Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet PITTER
(getauft am 21.10.2014)
Zu Beginn der
letzten Oktoberdekade befand sich über dem nordeuropäischen Raum im Bereich der
mittleren Troposphäre in etwa
5,5 km Höhe ein schmaler Hochdruckkeil, dessen Achse sich von Dänemark
aus über Skandinavien nordwärts bis nach Spitzbergen erstreckte und einen
Vorstoß relativ warmer Luftmassen nach Norden darstellte. Im Bodendruckfeld
hingegen bestimmte der umfangreiche Tiefdruckkomplex NOA mit Zentren über
Island und dem Baltikum das Wettergeschehen in weiten Teilen Europas.
Hochdruckeinfluss war erst wieder weiter nördlich davon in polaren Breiten
anzutreffen, wobei sich zu diesem Zeitpunkt ein recht kräftiges Kältehoch über
der Arktis gebildet hatte.
Da sich der
Höhenkeil über Skandinavien weiter kräftigten konnte, sollte sich im Bereich
der nördlichen Barentssee ein Teil von diesem arktischen Kältehoch lösen und im
weiteren Verlauf zu einer eigenständigen Bodenhochdruckzelle weiterentwickeln.
Diese sollte in den folgenden Tagen das Wetter von Skandinavien über Ost- bis
nach Mitteleuropa maßgeblich beeinflussen. Und so wurde die bis dahin noch
namenlose Antizyklone am 21. Oktober auf den Namen PITTER getauft.
Zu diesem
Zeitpunkt befand sich das Hoch mit einem Zentrumsdruck von knapp über 1020 hPa
im Bereich der russischen Doppelinsel Nowaja Semlija.
Unter weiterer Verstärkung zog das Hoch PITTER im Tagesverlauf südwestwärts
über die Barentssee in Richtung nordeuropäisches Festland. Der zunehmend
antizyklonale Einfluss sorgte über Nordwestrussland für verbreitet freundliches
und sonniges Wetter, bei allerdings schon winterlichen Verhältnissen. Bereits
Mitte Oktober war arktische Kaltluft und der erste Schnee in den Norden
Russlands und Skandinaviens vorgedrungen. Und so erklären sich auch die kalten Temperaturen,
welche selbst tagsüber nicht über -6°C, wie in Murmansk, -8°C in Archangelsk
oder gar -15°C im weiter östlich gelegenen Pechora
hinaus kamen.
Am 22. Oktober
um 00 UTC, was 01 Uhr MEZ entspricht, konnte das Zentrum von Hoch PITTER
bereits über der Kola-Halbinsel analysiert werden, wobei in Murmansk ein
maximaler Luftdruck von 1030,3 hPa gemessen wurde. Gleichzeitig hatte sich der
antizyklonale Einfluss weiter südwärts nach Schweden und Finnland ausgedehnt. Und in den folgenden Stunden kam es hier, wie
auch über dem Baltikum und Russland zu weiterer, kräftiger Luftdruckzunahme von
teilweise mehr als 2 hPa innerhalb von 3 Stunden. Weil auf der Nordhalbkugel
die Luft das Hochdruckzentrum im Uhrzeigersinn umströmt, wurde gleichzeitig an
der Ostflanke des Hochs arktische Kaltluft in Richtung Russland und ins
Baltikum transportiert. Dies wirkte sich deutlich auf die Tageshöchstwerte in
diesem Bereich aus. So lag das Maximum etwa in Kaunas in Litauen bei nur noch
3°C, nachdem tags zuvor noch milde 13°C gemessen wurden. Ähnlich deutlich war
auch der Temperaturrückgang in Moskau, wo nach +3°C am Vortag, plötzlich
mäßiger Dauerfrost herrschte und nicht mehr als -5°C gemessen wurden, und das
trotz einer Sonnenscheindauer von bis zu 10 Stunden.
In der sich
anschließenden, vielfach sternenklaren Nacht sanken
die Temperaturwerte über dem Norden Russlands und Nordskandinaviens in den sehr
strengen Frostbereich, was sicher auch durch die hier schon vorhandene, mehrere
Zentimeter dicke Schneedecke begünstigt wurde. Aber selbst noch im Südosten
Finnlands wurden vereinzelt, so wie in Tohmajärvi Kemie Temperaturminima bis -20°C registriert.
Bis in die
Frühstunden des 23. Oktober hatte sich Hoch PITTER zu einer umfangreiche
Antizyklone weiterentwickelt, dessen Einfluss von Nordwestrussland aus
mittlerweile bis zur südlichen Ostsee, nach Weißrussland, sowie bis nach
Zentralrussland reichte. Das Zentrum hatte sich im Vergleich zum Vortag auf
knapp über 1035 hPa verstärkt und war nun einige hundert Kilometer weiter
südlich über Karelien zu finden. Folglich gab es erneut viel Sonnenschein, vor
allem im Bereich des Hochdruckzentrums über der Finnischen Halbinsel, aber auch
weiter südlich davon, in einem Streifen vom Baltikum über den Moskauer Raum bis
zur südlichen Wolga. Allerdings blieben die Temperaturen in der eingeflossenen
Arktikluft weiter im Dauerfrostbereich, und dies großräumig von Lappland bis
zum Ural. Beispielsweise stieg die Temperatur in Moskau lediglich auf -6°C.
Währenddessen
verlagerte sich der Kern von Hoch PITTER weiter südwärts und wurde am 24. Oktober
um 00 UTC über dem Raum St. Petersburg analysiert, wobei am Flughafen Pulkovo 1039,2 hPa gemessen wurden. Damit einhergehend
hatte sich der antizyklonale Einfluss und mit ihm die arktische Kaltluft noch
ein Stückchen weiter südwärts bis zur Ukraine und nach Südrussland
ausgebreitet.
Der
Hochdruckeinfluss reichte mittlerweile sogar bis zum östlichen Mitteleuropa.
Vor allem über Polen sorgte dies dafür, dass sich die kräftigen Hochnebelfelder
der vorangegangenen Tage auflösten und die Sonne verbreitet 9 bis 10 Stunden
schien, wie auch weiterhin zwischen Baltikum, Weißrussland und Westrussland. Im
Randbereich zur arktischen Kaltluft erreichten die Temperaturen tagsüber 0 bis
2°C, während sie nachts meist auf -4 bis -8°C sanken. Dagegen blieb im
Kernbereich das Temperaturniveau der vorangegangenen Tage mit Maxima von -5 bis
-9°C und Minima von bis zu -20°C erhalten.
Über Fennoskandien hingegen schwächte sich der
Hochdruckeinfluss, bedingt durch die allmähliche Südwärtsverlagerung
der Antizyklone schon wieder ab, sodass hier Ausläufer eines nachfolgenden
Nordmeertiefs für insgesamt wolkigeres und weniger kaltes Wetter sorgten.
Damit befand
sich das Zentrum des Hochs PITTER in der Nacht zum 25. Oktober mit etwas
über 1040 hPa nahe des Moskauer Raums. Ein Kaltluftvorstoß hatte zu diesem
Zeitpunkt bereits die Schwarzmeerküste erreicht, wobei die Luftmassengrenze
dort recht scharf ausgeprägt war. Während die Temperatur bis um 06 UTC an der
westliche Schwarzmeerküste auf knapp 0°C in Odessa zurückging, betrug sie an
der östlichen Küste in Sotschi noch +15°C. Tagsüber lagen die sonnigsten Bereiche laut Satellitenaufnahme einmal
mehr zwischen Baltikum, Weißrussland, der Ukraine und Westrussland, wobei sich
am West-Ost-Temperaturgefälle der vorangegangenen Tage wenig änderte. So lag
die Höchsttemperatur zwischen +6°C am Übergangsbereich zur Kaltluft in
Kaliningrad, +2°C in Minsk, -2°C in Moskau und -5°C in Kazan.
Am Morgen des
26. Oktober war das Zentrum von Hoch PITTER bereits 400 km südlich des Moskauer
Raums zwischen Dnepr und Wolga zu finden, bei nahezu unverändertem Kerndruck
von knapp über 1040 hPa. So wurde beispielsweise um 06 UTC zwischen Woronesch
und Wolgograd an der Station Kalatsch ein Druck von
1042,3 hPa gemessen. Damit war zugleich der Höhepunkt in der Entwicklung der
Antizyklone erreicht, die sich im Folgenden mit Schwerpunkt langsam gen Osten
verlagerte. Damit einhergehend wandelte sich die eingeflossene Arktikluft über
Osteuropa allmählich in eine kontinentale, etwas weniger kalte subpolare
Luftmasse um. Dies ging zweifelsohne mit höheren Temperaturen einher. So lag
das Maximum in Moskau nunmehr bei +3°C und in Minsk bei +6°C.
Auch an den
Folgetagen blieb die Antizyklone über Osteuropa wetterbestimmend. Darüber
hinaus konnte das Hoch PITTER seinen Einfluss sogar bis nach Westeuropa
ausdehnen, da sich in der Höhe ein neuer Hochdruckkeil von der Iberischen
Halbinsel aus nach West- und Mitteleuropa aufbaute.
Das Zentrum
hingegen, welches sich in der Nacht zum 27. Oktober mit noch knapp über 1040
hPa über Südrussland, im Raum Wolgograd befand, verlagerte sich allmählich
ostwärts in Richtung Kasachstan. Damit verbunden war ein langsamer, aber
stetiger Luftdruckfall über Osteuropa, sodass am Morgen des 29. Oktober hier
nur noch knapp über 1030 hPa gemessen wurden.
Nichtsdestotrotz
brachte das Hoch PITTER auch Richtung Monatsende, also am 27., 28. und 29.
Oktober in einem breiten Streifen von Frankreich über Mitteleuropa bis nach
Russland verbreitet freundliches Spätherbstwetter. Allerdings bilden sich durch
die im Herbst länger werdenden Nächte und der insgesamt feuchteren Luft bei
anhaltendem Hochdruckwetter häufig mitunter recht kräftige Nebel- und
Hochnebelfelder. So auch dieses Mal im Randbereich des Hochs etwa über
Süddeutschland, dem Böhmischen Becken, oder aber über Ostfrankreich. Wenngleich
auch die Luftmasse hier eine ganz andere als in Russland war, so kam es doch zu
großen Temperaturunterschieden. Während beispielsweise am 28. Oktober unter
dichten Nebelfeldern im Raum München lediglich 7°C gemessen wurden, waren es in
Berlin bei 9 Stunden Sonnenschein 12°C. Nachts hingegen kehrte sich das
Temperaturgefälle um, mit einem Minima von 5°C in der bayrischen Hauptstadt und
2°C sowie stellenweise Bodenfrost in Berlin und Brandenburg.
Im Laufe des 29.
Oktober zog sich Hoch PITTER dann ganz allmählich ostwärts in Richtung
Russland-Kasachstan zurück und verlor zusehends an Einfluss auf das
Wettergeschehen in Mitteleuropa. Hier sollte jedoch das über den Alpen neu
entstehende Hoch QUINN bis in den November hinein noch für eine Fortsetzung des
freundlichen Spätherbstwetters sorgen.
Letztmalig
konnte das Hoch PITTER am 30. Oktober mit einem Luftdruck von etwas über 1025
hPa über Südrussland analysiert werden, ehe die Antizyklone bis zum 31. Oktober
über den Ural hinweg in Richtung Westsibirien zog und somit den Analysebereich
der Berliner Wetterkarte verließ.
Geschrieben am 21.12.2014 von Gregor Pittke
Berliner Wetterkarte: 24.10.2014
Pate: Hans-Peter Schäuble