Deutschlands und den Niederlanden teilweise über 10 Kelvin betrug. Wurde in Hamburg am Vortag noch ein neuer Temperaturrekord aufgestellt, wurden am 01.04. nur noch maximal 12,2°C erreicht. Auch in Berlin-Dahlem fiel die Temperatur von 23,9°C am Vortag auf nur noch 16,9°C. Im übrigen Einflussgebiet wurde die 20°C-Marke fast überall noch einmal überschritten, bevor auch hier der Einfluss der kälteren Subpolarluft Einzug hielt. Durch die dichte Bewölkung entlang der Kaltfront blieb der Himmel vor allem im Nordosten Deutschlands den ganzen Tag bedeckt. Von Schleswig bis nach Brandenburg meldete man nur noch 0 bis 1 Sonnenstunde. Nur entlang des Rheins und südlich des Mains wurden mit 10 bis 11 Sonnenstunden noch einmal zweistellige Werte erreicht.

Am Karfreitag, dem 02.04. um 00 Uhr UTC, konnte das stark abgeschwächte Hoch NICOLE noch einmal mit einem Luftdruck von knapp unter 1020 hPa über dem Südwesten Frankreichs lokalisiert werden, bevor es sich schließlich mit zunehmenden Tiefdruckeinfluss in den frühen Morgenstunden auflöste.