Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
OTMAR
(getauft
am 12.10.2020)
Am 12. Oktober befand sich über dem
mittleren Nordatlantik ein umfangreiches Hochdruckgebiet. Geteilt wurde das
Druckgebiet von einer Luftmassengrenze, welches zu dem Tief FOELKE gehörte.
Dadurch bildete sich eine Hochdruckzelle nördlich und südlich dieses
Frontenzugs aus. Da absehbar war, dass der nördliche Teil sich im Verlauf
deutlich verstärken und Einfluss auf das Wettergeschehen in Europa nehmen
sollte, folgte vom Meteorologen der Berliner Wetterkarte am 12. Oktober in der
Analyse die Taufe auf den Namen OTMAR. An diesem Tag lag das Zentrum des Hochs
mit über 1035 hPa ca. 1000 km südlich von Island und ca. 650 km westlich von
Irland. Direkten Wettereinfluss auf das europäische Festland hatte das Hoch
noch nicht. Allerdings verlagerte sich das Tief FOELKE auf der Vorderseite des
Hochs nach Süden. Hochdruckgebiete drehen sich auf der Nordhalbkugel im
Uhrzeigersinn, auf der Südhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn. Durch eine
absinkende Luftbewegung steigt der Druck am Boden an – dies führt oft zu einer
Wolkenauflösung und einer geringen Windgeschwindigkeit im Bereich des Hochs.
Bis zum 13. Oktober um 01 Uhr MEZ
verlagerte sich Hoch OTMAR rasch nach Norden und befand sich südöstlich von
Island, wobei sich Druck vorübergehend auf rund 1025 hPa abschwächte. Somit
beeinflusste das Hoch an diesem Tag direkt Island, wo sich nach Durchzug von
Tief FOELKE eine deutliche Wetterberuhigung einstellte. In Reykjavik zeigte
sich kurz die Sonne bei einer Höchsttemperatur von 8°C, ehe am nächsten Tag
neuer Regen folgte. Auch Deutschland profitierte von Hoch OTMAR. Ein bis
Norddeutschland reichender Keil von der Antizyklone sorgte im Osten und der
Mitte Deutschland für eine nordöstliche Strömung. Ein Keil beschreibt eine vom
Hochdruckgebiet ausgehende Zone hohen Luftdrucks. Vor allem nach Norden hin
zeigte sich die Sonne für 6 bis 9 Stunden (z.B. in Hamburg 7,5 h). Die
Höchsttemperaturen lagen hier bei mäßig warmen 10 bis 15°C. An der östlichen
Flanke des Hochs gelangte Subpolarluft (Luftmasse xP)
nach Skandinavien. So lagen die Höchstwerte abseits der Küsten am 13. Oktober
in Schweden und Finnland unter 10°C, im Norden auch unter 5°C. Auf dem Berg Laukukera (762 m) in Lappland gab es mit -1,2°C sogar
Dauerfrost. In der Nacht zum 14. Oktober trat im nördlichen und mittleren Skandinavien
gebietsweise Frost bis -5°C auf, im norwegischen Bergland auch bis -10°C. In
Oslo wurde mit einem Tiefstwert von 2,3°C die bis dahin niedrigste Temperatur
des Herbstes gemessen.
Gestützt durch einen Keil in höheren
Luftschichten verstärkte sich Hoch OTMAR deutlich. Der Druck der Antizyklone
OTMAR erhöhte sich auf über 1035 hPa. Torshavn auf
den Färöer-Inseln meldete um 01 Uhr MEZ am 14. Oktober mit 1035,3 hPa den
höchsten Luftdruck. Im Laufe des 14. Oktobers verlagerte sich das Tief GISELA
vom Balkan in Richtung Polen, wodurch Deutschland im Bereich kräftiger
Niederschläge kam. In Sachsen fielen 24-stündig zum Teil 50 bis 70 mm. Da sich Hoch
OTMAR kaum bewegte, aber Tief GISELA sich zeitgleich weiter nach Westen schob,
nahmen die Luftdruckgegensätze über Deutschland zu. Je größer diese sind, desto
stärker weht der Wind. OTMAR hatte somit indirekt Einfluss auf das
Wettergeschehen in Deutschland. Verbreitet gab es an der Ostseeküste Sturmböen,
am Kap Arkona wurde die stärkste Böe mit 101 km/h registriert. Mit der
nordöstlichen Windrichtung stellte sich eine Sturmflut ein. In Greifswald war
der Pegel 1,35 m und in Wismar 1,40 m über normal. Dies ist eine mittlere
Sturmflut. Genau genommen spricht man an der Ostsee von einem Sturmhochwasser.
Die Ostsee ist ein Binnenmeer, das nur durch wenige Wasserstraßen mit der
Nordsee verbunden ist, daher ist sie fast vollständig von den Gezeiten
abgeschnitten. Der Wind ist allein die Ursache für Hoch- und Niedrigwasser.
Sehr kalt blieb es wieder in Skandinavien mit Höchstwerten unter 10°C, in
Lappland gab es örtlich Dauerfrost. In der Nacht zum 15. Oktober trat im
südlichen Skandinavien erneut häufig Frost auf, im norwegischen Bergland sank
die Temperatur bis -9°C. An den Küsten blieb es deutlich wärmer. So lag der
Tiefstwert in Stockholm bei 8°C und auf Bornholm bei 9°C. Grund hierfür war die
warme Ostsee. In den Sommermonaten speichert das Wasser die Wärme und gibt
diese im Herbst und Winter wieder frei. So werden die niedrigsten Temperaturen
aufgrund der Trägheit erst im Frühjahr erreicht.
Am 15. Oktober hatte die Ostsee an der
finnischen Küste 9°C, vor Rügen sogar noch 13 bis 14°C. An diesem Tag blieb das
Hochdruckgebiet OTMAR stationär über den Färöer-Inseln. Torshavn
registrierte um 01 Uhr MEZ 1036,0 hPa. Deutschland verblieb zwischen Hoch OTMAR
und Tief GISELA über Südpolen in einer nordöstlichen Strömung. Da sich GISELA
deutlich abschwächte, ließ auch der Wind langsam nach. Somit dominierte oft wolkenreiches
Wetter mit zeitweiligen Niederschlägen. In Berlin gab es den zweiten Tag ohne
Sonnenschein in Folge. Nur der Nordwesten Deutschlands profitierte an diesem
Tag von Hoch OTMAR. So reichte es in Bremen für 4,3, in Bremerhaven für 6,0 und
am Leuchtturm Alte Weser sogar für 9,2 Sonnenstunden. Mit der Luftmasse, deren
Ursprung die Region um Spitzbergen ist, wurden in Deutschland Höchstwerte von
nur 9 bis 13°C erreicht. Wie unterschiedlich die Temperaturen Mitte Oktober
sein können, zeigen die Höchstwerte von Berlin-Dahlem. 2015 wurden maximal nur
7°C und 2016 10°C erreicht. 2017 bis 2019 war es mit 22 bis 23°C deutlich zu
warm, ehe es im Jahr 2020 mit 11°C wieder zu kühl war. Der durchschnittliche
Höchstwert liegt in Berlin am 15. Oktober bei 14°C. In Skandinavien blieben die
Höchstwerte am 15. Oktober oft wieder einstellig, in Lappland wurden nur knapp
über 0°C gemessen. In der Nacht zum 16. Oktober kühlte es aufgrund der
fehlenden Wolkendecke im Nordwesten Deutschlands stark ab. Hamburg verzeichnete
1,7°C, am Boden gab es mit -1,0°C Frost. Es war nach dem 18. September der
zweite Bodenfrost. In Hohn in Schleswig-Holstein trat mit -0,5°C sogar
Luftfrost auf. Im übrigen Deutschland blieb es unter den Wolken von Tief GISELA
deutlich milder mit Tiefstwerten von 9 bis 5°C.
Auch am 16. Oktober änderte sich die
Lage von Hoch OTMAR kaum. Wieder lag die Antizyklone mit über 1035 hPa über den
Färöer-Inseln. In Thorshavn erreichte der mittlere
Luftdruck tags zuvor 1036,2 hPa. Trotzdem gab es hier keine Sonne. Dies ist
typisch für solche Hochdrucklagen. Aufgrund der feuchten Luft können sich im
Herbst, Winter und Frühjahr dichte Hochnebelfelder halten. Im Sommer werden
diese aufgrund des höheren Sonnenstandes meist rasch aufgelöst. In Deutschland
breitete sich der Einfluss von Hoch OTMAR weiter nach Südosten aus.
Nordwestlich einer Linie Emsland-Rügen gab es 2 bis 7, direkt an der Nordsee
bis zu 9 Sonnenstunden. St. Peter-Ording vermeldete mit 9,6 Sonnenstunden den
höchsten Wert. Mit 11 bis 13°C war es für die Jahreszeit leicht zu kühl.
Am 17. Oktober änderte sich die
Position von Hoch OTMAR markant. Grund dafür war, dass sich über dem Norden von
Skandinavien entwickelnde Sturmtief HELGA. Dadurch teilte sich das Hoch und
wurde deutlich nach Süden und Osten verschoben. OTMAR I lag um 01 Uhr MEZ über
Westfrankreich, OTMAR II über Lettland.
In weiten Teilen Deutschlands setzte
sich im Bereich des Hochdruckgebietes OTMAR I und II das gradientschwache
Wetter weiter fort. Während es verbreitet stark bewölkt war und es gelegentlich
etwas Nieselregen gab, zeigte sich jedoch vor allem in Norden und Osten
zeitweise die Sonne. Während in St. Peter-Ording und am Leuchtturm Alte Weser
mehr als 9,5 Sonnenstunden registriert wurden, waren es in Berlin - Dahlem 2,9
Stunden. Die Höchstwerte änderten sich mit 9 bis 13°C kaum.
Bis zum 18. Oktober verlagerte sich die
Hochdruckzelle OTMAR II weiter nach Osten und befand sich bereits über dem
Uralgebirge. Im Umfeld gab es hier bei klarem Himmel nachts oftmals leichten
Frost. OTMAR I lag erneut über Frankreich, der Druck verringerte sich aber auf
1023 hPa. Deutschland wurde an diesem Tag von der von Norden aufziehenden Kaltfront
von Tief HELGA beeinflusst. Im Vorfeld brachte aber Hoch OTMAR I nochmals etwas
Sonnenschein. So schien die Sonne im Süden von Deutschland 1 bis 5 Stunden.
Einen goldenen Herbsttag gab es in großen Teilen Frankreichs. In Paris zeigte
sich bei einer Höchsttemperatur von 16°C über 7 Stunden die Sonne.
Am 19. Oktober befand sich OTMAR II bereits
außerhalb des Analysebereichs der Berliner Wetterkarte über Russland. Somit
blieb nur noch eine Hochdruckzelle übrig, die sich um 01 Uhr MEZ mit ca. 1026
hPa über Ungarn positionierte. Die Kaltfront von Tief HELGA über Finnland kam
bis Mitteldeutschland und Polen voran, löste sich dann aber aufgrund des hohen
Drucks langsam auf. In Deutschland drehte somit aufgrund der Drehrichtung des
Hochs die Strömung auf Südwest, mit der allmählich mildere Luft herangeführt
wurde. Am Oberrhein wurden an diesem Tag bis zu 16°C erreicht, sonst blieb es
mit 11 bis 14°C etwas kühler. Besonders in Vorpommern und im Süden und
Südwesten gab es 6 bis 9 Sonnenstunden, sonst hielt sich gebietsweise
Hochnebel. Am sonnigsten war es auf den Bergen, die Zugspitze vermeldete bei
höchstens -2°C die maximal astronomische Sonnenscheindauer von 10,5 Stunden. In
der Nacht zum 20. Oktober kühlte sich die Luft im Bereich des Hochs vor allem
im Südosten stark ab. Gebietsweise gab es Frost wie in München mit -1,1°C, in
Augsburg mit -1,3°C oder in Aue mit -0,1°C.
Am 20. Oktober verstärkte sich Hoch
OTMAR wieder auf 1030 hPa und befand sich um 01 Uhr MEZ über dem östlichen
Rumänien. Auf der Westflanke des Hochs hielt die Zufuhr von warmen Luftmassen
an, die sich zunehmend in Deutschland bemerkbar machten. So lagen die
Höchstwerte nach der teils frostigen Nacht in der Mitte und im Süden zwischen
13 und 18°C. Emmendingen in Baden-Württemberg erreichte sogar 20,0°C. Dies
waren die ersten 20°C in Deutschland seit dem 9. Oktober. Noch wärmer war es im
Mittelmeerraum mit maximal 19 bis 24°C, wie in Rom mit 21°C. Den meisten
Sonnenschein in Deutschland gab es im Südosten mit 5 bis 9 Stunden. Im
Nordwesten blieb es dagegen bedeckt, hier zogen bereits die Wolken der
Warmfront des Atlantiktiefs IMKA auf.
Vom 21. bis 24. Oktober verlagerte sich
Hoch OTMAR von Rumänien in Richtung Schwarzes Meer. Dadurch gelangte wieder
deutlich mildere Luft nach Osteuropa. In Kiew lagen die Höchstwerte bis zum 21.
Oktober bei nur 11°C, anschließend wurden wieder 18 bis 20°C registriert. Vor
allem am 23. und 24. Oktober wurden von der Türkei bis in den Osten Rumäniens
und in Griechenland wieder Sommertage verzeichnet, d.h. die Höchstwerte lagen
über oder bei 25,0°C. So gab es am 23. Oktober in Athen 26°C, in Izmir 26°C und
in Sliwen in Bulgarien 25°C. Verbreitet zeigte sich an
den vier Tagen hier kaum eine Wolke. In Sofia gab es täglich um 9 Stunden
Sonne. In der trockenen Luft stellten sich zum Teil große Temperaturunterschiede
zwischen Tag und Nacht ein. So lagen die Tiefstwerte in Sofia zwischen 2 und
0°C, tagsüber war es mit 17 bis 21°C warm. Extreme Hitze stellte sich im Südosten
der Türkei ein. Mit einer südöstlichen Luftströmung wurde am Rand von Hoch
OTMAR Luft direkt aus Syrien und dem Irak herangeführt. So stieg die Temperatur
in Adana am 24. Oktober auf 39,2°C. Auch in Nikosia auf Zypern wurden bis zu
34°C erreicht. Im Verlauf zog Hoch OTMAR weiter nach Osten und befand sich am
25. Oktober nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte.
In Deutschland stellte sich vom 21. bis
24. Oktober unter Tief IMKA und JADRANKA deutlich wechselhafteres Wetter ein,
mit einer südwestlichen Strömung blieb es aber recht mild. Insgesamt kam OTMAR
auf eine recht lange Lebensdauer von 12 Tagen. Dabei zeigte das Hoch uns
zunächst seine „kalte Schulter“, d.h. auf der Ostflanke floss lange Kaltluft
aus Nordosten ein. Erst mit der Verlagerung nach Südosteuropa gab es in weiten
Teilen mit einer südlichen Strömung wieder mildes bis warmes, im Mittelmeerraum
auch heißes Wetter.