Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet QUINTUS

(getauft am 29.10.2020)

 

In der letzten Oktoberdekade wurde das Wetter in West- und Mitteleuropa vorwiegend von Tiefdruckgebieten, auch Zyklonen genannt, bestimmt. Dies lag vor allem daran, dass in einer Höhe von circa 5,5 km, auf der 500-hPa-Höhenkarte, ein Höhentrog, also ein Vorstoß kalter Luft aus Norden, über West- und Mitteleuropa lag. Zwischen dieser Reihe aus Tiefdruckgebieten bildete sich zum 29. Oktober über dem östlichen Teil Grönlands ein Hochdruckgebiet, welches unter Berücksichtigung seiner zukünftigen Zugbahn sowie seiner Entwicklung in der Prognose für den Folgetag von den Meteorologen der Berliner Wetterkarte auf den Namen QUINTUS getauft wurde.

 

Innerhalb der nächsten zwei Tage bis zum 31. Oktober hatte sich Hoch QUINTUS in Richtung Südosten verlagert und an Intensität gewonnen. Der Zentrumsdruck ist innerhalb der letzten 48 Stunden um ungefähr 5 hPa gestiegen und lag nun bei gut 1020 hPa. Die Antizyklone befand sich mit ihrem Zentrum nördlich von Helsinki und wurde in ihrer Ausdehnung nach Westen, Süden und Osten aufgrund der angrenzenden Tiefdruckgebiete – MAROLA II über Dänemark und ein unbenanntes Tief über der russischen Doppelinsel Nowaja Semlja – und ihrer Ausläufer räumlich begrenzt. Auf Grund der Drehrichtung von Hochdruckgebieten – auf der Nordhalbkugel im Uhrzeigersinn – gelangte westlich des Hochs QUINTUS warme Luft nach Norden und im Osten kalte Luft nach Süden. So wurden an dem Tag entlang der Westflanke der Antizyklone maximale Temperaturen von bis zu 8°C gemessen wie an den Stationen Umeå mit 6,5°C, Vaasa mit 7,1°C und in Uppsala mit sogar 8,6°C. Alle diese Messstationen liegen an der Ostküste Schwedens. Östlich des Hochs waren es hingegen nur maximale 1,8°C in der nordwestrussischen Siedlung Konoscha, -0,6°C im Ort Kanevka und sogar nur -3,1°C an der weiter westlich gelegenen Station Krasnoshchelye, einem Dorf jenseits des Polarkreises auf der Kola-Halbinsel. All diese Stationen sind im äußersten Nordwesten Russlands lokalisiert. Niederschlag fiel im Einflussbereich der Antizyklone aufgrund der Absinkbewegung der Luft innerhalb dieser kaum, was bedeutet, dass weniger als 0,2 l/m² innerhalb von 12 Stunden zusammenkamen. Und selbst dieser Niederschlag kann weniger Hoch QUINTUS, sondern vielmehr denen der Antizyklone umgebenden Tiefdruckausläufern zugeordnet werden.

Bis zum 01. November um 00 UTC, also um 01 Uhr MEZ, verlagerte sich das Hochdruckgebiet mit seinem Zentrum bis südlich von Archangelsk. Zusätzlich verstärkte es sich noch und hatte mittlerweile einen maximalen Druck im Zentrum von über 1030 hPa. Da der Druckunterschied im Verhältnis zum Abstand zum Tiefdruckgebiet NINA, welches nördlich von Großbritannien zu verorten war, sehr groß ausfiel, waren die Isobaren – Linien gleichen Luftdrucks – sehr stark gedrängt, was zu starkem Wind führte. Dieser wurde vor allem an der Südwestküste Norwegens deutlich, wo Windböen von bis zu 12 auf der Beaufort-Skala registriert wurden. Die höchste Windgeschwindigkeit wurde mit 159 km/h auf dem Juvvasshøi gemessen, einem Berg in Oppland in Südnorwegen. Ebenfalls schwere Sturmböen oder orkanartige Böen wurden an den Küstenstationen registriert, wo 100 km/h an der Station Rover, 107 km/h an der Station Fedja und sogar 119 km/h an dem Leuchtturm im norwegischen Rogaland auf der Westseite der Insel Utsira. Mit dem Weiterziehen des Hochdruckgebietes QUINTUS gen Südosten wird sich dieser Druckunterschied etwas abschwächen, wodurch auch die Windgeschwindigkeiten nicht mehr allzu extrem werden sollten.

 

Innerhalb der nächsten 48 Stunden verlagerte sich die Antizyklone QUINTUS wie bereits geschrieben südostwärts und lag am 03. November um 00 UTC mit seinem Zentrum westlich von Tobolsk. Sein Einflussbereich ging nicht über Russland hinaus, beeinflusste jedoch schwach das Gebiet um die Ukraine. Das Ende der Warmfront von Tief NINA, welches nun nordöstlich von Island zu verorten war, ging bis in den Einflussbereich der Antizyklone und verlief bis knapp nördlich des Zentrums. Westlich reichte der Einflussbereich des Hochdruckgebietes bis nahe der Warmfront von ex-ZETA, welche ungefähr von Murmansk aus in südliche Richtung, westlich an St. Petersburg vorbei, bis nach Sofia reichte. Aufgrund des umgebenden Tiefdruckeinflusses kam es im gesamten Einflussbereich von Hoch QUINTUS erneut zu Niederschlagereignissen, allerdings nur mit minimalen, kaum messbaren Regenmengen, mit Ausnahme der Station Bogoroditskoe-Fenino nahe der russischen Stadt Gubkin im Südwesten des Landes, wo 12-stündige Regensummen von 15,0 l/m² registriert wurden oder in Charkiw, wo die Messgeräte 7,0 l/m² vermeldeten.

 

Am folgenden Tag, dem 04. November um 00 UTC, war das Hochdruckgebiet QUINTUS das letzte Mal am äußersten Rand auf der Berliner Wetterkarte verzeichnet. Es hatte sich zwar weiter auf über 1035 hPa verstärkt, allerdings ist es auch nach Südosten gewandert, wodurch es eben kaum noch im Analysebereich zu erkennen war. Auch das Einflussgebiet schrumpfte ein wenig, so ging es im Westen nur noch bis etwa Moskau und im Süden bis zum Schwarzen Meer, wo sich der Einfluss mit dem dort erst kürzlich entstandenen Hoch PIT vermischte. Die Warmfront, welche am Vortag noch Tief NINA zuzuordnen war, war nun nicht mehr direkt mit dessen Kern verbunden, reichte allerdings weiter tief in den Bereich von Hoch QUINTUS hinein.

 

Zum Folgetag verlagerte sich die Antizyklone nun endgültig aus dem Bereich der Berliner Wetterkarte hinaus und war infolgedessen nicht mehr in Europa, aber dafür weiterhin im russischen Raum wetterwirksam.