Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet SEPIDEH

(getauft am 26.09.2011)

 

Am 26.09.2011 zog eine Kaltfront von England über die Nordsee nach Skandinavien. Kaltfronten sind u.a. dadurch charakterisiert, das auf ihrer Vorderseite Luft aufsteigt, während auf ihrer Rückseite Luft absinkt. Zusätzlich angetrieben von der Höhenströmung der oberen Troposphäre (Luftschicht in 5-10 km Höhe) kam es dazu, dass sich auf der Rückseite der Kaltfront über Großbritannien ein neues Hochdruckgebiet bildete. Dieses wurde noch am gleichen Tag auf den Namen SEPIDEH getauft und war am nächsten Tag über der Nordsee das erste Mal auf der Wetterkarte zu sehen. Der Kerndruck im Zentrum von Hoch SEPIDEH stieg in dieser ersten Entwicklungsphase schnell an, in nur 24 Stunden um über 10 hPa, sodass in den Mittagsstunden des 27.09. die Antizyklone SEPIDEH bereits einen Kerndruck von 1030 hPa besaß. Zwar sorgte diese Stabilisierung der Atmosphäre für das Abklingen der Niederschläge der abziehenden Kaltfront, allerdings befand sich in der untersten Luftschicht noch relativ viel Feuchtigkeit, sodass vor allem in der Nordhälfte Deutschlands noch dichte Quellbewölkung auftrat. Während südlich des Mains und direkt an der Küste am 27.09. schon 10 Stunden Sonnenschein und mehr gemessen wurden, schien die Sonne z. B. in Berlin und Hannover nur 2-3 Stunden. Einhergehend mit dem Sonnenschein stiegen auch die Temperatur auf sommerliche Werte an, sodass es z. B. mit 26°C in Mannheim 6°C wärmer war als in Berlin.

Am 28.09. zeigte sich in den Wetterkarten, dass Hoch SEPIDEH ein blockierendes Hochdruckgebiet werden würde. Denn mittlerweile hatte sich das Bodenhoch mit einem ausgeprägten Keil in einer Höhe von 5,5 km, über Mitteleuropa bis in die obere Troposphäre durchgesetzt. Diese sogenannte Omega-Wetterlage ist sehr stabil und ortsfest. Tiefdruckgebiete die sonst auf einem direkt Ost-Kurs vom Atlantik nach Mitteleuropa gezogen wären, mussten nun in einem weiten Bogen nördlich an Großbritannien und Südskandinavien vorbei der Höhenströmung folgen. So konnte sich sonnenscheinreiches Wetter in weiten Teilen Europas durchsetzen. Am 28.09. schien von Frankreich bis zum Baltikum die Sonne meist bis zu 10 Stunden lang. Allerdings hielt sich mancherorts noch teils zäher Nebel, vor allem in der Mitte Deutschlands konnte sich die Sonne nur ein paar Stunden durchsetzen, wie z. B. in Oschatz mit 3,6 Stunden. Bis zum nächsten Tag, Donnerstag den 29.09. verlagerte sich das Zentrum von Hoch SEPIDEH etwas nach Osten und befand sich mit ihrem Kern jetzt über Berlin und Brandenburg. Mit jedem Tag, den die Sonne viele Stunden schien, erwärmte sich die über Mitteleuropa gelegene Luftmasse mehr und mehr, sodass die Tageshöchsttemperaturen stetig anwuchsen. Gleichzeitig wurde die Luft in der unteren Troposphäre zunehmend trockener, sodass Frühnebel immer seltener wurde und sich nur noch auf exponierte Lagen beschränkte.

Auch über das verlängerte Einheitswochenende hinweg konnte Hoch SEPIDEH ihren Einfluss auf das Wettergeschehen in Deutschland halten und sorgte damit für die letzten warmen Spätsommertage des Jahres. Die Temperatur erreichte dabei vorerst das letzte Mal fast heiße Werte. So stieg z. B. in Bremen die Höchsttemperatur jeden Tag an, von 22,5°C am 28.09. auf 28,6°C am 01.10. In der Mitte Deutschlands wurde es am 01.10. mit 27,4°C in Trier ähnlich warm, die Sonne schien dabei 11,2 Stunden lang. Einzig am Bodensee wollte an diesem Sonnabend, mit zähem Nebel und nur 2,2 Stunden Sonnenschein, kein Ausflugswetter aufkommen. Die Temperatur lag hier mit 17,3°C sogar knapp unter den 17,6°C des um    1000 m höher gelegenen Feldbergs im Schwarzwald, der sich unter wolkenlosem Himmel befand.

Während am Boden das Wetter spätsommerlich warm war und in Südfrankreich die 30°C Marke überschritten wurde, kämpfte die Höhenströmung der Westwindzone gegen das stabil über Mitteleuropa liegende Hochdruckgebiet an. Mit der Zeit wurde es so, langsam aber sicher, immer weiter geschwächt. Dies zeigte sich zunächst nur am Kerndruck der seit dem 01.10. stetig zurückging und am 02.10. über Polen bei ca. 1026 hPa lag. An diesem Sonntag war der Höhenkeil , welcher sich wenige Tage zuvor noch über halb Europa erstreckte, bereits auf ein schmales Gebiet reduziert, das von Deutschland über die Ostsee und Finnland hinweg bis Murmansk erstreckte. Das Starkwindband der Westwindzone verdrängte aber auch diesen und setzte sich am 03.10. von Nordwesten her zum ersten Mal seit    8 Tagen wieder bis nach Norddeutschland durch. Infolgedessen neigte sich hier auch das warme und sonnige Spätsommerwetter seinem Ende entgegen. Die ersten Wolken überquerten am 03.10. das Norddeutsche Tiefland, sodass zwischen den Küsten und einer Linie Bielefeld – Berlin kaum mehr als eine Stunde lang die Sonne schien und es gelegentlich etwas regnete.

Während der Norden Deutschlands von Westen her die Ausläufer von Tiefdruckgebieten mit trüben Herbstwetter zu spüren bekam, konnte sich Hoch SEPIDEH in der Mitte und dem Süden Deutschlands, sowie in Südeuropa von Portugal bis Griechenland noch 2 weitere Tage halten. Hier schien wieder viel die Sonne bei sommerlich warmen Temperaturen. Auf der Iberischen Halbinsel und in Italien wurden sogar erneut heiße Tage verzeichnet, die Tageshöchsttemperatur lag am 03.10. in Florenz (Italien) bei 32°C, einen Tag später war es in Sevilla mit 35°C unter wolkenlosem Himmel noch heißer. An diesem Tag, Dienstag den 04.10., hatte Hoch SEPIDEH das letzte Mal Einfluss auf das Wettergeschehen im Süden und der Mitte Deutschlands, bevor die Fronten des Tiefdruckgebietes IMMANUEL am 05.10. Deutschland überquerten und für einem deutlichen Temperaturrückgang sorgten. So war Würzburg mit 20,1°C am 05.10. zwar noch eine der wärmsten Städte Deutschlands, jedoch ging auch hier die Höchsttemperatur um 6°C zurück.

Innerhalb der folgenden 24 Stunden sank der Kerndruck über Südfrankreich um über 3 hPa auf ca. 1023 hPa in der Nacht zum 06.10. ab. Aufgrund dieser starken Abschwächung des Hochdruckgebietes konnte die Kaltfront des Ex-Hurrikan OPHELIA am 06.10. von Großbritannien über Frankreich und Deutschland hinweg bis nach Ost- und Südeuropa ziehen, wodurch sich Hoch SEPIDEH noch am gleichen Tag vollständig auflöste und von da an, nach 10 wetterbestimmenden Tagen, nicht mehr auf der Berliner Wetterkarte zu sehen war.


 

Lebensgeschichte geschrieben am 01.11.2011 von Thomas Schubert

Berliner Wetterkarte: 30.09.2011

Pate: Sepideh Roozbiany