Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet PERRYMAN

(getauft am 07.09.2018)

 

Während Ende August über Mittel- und Nordeuropa Bodentiefdruckgebiete namens VERONIQUE und WANDA innerhalb oder auf der Vorderseite eines eher schwach ausgeprägten Troges in der Höhe, flankiert von Hoch ORTWIN über der Keltischen See sowie Hoch NIKLOT in der Nähe von Minsk, das Wettergeschehen in Europa maßgeblich beeinflussten, begann sich das für diese Geschichte relevante Hoch langsam zu entwickeln. Am 30. August trat die Antizyklone jedoch bereits in den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte. Zu diesem Zeitpunkt positionierte sich das Hoch über der kanadischen Provinz Quebec nördlich von Ottawa. In der Höhe befand es sich auf der Rückseite eines Höhentrogs, dessen Trogachse über Südgrönland lag. Ein Höhentrog definiert sich darüber, dass polare Kaltluft nach Süden vordringt. Auf der Rückseite wurde das Hochdruckgebiet durch das Absinken der Luftmassen noch verstärkt. So konnte es im weiteren Verlauf, immer auf der Rückseite des Höhentroges verbleibend, mit dessen Verlagerung über den Nordatlantik nach Europa ziehen. Zum 00 Uhr UTC Termin, also 01 Uhr MEZ, des 6. Septembers befand sich die Hochdruckzelle westlich der Biskaya. Mit weiterer Ostverlagerung des Hochdruckzentrums stand nun endgültig fest, dass die Antizyklone die darauffolgenden Tage das Wetter in Europa beeinflussen wird. Aufgrund dessen taufte die Berliner Wetterkarte am 7. September das Hoch in der Analyse auf den Namen PERRYMAN. Am Tauftag konnte Hoch PERRYMAN nicht mehr als eigenständiges Hoch innerhalb einer abgeschlossenen Isobare, also einer Linie gleichen Luftdrucks, analysiert werden. Stattdessen bildete es eine Verbindung zu weiteren Hochdruckgebieten entlang des Nordatlantiks. Diese Verbindung wird auch als Hochdruckbrücke oder Hochdruckzone bezeichnet. Bei Hochdruckzonen sind mehrere Hochdruckzentren durch eine gemeinsame Isobare miteinander verbunden.

Die Antizyklone PERRYMAN wies zum Nachttermin einen Luftdruck von etwas über 1020 hPa auf. Im Laufe des Tages konnte sich Hoch PERRYMAN weiter nach Osten durchsetzen, sodass besonders der Süden Frankreichs zunehmend in den Genuss vieler Sonnenstunden kam. Während die Kaltfront von Tief YU, welches mit Kern an der Westküste Dänemarks lag, am Tag zuvor Südfrankreich nur wenige oder gar keine Sonnenstunden sowie lokal Niederschlagsmengen von bis zu 20 mm innerhalb 24 Stunden bescherte, sorgte Hoch PERRYMAN am 7. September für 6 Sonnenstunden bspw. in Toulouse, bis sogar 12 Stunden Sonne, was dem astronomischen Maximum für diese Jahreszeit sehr nahe kommt, in Bordeaux und Marseille. Zum Vergleich: Marseille hatte am Tag zuvor lediglich die Hälfte an Sonnenstunden und Bordeaux nur 2 Stunden.

Bei der hohen Anzahl der Sonnenstunden lagen die Tageshöchsttemperaturen teils bis zu 6 Grad höher als noch am Vortag unter der Kaltfront wie z.B. in der französischen Gemeinde Gordon. Dort erwärmte sich die Luft unter 9 Stunden Sonnenschein am 7. September auf rund 25°C, während der Maximalwert am Tag zuvor bei keiner Sonne und 10 mm 24-stündigem Niederschlag nur 19°C betrug.

Bis zum 8. September gelangte dann auch Deutschland allmählich unter den Einfluss von Hoch PERRYMAN. Da die dort vorherrschende Luftmasse relativ trocken war, konnte sich die Luft bis zum Morgen des 8. Septembers stark auskühlen. Am kältesten wurde es dabei in Manderscheid in der Südeifel mit rund 2°C. Am 8. September gelangte das Zentrum von Hoch PERRYMAN bei gleichbleibendem Luftdruck in die Nähe von Paris. Die Verbindung oder auch die „Brücke“ zu einem weiteren, allerdings unbenannten Hoch nahe der Azoren blieb weiterhin bestehen. Die östliche Ausdehnung reichte über Deutschland hinweg bis in den Westen Polens. Mit Hoch PERRYMAN gelangten durch die antizyklonale Drehung, also der Drehung im Uhrzeigersinn, auch etwas kühlere Luftmassen in die Einflussgebiete. Zusätzlich durchlief Polen von Westen nach Osten die Kaltfront von Tief YU. Durch das Zusammenspiel beider Komponenten lagen dort die Maximumtemperaturen am 8. September rund 2 bis 5 Grad tiefer als am 7. September, sodass beispielsweise Posen maximal 22°C vermeldete. Wie weit Hoch PERRYMAN nach Polen in etwa vordringen konnte und wo noch der Einfluss von Tief YU weilte, konnte man gut anhand der Sonnenscheindauern nachvollziehen. Während beispielsweise Leba an der polnischen Ostseeküste 10 Sonnenstunden verzeichnete, konnte das nur etwas weiter östlich gelegene Danzig nur noch 6 Stunden Sonne vermelden. Genau die gleiche Konstellation stellte sich auch im Süden dar: In Legnica schien die Sonne 10 Stunden und im etwa 50 km entfernten Breslau nur noch 8 Stunden.

Auch in Deutschland gab es nach dem Durchgang der Kaltfront von Tief YU mit folglich nur wenigen Sonnenstunden am 8. September wieder einen sonnenscheinreichen Tag. Berlin-Dahlem konnte am 7. September nur 3 Stunden Sonne und am Folgetag dann bereits 10 Sonnenstunden vermelden. Die Temperaturen lagen deutschlandweit bis auf die Gebiete an der Nordseeküste, die noch unter dem Einfluss von Tief YU standen, in einer erwärmten subpolaren Luftmasse bei 20 bis 24°C. Schon zum Folgetag kamen mit Drehung der Strömung auf Südwest vielerorts die Sommertage, also die Tage, bei denen die Höchsttemperaturen 25°C oder mehr betragen, zurück.

Zum 9. September um 00 Uhr UTC zog das Hochdruckzentrum bis in die Südhälfte Deutschlands. Der Bodendruck der Hochdruckzelle betrug knapp 1024 hPa, also etwas höher als an den Tagen zuvor. Mit einer südwestlichen Strömung konnte durch die Drehrichtung von Hoch PERRYMAN sehr warme Luft nach Deutschland gelangen und so konnte man deutschlandweit im Bereich des Hochdruckgebiets ruhiges Spätsommerwetter vorfinden. Dabei schien vor allem im Süden, aber auch in Brandenburg und Berlin sowie in Vorpommern längere Zeit die Sonne. Bei Sonnenscheindauern zwischen 11 und 12 Stunden in nahezu ganz Baden-Württemberg konnten daraus resultierend die höchsten Temperaturwerte am Oberrhein und am Hochrhein mit rund 28°C ausfindig gemacht werden. Auch in Berlin konnte ein weiterer Sommertag aufgezeichnet werden, sodass der Rekordwert von 74 Sommertagen im Jahr 2018 noch weiter erhöht wurde. Es war bereits der 5. Sommertag im gesamten Monat September. Bisher hielt das Jahr 1947 mit 67 Sommertagen gefolgt vom Jahr 2006 mit 65 Sommertagen den Rekord.

Bis zum nächsten Tag zog das Hochdruckzentrum mit etwa gleichbleibendem Bodendruck weiter bis zur Hohen Tatra. Bevor es sich im Laufe des Tages auflöste, brachte es besonders dem süddeutschen Raum noch einmal viel Sonnenschein und sommerliche Wärme. Die 30°C-Marke konnte sogar noch einmal am Oberrhein mit beispielsweise 31°C in Ihringen überschritten werden. In der gesamten Süd- sowie in Teilen der Osthälfte Deutschlands konnte außer in höheren Lagen ein Sommertag verbucht werden. Der Norden Deutschlands gelang dagegen bereits in den Einfluss der schwach ausgeprägten Kaltfront des Tiefdruckwirbels ZEKIYE, die ostwärts zog und neben kompakten Wolkenfeldern hier und da ein paar Tropfen Regen brachte und die Luft auf nur 20 bis 25°C erwärmte. Die Niederschlagsmengen waren jedoch überall von kaum messbarer Intensität. In Berlin-Dahlem kamen im Tagesverlauf 0,0 mm zusammen. In der ersten Septemberdekade waren somit hier erst insgesamt 1,3 mm gefallen. Nach dem rekordtrockenen August setzte sich also die extreme Trockenheit auch in den ersten 10 Septembertagen fort. Mit dem Ableben von Hoch PERRYMAN folgte zugleich ein weiteres Hoch namens QUIRIN, welches zu diesem Zeitpunkt noch über Frankreich lag und in den nächsten Tagen Einfluss auf das Wettergeschehen in Deutschland nahm. Hoch PERRYMAN konnte das letzte Mal am 10. September auf dem Analysebereich der Berliner Wetterkarte abgebildet werden.