Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet RODEGANG

(getauft am 11.09.2018)

 

Am Ende der ersten Septemberdekade etablierte sich über dem Norden Kanadas hoher Luftdruck. Mit nördlichen Winden flossen arktische Luftmassen in diesem Gebiet ein. Da kalte Luft schwerer ist als warme Luft, kann sich diese in Bodennähe ansammeln. Durch das höhere Gewicht herrscht nun am Boden ein höherer Luftdruck. Nach diesem Prinzip bildete sich dieses Druckgebiet als sogenanntes kaltes Bodenhoch aus. Am 10. September gelangte die Antizyklone mit einem Luftdruck von etwas über 1025 hPa in die klimatologisch vorherrschende Westwindströmung über dem nördlichen Atlantik. Mit östlicher Verlagerung erfolgte von der Berliner Wetterkarte am 11. September in der Prognose die Taufe des Hochdruckgebietes auf den Namen RODEGANG. Ein Hochdruckgebiet oder Antizyklone ist ein Gebiet in dem eine absinkende Luftbewegung vorherrscht. Damit lösen sich Wolken auf und freundliches Wetter kann sich meist durchsetzen. Die Luftmassen drehen sich dabei im Uhrzeigersinn um das Zentrum herum.

Um 01 Uhr MEZ befand sich Hoch RODEGANG am 11. September mit einem erhöhten Luftdruck von ca. 1032 hPa knapp südlich von Neufundland. Einfluss auf das europäische Festland nahm die Antizyklone aber erst ab dem 12. September. Das Zentrum des Hochs befand sich um 01 Uhr MEZ über dem Nordatlantik auf geografischer Höhe von Reykjavik mit einem Druck um 1030 hPa. Tief ANTHEA zog vom 11. zum 12. September mit Regenfällen und vielen Wolken von Großbritannien nach Südschweden. Mit Annäherung von Hoch RODEGANG setzte sich am 12. September in Irland, Wales und Mittelengland die Sonne für 6 bis 9 Stunden durch. Die meisten Sonnenstunden gab es in Dublin mit 9,5 Stunden. Der Süden Englands blieb dagegen unter der langgezogenen Kaltfront von Tief ANTHEA von Wolken bedeckt und zeitweilig fiel Regen. In der kräftigen nordwestlichen Strömung wurde vorderseitig des Hochs RODEGANG maritime Arktikluft herangeführt. Damit entstanden trotz des zunehmenden Hochdruckeinflusses zahlreiche Schauer, welche aber meist nicht mehr als 1 mm Regen brachten. Die Höchsttemperaturen lagen verbreitet bei 13 bis 16°C, in Wales örtlich bis 18°C.

Am Folgetag positionierte sich die Antizyklone knapp südlich von Irland. Es bildete sich eine schmale Hochdruckzone aus, welche bis in das nördliche Polen reichte. Von Südengland und Nordfrankreich über Holland, Hamburg und Rügen bis Danzig setzte sich somit freundliches Wetter mit 7 bis 11 Sonnenstunden durch. Südlich dieser Zone lag weiterhin die Kaltfront von Tief ANTHEA mit dichten Wolken, nördlicher brachte ein Tief nahe Island ebenfalls viele Wolken mit sich.  Die Luftmasse, die sich von maritimer Artikluft in maritime Polarluft wandelte, kühlte sich in der klaren und windarmen Nacht gebietsweise stark ab. In dem bereits erwähnten Streifen lagen die Tiefstwerte gebietsweise unter 10°C, in Deutschland wurde es in Friesoythe-Altenoythe in Niedersachsen mit 5,0°C am kältesten. Im südlichen England wurden Temperaturminima bis 2°C verzeichnet, stellenweise trat hier erster Frost in Bodennähe auf.  

Bis zum 14. September änderte sich an der Lage des Zentrums von Hoch RODEGANG nur wenig. Es lag mit einem Druck von ca. 1028 hPa knapp westlich der Bretagne. Die Zone hohen Luftdrucks weitete sich nach Osten aus und reichte bis Moskau. Somit gab es von der Bretagne über Norddeutschland bis Moskau freundliches Wetter mit 7 bis 10 Sonnenstunden. Südlich der Hochdruckzone beeinflusste weiterhin die von Nordspanien über Süddeutschland bis zum Ural reichende Kaltfront von Tief ANTHEA mit dichten Wolken das Wettergeschehen. So teilte die Front Brandenburg in mehrere Wetterzonen. Während es im Spreewald bedeckt blieb, zeigte sich die Sonne in der Prignitz 10 Stunden lang, in Berlin reichte es für 1 bis 3 Sonnenstunden. Von Niedersachsen bis Mecklenburg sank die Temperatur am Morgen gebietsweise unter 5°C. Erneut wurde es im niedersächsischen Friesoythe-Altenoythe am kältesten mit 2,4°C, gefolgt von Fassberg und Quickborn mit jeweils 2,9°C. Tagsüber erwärmte sich die Luft im Einflussbereich des Hochs RODEGANG auf 17 bis 22°C, selbst Moskau im äußersten Osten erreichte 21,5°C. Südlich der Kaltfront blieb es mit 15 bis 19°C kälter. England befand sich nicht mehr im direkten Einflussgebiet des Hochs, hier zog das Tief BIANCA auf, sodass die Sonne nur noch 1 bis 5 Stunden zum Vorschein kam.

Am 15. September um 01 Uhr MEZ befand sich Hoch RODEGANG mit ca. 1027 hPa über der Bretagne. Über Weißrussland und Russland bildete sich ein neues Hoch aus, sodass sich die Hochdruckzone in der Folge auflöste. Der Einflussbereich von Hoch RODEGANG vergrößerte sich leicht und reichte von Frankreich über die Schweiz, Österreich und Deutschland bis Westpolen. Verbreitet konnten hier 7 bis 10, von Mittelfrankreich bis Südwestdeutschland sogar 12 Sonnenstunden registriert werden. In Deutschland gab es an diesem Tag drei Wetterzonen. In der Nordwesthälfte sorgte die Kaltfront von Tief BIANCA bei 1 bis 3 Sonnenstunden für einige Schauer, auch direkt am Alpenrand blieb es trüb unter der Kaltfront von Tief ANTHEA. Sonst gab es unter dem Hochdruckeinfluss freundliches Spätsommerwetter. Berlin-Dahlem vermeldete 6 Stunden, Erfurt 8 Stunden und Freiburg im Breisgau 11 Stunden Sonnenschein. Die gealterte Polarluft konnte sich weiter erwärmen, sodass Höchstwerte von 19 bis 24°C erreicht wurden. Im bayerischen Kitzingen war es mit 23,9°C am wärmsten. 

Am Folgetag, dem 16. September um 01 Uhr MEZ konnte Hoch RODEGANG mit 1027 hPa über München analysiert werden. Die Front des Tiefs ANTHEA löste sich durch die Verlagerung des Hochs auf, gleichzeitig griff die Kaltfront von Tief BIANCA weiter auf Norddeutschland über. Der Einflussbereich von Antizyklone RODEGANG vergrößerte sich massiv und reichte von Frankreich über Italien, Griechenland, der westlichen Ukraine bis Estland und Südskandinavien. Verbreitet konnten in diesen Regionen 8 bis 12 Sonnenstunden verzeichnet werden. In Deutschland schien südlich einer Linie von Köln bis Cottbus 10 bis 12 Stunden lang die Sonne, nördlich davon 5 bis 9 Stunden. Hier dämpften die Wolken der Kaltfront von Tief BIANCA die Sonneneinstrahlung. Mit der Lage des Hochs und der im Uhrzeigersinn verlaufenden Drehrichtung wurde auf der Südwestflanke von Hoch RODEGANG subtropische Luft von Spanien nach Norden transportiert. Die Temperaturen stiegen im Südwesten Frankreichs auf 28 bis 32°C, wie z.B. in Toulouse auf 31,0°C. In Deutschland konnte die 25°C-Marke gebietsweise im Südwesten überschritten werden, sodass nochmals Sommertage verzeichnet wurden. Von einem Sommertag spricht man, wenn die Höchsttemperatur 25,0°C erreicht oder überschreitet. Am wärmsten wurde es im baden-württembergischen Waghäusel-Kirrlach mit 27,1°C. Im restlichen Deutschland registrierte man Maximaltemperaturen von 20 bis 24°C, einzig an den Küsten wurden die 20°C knapp nicht erreicht.

Vom 17. bis zum 20. September setzte sich die Antizyklone RODEGANG mit einem Druck von 1023 bis 1027 hPa knapp westlich des Schwarzen Meeres fest. Durch die stationäre Lage des Hochs befand sich Mitteleuropa weiterhin in einer südwestlichen Boden- und Höhenströmung, mit der subtropische Luftmassen herangeführt wurden, sodass sich letztmalig im Jahr 2018 eine Hitzewelle einstellen konnte. Bereits am 17. September konnte nahezu bundesweit ein Sommertag verzeichnet werden, Spitzenreiter war Emmendingen-Mundingen am Oberrhein mit 29,9°C. In Mittel- und Südfrankreich erreichte man gebietsweise 30 bis 33°C, Paris-Orly blieb mit 29,5°C knapp unter der 30°C-Marke. Der 18. September stellte den Höhepunkt der Hitzewelle dar. Gebietsweise wurde die 30°C-Marke in Deutschland überschritten und es wurden zahlreiche Rekorde für einen 18. September gebrochen. Berlin-Dahlem vermeldete 30,2°C, der bisherige Rekordwert an diesem Datum lag bei 28,0°C. Auch in Hamburg mit 31,4°C oder in Düsseldorf mit 31,8°C wurde es ungewöhnlich heiß. Den höchsten Wert verzeichnete Köln mit 33,1°C. Auch in anderen Teilen Europas wurde es außergewöhnlich warm, viele Wetterstationen in Dänemark und Südschweden verzeichneten Sommertage, selbst auf Bornholm konnten 27°C erreicht werden. Im Einflussgebiet von Hoch RODEGANG blieb es nahezu wolkenlos, sodass die astronomisch maximale Sonnenscheindauer von 11 oder 12 Stunden verzeichnet werden konnte.

Am nächsten Tag schwächte sich die Hitze leicht ab, vom Oberrhein bis Berlin wurden aber erneut 30°C überschritten, wie z.B. in Bernburg mit 30,9°C oder Leipzig mit 30,5°C. Im gesamten mittel-, ost- und südosteuropäischen Raum stieg die Temperatur auf über 25°C, Richtung Adria und Ägäis über 30°C. Auch die Nächte zeigten sich sommerlich warm mit Tiefstwerten von 18 bis 10°C.

Der 20. September ähnelte sehr dem Vortag. In Deutschland und in weiten Teilen Europas wurden 10 bis 12 Sonnenstunden verzeichnet und es wurden 23 bis 28°C gemessen, vom Oberrhein bis zur Lausitz sogar über 30°C. Spitzenreiter war das bayerische Möhrendorf mit 32,1°C.

Der 21. September stellte den letzten Tag dar, an dem Hoch RODEGANG Einfluss auf Deutschland hatte. Auf der Vorderseite des Sturmtiefs ELENA konnte es sich in der Südosthälfte Deutschlands mit Hilfe der subtropischen Luftmasse noch einmal kräftig erwärmen. In Brandenburg, Berlin und Sachsen erreichte man noch einmal die 30°C-Marke. Auch Berlin-Dahlem erreichte mit 30,3°C einen heißen Tag. Damit ist dies das späteste Datum, an dem in der 110-jährigen Klimareihe ein heißer Tag beobachtet werden konnte. Der Rekord zuvor stammte vom 20. September 1947. Mit der Kaltfront des Tiefs ELENA erfolgte ein Temperatursturz von über 10 Grad und beendete das hochsommerliche Wetter in Deutschland. 

Vom 22. bis 23. September positionierte sich Hoch RODEGANG nahe Wolgograd und brachte dem Westen Russlands und der Ukraine sommerliches Wetter. Moskau verzeichnete am 23. September nochmals 26,1°C, am Folgetag konnten nur noch 13,8°C im Maximum verzeichnet werden. Hoch RODEGANG wurde von der Kaltfront des Tiefs ELENA weiter nach Osten verdrängt, sodass sich die Antizyklone am 24. September nicht mehr im Analyseausschnitt der Berliner Wetterkarte befand.