Lebensgeschichte

 

Hochdruckgebiet THUE

(getauft am 19.12.2014)

 

Mitte Dezember 2015 wurde östlich von Neufundland im Bereich eines kurzwelligen Keils, welcher sich in einer Höhe von 5,5 km befand und einen Vorstoß relativ warmer Luftmassen nach Norden darstellt, im Bodenniveau ein ausgedehntes Hochdruckgebiet analysiert, von dem sich ein Teilhoch abspaltete und über den Nordatlantik in Richtung Europa zog. Da das Hoch auf Mitteleuropa Einfluss nehmen sollte, wurde es am 19.12. auf den Namen THUE getauft.

Um 01 Uhr MEZ dieses Tages positionierte sich die Antizyklone THUE mit ihrem Zentrum und einem Druck von 1028 hPa auf die Breite von München und auf die Länge von Angmagssalik auf Grönland über dem zentralen Nordatlantik. Die Ausdehnung des Einflussbereichs betrug zu diesem Zeitpunkt ca. 1500 km in Ost-West-Richtung und 1000 km von Nord nach Süd.

Die Achse des Keils schwenkte bis zum Folgetag nach Osten, wodurch das zugehörige Hoch THUE am Boden ebenfalls weiter nach Osten zog. Das Zentrum befand sich damit um 01 Uhr MEZ südwestlich von Irland. Der Druck in der Antizyklone verstärkte sich leicht und betrug nun rund 1034 hPa. Die Ausdehnung des Hochs reichte zwar bis über den Südwesten Irlands und Englands sowie über die Bretagne, dennoch konnte sich der Hochdruckeinfluss nur schwerlich durchsetzen. Zum einen dominierte in diesem Bereich die tiefe und teils dichte Bewölkung des Ausläufers des Tiefdrucksystems ENGEL, welches das Hoch THUE vom ausgeprägten Azorenhoch abgrenzte, zum anderen war die Antizyklone nur schwach ausgeprägt, wobei bereits in einer Höhe von 1,5 km kein zugehöriges Höhenhoch mehr analysiert werden konnte.

Der Höhenkeil verstärkte sich bis zum 21.12. und reichte nun mit seiner Achse von der Biskaya über die Britischen Inseln bis zur Grönlandsee zwischen Spitzbergen und dem Nordosten Grönlands. Das Hoch THUE verlagerte sich nach Abzug der Tiefausläufer mit einem weiter auf 1037 hPa angestiegenen Kerndruck bis über die Biskaya. Dadurch entstand mit dem Azorenhoch eine Hochdruckbrücke, welche sich von der gleichnamigen Inselgruppe bis über Portugal, Spanien, Frankreich und großen Teilen Belgiens und der Schweiz ausdehnte. In der Nacht klarte es vielerorts auf, wodurch die Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes sanken. In Frankreich meldete Aurillac -3,1°C und Embrun -3,0°C. Am Tage schien vielfach länger die Sonne, wodurch im Bereich einfließender maritimer Subpolarluft in Frankreich Höchstwerte zwischen 9 und 13°C gemessen wurden. Wärmer war es nur im äußersten Südosten des Landes, wo sich noch die subtropischen Luftmassen hielten. Dadurch konnten in Alistro 18,8°C und in Cannes 18,2°C als Maxima registriert werden. Auch in Spanien wurden durch die vorherrschenden trockenen, subtropischen Luftmassen hohe zweistellige Tageshöchstwerte verzeichnet. In Tortosa wurden 18,9°C, an der Station Alicante/El Altet 18,8°C und in Murcia 18,6°C erreicht.

In der mittleren Troposphäre etablierte sich bis zum Folgetag ein Höhenhoch über den östlichen Pyrenäen, welches tags zuvor noch über den Azoren analysiert wurde. Am Boden verlagerte sich das Hoch THUE als ein kleinräumiges, abgeschlossenes Hochdruckgebiet mit seinem Zentrum und einem Druck von 1037 hPa nach Nordosten bis nahe der südfranzösischen Stadt Limoges. Durch die Nordverlagerung eines unbenannten Hochs über Westalgerien war die Antizyklone THUE Teil eines umfassenden Hochdruckkomplexes, welcher in West-Ost-Richtung von den Azoren über Spanien, Frankreich, Süddeutschland, Österreich und den Balkan bis zur westlichen Türkei reichte sowie große Teile Nordafrikas beeinflusste. Lediglich zwei kleine, in den Komplex eingelagerte Tiefs über dem Südosten Algeriens und dem Seegebiet zwischen den Balearen und Sardinien schwächten den weitreichenden Hochdruckeinfluss etwas ab. Das Hoch THUE zog im Laufe des Tages nach Südwesten und sorgte dabei im Süden Deutschlands für Sonnenschein von bis zu 5 Stunden. Dadurch stieg die Temperatur dort verbreitet an und erreichte in Kempten 10,6°C und in Freiburg 10,8°C. Die längste Sonnenscheindauer wurde währenddessen in Konstanz mit 6,3 Stunden registriert. Die größten Temperaturanstiege in diesem Bereich konnten allerdings auf den Bergstationen der Zugspitze mit 5,8 Grad und auf dem Hohenpeißenberg mit 6,3 Grad gemessen werden. Der Norden Deutschlands gelangte im Tagesverlauf in den Warmsektor des Tiefs FREIA, also dem Bereich zwischen Warm- und Kaltfront, wodurch auch dort unter Einzug subtropischer Luftmassen die Tageshöchstwerte vielerorts über 10°C betrugen.

Im weiteren Verlauf schwenkte der Höhenkeil mitsamt dem eingelagerten Höhenhoch ein wenig nach Osten. Im Bodenniveau lösten sich die kleinräumigen Tiefdruckgebiete über dem Mittelmeer und Nordafrika auf und das Hochdruckgebiet THUE konnte um 01 Uhr MEZ am 23.12. mit zwei Zentren über dem Süden Europas und dem Nordwesten Afrikas analysiert werden. Ein Zentrum befand sich mit einem Druck von 1031 hPa westlich von Korsika und das andere nahe der Stadt Tunis, wobei der Kerndruck hier etwa 1033 hPa betrug. Da von Westen her langsam mehrere Tiefdruckwirbel über den Nordatlantik in den Bereich des Azorenhochs vordringen konnten, löste sich dieses bis zum Nachttermin größtenteils auf. Auch über Griechenland schwächte sich der Hochdruckeinfluss durch die nach Osten gerichtete Verlagerung des Tiefdrucksystems FREIA über Nordeuropa wieder ab. Dadurch erreichte das Hoch THUE nicht jene weitreichende Ost-West-Ausdehnung des Hochdruckkomplexes am Tag zuvor. Trotz dessen besaß es einen Einflussbereich, welcher ein Gebiet von Madeira bis zur Adria und von Zentralfrankreich bzw. der Schweiz über das Mittelmeer bis weit ins Landesinnere Afrikas umfasste. Durch die absinkende Luftbewegung im Bereich eines Hochdruckgebietes kommt es großräumig zur Wolkenauflösung. Dadurch blieb es auf der Iberischen Halbinsel, Südfrankreich, Italien und Nordafrika nach frühmorgendlichen Nebel an diesem Tag nur gering bewölkt, teils auch wolkenlos und sonnig. Besonders im Herbst und Winter entsteht unter Hochdruckeinfluss vermehrt Nebel, da sich bei wolkenarmen Verhältnissen die Luft in der Nacht stark abkühlen kann und dadurch die in ihr enthaltene Feuchte zur Kondensation gezwungen wird. So meldeten beispielsweise die Stationen in Toulouse und Bordeaux um 07 Uhr MEZ Nebel und in Madrid sank die Temperatur in der Nacht bis auf -2°C herab. Doch auch durch den einsetzenden Sonnenschein nahmen die Höchsttemperaturen im Süden Europas mehrheitlich um 2 bis 3 Grad im Vergleich zum Vortag ab. Der Grund hierfür war, dass nun nicht mehr Subtropikluft in diesem Bereich vorrangig auftrat, sondern nun gemäßigte Luftmassen einflossen. Lediglich in Teilen Portugals und im Süden Spaniens konnte sich die subtropische Luft weiter behaupten, wodurch in Porto 19°C und in Malaga 18°C erreicht wurden. Weiter im Norden strömten im Grenzbereich zwischen dem Hoch THUE und dem Tiefdrucksystem FREIA erneut subtropische Luftmassen nach Zentral- und Teilen Südosteuropas ein, welche dort die subpolare Luft verdrängten und für Temperaturanstiege sorgten. In Vaduz konnte mit einem Maximum von 13°C eine Erhöhung um 6 Grad registriert werden, in Clermont-Ferrand waren es mit nun 15°C sogar 7 Grad mehr als noch am Tag zuvor. Auch an der Nordostflanke des Hochs THUE in Österreich und den Balkan-Ländern stieg die Temperatur um 5 bis 6 Grad an. In Bukarest konnte durch die gemessen 13°C sogar eine Erhöhung um insgesamt 8 Grad verzeichnet werden. Auch bis in den Süden und Südwesten Deutschlands konnte sich der Hochdruckeinfluss durchsetzen, wobei dort bis zu 7 Stunden Sonnenschein registriert werden konnte, wie in Klippeneck mit 7,2 Stunden, in Konstanz mit 7,4 Stunden oder auf dem Feldberg im Schwarzwald mit 7,5 Stunden. Zwar stiegen auch vereinzelt im Norden des Landes die Temperaturen durch die einfließende Subtropikluft auf Höchstwerte von 10 bis 11°C, dennoch wurden durch die Sonne im Süden und Südwesten die absoluten Tagesmaxima erreicht. In Garmisch-Partenkirchen wurden 13,5°C, in Freiburg 13,6°C, an der Station auf dem Hohenpeißenberg 13,8°C und in Kempten sogar 14,0°C gemessen.

Bis Heiligabend schwächte sich das mit dem Hoch THUE korrespondierende Höhenhoch zusehends ab. Gleichzeitig verlagerte sich der zugehörige Keil im Laufe des Tages bis über das östliche Mittelmeer und es baute sich östlich der Azoren ein neuer Keil auf, welcher die Steuerung des Bodenhochs THUE in den folgenden Tagen übernehmen sollte. Das Hoch THUE war weiterhin ein weitreichender Komplex aus mehreren Hochdruckzentren, die sich über Madrid, Südfrankreich und Tunesien befanden. Der Druck betrug dabei zumeist ca. 1030 hPa und der Einflussbereich änderte sich im Gegensatz zum Vortag nur wenig. Den Einfluss auf Deutschland verlor das Hoch THUE durch das heranziehende Tief GERLINDE nun aber gänzlich, wodurch die Temperaturen wieder teils deutlich unter die 10°C-Grenze fielen oder diese nur selten knapp überschritten. Auch in den übrigen Teilen Zentraleuropas konnte sich der Hochdruckeinfluss nicht mehr durchsetzen und die Temperaturen sanken wieder herab. In Vaduz wurden mit 5°C insgesamt 8 Grad weniger gemessen und auch in Salzburg und Innsbruck fielen die Höchstwerte um 5 Grad auf denselben Wert. In Südeuropa etablierten sich einerseits über der Iberischen Halbinsel und Südfrankreich gemäßigte und andererseits über dem Balkan und Teilen Italiens subtropische Luftmassen. An den Höchsttemperaturen änderte sich in diesem Bereich dabei nur vereinzelt etwas. Während an der Cote d’Azur, Spanien und Portugal die Werte lediglich um 1 Grad im Vergleich zum Tag zuvor schwankten, wurde in Toulouse mit 3°C nicht nur ein verhältnismäßig niedriger Wert, sondern damit auch 6 Grad weniger als am Vortag gemessen. Nur wenige Hundert Kilometer weiter östlich konnten in Marseille oder Nizza 13 bzw. 15°C registriert werden. In Südosteuropa und in Italien stiegen die Höchstwerte hingegen verbreitet um einige Grad weiter an, wie in Bukarest um 4 Grad auf nun 17°C oder in Turin mit einer Erhöhung um 7 Grad auf ein Maximum von 13°C.

Von den in den letzten Tagen vorherrschenden einzelnen Hochdruckzentren des Hochdruckgebietes THUE konnte am 25.12. um 01 Uhr MEZ nur noch eines mit einem Druck von rund 1035 hPa nahe der spanischen Stadt Valladolid nordwestlich von Madrid analysiert werden. Durch den Abzug des ursprünglichen Keils in der Höhe und der Ostverlagerung des Bodentiefs GERLINDE bis über das Baltikum verlor die Antizyklone THUE vollends ihren Einfluss auf den zentralen und östlichen Mittelmeerraum. Die Ausdehnung umfasste somit nur noch ein Gebiet vom Süden Frankreichs bis nach Madeira und von der Ostküste Spaniens bis ca. 500 km westlich der Biskaya über den Nordatlantik. In Toulouse stieg die Temperatur wieder deutlich an und erreichte nun einen Höchstwert von 13°C, was 10 Grad mehr als tags zuvor darstellt. Ansonsten änderten sich die Tagesmaxima auf der Iberischen Halbinsel im Vergleich zum Vortag nur wenig. Die höchsten Temperaturen wurden dabei am Flughafen des südportugiesischen Faro mit 18,4°C und am Flughafen Murcia-San Javier in Südostspanien mit 17,9°C gemessen.

Der 25.12. war gleichzeitig der letzte Tag, an dem das Hoch THUE auf der Berliner Wetterkarte namentlich verzeichnet wurde, da es im weiteren Verlauf keinen Einfluss mehr auf das europäische Wettergeschehen haben sollte. Vom Nordatlantik zog bis zum 26.12. das Hoch ULF bis über die Biskaya und bildete noch kurzzeitig eine Hochdruckbrücke mit dem ehemaligen Hoch THUE, welches sich abschwächend weiter nach Westen in den Bereich des über dem Seegebiet zwischen den Azoren und Spanien befindlichen Keils verlagerte. Das Hoch verblieb noch wenige Tage im Bereich des Höhenkeils, bevor es letztendlich in die Zirkulation des von Island über die Britischen Inseln heranziehenden Hochs VINCENT aufgenommen wurde.

 

 

Geschrieben am 09.03.2015 von Sebastian Wölk

Berliner Wetterkarte: 23.12.2014

Pate: Thue Thuesen