Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
QUEEN
(getauft
am 09. April 2021)
Am 08. April 2021 befand sich das Tiefdruckgebiet VINCENT
zwischen Island und Schottland. Mit der zyklonalen
Drehrichtung des Tiefs (gegen den Uhrzeigersinn) gelangte rückseitig des
Frontensystems arktische Kaltluft von Grönland nach Süden. Da kalte Luft
schwerer ist als warme kam es zu einer Absinkbewegung, sodass sich im
Bodenniveau die Kaltluft sammelte und somit der Druck anstieg. So zeigte sich
am 09. April um 02 Uhr MESZ südlich von Grönland eine Antizyklone mit einem
Druck von über 1030 hPa (Normalluftdruck bei 1013,25 hPa). Da der Jetstream,
ein Starkwindband in höheren Luftschichten, von Grönland in Richtung
Mitteleuropa verlief, war davon auszugehen, dass das Druckgebiet in der Zukunft
auch Deutschland beeinflussen sollte. Von daher erfolgte am 09. April die Taufe
des Hochs in der Analyse auf den Namen QUEEN. An diesem Tag floss an der
Ostflanke des Hochs (Drehrichtung im Uhrzeigersinn) Kaltluft nach Süden und
erreichte den Norden und die Mitte der Britischen Inseln. Es kam zu einem
Temperaturrückgang von oftmals über 5 Kelvin. Wurden am Vortag verbreitet 7 bis
13°C erreicht, so lagen die Höchstwerte am Tag der Taufe zwischen 4 und 10°C.
In den schottischen Highlands gab es sogar Dauerfrost, d.h. die Temperatur
stieg nicht über 0°C am Tage. Auf dem 933 m hohen „The Cairnwell“
lag der Höchstwert bei -1,2°C. Zwischen Hoch QUEEN (über 1030 hPa) und Tief
VINCENT über Südnorwegen (unter 985 hPa) stellte sich ein großer
Luftdruckunterschied ein, der durch Wind ausgeglichen wurde. In den
schottischen Highlands wurden sogar Orkanböen verzeichnet. Deutschland befand
sich an diesem Tag im Einflussbereich von Hoch PEGGY, wo es im Südwesten bis zu
20°C gab.
Am 10. April um 02 Uhr MESZ verlagerte sich Hoch QUEEN
südostwärts und befand sich ca. 1200 km westlich von Schottland. Weiterhin hielt
die Kaltluftzufuhr mit Unterstützung des skandinavischen Tiefs VINCENT an. Über
den Britischen Inseln gab es am Morgen verbreitet leichten, örtlich mäßigen
Frost. In den schottischen Highlands kühlte es bis -7°C ab. Auch der äußerste
Norden Deutschlands wurde direkt von dem Hoch QUEEN beeinflusst. Nach Abzug der
Kaltfront von Tief VINCENT klarte es nachts in Schleswig-Holstein unter Hochdruckeinfluss
auf, sodass es Frost bis -3°C gab, wie in Leck mit -2,5°C. Die Kaltluft
beeinflusste aber vor allem die Britischen Inseln. So blieb es mit Höchstwerten
von 4 bis knapp 10°C tagsüber zu kalt für die Jahreszeit. In London gab es
beispielsweise nur 9,4°C, nachdem am Vortag noch 14,3°C erreicht wurden. Von
Schottland und Irland über die Nordsee bis Norddeutschland wurden an diesem Tag
durch Hoch QUEEN 7 bis 11 Sonnenstunden verzeichnet. Glasgow vermeldete 9,0 und
List auf Sylt 9,6 Sonnenstunden. Auch in Norddeutschland blieb es im Bereich
der arktischen Luftmassen mit 7 bis 10°C zu kalt (z.B. Sankt Peter-Ording mit
7,8°C).
Am Folgetag befand sich das unverändert kräftige Hoch QUEEN
(über 1030 hPa) ca. 1000 km westlich von Irland. Die nach Süden fließende
arktische Kaltluft traf über Frankreich auf subtropische Luftmassen. So kam es
über dem Golf von Biskaya aufgrund der Temperaturunterschiede zu einer
Zyklogenese (Tief WILKEN). Dieses befand sich am 11. April um 02 Uhr MESZ
bereits über Westdeutschland. Durch Tief WILKEN und Hoch QUEEN bauten sich an
diesem Tag enorme Gegensätze über Europa auf. Am Rande der Antizyklone floss
die Kaltluft bis nach Nordspanien. So lag die Höchsttemperatur auf den
Britischen Inseln nur zwischen 4 und 9°C, während im Osten Deutschlands bis
23°C verzeichnet wurden. Die Temperatur war nicht nur am Boden niedrig, sondern
auch in höheren Luftschichten. Im 500hPa-Niveau, also etwa auf 5,5 km lag die
Temperatur bei -30 bis -36°C. Durch die schon recht kräftige Aprilsonne
erwärmte sich die Luft in Bodennähe auf knapp 10°C. Durch die großen
Temperaturunterschiede bildeten sich über den Britischen Inseln trotz
Hochdruckeinflusseses (und damit absinkender Luftbewegung – während Schauer
eine aufsteigende Luftbewegung bedeuten) einzelne Schauer aus, die meist als
Schnee fielen. Auf der schottischen Insel Fair Isle wurde am Morgen eine
Schneehöhe von 3 cm vermeldet, auch in England wurde es örtlich weiß. Im
Zusammenspiel mit dem Frontensystem von Tief WILKEN und der Kaltluft von Hoch
QUEEN ging der Niederschlag in den Morgenstunden des 11. April auch im
Nordwesten Schleswig-Holsteins in Schnee über. Hattstedt
im Kreis Nordfriesland vermeldete eine Schneedecke von 2 cm. Im Tagesverlauf
nahmen die Temperaturgegensätze über Deutschland weiter zu. Um 14 Uhr MESZ
wurden in Cottbus 20,5°C, in Köln/Bonn 3,8°C und in der Eifel sogar nur 0°C
gemessen (Nürburg-Barweiler 0,4°C und leichter Schneefall). Sonniges Wetter gab
es an diesem Tag wieder über den Britischen Inseln bis in den Westen
Frankreichs. Dublin und London vermeldeten 7 Sonnenstunden, Brest in der
Normandie 11 Stunden.
Mit weiterer Ostverlagerung von Tief WILKEN gelangte auch
Hoch QUEEN rascher südostwärts und befand sich am 12. April um 02 Uhr MESZ ca.
300 km südlich von Irland. Der Druck blieb mit über 1030 hPa konstant hoch.
Damit setzte sich die am Rande von Hoch QUEEN einfließende Kaltluft überall in
Deutschland durch. Im Vergleich zum Vortag kam es im Südosten Deutschlands zu
einem massiven Temperatursturz. Gab es in München am 11. April noch 20,4°C als
Höchsttemperatur, so wurden 24 Stunden später maximal 2,9°C verzeichnet. Am
Mittag befand sich das Zentrum von Hoch QUEEN östlich von Paris. Das direkte
Einflussgebiet vergrößerte sich enorm. So gab es von Westdeutschland, den
Britischen Inseln bis Frankreich und der Iberischen Halbinsel oftmals 7 bis 13
Sonnenstunden. Die Höchstwerte lagen mit Sonnenschein meist zwischen 7 und
14°C. Einzelne Schauer gab es noch über Deutschland, die in der Kaltluft zum
Teil mit Schnee oder Graupel vermischt waren.
Am 13. April um 02 Uhr MESZ befand sich Hoch QUEEN über
Paris mit ca. 1033 hPa. Es brachte Deutschland an diesem Tag erneut sonniges
Aprilwetter. Vor allem an den deutschen Küsten gab es mehr als 10
Sonnenstunden, aber auch Sonnenbühl in der schwäbischen Alb
meldete 11,5 Stunden. Sonst lag die Sonnenscheindauer meist zwischen 5 und 8
Stunden. Nur im Süden Bayerns dominierten im Bereich von Tief XANDER ganztägig
dichte Wolken, so dass es hier teilweise gar keinen Sonnenschein gab. Im
Tagesverlauf bildeten sich in der Kaltluft jedoch wieder Schauer, die teilweise
mit Graupel vermischt waren. Laage nahe Rostock meldete sogar ein Gewitter. Die
Niederschlagsmengen waren dabei durch den Hochdruckeinfluss meistens gering.
Die Höchsttemperatur lag dabei in der eingeflossenen arktischen Meeresluft (mA)
bei kalten 8 bis 11°C. In den Morgenstunden gab es häufig Werte unter dem
Gefrierpunkt. Vor allem in der Südhälfte Deutschlands wurde sogar mäßiger Frost
registriert, wie z.B. in Bad Königshofen mit -7,0°C, welches für Mitte April
schon ungewöhnlich kalt ist. Selbst in Südfrankreich reichte es für leichten
Frost (Tarbes -0,4°C).
Am 14. April verlagerte sich der Schwerpunkt von Hoch QUEEN
wieder nach Norden. Das Zentrum lag um 02 Uhr MESZ mit knapp 1034 hPa über
Wales. Weiterhin hielt die Kaltluftzufuhr aus Nordwesten an. Die Kaltluft floss
dabei über die 6°C bis 8°C ‚warme‘ Nordsee, wodurch südostwärts ziehende
Schauer ausgelöst wurden. Diese brachten aber nur sehr selten mehr als 1 mm
Niederschlag, z.T. aber als Schnee oder Graupel. In der arktischen Luftmasse
stieg die Temperatur in Deutschland wieder selten über die 10°C-Marke an, nur
am Oberrhein wurde knapp 11°C erreicht. Besonders kalt blieb es über den
Schneeflächen im Erzgebirge und im Voralpen- und Alpenraum, wo in höheren Lagen
z.T. der Gefrierpunkt nicht überschritten wurde. In diesen Regionen blieb es
meist wolkig, die Sonne zeigte sich hier vielfach weniger als 5 Stunden.
Entlang der Küsten von Nord- und Ostsee dagegen konnten meist mehr als 10
Stunden verbucht werden, im Ostseebad Schönhagen im Norden Schleswig-Holsteins
waren es 13 Stunden, am Kap Arkona auf Rügen sogar 13,5 Stunden. Wie bereits in
den Vornächten sank die Temperatur auch in der Nacht zum 15. April bei vielfach
aufklarendem Himmel wieder fast überall in den Frostbereich. Besonders kalt
wurde es - abgesehen von der Zugspitze, wo die Luft sich auf
-17,6°C abkühlte - in den Hochtälern des Schwarzwaldes und der Schwäbischen Alb
mit Temperaturminima von -8°C bis -10°C. Im Nordosten Deutschlands blieb es mit
Tiefstwerten zwischen +2°C und -2°C etwas milder. Hier wirkte die Ausstrahlung
der Erdoberfläche verhindernde Wolkendecke, die im Zusammenhang mit dem
Tiefdruckwirbel XANDER über Osteuropa stand. In Essen gab es dabei einen in
diesen Zeiten seltenen Rekord an Frosttagen. Die Station Essen-Bredeney
verzeichnete am Morgen einen Tiefstwert von -0,4°C. Es war damit bis zu diesem
Zeitpunkt der 8. Frosttag im April. Damit wurde der Höchstwert von 8 aus dem
Jahr 1958 in der Messreihe seit 1953 eingestellt.
Abb.
1: Satellitenbild aus dem online-Bereich der Berliner
Wetterkarte vom 15. April 2021 um 02 Uhr MESZ mit einem durch Hoch QUEEN fast
wolkenlosen Westeuropa
Am 15. April verstärkte sich die Antizyklone deutlich, wobei
sich zwei getrennte Zentren ausbildeten. Eins lag um 02 Uhr MESZ über
Mittelengland, das Zweite über Südnorwegen. Beide Zellen erreichten einen Druck
von über 1035 hPa. Der Einflussbereich des Hochs erstreckte sich von
Südskandinavien, den Britischen Inseln bis nach Italien. Über großen Gebieten des
Kontinents waren arktische Luftmassen aktiv, womit sich sehr kaltes aber oft
sonniges Aprilwetter durchsetzte. So gab es über den
Britischen Inseln erneut einen sonnigen Tag mit bis zu 13 Stunden Sonnenschein
und großen Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Tagsüber stieg die
Temperatur verbreitet auf 8 bis 15°C, nachts gab es vielerorts jedoch leichten
bis mäßigen Frost. Beispielsweise lag das Maximum in Aboyne
bei Aberdeen (Schottland) am 14. April bei 14°C, während am Morgen des 15.
Aprils dort Frost bis -7°C gemessen wurde, was einem Tagesgang von 21 Kelvin
entspricht. Auch die Stationen München Flughafen mit einem Minimum von -6°C und
Augsburg mit -5°C verzeichneten mäßigen Frost. Sonnig war es auch in
Skandinavien, doch sank die Temperatur in Südnorwegen an einigen höher
gelegenen Stationen in den Morgenstunden sogar unter -20°C (Dyranut,
1250 m -23°C). Die 850-hPa-Werte (in etwa 1500 m Höhe) lagen über Deutschland
um oder unter -5°C. Die 850hPa-Temperatur wird in der Meteorologie gern benutzt,
da diese nicht von den Schwankungen der Temperatur von Tag und Nacht betroffen
ist, sodass mit dieser Temperatur die Luftmasse klassifiziert werden kann (-5°C
Mitte April = arktischer bis subpolarer Ursprung). Nur
im westlichen Deutschland wurde die 10°C-Marke knapp überschritten. Nach Osten
hin hielten sich dichte Wolkenfelder, so gab es von Ostbrandenburg bis zur
Lausitz gar keinen Sonnenschein, und die Temperatur stieg in Görlitz nur auf
3°C. Hier machte sich das über Osteuropa liegende Tief XANDER bereits
bemerkbar. In der labil geschichteten Luft entstanden tagsüber einige Schauer,
die aber erneut nur geringe Niederschlagsmengen brachten.
Vom 16. bis 18. April änderte sich an der Lage von Hoch QUEEN
kaum etwas. Die Antizyklone erstreckte sich weiterhin mit zwei Zentren über
England und Südskandinavien. Während von Südskandinavien über die Britischen
Inseln bis nach Spanien das oftmals sonnige und kalte Wetter mit Nachtfrösten
anhielt, nahmen die Wolkenanteile in Deutschland von Osten her zu. Mit dem über
Belarus liegenden Tief XANDER gelangten auf ungewöhnlichem Weg vom Schwarzen
Meer her wärmere Luftmassen in das Bundesgebiet. Damit nahm die Neigung zu
Nachtfrösten ab, im Nordwesten und Südwesten wurde durch die nähere Lage an das
Hoch QUEEN häufig nochmals leichter Frost verzeichnet. In Schweden gab es mit
der Warmluft aus Südost bis Ost am 18. April erstmals über 20°C im Jahr 2021. Markaryd im Süden des Landes erreichte 20,2°C. In Helsinki
war der April 2021 bis zum 18. April von der Durchschnittstemperatur her der
zweitwärmste seit Aufzeichnungsbeginn.
Am 19. und 20. April befand sich Hoch QUEEN mit seinem
Zentrum über Südschweden. Dabei nahm der Druck von 1030 auf 1025 hPa ab. Durch
die Position des Hochs wurde aus Osten trockene und recht warme Luft
herangeführt. Am 20. April stieg die Temperatur in Deutschland auf 13 bis 19°C.
Nur an der Ostsee blieb es mit 8 bis 12°C deutlich kühler, da hier der Wind von
der See her wehte, die zu diesem Zeitpunkt noch kalt war (5 bis 6°C). Vor allem
im Norden des Landes schien die Sonne oftmals für 10 bis 14 Stunden. Der 20.
April war aber der letzte Tag, an dem Hoch QUEEN in der Berliner Wetterkarte
eingezeichnet war, da sich die Antizyklone am Abend auflöste. Am 21. April zog
das Tief ZOHAN nach Südskandinavien, dahinter baute sich ein neues Hoch auf
(RENATE). Damit wiederholte sich die Wetterlage vom 09. April nahezu eins zu
eins, da Hoch RENATE und Tief ZOHAN dieselben Positionen einnahmen wie schon
Hoch QUEEN und Tief VINCENT. Die Folge für Deutschland und Westeuropa war ein
neuerlicher Kaltlufteinbruch mit späten Nachtfrösten.
Insgesamt erreichte Hoch QUEEN eine Lebensdauer von 11
Tagen, welches für ein Hoch im Frühjahr recht lang ist. Häufig ist das Wetter
in Frühjahr durch die noch großen Temperaturunterschiede dynamischer, sodass
sich Druckgebilde häufiger abwechseln. Durch die Position des Hochs, einmal
westlich, später nord- bis nordöstlich von Deutschland wurde zunächst arktische
Kaltluft herangeführt, später deutlich mildere und trockenere Luft aus Osten.
Maßgeblich sorgte das Hoch dafür, dass es in Deutschland der kälteste April
seit 41 Jahren war. Auch in England war Hoch QUEEN ein wichtiger Bestandteil,
damit es der sonnigste April seit Aufzeichnungsbeginn wurde. Durch das sonnige
und kalte Wetter gab es in England am Ende an 14 Tagen Nachtfröste. Dies ist
ein Wert, der normalerweise in den Monaten Dezember, Januar und Februar zu
erwarten ist. Zudem war der April 2021 in England der vierttrockenste seit
Aufzeichnungsbeginn.