Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet  TERTULIN

(getauft am 18.05.2004)

 

 

Am 18.05.2004 entstand über Neufundland ein Hochdruckgebiet, das auf den Namen TERTULIN getauft wurde.

Obwohl der Entstehungsort des Druckgebildes mehrere tausend Kilometer von Mitteleuropa entfernt lag, sollte TERTULIN das Wettergeschehen hier in einigen Tagen beeinflussen, da er sich in einer westlichen Höhenströmung über den Atlantik bewegte. Schon am nächsten Tag lag das Zentrum südlich von Grönland und der Kerndruck betrug etwa 1031 hPa. Er folgte den beiden Tiefdruckgebieten JENNY und KARIN, die sich am 19.05. über Skandinavien befanden und schon am nächsten Tag vergrößerte sich das Hochdruckgebiet über dem Nordostatlantik und lenkte an seiner Ostflanke kalte Polarluft über die Britischen Inseln, und wenig später auch nach Mitteleuropa.

Auf der Nordseite zogen die beiden Tiefdruckgebiete LISA und MARIANNE ostwärts und schwenkten dann auf südliche Bahnen über die Nordsee nach Zentraleuropa, so dass sich TERTULIN vorerst nicht bis in unsere Regionen ausdehnen konnte. Durch die beiden Tiefdruckgebiete beeinflusste TERTULIN auch am 21.05. nur das Wetter über den Britischen Inseln. Inzwischen wanderte ein Kaltlufttropfen auf der Ostseite über Dänemark nach Deutschland und erzeugte am 22.05. Schauer und Gewitter in der Nordhälfte Deutschlands. Dieser Tiefdrucktrog beeinflusste das Wetter der nächsten Tage in Mitteleuropa, während der zu TERTULIN gehörende Höhenkeil nahezu ortsfest über den Britischen Inseln verweilte. So verblieb TERTULIN vom 23.05. bis 25.05. über Großbritannien und veränderte seine Position nur geringfügig, an seiner Ostseite brachte nun das aus zwei Zentren bestehende Tiefdrucksystem MARIANNE feucht-kalte Luft nach Deutschland und Mitteleuropa. In Wales und England erreichten die Temperaturen bei wolkenfreien Himmel ca. 20 °C (London).

Auch am nächsten Tag änderte sich an der großräumigen Strömungs- und Druckkonstellation der unteren Troposphäre im europäisch-atlantischen Raum nur wenig. Im Bodendruckfeld nahmen die Luftdruckgegensätze zwischen dem sich kaum noch verlagernden, über Südskandinavien liegenden Tiefdruckwirbel MARIANNE und dem von TERTULIN ausgehenden, nach Mitteleuropa gerichteten Keil ab. Im Bereich schwacher Luftdruckgegensätze über West- und dem südlichen Mitteleuropa wandelte die maritime Polarluft nun allgemein ihren Charakter in eine gemischte kontinentale Luftmasse um, wobei sie sich erwärmte.

So erreichte die Temperatur am Oberrhein am 27.05. immerhin Maxima von bis zu 23°C nachdem am Vortag keine 20°C gemessen worden waren. Allerdings verblieb Deutschland auch am 28.05. noch in der überwiegend nördlichen Strömung zwischen TERTULIN, mit seinem Zentrum inzwischen zur Nordsee gezogen, und MARIANNE, mit der kalte Luft arktischen Ursprungs herangeführt wurde. Am Pfingstsonntag lag Deutschland ganz im Einflussbereich von  TERTULIN, der inzwischen mit seinem Zentrum nach Polen gezogen war. Verbreitet schien die Sonne länger als 10 Stunden, im Norden sogar länger als 15 Stunden. Von wenigen Ausnahmen an der Küste und in Bayern abgesehen, stieg die Temperatur durchweg über 20°C, doch wurde die 25°C-Schwelle noch knapp verfehlt (Maximum von Freiburg 24,7°C). In der sehr trockenen Luft war es aber in der Nacht insbesondere in Berlin-Brandenburg wieder recht kalt und erneut trat hier am Erdboden leichter Frost auf: So meldeten die Berliner Flughäfen Tempelhof und Schönefeld in 5 cm Höhe Minima von -1°C.

Am Pfingstsonntag blieb TERTULIN weiter wetterbestimmend für Deutschland, gliederte sich jedoch dem von Schweden herangezogenen Hoch ULI an, damit wurde TERTULIN weitestgehend von der Wetterkarte verdrängt. Obwohl Cirrusbewölkung die Sonneneinstrahlung ein wenig trübte, wurde es am 31.05. noch etwas wärmer als am Vortag: Mit Ausnahme an den Küsten mit auflandigem Wind wurde in den Niederungen die 20°C-Schwelle überall überschritten, insbesondere im Südwesten gab es mit mehr als 25°C auch einen Sommertag (Maximum von Karlsruhe 27,7°C). Am Pfingstmontag wurde TERTULIN entgültig vom dem jüngeren Hochdruckgebiet ULI verdrängt und verschwand damit von der Wetterkarte.

 

 


Geschrieben am 16.06.2004 von Robert Scholz

Wetterkarte: 24.05. oder 27.05.

Pate: Tertulin Eberl