Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
ORTRUD
(getauft am 24.03.2011)
Die
globale Atmosphärische Zirkulation besteht aus einem Wechsel von hohem und
tiefem Druck. In Tiefdruckgebieten steigt großräumig Luft auf, insbesondere
entlang der Fronten kondensiert diese und bildet Wolken aus denen Niederschlag
fällt. Im Gegensatz zu der aufsteigenden Luftbewegung an der Front, sinkt
hinter der Front die Luft ab, wodurch sich der Luftdruck am Boden erhöht und
ein Hochdruckgebiet entstehen kann. So geschah es auch am 24.03.2011 über der
Ostküste Islands als die Kaltfront des Tiefs ANDREAS, mit Zentrum über
Nordskandinavien, über Island und das Nordmeer hinweg nach Süden zog.
Rückseitig der Kaltfront erhöhte sich im Tagesverlauf der Luftdruck und ein
neues Hochdruckgebiet entstand. Da diese Entwicklung aus den Vorhersagen
absehbar war, wurde die Antizyklone bereits am Morgen des 24.03. auf der
Prognosekarte auf den Namen ORTRUD getauft.. Am nächsten Tag war sie erstmals mit einem
Kerndruck von ca. 1030 hPa nahe Islands auf der Analysekarte zu sehen.
Im
Einflussbereich von Hoch ORTRUD lag zu diesem Zeitpunkt die Insel Jan Mayen. 3
Tage nach dem kalendarischen Frühlingsbeginn sank dort durch den Zustrom
arktischer Luftmassen aus Norden die Temperatur nachts auf -10°C ab, aber auch
am Tage wurde es bei leichter Bewölkung nur -7°C warm. Die Luftströmungen in
größeren Höhen bestimmen die Zugrichtung und Verlagerung von Druckgebieten am
Boden. Hoch ORTRUD befand sich im Einflussbereich einer nordwestlichen
Windströmung, dieses Starkwindband erreichte in ca. 5500m Höhe über der Ostsee
eine maximale Geschwindigkeit von über 200 km/h. Allerdings lag die Antizyklone
zu Beginn nur am Rand des Starkwindbandes, verlagerte sich daher bis zum 26.03.
nur langsam und befand sich gegen Mittag mit dem Zentrum und einem Kerndruck
von etwa 1021 hPa über der Nordsee. Die Kaltfront von Tief ANDREAS lag zu
diesem Zeitpunkt genau über Deutschland. Dadurch gab es ein Temperaturgefälle
zwischen Kiel und Konstanz am Bodensee von 11 K. In Kiel war mit nur 4°C die
arktische Kaltluft eingeflossen. Hoch ORTRUD zeigte hier bereits ihren Einfluss
und stabilisierte die Atmosphäre, sodass sich die Wolken der Front immer mehr
auflösten und die Sonne nahezu ungehindert schien. An Nord- und Ostseeküste
wurden so bis zu 12 Stunden Sonnenschein registriert. Unter der Front von Ruhr
bis zum Elbsandsteingebirge war es hingegen den ganzen Tag grau in grau mit bis
zu 3 mm Regen.
Nach
diesem sonnenscheinreichen Tag im Norden Deutschlands gab es auch eine
sternenklare Nacht in der die Temperaturen bis weit in den Frostbereich sanken.
Am kältesten war es in Bremen, hier lag die Tiefsttemperatur bei -5,9°C, einzig
auf der Zugspitze war es noch 2 K kälter.
Bis
zum Morgen des 27.03. hatte sich der Wirbel ORTDRUD weiter nach Süden verlagert
und stark in West-Ost-Richtung ausgedehnt. Sein Einflussbereich erstreckte sich
nun von Südskandinavien bis zu den deutschen Mittelgebirgen und von den
Niederlanden bis zur östlichen Ukraine.
In
Norddeutschland konnte sich die Frühlingssonne an diesem Tag verbreitet
durchsetzen und ließ die Temperatur z.B. in Bremen auf 10,7°C ansteigen. Bei
nur schwachem Wind schien die Sonne dort 11,9 Stunden lang.
Im
Laufe des Tages drehte die Höhenströmung über Mitteleuropa nach Osten und
verlagerte das Zentrum von ORTRUD bis zum 28.03. bis zur russisch-ukrainischen
Grenze. Deutschland lag nun bereits im Einflussbereich des nachfolgenden Tiefs
BERNHARD.
Bei
einem Kerndruck von 1027 hPa in Wolgograd sank die Temperatur in der
sternenklaren Nacht auf -7°C.
Eingelagert
in die Westwindströmung verlagerte sich der Wirbel ORTRUD weiter nach Osten in
den asiatischen Raum hinein. Das Hochdruckgebiet existierte noch, aber es hatte
von nun an keinen Einfluss mehr auf das Wetter in Europa. So war das Hoch ORTRUD
nach 4,5 Tagen mit Einfluss auf das Wetter in Europa und einer zurückgelegten
Strecke von über 5000 km am 28.03.2011 das letzte Mal auf der Berliner Wetterkarte
zu sehen, bevor es diese in östliche Richtung verließ.
Lebensgeschichte
geschrieben am 18.04.2011 von Thomas Schubert
Ausgewählte
Berliner Wetterkarte: 27.03.2011
Pate:
Ortrud Altmeyer