Lebensgeschichte
Hochdruckgebiet THOMAS
(getauft am 07.06.2020)
Wie viele Hochdruckgebiete entstand die Antizyklone THOMAS durch die Abspaltung vom Azorenhoch, ein stabiles Hochdruckgebiet, welches sich meist südwestlich der gleichnamigen Inselgruppe befindet.
Am 07. Juni,
der Tag, an dem die Meteorologen der Berliner Wetterkarte Hoch THOMAS in der
Analyse getauft haben und dieses daher erstmalig auf der Bodenwetterkarte um 00
Uhr UTC, als 02 Uhr MESZ, erschien, war die Antizyklone noch ein Ableger am Rande
des Azorenhochs, also bis dato noch kein eigenständiges Druckgebilde. Mit einem
Zentrumsdruck von knapp über 1020 hPa hatte Hoch THOMAS noch keinen
signifikanten Einfluss auf das Wetter in Europa, da es sich einerseits noch
über dem östlichen Nordatlantik befand und andererseits Tief JULIANE und
Ausläufer von Tief LINDA über Europa verweilten und das Vordringen der
Antizyklone vorerst verhinderten. Zudem durchquerte eine Front eines unbenannten
Tiefdruckgebietes südlich von Grönland Hoch THOMAS, was dafür
spricht, dass sich die Antizyklone noch nicht als ein kräftiges Hoch
etablieren konnte und daher auch noch wenig wetterwirksam war.
Zum Folgetag,
dem Tag nach der Taufe, verlagerte sich das Hochdruckgebiet gen Nordosten und
lokalisierte sich um 00 Uhr UTC mit gleichbleibendem Druck über den
nordwestlichsten Inseln Schottlands. Der Einflussbereich war nach wie vor noch
relativ gering, da im Osten Tief JULIANE und im Westen mehrere Ausläufer von
unbenannten Tiefs den Hochdruckeinfluss schmälerten. Für die Britischen Inseln
brachte Hoch THOMAS allerdings eine Wetterberuhigung, so wurde an diesem Tag
kaum Niederschlag festgestellt, wohingegen sowohl am Tag zuvor als auch am Tag
darauf signifikante Regenmengen registriert werden konnten. Auch der Wind hat sich
im Vergleich zum Wettergeschehen am Vortag, verursacht von Tief JULIANE,
beruhigt. Waren am 07. Juni dort noch Spitzenböen von knapp 90 km/h gemessen
worden, lag die Spitzengeschwindigkeit des Windes an diesem Tag nur bei gut 40
km/h, gemessen an der exponierten Station Cairngorm
in 1237 Metern Höhe. Besonders entlang der Irischen See schien die Sonne
insgesamt zwischen 9 und 15 Stunden, wie z.B. 10 Stunden auf der Isle of Man oder 15 Stunden in Dublin. Damit wurde die dortige
durchschnittliche Tagessonnenscheindauer von 5,8 Stunden für den Monat Juni um
fast das 3-fache überschritten.
In den
folgenden beiden Tagen verlagerte sich das Hochdruckgebiet THOMAS weiter in
nordöstliche Richtung und spaltete sich zum 10. Juni um 00 Uhr UTC in 2 Zentren
auf: THOMAS I wurde über den Lofoten, einer Inselgruppe Norwegens, und THOMAS
II über dem nördlichen Teil Dänemarks verortet. Das eigenständige
Hochdruckgebiet THOMAS I war das steuernde, also das kräftigere Hoch mit einem
Zentrumsdruck von über 1025 hPa. Im Gegensatz dazu war das südlichere gelegene Randhoch THOMAS II mit einem Druck von knapp über 1020 hPa
von keiner Isobare - Linien gleichen Luftdruckes - vollständig umschlossen und
somit auch kein eigenständiges Hochdruckgebilde. Nach dem Ableben von Tief
JULIANE, welches einen Tag zuvor noch auf das Wettergeschehen in Skandinavien
Einfluss nahm, hatte sich der Radius von THOMAS I und II dementsprechend
vergrößert und ging nun vom nördlichen Teil Deutschlands bis südlich der Insel
Spitzbergen. Wenn man sich die europäischen Niederschlagswerte ansieht, fällt
auf, dass in ganz Europa Niederschlag registriert wurde mit Ausnahme des Südens
Spaniens und dem Einflussbereich der Antizyklone selbst. Auch die Temperaturen
waren besonders, so stiegen sie am 10. Juni in Norddeutschland bei oftmals 5
bis 10 Sonnenstunden auf häufig über 20°C, wie z.B. in Berlin auf knapp 23°C
oder in Hamburg auf 22°C. Währenddessen verblieb der Süden Deutschlands unter
meist dichten Wolken im Einflussbereich von Italientief MELINA bei kühleren
Tageshöchstwerten zwischen 13 und 19°C.
Am 11. Juni,
wo sich Hoch THOMAS wieder zu einem Zentrum über dem Nordmeer vereinigt und auf
einen Druck von über 1030 hPa verstärkt hatte, wurden in Norwegen Höchstwerte
von über 26°C gemessen, wie an der Station Drammen-Berskog
oder Bergen, wo 26,1°C registriert wurden. Den Spitzenwert meldete um 17 Uhr
MESZ, also 15 Uhr UTC, mit 26,4°C die sich im Hardangerfjord
befindliche Insel Kvamsøy. Im Vergleich dazu kühlte
es sich im deutlich südlicher gelegenen, inzwischen nun auch im Einflussbereich
der Zyklone MELINA liegenden, nördlichen Teil Deutschlands um 4 bis 5 Kelvin
ab.
Innerhalb
der nächsten Tage zog das Hochdruckgebiet THOMAS langsam vom westlichen Teil
Norwegens weiter gen Osten und lag am 14. Juni um 00 Uhr UTC mit seinem Zentrum
südlich der russischen Hafenstadt Archangelsk. Es hatte sich erneut ein zweites
Zentrum gebildet, welches über Stockholm verortet war und noch nicht benannt
wurde. Es war genau wie das Hauptzentrum von der 1025-er Isobare umgeben und
hatte demnach einen ähnlichen Druck von etwas über 1025 hPa. Durch dessen
Ausbildung vergrößerte sich das Einflussgebiet der Antizyklone, welches nun im
Westen bis kurz vor Schottland reichte, im Norden bis nördlich der Küste
Norwegens, im Osten bis weit über Russland und im Süden bis etwa Warschau.
Damit hatte das Hoch THOMAS sein bislang größtes Einflussgebiet erlangt. In
weiten Teilen des Einflussbereichs, vor allem über Skandinavien, gab es nicht
eine einzige Wolke am Himmel. Es wurden weiterhin für Mitte Juni
außergewöhnlich hohe Temperaturen in Nordosteuropa gemessen, so auch an den
nicht weit von der Stadt Archangelsk entfernten Stationen Rabocheostrovsk
und Raznavolok, wo Maximaltemperaturen von 28,2°C und
28,4°C registriert wurden. An einer Wetterstation in Gulsvik,
einem Dorf in Norwegen, wurde sogar ein Höchstwert von 31,5°C erfasst.
Zum Folgetag, dem 15. Juni, verlagerte sich die Antizyklone etwas nach Südosten und das kleine zweite Zentrum unter Abschwächung nach Westen. Weiterhin wurde es aber noch nicht als eigenständiges Hochdruckgebiet kategorisiert, da es nach wie vor keine umschlossene Isobare besaß und damit nur eine Brücke, auch Hochdruckbrücke genannt, zum Hauptzentrum bildete, welches nun südwestlich von Perm verortet war. Erst am darauffolgenden Tag, den 16. Juni, haben sich die beiden Hochdruckzentren noch weiter voneinander entfernt und nun umrandete auch das zweite Zentrum eine abgeschlossene Isobare (1020 hPa), was in der Folge von der Berliner Wetterkarte als THOMAS I benannt wurde. Das nun ebenfalls abgeschwächte, ursprünglich alleinstehende Hochdruckgebiet, nun als THOMAS II betitelt, bekam es in den Folgetagen mit dem nach Nordeuropa gelangenden Tief PETRA zu tun, welches die Antizyklone so sehr abschwächte, dass sie schon alsbald wieder von THOMAS I aufgenommen wurde. Doch bevor es soweit war, soll zunächst noch der 16. Juni genauer unter die Lupe genommen werden. An diesem Tag lag das Hoch THOMAS I um 00 Uhr UTC über dem nordwestlichen Teil Norwegens. Sein Einflussbereich wurde nach Westen vom Ex-Tropensturm CRISTOBAL, über Island liegend, begrenzt, im Süden von den beiden Druckgebilden NADINE und PETRA über West- und Osteuropa liegend und im Norden sowie im Osten von zwei unbenannten Tiefdruckkernen und deren Ausläufer. Der Einflussbereich reichte nun über den gesamten Raum Norwegens und einen Großteil von Schweden. Dies erkennt man auch anhand der Temperaturen, welche in Norwegen teilweise über 30°C erreichten, wie an der Station des Dorfes Evanger, wo maximale 31,0°C registriert wurden, oder an der Station in Sauda, welche gut 120 km weiter südlich liegt und ebenfalls fast 31°C verzeichnete. In Schweden betrug die Maximaltemperatur an diesem Tag 29,5°C und wurde in Arvika gemessen.
Nach
Vereinigung beider Hochdruckzentren THOMAS I und THOMAS II verlagerte sich die
Antizyklone im Verlauf der nächsten Tage weiter ost-, später südostwärts bis
weit ins Landesinnere Russlands. Am 18. Juni lag das Hochdruckgebiet über der
russischen Stadt Archangelsk und hatte trotz gleichbleibendem Druck im Zentrum
(etwas über 1020 hPa) ein größeres Einflussgebiet. Dies lag daran, dass sowohl
im Osten als auch im Süden kein Tief das Hoch begrenzte, weshalb der Einfluss
in Ostrichtung bis weit über den asiatischen Kontinent und in Südrichtung bis
an das Schwarze Meer reichte. Dennoch näherte sich vom Bottnischen Meerbusen
her Tief PETRA, dessen Ausläufer bereits immer mehr den Einfluss von Hoch
THOMAS nach Süden unterbanden.
Bis zum 20. Juni zog die Zyklone PETRA unter Verstärkung weiter nach Nordrussland und mitsamt ihrem weit nach Süden ausgedehnten Frontensystem verdrängte sie das mit nur noch knapp über 1015 hPa zwischen Perm und Wolgograd liegende Hoch THOMAS gen Osten über den Darstellungsbereich der Berliner Wetterkarte hinaus, so dass die insgesamt langlebige Antizyklone an diesem Tag das letzte Mal auf der Bodenwetterkarte verzeichnet werden konnte.