Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet SIBYLLE

(getauft am 11.06.2019)

 

Seit Anfang Juni befand sich in einer Höhe von ca. 5,5 km, in der mittleren Troposphäre, über den Britischen Inseln ein sich immer wieder regenerierender Trog, auf dessen Vorderseite subtropische Luft nach Norden transportiert wurde, während auf der Rückseite polare Luftmassen nach Süden flossen. Auf der Rückseite eines Höhentrogs besteht zudem ein Luftmassenüberschuss, wodurch die Luftmassen vor allem nach unten transportiert werden und am Boden einen steigenden Luftdruck bewirken. Infolgedessen konnte das Azorenhoch seine Ausdehnung in Richtung Westeuropa verstärken und über der Iberischen Halbinsel entstand ein eigenständiges Hochdruckzentrum, welches in der Prognose für den Folgetag auf den Namen SIBYLLE getauft wurde.

Mit einem Zentrumsdruck von rund 1015 hPa erstreckte sich der Einflussbereich der Antizyklone SIBYLLE am 12.06.2019 um 00 Uhr UTC über ganz Spanien und Portugal. Im Norden begrenzt durch das Tiefdruckgebiet KLAUS mit Kern über dem Golf von Biskaya und im Süden und Osten durch die Kaltfront eines unbenannten Tiefdruckgebiets mit Kern über dem Ligurischen Meer, war das Hochdruckgebiet im Westen noch immer mit dem Azorenhoch verbunden. Im Laufe des Tages zog das Hoch SIBYLLE entlang der westlichen Höhenströmung weiter bis über den westlichen Mittelmeerraum und den Süden Frankreichs. Die absinkenden Luftmassen innerhalb eines Hochdruckgebiets bewirken zumeist eine Auflösung von Wolken.  So konnten in Sevilla, Madrid und Valencia rund 14 Stunden Sonnenschein verzeichnet werden. Die Temperaturen stiegen in Küstennähe auf bis zu 25°C, im Inland auf knapp unter 30°C und in Sevilla sogar auf rund 31°C. Auch im Süden Frankreichs machte sich der Hochdruckeinfluss bemerkbar und es konnten, nachdem Ausläufer des Tiefs KLAUS am Vortag für eine dichte Bewölkung und einen Temperatursturz gesorgt hatten, auch an der französischen Mittelmeerküste 14 bis 15 Sonnenstunden bei Temperaturen um 23°C verzeichnet werden.

Im Laufe des 13.06. verlagerte sich das Zentrum der Antizyklone SYBILLE bei beständigem Druck von rund 1015 hPa weiter in Richtung Osten und vergrößerte so seinen Einflussbereich über Frankreich, Italien, den Benelux Ländern und Deutschland. Dabei konnten durch den Hochdruckeinfluss im gesamten Einflussbereich teils deutliche Temperaturanstiege verzeichnet werden. In Clermont-Ferrand stiegen die Temperaturen zum Beispiel um fast 10 K auf rund 28°C an. Nachdem das Gewittertief JÖRN über der Osthälfte Deutschlands für teils starke Unwetter gesorgt hatte, trat auch hier die für Hochdruckgebiete typische Wetterberuhigung ein. Die beachtlichen Temperaturgegensätze innerhalb Deutschlands am Vortag mit einer Tageshöchsttemperatur von beispielsweise 16,8°C in Ulm und 35,1°C im brandenburgischen Coschen nahe der polnischen Grenze, die durch kühle atlantische Luftmassen im Westen und feuchtwarme Mittelmeerluftmassen im Osten verursacht wurden, konnten sich durch den Einfluss der Antizyklone und subpolarer Luftmassen wieder angleichen. So wurde in Coschen nur noch eine Tageshöchsttemperatur von 25,5°C und in Ulm ein Maximum von 22,4°C gemeldet. Die Sonnenscheindauer lag dabei meist zwischen 9 und 12 Stunden. In Nürnberg beispielsweise wurden sogar 14,5 Sonnenstunden gemeldet. Wie auch in den Tagen zuvor bildeten sich am Nachmittag wieder Schauer und Gewitter, jedoch mit deutlich geringerer Intensität und Ausdehnung. Die Ausnahme bildete ein Gebiet von Mecklenburg-Vorpommern bis in den Norden Brandenburgs, wo sich im Laufe des Abends eine Konvergenzlinie ausbildete und dadurch für zum Teil kräftige Niederschläge sorgte. Eine Konvergenzlinie bezeichnet einen Bereich in der unteren Troposphäre in dem die Luft horizontal zusammenströmt. Um diesen Massenüberschuss am Boden auszugleichen steigt die Luft auf und es bilden sich hochreichende Wolken, die häufig zu kräftigen Schauern und Gewittern führen.

Bis zum 14.06. um 00 Uhr UTC spaltete sich das Hoch SIBYLLE bei gleichbleibendem Zentrumsdruck in 2 eigenständige Hochdruckgebiete auf. Das Hoch SIBYLLE I lag mit seinem Zentrum zu diesem Zeitpunkt über Norddeutschland, das Hoch SIBYLLE II mit Zentrum über dem Alpenraum.  Dabei ebnete die Antizyklone schwülwarmen subtropischen Luftmassen aus dem Mittelmeerraum den Weg nach Mitteleuropa und ließ die Temperaturen noch einmal ansteigen. In Italien beispielsweise stiegen die Temperaturen vielerorts auf über 30°C. So wurden beispielsweise in Florenz und Rom Tageshöchsttemperaturen von knapp 36°C gemessen. Auch in der Osthälfte Deutschlands stiegen die Temperaturen wieder auf Werte um die 30-Grad-Marke an. In der Westhälfte Deutschlands blieb es dabei durch den Einfluss westeuropäischer Luftmassen rund 3 K kühler. In den Nachmittagsstunden bildete sich über Südwestdeutschland das Tiefdruckgebiet LUDGER, welches die Antizyklone abschwächte und weiter in Richtung Nordosten verdrängte.

Am 15.06. um 00 Uhr UTC wurde das Hoch SIBYLLE mit nur noch einem Zentrum und deutlich kleinerem Einflussgebiet über dem Baltikum und dem Süden Skandinaviens analysiert. Hier konnte es durch eine Hochdruckbrücke mit einem Hochdruckgebiet nördlich von Island seinen Zentrumsdruck auf 1020 hPa erhöhen. Auch hier stiegen die Temperaturen im Bereich des höheren Luftdrucks bei sonnigem Wetter leicht an. So meldete Stockholm beispielweise einen Tageshöchstwert von 27,4°C im Vergleich zu 23,2°C am Vortag.

Im Süden begrenzt durch die Ausläufer des Tiefs LUDGER verlagerte sich das Hoch im Laufe der folgenden zwei Tage nur geringfügig nach Südosten. Auch die Temperaturen im Einflussbereich änderten sich. Am 17.06. um 00 Uhr UTC konnte das Zentrum von Hoch SIBYLLE mit einem Druck von 1015 hPa noch einmal über der Ukraine analysiert werden bevor es im Laufe des Tages von der Berliner Wetterkarte verschwand.