Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet
STEFFEN
(getauft am
22.05.2020)
In der
Analyse der Bodenwetterkarte vom 22.05.2020 konnte sich bereits ein
Hochdruckgebiet über den Azoren als Gegenspieler zu den Tiefdruckzentren GUDRUN
und FIONA westlich der Britischen Inseln ausbilden. Das Gebiet hohen Luftdrucks
verstärkte sich an dem darauffolgenden Tag auf einen Zentrumsdruck von etwas
mehr als 1030 hPa und positionierte sich über dem nahen Ostatlantik respektive
Westeuropa unmittelbar vor der Iberischen Halbinsel, sodass es in der Prognose von
den Meteorologen der Berliner Wetterkarte am 22.05. auf den Namen STEFFEN
getauft wurde.
Die Antizyklone
erschien dann erstmalig am darauffolgenden Tag auf der Bodenwetterkarte. Aus dem
Zusammenspiel von Sturmtief GUDRUN, knapp nördlich von Schottland (Drehrichtung
entgegen dem Uhrzeigersinn), sowie dem ausgreifendem Hochdruckgebiet STEFFEN
(Drehrichtung im Uhrzeigersinn) resultierte am 23.05. eine westliche
Anströmrichtung, in der subpolare Meeresluft bis nach Deutschland befördert
wurde. Aufgrund der hohen Druckgegensätze, ca. 1030 hPa von STEFFEN zu ca. 980
hPa von GUDRUN, wurde die Westströmung kanalisiert und verstärkt. Sowohl auf
den Britischen Inseln, als auch den Ärmelkanal entlang bis zur Nordsee kam es
zu teils starkem bis stürmischen Wind mit vereinzelten Sturmböen. An zwei
Wetterstationen in Schottland wurden sogar Orkan-Windstärken von mehr als 118
km/h gemessen.
Am 24.05.
verlagerte sich das Zentrum des Hochs STEFFEN unmittelbar vor und über die
Atlantikküste Frankreichs und intensivierte sich auf einen Luftdruck von etwas
mehr als 1035 hPa. Die Station in Servel bei der
Gemeinde Lannion konnte dabei in den Vormittagsstunden sogar ein Luftdruck von
ca. 1035,8 hPa messen. Ausgehend von dieser ausgeprägten Hochdruckzelle
gelangten Großbritannien als auch Deutschland auf die Vorderseite eines
Höhenkeils, die in eine glatte, auf Nordwest drehende Anströmung resultierte.
Ein sogenannter Höhenkeil wird in der operationellen Wettervorhersage als ein
Areal hohen Luftdrucks bezeichnet, dessen Maximalwerte entlang einer gedachten
„Keilachse“ verlaufen und wo ein Warmluftvorstoß nach Norden ausschlaggebend
ist.
In der
Analyse der Bodenwetterkarte vom 25.05. konnte sich das Hochdruckgebiet STEFFEN
sowohl im Bereich der Britischen Inseln als auch der westlichen Nordsee weiter
etablieren und seine Position festigen. Das Hochdruckzentrum verlagerte sich
etwas weiter nördlich und befand sich mit einem Kerndruck von ca. 1035 hPa über
dem westlichen Ärmelkanal sowie den südlichsten Teilen Englands und Wales. In
diesen Regionen machte sich die Antizyklone STEFFEN indirekt mit Dunst und
Nebel bemerkbar. Beispielhaft für das Wetter in der gesamten Region stehen die
Stationen in Okehampton und bei North-Wyke, einem denkmalgeschützten Herrenhaus in der Grafschaft
Devon. Nach nächtlichen Tiefstwerten von lediglich 3 bis 5°C wurde dort sowohl
feuchter Dunst, als auch Nebel registriert.
Der von Schottland bis knapp zu den Pyrenäen reichende, häufig
wolkenlose Himmel führte in der Nacht zu einer ungehinderten Ausstrahlung und
dies resultierte in einer starken Abkühlung der Luft. Die kühlere Luft konnte
nur eine geringere Menge an Wasserdampf halten, sodass Kondensation eintrat und
sich kleinste Wassertröpfchen, respektive Nebel oder
feuchter Dunst ausbildete.
Am 26.05.
änderte sich an der großräumigen Hoch- und Tiefdruckverteilung über dem
europäischen Festland vergleichsweise wenig. Island, der Norden
Großbritanniens, als auch die Nordwestküste Norwegens wurden noch von einem
umfangreichen, mit mehreren Drehzentren ausgestatteten, Tiefdruckkomplex namens
HILDEGARD beeinflusst. Ansonsten dominierte das großräumige Hochdruckgebiet
STEFFEN das Wettergeschehen vom nahen Ostatlantik bis nach Mitteleuropa mit
Schwerpunkt über dem südlichen Teil der Britischen Inseln. Der Luftdruck
stabilisierte sich auf etwa 1035 hPa und das Hochdruckzentrum, nun aus zwei
Teilzentren mit dem Namen STEFFEN I und STEFFEN II bestehend, erstreckte sich
entlang des Ärmelkanals bis knapp über das Emsland. Der Hochdruckeinfluss hatte
in weiten Teilen Mitteleuropas ein Absinken der Luft zur Folge, dies resultierte
in einer schwachen nordwestlichen Grundströmung, mit der vergleichsweise milde
Luftmassen subpolaren Ursprungs ins Vorhersagegebiet geführt wurden. Die
Höchsttemperatur der Station Verden, in der Nähe von Bremen, fiel mit 21,0°C im
Vergleich zur Höchsttemperatur des Vortages um ganze 7,8 Kelvin höher aus.
Am 27.05.
setzte sich das antizyklonal geprägte Wetter, also
das Hochdruckwetter durch Hoch STEFFEN über Mitteleuropa weiter fort. Der
Begriff „antizyklonal“ beschreibt hierbei den
Drehsinn der Luftströmung um ein Gebiet hohen Luftdrucks (Nordhalbkugel: im
Uhrzeigersinn). Die Analyse der Bodenwetterkarte zeigte, dass sich die
Antizyklone STEFFEN nach wie vor in mehrere Teilzentren aufteilte. Das erste
großräumige Teilzentrum, namens STEFFEN I, erstreckte sich hierbei von der
Westküste Irlands über Großbritannien bis über das Nordmeer zur Westküste
Norwegens und verzeichnete einen Zentrumsdruck von 1035 hPa. Das zweite
Teilzentrum, mit einem Kerndruck von etwas mehr als 1035 hPa befand sich zu
diesem Zeitpunkt etwa über der Grenze zwischen Bayern und Tschechien. Wettertechnisch
sorgte das Hoch von der Nordhälfte Frankreichs bis in den Südwesten
Deutschlands für ein Absinken der Luft und damit für viel Sonnenschein. Am
französischen Flughafen Metz-Nancy-Lothringen, an der Grenze zum Saarland,
wurden die zu dieser Jahreszeit maximal möglichen knapp 15 Stunden Sonnenschein
registriert.
Die
Hochdruckteilzentren STEFFEN I und STEFFEN II konnten am 28.05. wieder zu einem
gemeinsamen Hochdruckzentrum von etwas mehr als 1035 hPa zusammengefasst
werden. Das großräumige Hochdruckzentrum STEFFEN verblieb dabei stationär, etwa
über Großbritannien und über dem Nordmeer bis zur Westküste Norwegens.
Am 29.05.
wurde der „Blocking-Wetterlage“, also der weiträumigen Blockierung der sonst
häufig üblichen West-Strömung durch das Hochdruckgebiet STEFFEN von Westen her
Druck gemacht, da sich über dem Nordatlantik gleich mehrere Tiefdruckkomplexe
anbahnten. Das Hochdruckzentrum verlagerte sich indes etwas weiter nordöstlich
und erstreckte sich von der Nordsee über Norddeutschland und Dänemark bis nach
Südskandinavien. Das Intensitätszentrum mit einem Kerndruck von etwas mehr als
1035 hPa verharrte zu diesem Zeitpunkt etwa auf dem 60. Breitengrad knapp über
Südnorwegen. Die Wetterstation Finsevatn konnte sogar
kurzzeitig einen Luftdruck von 1038 hPa verzeichnen. Daraus resultierten in
einem weiträumigen Bereich von Südskandinavien über der Nordhälfte Deutschlands
bis zu den Benelux-Staaten häufig wolkenloser Himmel und recht windschwache
Verhältnisse. Der weiterhin ungestörte Sonnenschein konnte die Luft an der, für
umstrittene Höchsttemperaturen bekannten, Station Lingen im Emsland auf 26,4°C
erwärmen.
Sowohl am
30., als auch am 31.05., verlagerte sich das Hochdruckgebiet STEFFEN, weiterhin
etwa mit einem Kerndruck von 1035 hPa, etwas weiter nordostwärts nach
Skandinavien und schließlich über die Grenze zwischen Norwegen und
Schweden. Damit verlor der unmittelbare
Hochdruckeinfluss über Süd- und Mitteleuropa etwas an Raum.
Der zuvor über
Tage hinweg stagnierende Zentrumsdruck der Antizyklone STEFFEN schwächte sich
auf der Analyse der Bodendruckkarte der Berliner Wetterkarte vom 01.06. nunmehr
auf ungefähr 1030 hPa ab. Das Zentrum umriss zu diesem Zeitpunkt etwa das
Festland sowohl von Norwegen als auch Schweden. Infolgedessen blieb der Himmel
meist wolkenlos, sodass die Sonne die Luft ungehindert erwärmen konnte. Die
Station Delsbo in Schweden erreichte mit der maximal
möglichen Sonnenscheinausbeute sogar einen Höchstwert von 30,3°C. Auch die
Station in dem kleinen Ort Torpshammar, etwas weiter
nördlich, konnte die 30-Grad-Marke knapp überschreiten.
Am 02.06.
wurde die großräumige Hochdrucklage über Mittel- und Nordeuropa etwas
destabilisiert, sodass sich das Hochdruckgebilde STEFFEN erneut in mehrere
Hochdruckteilzentren aufspaltete. STEFFEN I befand sich über dem russischen
Festland, knapp nördlich des weißen Meeres. STEFFEN II stationierte sich an der
Nordspitze des Bottnischen Meerbusens, während STEFFEN III weiterhin über der
Südspitze Norwegens verweilte. Alle drei Hochdruckteilzentren hatten sich im
Zuge der Destabilisierung auf einen Kerndruck von knapp 1025 hPa abgeschwächt.
Am 03.06.
wurde der Hochdruckeinfluss durch die Antizyklone STEFFEN über Mitteleuropa
vollends durch die Zyklone JULIANE, welche sich mit Kern über den
Beneluxländern positionierte, abgelöst. Die zuvor analysierten drei
Hochdruckteilzentren STEFFEN I bis III manifestierten sich in ein Hochdruckzentrum
über Russland knapp nördlich des 60. Breitengrades. Der Kerndruck schwächte
sich dabei auf etwa 1020 hPa ab.
An den
darauffolgenden Tagen, also dem 04.06 bis einschließlich dem 06.06., wurde das
Hochdruckgebiet STEFFEN nun vollends an den östlichen Kartenrand der Berliner
Wetterkarte verdrängt. Dort verblieb es mit einem Kerndruck von etwa 1020 hPa
vergleichsweise stationär. Zwar konnte sich der Kerndruck am 06.06. noch einmal
leicht auf etwas mehr als 1025 hPa intensivieren, jedoch hatte die Antizyklone
STEFFEN zu diesem Zeitpunkt bereits seinen unmittelbaren Einfluss auf Europa
verloren. Infolgedessen konnte das Hoch STEFFEN mit weiterer Ostverlagerung zur
russischen Taiga am Folgetag auf der Berliner Wetterkarte nicht mehr ausfindig
gemacht werden. Mit einer beachtlichen Lebensdauer von insgesamt 15 Tagen wurde
Hoch STEFFEN demnach am 06.06. das letzte Mal auf der Bodenanalysekarte
verzeichnet.